Im Traum (Ambrosius)
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Im Traum.
Kannst du auch nie das Lied vergessen,
Dem deine Seele einst gelauscht,
So wie das Glück, das, nie besessen,
Nur pfeilschnell dir vorbeigerauscht –
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Es bringt doch manche Nacht dir BilderSo farbenreich, du fass’st sie kaum,
Das herbste Weh wird weicher, milder
Im gottgesandten, sanften Traum.
Dann steigt sie auf zur Geisterstunde,
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Die Liebe, die bei Tag dich mied,Und singt mit süß bethörtem Munde
Das alte unvergess’ne Lied.
Und wie sie singt, hast du vergessen,
Daß dir der Tag nichts hat gebracht,
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Sie giebt dir, was du nie besessen,All jenes Glück – im Traum der Nacht.