Im Kaffeehaus
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Im Kaffeehaus
Gleißlichter umnebelt Zigarrenrauch;
Blasierte Geilheit auf brennenden Glatzen,
Halbwelt und Schminke, ein schwammiger Bauch,
Gestelle von Weibern, Lorgnetten, Fratzen.
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Auf schmutzigen Pfühlen ein müdes Behagen,Ein Geigenton zittrig auf Dünsten getragen.
Und aus der Ecke goldsonnig ein Kinderlachen.
Verwandelt der Saal – ist’s ein Buchenwald?
Zwitschern die Vögel? Kein müdes Gesicht,
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Das nicht scheu oder froh nach der Kleinen schaut,Keine Kellnerin, die nicht steht und sich wendet
Und heimlich trauert, daß es schon endet.
Die Halbwelt ward Ganzwelt. Regt sich ein Wille?
Und große Stille. –
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Ein Augenblick. Nun tauschen Jahre und Zeiten,Doch eine Sekunde war tausend Leben.
Die Maske gefallen, die Menschheit nackt,
Und ihre Blöße war Sehnsuchtsschrei,
War Ekel und Reue und zagende Hoffnung,
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War Notschrei der Leere nach stillender Fülle,Tiefste Bitte des Herzens: Laß mich sein wie dies Kind!