Allgemeines Deutsches Kommersbuch:317

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Schauenburg:
Allgemeines Deutsches Kommersbuch
Seite 632, 633
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     2. Ein edles Kraut ist der Tobak, trägt’s mancher große Herr
im Sack; Stein, Stahl und Schwamm seind stets beisamm beim edlen
Rauchtobak. Tobak=bak=bak ec. beim edlen Rauchtobak ec.

     3. Und wenn das edle Kraut nicht wär, ständ mancher Tobaks=
laden leer, der früh und spat seine Losung hat von allerlei Tobak ec.

     4. Der Student kann eher ohn Latein, als ohne lange Pfeife sein;
Kanon und Flaus sehn nobel aus bei einer Pfeif Tobak.

     5. Der Bub, zum Rauchen noch nicht reif, stiehlt seinem Vater
eine Pfeif und freut sich an der Stadtmauer auf eine Pfeife Tobak.

     6. Der Soldat auf der Wach nicht schlafen kann, drum steckt er
sich ’ne Pfeife an und raucht für sich geheimiglich eine stille Pfeif
Tobak.

     7. Der Nachtwächter auf kalter Straß’ erwärmt sich an der Pfeif
die Nas’; er ruht nur, wenn er ruft die Uhr, raucht gleich nachher
Tobak.

     8. Der Invalid auf einem Bein läßt dennoch nicht das Rauchen
sein, hat spät und früh in der Physiognomie eine Pfeif und raucht
Tobak.

     9. Sogar die Marketenderin mit Kind und Fäßchen thut sie ziehn;
ihr Kind sie säugt und dabei räucht sie eine Pfeif Tobak.

     10. Dem Furhmann fehlt das Mittelstück, drum rauchet er per
Elastik und ziehet sehr durch Saft und Schmeer den edlen Rauch=
tobak.

     11. Zween Handwerksbursch auf Reisen sein, die haben nur der
Pfeifen ein, drum rauchen sie per Kompagnie aus einer Pfeif Tobak.

     12. Der Mann im ehlichen Verdruß schmaucht Brunzlow und
Prätorius und pustet sehr dann um sich her den edlen Rauchtobak.

     13. Der alte Mann schier ohne Zahn die Pfeife nicht mehr halten
kann, nimmt flugs dann Garn, umwickelt warm die Röhr und raucht
Tobak.

     14. Aus irdner Pfeife raucht Mynheer, der wohlgenährte Holländer,
raucht Maryland aus erster Hand, den edelsten Tobak.

     15. Und wer im Rauchen recht erfahrn, der rauche Havanna=
cigarrn, hat am Tobak dann doppelt G'schmack, er kaut und raucht
Tobak.

     16. Der bärtge Türk, der meint, er wärsch, er schlägt die Beine
untern Ärsch, bläst durch den Bart nach Türkenart den feinsten Rauch=
tobak.

     17. Der Chines mit seinem kuriosen Sitz raucht den Tobak aus
Bernsteinspitz, zieht Dampf hervor durchs Weichselrohr und rauchet
Teutobak.

     18. Hier seht auch rauchen den Franzos, er dampft ein klein
Cigärrchen bloß; er hat ganz recht, es wird ihm schlecht bei einer Pfeif
Tobak.

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     19. Und wenn wir in den Krieg thun ziehen, so muß die Pfeife
immer glühn, und nach dem Krieg erfolgt der Sieg bei einer Pfeif
Tobak.

     20. Sie sollen ihn nicht haben, nein, den freien alten deutschen
Rhein, über kurz und lang vertreibt sie der G’stank von einer Pfeif
Tobak.


          706.     Von der hohen Polizei.

     Singw.: O alte Burschenherrlichkeit ec.

     1. Im Anfang war das Paradies und Gott der Herr sein Gründer,
und weil es nur zwei Menschen gab, so gab es nur zwei Sünder, sie
thaten alles frank und frei, sie hatten keine Polizei. O jerum, jerum,
jerum! Qualis mutatio rerum!


     2. Doch Eva that ’nen schnöden Biß in einen sauren Apfel, und
ihre fromme Unschuld flog zum Zipfel und zum Zapfel; Gott Vater
aber war so frei und übte selbst die Polizei. O jerum, jerum etc.

     3. Nach diesem ersten Sündenfall ging’s zu ganz kannibalisch, das
ganze irdische Geschlecht, es wurde kriminalisch; dem Herrn verging die
Lust dabei, zu üben seine Polizei!

     4. Als Kain seinen Bruder schlug, da galt’s, sich nicht zu zieren,
da sollte Gott den Mörder gleich persönlich arretieren, er aber sprach:
Das laß ich sein, der Mensch soll selbst sich polizein!

     5. Der gute Herrgott hatte gnug an seinen irdschen Tröpfen,
drum schuf er eine Uniform mit blanken Messingknöpfen, der Cherub
mußt den Säbel leihn, daß sich die Menschen polizein.

     6. So habe ich ganz sonnenklar bewiesen und ganz logisch und
will’s beweisen immerdar, daß nicht nur großherzogisch, daß unsre hohe
Polizei gewissermaßen göttlich sei!

Fr. Geßler.


          707.     Crede experto.

     Singw.: War einst ein jung, jung Zimmergesell ec.

     1. Im Gasthaus di Liguria bei Genua am Meer kehrt ein ich
einst zum Trunke; denn ich war durstig sehr.

     2. Mich reizte der klassische Name, ich dachte der Römerzeit; dort
wird dir’s urgemütlich, vergißst modernes Leid!

     3. Im Gasthaus di Liguria da ward ich schlecht traktiert; meine
Hebe war eine Alte, der Wein war interpoliert,

     4. Die Luft war dumpf, voll Lücken des Tischtuch und befleckt,
und an des Glases Rande hab ich Manuskripte entdeckt.

     5. Auch störte mit Klagetönen mir die Gemütlichkeit eine mensch=
liche Inkunabel, da ward mir weh und leid.