Historie von der Magd zu Frankfurt an der Oder, so Geld gegessen

Textdaten
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Autor: Jodocus Donatus Hubertus Temme
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Titel: Historie von der Magd zu Frankfurt an der Oder, so Geld gegessen
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aus: Die Volkssagen der Altmark
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1839
Verlag: Nicolaische Buchhandlung
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Google und Scans auf Commons
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43. Historie von der Magd zu Frankfurt an der Oder, so Geld gegessen.

Im Sommer des Jahres 1536 diente zu Lebus eine Magd, Marx Fischers Tochter, mit Namen Gertraud. Zu der kam einst der leidige Satan in Gestalt eines Kriegsmannes, und redete ihr zu, sie solle seinen Willen thun und ihn lieben, so wolle er ihr auch so viel Geld verschaffen, als sie nur zu haben wünschte. Sie, als eine einfältige Magd, läßt sich leichtlich bereden, und sagt ihm zu, was er begehret. Das dauert so eine gute Weile, da lässet der Teufel sich ihr sehen in seiner eigentlichen Gestalt, und von Stund’ an besaß er sie leibhaftig, so daß alle Leute merkten, sie sei besessen. Damit ihr nun desto besser von den Geistlichen mit Beten könne geholfen werden, wurde sie gen Frankfurt an der Oder gebracht, und der Rath daselbst verordnete ihr gute Wartung und starke Wache, damit sie sich selber kein Leid zufügte. Nun war es aber ganz wunderbar, dergleichen nie gehöret oder erfahren worden, auch in keiner Historie oder Chronik beschrieben, daß, wenn sie an irgend ein Ding faßte, mochte es sein eine Mauer, Wand, Tisch, Bank, Rock, Barett oder dergleichen, [123] so bekam sie flugs die Hand voll Geldes mancherlei Münze, die aber doch im Lande gäng und gebe waren, als Märkische, Pommersche, Meißnische, Polnische, Preußische und Böhmische Groschen und Pfennige. Mit dem Gelde fuhr sie nun alsbald in den Mund und zerkauete es, daß man es zwischen den Zähnen konnte knirschen hören, und zuletzt schluckte sie es ein. Das trieb sie etliche Wochen, und es geschah nicht scheinweise, wie die Gaukler thun, die Flachs fressen und Feuer speien: denn die Leute, so um sie waren, griffen ihr oft die Hände, brachen ihr die mit Gewalt auf, ehe sie damit zum Munde kommen konnte, und nahmen ihr das Geld fort. Die Katholischen, welche damals noch das Kirchenregiment inne hatten, ließen endlich einen Teufelsbanner kommen, der es sich auch mit seinem Beschwören und Bannen recht sauer werden ließ, auch die Magd oft in Weihwasser badete, der aber doch den Teufel nicht austreiben konnte. Zu derselben Zeit war jedoch in Frankfurt ein evangelisch-lutherischer Prediger, Namens Andreas Ebert von Grüneberg aus Schlesien. Dieser Herr Andreas, da die Papistischen mit ihrem Beschwören nichts ausrichten konnten, wandte sich an Dr. Luther selbst, den er zu Wittenberg gehört, und auf dessen Rath ließ er sie in seine Predigten führen und that dort in der Gemeinde Fürbitten für sie. Und das half. Denn obwohl der Teufel nun selbst in der Kirche erschien, und unter der Predigt viel Ungemach trieb, ein großes Geschrei und Geplärr erhob, den Prediger oft Lügen strafte, sonderlich wenn des Herrn Christi gedacht wurde, so ward gleichwohl durch Verleihung göttlicher Gnade die Magd geheilet, und diente hernach noch viele Jahre zu Frankfurt an der Oder.

Andreas Angelus Annales March. Brand. pag. 324.
Zach. Garcaeus Res gesta Marchiae. II. pag. 258.