Herrn Bartholomäus Ziegenbalgs Ausführlicher Bericht (1710)
von Bartholomäus Ziegenbalg
Hoch-Ehrwürdiger Herr Doctor
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Beehrter Leser.

NAchdem es ungezweifelt durch GOttes gnädige Regierung geschehen, daß Ihre Königl. Maj. in Dännemarck nun bey nahe vor 5 Jahren 2 Missionarios, nemlich Hr. Bartholom. Ziegenbalg, und H. Henr. Plütscho nach dero in Ost-Indien zu Tranquebar auf der Küste Coromandel habenden Colonie gesandt, denen daselbst und umher wohnenden Heyden das Evangelium Christi zu verkündigen, damit auch dieselben sich zu Christo bekehren und selig werden möchten: so haben dieselben, so bald sie alda im Jahr 1706 den 9. Julii glücklich ankommen, sich die gewöhnlichen Sprachen, nemlich die Portugisische und Malabarische bekant zu machen angefangen, um also mit denen Heyden zu reden, und ihr Amt an ihnen zu verrichten. Wie nun GOtt mit ihnen gewesen sey und gewircket habe, also daß sie in Jahres Frist, und etwas drüber, bereits eine Gemeine von mehr als 40 bekehrten Heyden gesammlet, auch ein eigen Haus zur öffentlichen Verhandlung des Worts Gottes, darin auch die abgöttischen Heyden dasselbe hören mögten, gebauet haben, davon, wie auch von andern mehr dahin gehörigen Dingen, haben sie selbst im Jahr 1706 und 1707 in unterschiedlichen, an einige Prediger und gute Freunde in Berlin geschriebenen Briefen ziemlich umständlichen Bericht herauß gesandt, welcher denn auch, so bald er [2] eingelauffen, durch den Druck ist gemein gemacht, und zu jedermans Wissen gebracht worden. Es hat aber GOtt solchen Bericht an sehr vielen Menschen gesegnet, daß sie sich über diesem so heylsamen Werck von Hertzen gefreuet, und GOtt darüber gepriesen, daneben auch gewünschet haben, daß GOtt diesen Anfang der Gnade unter den Heyden also vermehren wolte, daß alle Finsterniß, darinnen sie wandeln, gäntzlich vertilget, und das Heyl GOttes bald unter ihnen in vollem Lichte offenbar werden möchte: Auß welchem Grunde sie denn auch sehr verlanget, fernere Nachricht von dem Fortgange des Wercks des HERRN zu vernehmen. Weil man denn vor weniger Zeit dergleichen alhie erhalten, hat man solche zum gemeinen Dienst durch öffentlichen Druck hiemit bekant machen wollen. Es ist aber diese Nachricht ein Brief an einen vornehmen Theologum, den der eine Missionarius Hr. Ziegenbalg an denselben geschrieben, und ihm seine genante Bibliothecam Malabaricam damit übersandt und zugeeignet hat. Man kan zwar nicht in Abrede seyn, daß eins und anders darinnen vorkommt, welches in denen vorigen Nachrichten schon gewesen, und dadurch bekant worden. Nichts desto weniger hat man kein Bedencken gehabt den Brief in seiner Form, wie er vom auctore geschrieben, und uns von hochgedachtem Theologo zur publication communiciret worden, zu behalten und herauß zu geben, zumal, da unter den Lesern kaum der zehente die ehemals gelesenen Dinge in so frischer Gedächtniß hat, daß es ihn verdriessen solte dieselben in diesem Briefe abermal zu lesen; auch nicht zu zweifeln ist, daß viele diese Nachricht lesen werden, welche von allen vorigen keinen Buchstaben gesehen haben. Und endlich sind solche bekante Dinge alhie nur gleichsam zufällig angeführet, damit diese Nachricht nicht mangelhaftig wäre; welche denn ihres haupt-Inhaltes wegen wohl werth ist, daß sie mit Wohlgefallen gelesen [3] werde. Denn es wird darin vom auctore gantz außführlich erzählet, und, so zu sagen, alle Stunden berechnet, wie er nebst seinem Collegen sein Amt außrichte, wie die Catechisationes, wie die Predigten am Sonntage gehalten, und catechetice wiederholet werden: Wie die privat-Information in ihren Häusern getrieben, und insonderheit die Jugend (deren sie einige in ihre Häuser zu gäntzlichem Unterhalt und Erziehung aufgenommen haben) theils von ihnen selbst, theils durch andere dazu von ihnen bestellte praeceptores unterrichtet werde: Wie die Täuflinge unterwiesen und zur Taufe zubereitet werden: Was täglich im Hause für Betstunden, deßgleichen, was für Ubungen mit denen Teutschen auf deroselben Erfordern gehalten werden: Wie in der Dänischen Kirche alle Mitwoche Teutsch geprediget werde: Wie auctor alle Stunden des gantzen Tages ordentlicher Weyse anwende, und mit was für studien er sich beschäftige, insonderheit, mit was für Fleiß er in den Malabarischen Büchern studire, so wohl die Sprache stets besser und völliger zu lernen, als auch der Heyden ihre gräuliche Theologie und gesamte religions-Gestalt also völlig und gründlich zu erkennen, daß er ihnen den Ungrund ihrer Abgötterey und Irrthümer auch auß ihren eigenen Schriften nachdrücklich vorstellen könne. Ferner was für Kosten und Mühe er aufwende solche Bücher entweder zu erhandeln, oder abschreiben zu lassen, und viel anders mehr. Endlich auch, wie GOtt ihr Vorhaben so gnädig segne, daß sie allenthalben spüren können, Er sey mit ihnen, und fördere ihr Werck: Gestalt ihre Gemeine zu dem male über 100. Personen starck gewesen. Auß diesem allen kan nun iederman ersehen, daß diese Männer rechte Exempel der Arbeitsamkeit, Fleißes und Treue in ihrem Amte sind, insonderheit, da sie auch dasselbe mit einem ihrer Lehre gemässen gottseligen Wandel zieren, so den Heyden sehr in die Augen [4] fällt, zumal da sie dergleichen an denen Christen, so unter ihnen leben, nicht gewohnet sind. Demnach auch der Hr. Ziegenbalg, wie vor gedacht, eine von ihm zusammen getragene Bibliothecam Malabaricam hochgedachtem Theologo zugesandt, und durch diesen Brief zugeeignet hat, so wirds dem geneigten Leser verhoffentlich nicht unangenehm seyn, daß wir ihm einige genauere Eröffnung davon thun, auch ein paar specimina darauß extrahiren, und hinter den Brief als einen Anhang anfügen. Diese Malabarische Bibliothec ist eine recension vieler in derselben Sprache geschriebenen Bücher, welche in 4. Classen eingetheilet sind. Die 1. Classe bestehet aus 14. Büchern, welche von Hr. Ziegenbalg selbst gemacht sind, und von der reinen Evangelischen Lehre oder Religion handeln. Die 2. Classe enthält 21. Bücher, von der Päpstischen Religion, und sind vor diesem von Päpstischen auctoren geschrieben. Die 3. Classe hat 119. Bücher, so von Malabarischen Heyden mehrentheils von ihrer Abgöttischen Religion geschrieben. In der 4. Classe stehen 11. Bücher, welche von Mahometanischen Moren von ihrer Religion geschrieben. Die vorgedachten Specimina, welche wir hie als einen Anhang communiciren wollen, stehen in der Ersten Classe. Das erste ist der Inhalt von 26. Sonntages-Predigten, welche Hr. Ziegenbalg von der Christlichen Lehre gehalten, und welche ein Buch außmachen: davon der auctor auch ein Exemplar in Malabarischer Sprache heraußgesandt hat, das bey uns in der Bibliothec des Wäysenhauses aufgehoben wird. Das andere specimen ist die Beschreibung zweyer Malabarischer Lexicorum, welche er mit ungemeiner Mühe Fleiß und Kosten gemacht hat. Ohne Zweiffel werden wohlgesinnete Leser viel Vergnügen an solchen Arbeiten finden. Weil aber des auctoris gantzes Tichten und Trachten dahin gerichtet ist, daß er die H. Schrift in die Malabarische Sprache übersetzen, und [5] dieselbe nebst andern Büchern von Christlicher Lehre denen Heyden in die Hände geben möge, solches aber, wenn es durch gewöhnliches Schreiben geschehen solte, gar zu übergrosse Kosten erfordern, gar zu langsam von statten gehen, und endlich nicht ohne unzähliche Verfälschungen außgerichtet werden würde: so hat er für höchstnöthig befunden, daß dortiges Ortes eine Malabarische Buchdruckerey[WS 1] angelegt werde. Nun denn aber dazu in Indien kein Rath ist, und was dazu gehöret, in Europa verfertiget, und dorthin gebracht werden muß, so hat er nicht allein in itztfolgendem Briefe, sondern auch in andern mehr, sein grosses Verlangen nach solchem Wercke nachdrücklich zu erkennen gegeben, auch ein Muster einer Schrift herauß geschickt, nach welchem die Stempel zu denen Buchstaben geschnidten werden solten. Wie man nun keines weges zweifelt, daß solche Druckerey zu grosser Förderung und Erleichterung des Wercks GOttes unter den Heyden gereichen werde, wenns damit zum Stande kommen solte, so ist man alhie im Namen des HErrn entschlossen, Anstalt dazu zu machen, daß die Stempel, und was zur Druckerey gehöret, angeschaffet werden. Es kan aber ein ieder vernünftiger leicht ermessen, daß gar grosse Kosten dazu erfordert werden; derowegen wird man den Segen der durch GOttes gnädige Regierung von mildthätigen Christen für die Malabaren bishero bey uns eingelauffen, dazu anwenden, als womit ihnen itziger Zeit am allermehresten gedienet ist. Und weil ja derselbe Segen nicht hinlänglich ist, hoffet man zu GOtt, Er werde Gottselige Hertzen, so dieser Welt Güter haben, erwecken und lencken, welche ferner, wie bis daher viele in grosser und sehr williger Liebe gethan haben, insonderheit zu diesem Werck einen milden Beytrag thun, und also auch in ihrem Theil Gehülfen an der gesegneten Außbreitung des Worts und Anrichtung des Reichs GOttes unter den Heyden seyn mögen. GOtt der HErr, vor dessen Augen solche Wohlthat offenbar und angenehm ist, wird ihnen die reiche Frucht davon in der seligen Ewigkeit zu erndten geben. Gelobet sey sein herrlicher Name ewiglich, und alle Lande müssen seiner Ehre voll werden, und alle Heyden ihn preisen. Amen, Amen.[WS 2]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. [unterstrichen, Randnotiz:] Conf. Relat. VIII. S. a[nn]o 1712 wurde die [Druckerey] aus Halle hingeschickt.
  2. Psalm 72, 19


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