Herrn Bartholomäus Ziegenbalgs Ausführlicher Bericht/Extract aus der Malabarischen Bibliothec
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Auszug aus dem begleitenden Verzeichnis der „Palmblatt-Handschriften“ in „malabarischer“ Sprache und Schrift, die Bartholomäus Ziegenbalg nach Deutschland geschickt hat. Die hier genannten selbst verfassten sowie weitere dieser Handschriften befinden sich in der Sammlung der Franckeschen Stiftungen zu Halle/Saale. |
[23] Extract auß der Malabarischen Bibliothec Herrn Bartholomaei Ziegenbalgs.Sechs und zwantzig Predigten, welche in der neuerbaueten Jerusalems Kirche unter einer starcken frequenz von Christen, Heyden und Türcken des Sonntages sind gehalten worden über unterschiedliche Texte der H. Schrift so wohl des Alten als Neuen Testaments. Der Inhalt der Predigten ist dieser: Die erste PredigtVon den vielfältigen Irrungen der Menschen nach dem kläglichen Sünden-Fall, und von dem Ursprung des Götzen-Dienstes: Darinnen endlich die application auf die Malabarischen Heyden gemacht wird, mit Erweys, daß ihre Götter keine Götter, sondern nur Betrüger und Verführer, weil sie lauter ungöttliche teufelsche Eigenschaften an sich haben. Hingegen aber wird zugleich erwiesen, daß unser GOtt der einige wahrhaftige GOtt sey, und zwar auß seinen wahren göttlichen Eigenschaften: nebst liebreichem Ermahnen, daß sie ihren falschen Götzen absagen, und sie weg thun, und den wahren GOtt durch den Glauben annehmen sollen. Die andere PredigtHandelt von CHristo, wer er sey, wie er von GOtt von Ewigkeit gebohren, wie er so bald nach dem kläglichen Sündenfall von seinem himmlischen Vater zum Heylande der Welt verordnet, und im Alten Testament durch mannigerley Figuren vorgebildet worden, und endlich zu bestimmter Zeit in die Welt kommen sey. Deßgleichen, wie er von Maria ein Mensch gebohren, und seine Gebuhrt beschaffen gewesen. Wie die Väter und alle Fromme in den ersten Zeiten allein durch den [24] Glauben an Ihn selig worden, und alle die verlohren gangen, welche an Ihn als den zukünftigen Heyland der Welt nicht geglaubet haben. Wie auch noch heute zu Tage das Heyl und Seligkeit in keinem andern als allein in diesem Sohn GOttes JEsu Christo zu finden sey. In der application wird erstlich gezeiget, daß die Götzen der Malabarischen Heyden keine Erlöser und Seligmacher unserer Seelen seyn können, daß auch der Moren ihr Mahomet kein Erlöser seyn könne; und endlich, daß auch die H. Jungfrau Maria und die Heiligen bey denen Papisten keine Nothhelfer seyn können. (Denn mit diesen 3. Sorten Leute hatte ichs immer zu thun, indem allezeit einige von ihnen in den Predigten zu gegen waren. Die dritte PredigtHandelt von der Lehre JEsu, wie er sein Amt angetreten, und 12. Jünger erwehlet habe, auch allenthalben herum gangen sey zu lehren und zu predigen von allen denjenigen Geheimnissen, die uns zu Erlangung der Seligkeit zu wissen sehr nöthig seyn, doch ohn göttliche Offenbarung und Erleuchtung auß eigener Vernunft nicht verstanden werden können. Insonderheit wird gezeiget, was er habe gelehret von GOTT, von der Schöpfung, vom kläglichen Sünden-Fall, von der Erlösung des Menschlichen Geschlechts, von der göttlichen Ordnung wie man solcher Erlösung theilhaftig wird, vom Glauben, von der Liebe und andern Tugenden, von dem zukünftigen ewigen Leben, und von der Straffe der Verdammten. In der application wird kürtzlich gezeiget, wie grosse Irrthümer in der Heyden, Moren und Papisten Büchern wider die Lehre JEsu Christi verfasset sind. Die vierte PredigtHandelt von etlichen hundert Seligkeiten der Menschen, darinnen das gantze Christenthum als in einem Compendio verfasset ist. Ein ieder periodus fasset eine Seligkeit in sich, auf die Weyse, wie Christus im Matth. 5/3 u. f. die acht Seligkeiten außgesprochen. In der application wird gezeiget, daß das selige Malabaren seyn, welche ihre Abgötter verlassen, und an den Wahrhaftigen GOtt zu glauben anfangen. Item daß das selige Moren seyn, welche sich nicht mehr von [25] Mahomet verführen lassen, sondern Christum zu ihrem Heylande annehmen. Die fünfte PredigtHandelt von der Art und Weyse, wie man GOtt solle erkennen, nemlich erstlich, auß seinen Geschöpfen, darauß schliessende, daß ein Schöpfer sey, und wer derselbe Schöpfer sey. Vors ander, aus seinem heiligen geoffenbarten Worte. Dabey gezeiget wird, wie weit man GOtt aus der Natur erkennen könne, und welche Geheimnisse allein auß der H. Schrift zu erkennen seyn. Item, welchen Völckern GOtt anfangs sein Wort geoffenbaret habe, und unter welchen Völckern es anitzo sey. Auch wie Gott itzt in diesen letzten Zeiten denen Malabaren und Moren die Gnade erzeige, daß Er ihnen sein Wort zu ihrer Seligkeit verkündigen lasse. Dagegen ihr Gesetz kein von GOtt gegebenes Gesetz sey; wie man auß denen darin enthaltenen materien gnugsam erkennen und erweysen könne, als welche nicht einmal mit der Vernunft einstimmeten, geschweige denn mit der Heiligkeit und Gerechtigkeit GOttes. Die sechste PredigtHandelt von drey Eigenschaften GOttes, nemlich, von seiner Ewigkeit, Unveränderlichkeit und Allmacht: welche drey Eigenschaften so wohl auß der Natur, als auch sonderlich auß vielen Schriftstellen des H. Worts GOttes bewiesen werden, mit Vorstellung, was die Erkentniß solcher Eigenschaften bey uns wircken und verursachen solle. Die siebente Predigt.Handelt von der Allwissenheit GOttes, und wie das Erkentniß solcher Eigenschaft in uns wircke eine Enthaltung von allem Bösen, und eine aufrichtige Bestrebung alles Guten, weil GOtt nach seiner Allwissenheit dermaleins an jenem grossen Gerichts-Tage alles Verborgene hervorbringen werde, und solches entweder bestraffen, wenns böse gewesen, oder in Gnaden belohnen, wenns gut gewesen. Die achte PredigtHandelt von der Allweißheit GOttes, darinnen zugleich die [26] weise Regierung aller Creaturen, und die zwar sehr wunderbaren, aber gleichwol sehr weise Führungen der Menschen-Kinder begriffen sind. Wobey gezeiget wird unsere Pflicht und Schuldigkeit, wie wir uns der Weißheit GOttes in allen Stücken unterwerfen sollen, und gleichfalls nach himmlischer und göttlicher Weißheit zu bestreben haben. Die neunte PredigtHandelt von der Allgegenwart, und von der Wahrheit GOttes, mit Vermahnung, daß wir in seiner Gegenwart stets ein heiliges Leben führen, und die Wahrheit GOTTes nicht nur allein wissen, sondern auch darin wandeln und sie außüben sollen. Die zehente PredigtHandelt von GOttes Gerechtigkeit, wie sich selbige äussere in allen Handlungen gegen den Menschen, sonderlich aber sich offenbaren werde am Tage des allgemeinen Gerichts. Dahero wir verbunden, uns nicht allein vor seiner Gerechtigkeit zu fürchten, sondern uns gleichfalls in allen Dingen der Gerechtigkeit zu befleißigen, und sonderlich die Gerechtigkeit Christi, darinnen wir vor GOtt gerechtfertiget werden können, zu suchen. Die Elfte PredigtHandelt von der Barmhertzigkeit GOttes, wie er nach solcher Eigenschaft das menschliche Geschlecht, welches sein angeschaffenes Ebenbilde durch den Sünden-Fall verlohren hatte, wiederum erlöset habe, und sein Heil. Wort ihnen geoffenbaret, sie zu lehren, auf was Weyse sie von ihrem Sünden-Elend befreyet, und der verlohrnen Seligkeit in CHristo wieder theilhaftig werden solten. Deßgleichen wie sich seine Barmhertzigkeit in unzählichen leiblichen Wohlthaten allen Menschen offenbare, und zu erkennen gebe, daß sie nicht wolle, daß iemand solle verlohren gehen, sondern daß sich iederman zur Busse bekehren solle. Dahero, wer unter den Christen oder Jüden oder Türcken oder Heyden verlohren ginge, an [27] dessen Verderben sey nicht GOTT, sondern er selbst schuld. Die zwölfte PredigtHandelt von dem hohen Geheimniß der Heil. Drey-Einigkeit, nemlich wie GOTT zwar Einig sey im Wesen, aber Dreyfaltig in Personen. Da denn auß dem Wort GOttes, und in unterschiedenen aber doch gantz unvollkommenen Gleichnissen, gezeiget wird, wie der Vater von sich selbsten sey, der Sohn vom Vater gebohren sey, und der Heil. Geist vom Vater und Sohn außgehe, doch also, daß sie allerdinge eines unzertrennlichen Wesens seyn, und eine Person so wohl als die andere wahrhaftiger GOtt, und nicht drey Götter, sondern alle drey der Einige wahre GOTT seyn eines einzigen Wesens. In der application wird gezeiget, wie die Malabarischen Heyden statuiren, daß ihre drey grossen Götter Ispuren, VVischtnum und Bruma gleichfalls einig seyn sollen im Wesen, aber dreyfaltig in ihren Verrichtungen und Handlungen gegen die Menschen. Welche teuflische List und Ungereimtheit auß ihren eigenen Bücher widerleget wird mit solchen argumenten dawider sie nichts aufzubringen wissen. Die dreyzehente PredigtHandelt von der Schöpfung der Welt, wer sie erschaffen habe, worauß, wie und auf was Weyse, auch zu was Ende sie erschaffen sey. In der application wird gezeiget, was es für eine grosse Thorheit sey, daß die Malabarischen Heyden GOtt ihren Schöpfer vergessen, und die Geschöpffe für Götter ehren, da diese doch weit geringer seyn als sie selbst. Die vierzehente PredigtHandelt von den guten Engeln, in was für Herrlichkeit GOtt dieselben erschaffen habe: was ihre Verrichtungen seyn gegen GOtt und gegen die Menschen: auch wie wir ihrem Exempel in allen stücken nachzufolgen haben. [28] Die funfzehente PredigtHandelt von den gefallenen Engeln oder Teufeln, wer sie erstlich gewesen, wie ihr Fall entstanden, wie sie von der Gerechtigkeit GOTTes zur Höllen verstossen worden, und wie sie nunmehro nichts anders thun als GOtt lästern und Menschen verführen. Wie man dieses letzte sonderlich unter den Malabarischen Heyden sehen könne, indem sie durch die List des Teufels allenthalben an dem lebendigen Erkäntniß des wahren GOttes gehindert werden, und in lauter Stricken des Satans einher gehen. Die sechzehente PredigtHandelt von der Erhaltung aller erschaffenen Creaturen, wie nemlich GOTT stets mit denenselben wircke, und sein Aufsehen habe über alles was unter der Sonnen zu finden; aber sich dabey einiger Instrumenten gleichsam als Mittels-Personen bediene, als der Engel, und Menschen z. E. Könige, Fürsten etc. Da nun aber in der Welt viel sündliches Wesens von bösen Engeln und Menschen geschiehet, so sey doch GOtt daran nicht Schuld und Ursach, sondern lasse solches nur auß heiligen Ursachen zu; und wisse solches zu einem gute Ende zu führen. In der application wird gezeiget, daß der Malabaren ihre Abgötter von keiner solchen Beschaffenheit seyn, daß sie die Welt regiren und alles in seiner Ordnung erhalten können, ob sie gleich viel Rühmens davon machen. Die siebenzehente PredigtHandelt von dem Ebenbilde GOttes, in welchem der Mensch anfänglich geschaffen worden, worinnen solches eigentlich bestanden, auch was für grosse Glückseligkeit der Mensch darauß überkommen, und wie es hätte können auf alle Nachkömmlinge fortgepflantzet werden. Dabey wird gezeiget, was in Erinnerung dessen unsere Pflicht und Schuldigkeit sey. [29] Die achtzehente PredigtHandelt von dem Verlust des göttlichen Ebenbildes, nemlich, auß wessen Betrieb und Schuld der Mensch solches verlohren. Wie solcher Verlust zugegangen, was darauf erfolget dem Leibe und der Seelen nach. In der application wird gezeiget, wie unsere gantze Bemühung dahin gehen müsse, daß wir wiederum von dem schändlichen Bilde des Teufels befreyet, und zu dem verlohrnen Ebenbilde GOttes erneuert werden mögen. Die neunzehente PredigtWurde am Neuen Jahrs Tage gehalten, von den vielen Namen unsers HErrn JEsu Christi: Darauß zugleich das Werck der Erlösung von Sünden, vom Tode, Teufel und Hölle vorgestellet wurde, mit Vermahnung, daß man sich in diejenige Ordnung schicken möge, darinnen wir unsers Heylandes recht theilhaftig werden können. Die zwantzigste PredigtHandelt vom Stande der Erniedrigung unsers HErrn JEsu Christi, warum es anders nicht habe seyn können, als daß Er sich um uns zu erlösen also tief erniedrigen müssen. Worin solche Erniedrigung bestanden, auch wie viel deren Gradus und Stufen gewesen, was er uns damit verdienet, und wie selbige uns ein Exempel sey, daß wir sollen nachfolgen seinen Fußstapfen. Die ein und zwantzigste PredigtHandelt von dem Stande der Erhöhung JEsu Christi, wie er von seinem Vater sey erhöhet worden. Daß solche Erhöhung in sich begreiffe die Uberwindung seiner Feinde, seine Höllenfahrt, siegreiche Auferstehung und Himmelfahrt, auch das Sitzen zur Rechten GOttes seines himmlischen Vaters, und seine Majestätische Zukunft zum Gericht. Daß dieses Erhöhung ein sehr grosser Trost sey für alle seine gläubige Kinder, aber ein grosses Schrecken allen Ungläubigen [30] Völckern, als welche, ob sie itzt gleich seine Gnade verachten und von sich stossen, und ihn verläugnen, dennoch dermaleins Ihn bekennen müssen, daß Er der HErr der Herren sey. Die zwey und zwantzigste PredigtHandelt von denen übergebliebenen Kräften des verlohrnen Ebenbildes im Verstand und Willen: Wie nemlich der Verstand in geistlichen Dingen zwar gantz verfinstert und verblendet sey, aber gleichwohl durch Ubung in leiblichen und irdischen Wissenschaften es sehr weit bringen könne; wie man dessen gnugsames Zeugniß habe unter den blinden Heyden, so gar daß sie auch sich selbst haben können ein Gesetz modeln nach der analogie ihrer Vernunft, und sehr viele gelehrte und weltweise Bücher schreiben. Item wie gleichfalls der Wille annoch in dem leiblichen einige Freyheit habe, dieses und jenes zu thun. Indessen könne aber mit dem Verstande keine göttliche Wahrheit rechtmäßiger Weyse gefasset, noch in dem Willen nach Gebühr außgeübet werden, wofern jener nicht durch den H. Geist mit göttlichem Licht erleuchtet, und dieser geheiliget wird. Die drey und zwantzigste PredigtHandelt von dem Gnaden-Beruf GOttes als algemein, und kräftig in sich selbsten, der aber auf unser Seite verhindert werden könne. Item wie GOtt sich hierinnen gewisser Mittel bediene, und eine gewisse Ordnung mache, um solches Berufs theilhaftig zu werden. Endlich wird gezeiget, was hiebey nicht allein der Christen, sondern auch der Heyden Pflicht sey. Die vier und zwantzigste PredigtHandelt von der Erleuchtung, wie selbe nach dem Sünden-Fall allen Menschen nöthig sey, worin selbige bestehe, und wer sie wircken müsse. Wie die subjecta, so erleuchtet werden sollen, beschaffen seyn müssen. Was die Erleuchtung mit sich führe. Wie sie immer müsse fortgesetzet werden. Woran man die wahrhaftig erleuchteten erkennen solle, und was hiebey eines ieden Schuldigkeit sey. Die fünf und zwantzigste PredigtHandelt von der Vereinigung mit dem Dreyeinigen GOtt. Da [31] gezeiget wird, wie höchstnöthig solche Vereinigung sey, mit wem, und wie und durch was Mittel sie geschehen solle, was sie im Hertzen wircke und anrichte, und wie sie endlich sich durch äusserlichen Wandel beweysen müsse. etc. Die sechs und zwantzigste PredigtHandelt von den Eigenschaften der mit GOtt vereinigten Personen, und wie sie sich verhalten sollen gegen GOtt, gegen ihren Nächsten, und gegen sich selbsten. Item wie sie sich in dem Gebrauch göttliches Wortes und der H. Sacramenten zu verhalten haben, und was ihnen endlich darauf erfolgen werde. Ein Malabarisches Lexicon,[WS: Absätze vom Bearbeiter eingefügt] Welches enthält etlich und 20000. Vocabula und feine Phrases, solcher Gestalt, daß auf der einen Reihe dieselben mit Malabarischen Buchstaben geschrieben stehen, auf der andern Reihe aber mit Lateinischen außgedrucket sind, so wie sie gelesen werden sollen; In der dritten Reihe ist das Hochteutsche dabey. An diesem Wercke habe ich gantzer 2. Jahre gearbeitet, und mehr als 100. Malabarische Bücher gelesen, auß welchen allen und ieden ich die unbekannten Vocabula und schönen phrases excerpiret habe. Und weil diese Sprache sehr weitläuffig ist, so kommen mir noch immer einige unbekante Wörter und Redens-Arten vor, welche ich alsobald ins Lexicon eintrage. Ich habe aber zu diesem Ende nicht nur Theologische, Historische, Philosophische, sondern auch Medicinische und Oeconomische Bücher durchlesen, wie auch unterschiedliche Poetische; darauß ich aber nur die feinen Redens-Arten hieher ziehen können, weil die Nomina etc. nicht in dieses, sondern in das Poetische Lexicon gehören. Es hat aber solch Lexicon von mir noch nicht können nach dem Malabarischen in gehörige Ordnung gebracht werden, sondern ist nur so geschrieben, wie ich dieses oder jenes Buch gelesen habe. Würde es aber künftig nach dem Malabarischen Alphabet eingerichtet werden können, daß erstlich das Primitivum,[WS 1] und unter dasselbe alle Derivativa[WS 2] und Composita[WS 3] ordentlich gesetzet würden, nebst denen darauß fliessenden phrasibus,[WS 4] so würde es ein sehr erwünschtes Werck für die Nachkommen und alle Liebhaber dieser sehr gravitätischen Sprache seyn. Ich kan aber dieses nicht versprechen, es sey [32] denn daß eine Buchdruckerey in dieser Sprache angerichtet werde, ohn welche ich meinen Endzweck nicht erreichen kan. Sonst aber habe ich ein Teutsches Register darüber gemacht, welches ich brauche als mein Hand-Buch, und alle Monate einmal zu repetiren suche. Es bestehet in 4. Alphabeten, und wird ins künftige noch können vermehret werden. Dieses Lexicon halte ich nicht so wohl um der grossen Mühe und Kosten willen, welche ich auf dessen Verfertigung gewandt, sondern vielmehr um seiner sonderbaren Nutzbarkeit willen für einen grossen Schatz, den ich nicht um ein grosses missen wolte, weil der Nutzen der dadurch geschaffet werden kan und wird (wie man zu GOtt hoffet) unschätzbar ist. Ein Poetisches Lexicon,Bestehende auß 17000. Vocabulis, so auß allerhand poetischen Büchern zusammen getragen sind. Dieses Buch kostet mir grosse Mühe und Unkosten, weil ich 4. Monat lang Malabarische erfahrne Poeten deßwegen im Hauß habe halten müssen. Ich habe es in 12. Theile getheilet, und alle Namen unter gewisse Titul gebracht, daß ich sie also bald finden kan. Das 1. Theil fasset in sich die Poetischen Namen der vornehmsten Malabarischen Abgötter, unter welchen Namen zugleich ihre Eigenschaften und verrichtungen verborgen liegen. Es hat oft nur ein Abgott über hundert Namen. Nachdem sie nun überhaupt drey und dreyßig mal hundert tausend kleine Abgötter, und acht und viertzig tausend Rischi oder grosse Propheten haben, so kan man leichtlich gedencken, wie schwer es in ihrer Theologia sey, nur die Namen der Abgötter außwendig zu lernen, geschweige die viel 1000. Historien, die sich in den 14. Welten mit solchen Abgöttern sollen zugetragen haben. Es sind aber in diesem Lexico nur die Namen der grossen Götter benennet, als die am allermeisten in ihren Büchern vorkommen. Das Poetisch-Malabarische, und das Gemeine ist fast so weit von einander unterschieden als die Lateinische und Teutsche Sprache, indem zwar die Buchstaben und das Lesen eins sind, gleichwol aber kein gebohrner Malabare einen Malabarischen Vers oder Lied verstehen kan, es sey ihm denn erkläret worden, und er die signification[WS 5] der Wörter außwendig gelernet habe. Weil denn nun ihre meisten religions Bücher in schweren Versen geschrieben sind, so haben die allerwenigsten ein recht Fundament von ihrer Religion, weil nur hin und her etwa unter 10000. einer gefunden wird, [33] der etwas von Versen oder von der poesie verstehet: weßwegen diese Sprache der Malabaren wol die grösseste difficultät in diesem Stücke hat, vor vielen, wo nicht allen andern Sprachen. Es handelt aber dieser erste Theil zugleich vom Himmel und himmlischen Cörpern, da oftmals ein Planet, oder auch ein Thierkreiß-Zeichen etliche zwantzig Benennungen hat. Sonst sind sie mit deren Abtheilung und Beschreibung mit uns gantz einig. Elementa aber statuiren sie 5. unter welchen das fünfte das Vacuum ist.[WS 6] Das 2. Theil dieses poetischen Lexici handelt von denen Menschen in ihren unterschiedlichen Altern, Geschlechtern, Bestallungen und Verrichtungen. Da hat oft ein König 60. Namen, ein Einsiedler 100. Namen, ein Priester etlich 50 Namen. etc. Das 3. Theil handelt von allerley wilden und zahmen Thieren, von Vögeln und kriechendem Gewürme. Das 4. Theil handelt von allerley fruchtbaren und unfruchtbaren Bäumen, von Sträuchen, Blumen, Grase etc. Das 5. Theil handelt von der Welt und denen darinn befindlichen Bergen und Wassern, Städten und Dörfern, Aeckern und Wiesen. Der 6. Theil handelt von den Mineralien; zugleich aber auch Speise und was gegessen werden kan. Das 7. Theil handelt von dem mannigfältigen Gewehre dessen sich ihre Abgötter gebrauchet haben, und auch noch im Kriege gebrauchet werden. item Von allerley Gold- Silber- und Perlen-Schmuck, auch von allerley Gefäßen und Geschirren, so zur Haushaltung gebrauchet werden. Das 8. Theil hält in sich die mannigerley Namen der Höhe, Tiefe, Länge und Breite. it. Die Namen der Farben, der Tugenden und Laster etc. Das 9. Theil handelt von den Namen der Fest-Tage, und von allerley Verrichtungen der Menschen gegen GOtt, gegen den Nechsten, und gegen sich selbsten, so wohl in guten als bösen Sachen. Das 10. Theil handelt von allerley Art Reden und Stimmen der Menschen. Das 11. Theil fasset lauter solche Namen in sich die einen drey- vier- fünf- und sechs-fachen Verstand haben.[WS 7] Das 12. Theil ist ein kurtzer Außzug derjenigen poetischen Wörter, die am allergemeinesten seyn, und in allen poetischen Büchern vorkommen. Dieses Lexicon kan mir zwar wenig helfen zu meinem Reden und Predigen des Worts Gottes; aber gleichwol ist es der Schlüssel zu allen poetischen Büchern, daß wer sich diese Vocabula bekant gemacht hat, alle Bücher unter diesen Heyden verstehen kan. Und weil ich mich denn bemühe den Grund ihres Götzen-Dienstes auß ihren eigenen Büchern [34] zu fassen, und auß denenselben ihre Irrungen zu widerlegen, so hat es die Nothwendigkeit erfordern wollen, daß ich mich so weit in das Gebiete der Poeten habe hinein wagen müssen: zumal da mich oftmals Poeten auß dem Lande besuchen, und ich sie wieder, da man denn fast nichts als Verse auß ihrem Munde höret zur Beweysung ihrer Lehrsätze, welche ich denn zum wenigsten verstehen muß, daß ich sie gebührender masse widerlege. Ich meines theils möchte die Sünde nicht auf mich nehmen, etwas in Versen zu schreiben, weil die armen Heyden ohndem damit zu sehr beschweret sind, und oft nicht wenig darüber klagen. Es hätte auch der Teufel kein ärger Mittel erfinden können, das arme Volck in Unerkäntniß zu erhalten, als dieses, daß viele Bücher geschrieben und für Gottes Wort außgegeben werden, die aber von solcher Schwerigkeit sind, daß sie kaum von dem 100000ten Theil verstanden werden können. Wie denn auch die, welche nichts davon verstehen, weit klüger in allen ihren Reden sind, als die so mit dem poeten Namen prangen, und auß solchen Schriften zu disputiren wissen. Auß jenen habe ich auch viele gefunden, welche das Evangelium wenigstens für gut und wahr erkennen, ob sie sich gleich nicht so bald zur Christlichen Religion appliciren wollen. Unter den poeten aber habe ich wenig gefunden, welche der Wahrheit GOttes so weit raum gäben; gestalt sie stets viel Vernunft-Schlüsse dawider zu machen wissen, dadurch sie die angebotene Gnade außschlagen. GOtt gebe mir Weisheit also mit allen und ieden weislich umzugehen, daß immer einige überzeuget und gewonnen werden mögen. |
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