Textdaten
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Autor: Otto Beneke
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Titel: Hans mit Gott
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aus: Hamburgische Geschichten und Sagen, S. 345–346
Herausgeber:
Auflage: 2. unveränderte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Perthes-Besser & Mauke
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Erscheinungsort: Hamburg
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Originalherkunft:
Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
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[345]
117. Hans mit Gott.
(Um 1700.)

Es war einmal vor vielen Jahren ein Bleidecker in Hamburg, der hieß Hans, ein ehrlicher frommer Gesell, der bei allen Dingen, die er that oder ließ, die zwei guten Worte „mit Gott“ sagte, welche er sich wohl bei Verrichtung seines gefährlichen Handwerks angewöhnt hatte. Darum nannten ihn alle Leute nicht anders, als Hans mit Gott. Wie er nun einst oben am Petri-Thurm arbeitet, faßt ihn der Schwindel; denkt also eiligst an das schöne Gebet, welches für die vom Thurm fallenden Bleidecker erfunden ist; aber ehe er sich darauf besinnt, fühlt er schon unter sich keinen Grund mehr, macht’s also kürzer, schreit laut „mit Gott“ und fährt damit jählings hinunter in die entsetzliche Tiefe.

Grade in diesem Augenblick geht nun unten auf dem Kirchhofe ein Jude vorüber, dem fällt Hans mit Gott so unsanft auf den Kopf, daß der Jude niederstürzt und gleich todt bleibt, Hans aber gesunden Leibes aufsteht, seine Gliedmaaßen befühlt und sich seines wundersam geretteten Daseins mit Gott freut. Aber war auch sein Körper äußerlich unverletzt geblieben, so hatte doch die gewaltige Erschütterung des Sturzes sein Gehirn angegriffen; er kam nicht wieder zu gesunden Verstandeskräften, sondern wurde, was man in Hamburg nennt: püttjerig; sprach auch hienieden kein anderes Wort mehr, als sein altes treuherziges „mit Gott.“

Nun heißt es, daß die hiesigen Juden über den Tod ihres Genossen sehr verboßt geworden wären und durchaus Genugthuung dafür verlangt hätten. Sie verklagten also den ehrlichen Hans mit Gott beim Rathe und forderten, da er kein Geld besaß, als Sühne seinen Tod. Der Rath fand den Casus sehr bedenklich und rieth lange hin und her, wie er [346] mit Ehren und Gerechtigkeit den schlimmen Handel schlichten möge. Endlich besann er sich auf Salomonis Urtheil und erkannte darnach diesen ähnlichen Spuch: Vergeltung sei gerecht, der Verstorbene könne sie aber nicht mehr üben, folglich müsse ein andrer Jude vom Petri-Thurm heruntergestürzt werden auf Hans mit Gott, der unten stehen solle, also könne der Jude nach Belieben den armen Hans zu Tode fallen und die Sühne nehmen, darnach die Gemeinde verlange! Als nun die Juden diese Sentenz vernahmen, da verschraken sie sich sehr, jedem lief’s eiskalt über den Rücken vor Schwindel und Gräfen, und Keinen gelüstete ferner nach der Sühne.

Und noch lange liebe Jahre ist Hans mit Gott still und bescheiden in Hamburg umhergegangen und hat sein täglich Brodt in den guten Bürgerhäusern reichlich gefunden, denn alle Menschen, und sonderlich die Kinder, hatten ihn gern.

Anmerkungen

[388] Sagenhaft, nach mündlicher Erzählung; ganz ähnlich in Müllenhoff, Schlesw.-Holst. Sagen S. 585.