Haenel Kostbare Waffen/Tafel 51

Tafel 50 Kostbare Waffen aus der Dresdner Rüstkammer (1923) von Erich Haenel
Tafel 51
Tafel 52
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TAFEL 51
PRUNKRAPIERE
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[102] a. b. Das goldne Gefäß, dessen Knauf zwei Türkenmasken mit weißemaillierten Haaren aufweist, ist völlig mit runden und ovalen Türkisen in goldner Fassung besetzt; die Stangen laufen in Vogelköpfe aus, die Ränder sind von einem schwarzemaillierten Wellenband umzogen. Am Kreuz das kursächsische und brandenburgische Wappen, bunt emailliert. Auf der Klinge Marke und Name des Pedro de Velmonte, Toledo. – Die Degentasche, Goldstoff mit Goldstickerei, Schnallen, Beschläge und Haken Gold, mit schwarzen Emailrändern und Türkisen, am Haken der Buchstabe C, in den Ovalen ein Reiter in Zeittracht und ein sächsischer Reiter, beide auf Schimmeln, bunt emailliert.

Ges. Inventar 1606, S. 474: Ein schön rappir Creuz und Knopf ganz golt, mit schönen Türkißen versatzt mit einer über sich und die andren unter sich gebogenen Creuzstangen … darinnen eine schöne Sorwanische lange rappir klinge … ist zum heil. Christ verehret worden den 24. Dezember 1605. Welches allhier zu Dresden gemacht und den 8. Martio 1606 anhero überantwortet worden.

Erst im Inventar von 1689 I, S. 795 (Churk. Nr. 172) wird die Degentasche beschrieben mit der Bemerkung: „vorne auf der Schließung des gürtels der nahme IG 1624“. Dies würde auf Johann Georg I. deuten; das Doppelwappen aber weist auf die Kurfürstin Sophie, geb. Prinzessin von Brandenburg, die Mutter des Kurfürsten Christian II. (1580–1611) als Geschenkgeberin hin, wozu auch das C des Hakenbeschläges paßt. Wichtig ist die Inventarnotiz, daß die Garnitur in Dresden gearbeitet worden ist, wohl von dem Meister der Jagdgarnituren von 1607 und 1608 (FHM. M. 263 und 264), die gleichfalls mit Türkisen ausgestattet sind.

c. d. e. Das goldne Gefäß, dessen durchbrochner Knauf und reich ausgebildete Parierbögen eine Dekoration in schwarzem Email, in lebendigstem Moreskenstil, tragen, ist mit Diamantrauten in erhabenen Kästen besetzt. Die Stangen laufen in bunt emaillierte Türkenköpfe aus, am Vorderbogen schwebt, mit ausgebreiteten bunten Flügeln, eine nackte weibliche Halbfigur. – Die Degentasche schwarzer Samt, die Ränder mit Perlen bestickt, Schnallen und Haken goldemailliert, mit buntemaillierten Auflagen von Blumenranken, dazwischen Diamanten in Kästen, trägt als Hauptmotiv eine geflügelte Sirene, darunter das Turnier eines Reiters in Zeittracht mit einem Mohren, der, mit einem Dreizack bewehrt, vom Gegner aus dem Sattel seines Hippogryphen geworfen wird.

Ges. Inventar 1689, I, S. 794 (Churk. N. 171): Ein Rappier mit einem ganz göldenem gefäße, durchsichtigem Knopffe, ober und unter sich gebogenen Creuz mit Türkenköpfen, an denen Bogen eine fliegende Sirene, schwarz amuliert, und mit Boheimischen Diamanten in göldenen Kästgen versezt … Worbey ein schwarz sammeter Leibgürtel und Gehenke, mit großen und kleinen Perlen dreyfach reihenweise beleget … hinten an dem Gehencke ein Roß und Meerpferd mit Reutern und Piquen.

Die Form des Gefäßes, dessen untere Bügel eine ungewöhnlich reiche Folge von Kurven, Absätzen und Verknüpfungen zeigen, entspricht völlig der des Rappiers Tafel 57b, FHM. E 447. Hier kehrt, blaues Email in silbernem Grund, die Zeichnung des Flächenmusters fast wörtlich wieder. – Die Garnitur nimmt unter den vielen, durch Adel des Materials und Eigenart des künstlerischen Entwurfs ausgezeichneten Prunkdegen der Hochrenaissance, die den Waffenschatz der Wettiner bilden, mit den ersten Platz ein. Besonders die Degentasche ist von einer nicht mehr zu übertreffenden Selbständigkeit der Gestaltung: in anmutigster Naivität verbinden sich Ornamentales und Figürliches, und der ernste Fond des schwarzen Samtes läßt jede zarte farbige Note des Schmuckkleides zu ihrem Rechte kommen. – Deutsche (süddeutsche?) Arbeit, um 1610–1620.