Haenel Kostbare Waffen/Tafel 43

Tafel 42 Kostbare Waffen aus der Dresdner Rüstkammer (1923) von Erich Haenel
Tafel 43
Tafel 44
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TAFEL 43
PRUNKSCHWERTER UND DOLCHE
DES KURFÜRST AUGUST
(1526–1586)
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[86] a. und b. Rapier und Dolch. – Gefäße Eisen, geschnitten, gebläut und mit Gold tauschiert. Die Dekoration zeigt ein System herzförmiger und ovaler Felder, in denen mehrfigurige Szenen in Hochrelief, das sich zum Teil frei vom Grunde löst. Man erkennt u. a. den waffenschmiedenden Vulkan und Venus, Neptun mit dem Dreizack, Diana, eine Opferszene mit dem rauchenden Altar, das Gastmahl der Esther. Auf den Biegungen der Kartuschen liegende, sitzende und stehende nackte Figuren, Männer wie Frauen, dazwischen Trophäen und Masken. Die Durchbildung der Körper, insbesondere des Muskelspiels, geht bis ins kleinste. – Die dachförmigen Klingen zeigen am vierkantigen Angelansatz Goldtausia, die des Rapiers die eingeschlagene Marke S.

Inventar der Rüstkammer 1567, Fol. 97: Ein Rappir tolch und gürtell mit eisernenn von Biltwerk kunstreich ausgehauenem hefft kreuz knopff und beschlege dorann der grundt und ezlich leistenn vergult. So hertzogk Albrecht inn Bayernn Gemahll Churfürstenn Augustenn verehrett.

Dies war Anna, die Tochter Kaiser Ferdinands I. (1528–1590). Die Eisenschnittarbeit, die an Reichtum der Erfindung und Vorzüglichkeit der Technik ihresgleichen sucht, dürfte danach wohl aus einer Münchner Werkstatt stammen. Für Albrecht V. hat u. a. im Jahre 1561 Thomas Mair solche Arbeit gefertigt (Stöcklein, Meister des Eisenschnittes, S. 5). Die Garnitur gehört in die Mitte des 16. Jahrhunderts. – (FHM. E 685.)

c. und d. Schwert (Cordelas) und Dolch mit Springklinge. Gefäß Eisen, geschnitten, vergoldet und mit Gold tauschiert. In den Kartuschen des Knaufes und der Bügel Trophäen; die ersteren gehalten von Satyrhermen. Die Seiten sowie die glatten Innenflächen tauschiert. – Des Dolches Knauf und Parierstangen bilden leichtgeschwungene akanthusartige Blätter, am Knauf legt sich das Blatt um eine halbe, von einem Baluster getragene Schnecke. In der Tauschierung, die das glatte Gehilze in lockeren Ranken bedeckt und den Rippen der Blätter in zarten Linien nachgeht, findet sich das Weinblatt, das wir von den Piccininoarbeiten kennen (siehe Tafel 27). Die sehr starke Klinge spaltet sich und zeigt zwei eingeschlossene Federn, die sich, sobald die Klinge sich auf Druck geöffnet hat, je mit Nase und Nut an die gegenüberliegende Kante legen und so das Zusammenklappen des „Parierdolches“ verhindern.

Ges. Inventar 1606, Seite 556: Ein Cordelaß und Dolch von gleicher Arbeit, runden Knopff, gebogenen Creutzstangen, außgehawenen angesichtern, vergült das Creutz inwendig damaskeniert, in Schwartz Sammeten Scheiden mit einem Messer, der dolch mit drey (so!) außfahrenden spitzen, solches von Hertzoge von Mantua, durch Heinrichen von Hagen, ist verehrt und zugeschickt worden.

Wilhelm Gonzaga, Herzog von Mantua (reg. 1550–1587) hat sowohl dem Kurfürst August wie seinem Sohne Christian vielfach Geschenke gemacht; wir wissen von einer Reise des Hofmarschalls von Hagen aus dem Jahre 1587, wo Vincenz I., sein Nachfolger, dieser freundschaftlichen Tradition treu blieb. Der Stil des Eisenschnittes, in seiner echt italienischen Klarheit des tektonischen Aufbaus ein Widerspiel des durch ein Übermaß an Motiven fast beunruhigenden der nebenstehenden Garnitur, entspricht bis ins einzelne dem des Haudegens in der bekannten Harnischgarnitur, genannt „die mayländische Rüstung“ des Erzherzogs Ferdinand, die Boeheim als Werk des Giov. Battista Serabaglio bestimmt hat (Werke Mailänder Waffenschmiede, Jahrbuch des A. H. Kaiserhauses, 9. Bd., S. 405, Album I, T. 24).

Die Inventarnotiz von 1606 ist bis 1821 in alle Inventare der Kurkammer übernommen worden; in dem letzten erst wird der auffällige Irrtum (3 Spitzen!) verbessert. – (FHM. E 681 und G 161.)