Haenel Kostbare Waffen/Tafel 4

Tafel 3 Kostbare Waffen aus der Dresdner Rüstkammer (1923) von Erich Haenel
Tafel 4
Tafel 5
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TAFEL 4
FELDHARNISCH
DES KURFÜRST MORITZ VON SACHSEN
(1521–1553)
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[8] Blank, mit gebläuten und vergoldeten Streifen, Messingnieten. – Kragen 4mal geschoben mit Schnürenrand, daran kurze, 3mal geschobene Achseln, Brust mit leichtem Tapul, unter den Achseln geschoben, 4 Bauchreifen, der unterste Gesäßreifen in drei flachen Bogen ausgeschnitten. 8mal geschobene Spangröls, Armkacheln mit halben Muscheln, glatte Unterarmröhren. Handschuhe mit kurzen Stulpen, die Finger in Eisen und Messing abwechselnd geschoben. Lange Beintaschen 14mal geschoben, gekehlte und ausgetriebene Kniebuckel. Offene Sturmhaube mit Kinnreff und breiter, vorspringender Blende. Beinröhren und Schuhe nicht zugehörig. – In den vertieften, gebläuten Streifen Rankenornament in strengen Renaissanceformen als Goldmalerei. Der Bruststreifen zeigt die Darstellung einer Schlacht, vier Fähnlein, Reiter, Kanonen, mit der Inschrift: Miserere mei Deus secundum magnam misericordiam tuam et secundum darinem (?) miserationum tuarum. – Auf dem Rückenstreifen die Belagerung einer Stadt, mit der Inschrift: Confitebo tibi Domine in toto corde meo, narrabo omnia mirabilia tua, letabor et exaltabo me psallam nomini tuo altissimo.

Inventar 1606, S. 143. „Ein blancker geezter Feld Küriß, mit vorguldten streiffen, welchen Churfürst Moriz von Magdeburgk geführet, darzu ist rücken und brust, Kragen mit langen Achßeln, Armzeugk, Fingerhandschuhe, lange Beintaschen mit Kniebuckeln, eine schlagkhauben mit einem Barth, alles mit rothem Sammet belegt, einen rothen Federbusch mit weißer Reigersfedern auf der Haubenn …

Auch der Kürißsattel, mit geätzten, vergoldeten Rändern und Streifen, in deren Blattranken laufende Vögel spielen, mit Medaillons von gekrönten antiken Köpfen, der Grund mit reichem Dekor, blank auf gebläutem Grunde, sowie das rotsamtene Reitzeug, nicht die einfache blanke Roßstirn, werden schon 1606 beschrieben. Damals trug die Figur statt der Beinschienen „ein weiß bar Cortubanische Stiefelnn mit vorgulten Sporen“. Es handelt sich also hier um einen Halb- oder Trabharnisch, ähnlich dem des Kurfürst August, Tafel 3a, der im Bau und besonders in der Form der Schirmhaube viel verwandte Züge aufweist, nur das bei letzterer an Stelle der Spitze der breite, flache, geschnürlte Kamm getreten ist. Ein nicht häufig vorkommendes Kennzeichen besitzt der Harnisch in den quergekerbten Schienen, die den Mittelgrad der Dekorationsstreifen bilden. Wenn man also das Stück seinem Bau nach wohl der Gruppe der sächsischen Arbeiten aus der Zeit des Peter von Speier anreihen könnte, so weist doch der Stil der Goldmalerei deutlich auf süddeutsche, insbesondere nürnbergische Vorbilder hin (H. S. Beham). Jedoch werden die Ornamentstiche der Frührenaissance in so weitgehendem Maße und mit solcher Freiheit von den Ätzmalern an Harnischen verwendet, daß es kaum möglich ist, auf Grund der Stilkritik dieser Motive eine Plattnerarbeit mit Sicherheit einer bestimmten Werkstatt oder einer örtlichen Gruppe zuzuweisen.

Die Belagerung der Stadt Magdeburg, über die schon 1549 wegen ihrer standhaften Beteiligung an dem schmalkaldischen Bund und ihres Widerstandes gegen die Wittenberger Kapitulation zum zweiten Male die Acht verhängt worden war, wurde von Moritz im Oktober 1550 eröffnet, und am 9. November 1551 durch eine sehr gnädige Kapitulation beendet. Ob der Kurfürst den Harnisch bei seinem Einzug in die eroberte Stadt getragen, wie Ehrenthal (Führer S. 53) behauptet, ist nicht nachzuweisen.

Der schöne und durch die Art seiner künstlerischen Verzierung eine besondere Rolle spielende Harnisch dürfte also im vierten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts in Süddeutschland geschlagen sein. – (FHM. E 1.)