1. Gott grüß dir, Bruder Straubinger, freut mich, daß ich dir
sehe. Es ist dir wohl nicht unbekannt, daß ich aus Halle gehe. Der
Meister und Frau Meisterin, da konnt ich just nicht klagen, doch mit
die Aquademici konnt ich mir nicht vertragen.
2. Jüngst kauft ich auf dem Jahrmarkt mich ein schwarz=rot=golden
Bandel; da hängt ich meine Sackuhr an, daß sie nicht kunnte fallen,
da kam ein Studio wie ein Gaul, als wollt er mir schier hetzen, schlug
mich die Sackuhr um das Maul, das Band riß er in Fetzen.
3. Jüngst bin ich auf dem Faulenpelz mit meinem Schatz gewesen;
da nannten sie mir Knotenpelz und ihr ’nen flotten Besen. Und als
ich an zu tanzen fing, da scharrten sie mit den Füßen, der Senius
steckt ein Bein herfür, daß ich hab fallen müssen.
4. Einst saßen wir beim Apfelbrei wohl unsrer zwölf beisammen
und sangen manch flott’s Lied dabei, als sechs Studenten kamen; die
setzten sich an unsern Tisch und wollten uns vertreiben, sie rauchten
auch so pommerisch, daß man nicht konnt verbleiben.
5. Jüngst ging ich auf die Promenad mit meinem Schatz spazieren,
[619] und als sie da so zärtlich that, da konnt sie mir schier rühren; da kam
ein Studio angerannt: „Herr Geißbock, woll’ns erlauben!“ riß mich
das Mädel aus die Hand und führt es in der Lauben.
6. Und wiederum ein andersmal, des Nachts um halber zweie,
stand ich vor ihrer Kammerthür und schwur ihr ewge Treue. Da sah
ein Studio oben raus, und eh ich’s konnt verspüren, goß er den Nacht=
topf auf mir aus; da stank ich zum Krepieren.
7. Nun reis ich über Zürich nach Bern, um dort ganz zu ver=
bleiben, und sollt das Mädchen schwanger wer’n, Herr Bruder wird
mir’s schreiben. Da müßt ich doch ein Esel sein, ein Kerl, als wie
ein Rinde, wenn ich der Vater sollte sein von das Studentenkinde.