Gesetz, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete

Gesetzestext
fertig
Titel: Gesetz, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete.
Abkürzung:
Art:
Geltungsbereich:
Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1886, Nr. 10, Seite 75–76
Fassung vom: 17. April 1886
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 20. April 1886
Inkrafttreten:
Anmerkungen:
aus: {{{HERKUNFT}}}
Quelle: Scan auf Commons
Editionsrichtlinien zum Projekt
Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia
Bild
[[Bild:{{{BILD}}}|200px]]
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[Index:|Indexseite]]


[75]

(Nr. 1647.) Gesetz, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete. Vom 17. April 1886.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§. 1.

Die Schutzgewalt in den deutschen Schutzgebieten übt der Kaiser im Namen des Reichs aus.

§. 2.

Das bürgerliche Recht, das Strafrecht, das gerichtliche Verfahren einschließlich der Gerichtsverfassung bestimmen sich für die Schutzgebiete nach den Vorschriften des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879 – Reichs-Gesetzbl. S. 197 –, welches, soweit nicht nachstehend ein Anderes vorgeschrieben ist, mit der Maßgabe Anwendung findet, daß an Stelle des Konsuls der vom Reichskanzler zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigte Beamte und, an Stelle des Konsulargerichts das nach Maßgabe der Bestimmungen über das letztere zusammengesetzte Gericht des Schutzgebietes tritt.
Der Zeitpunkt des Inkrafttretens wird durch Kaiserliche Verordnung festgesetzt.

§. 3.

Durch Kaiserliche Verordnung kann
1. bestimmt werden, daß in den Schutzgebieten auch andere als die im §. 1 Absatz 2 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit bezeichneten Personen der Gerichtsbarkeit unterliegen;
2. dem zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten die Befugniß ertheilt werden, bei Erlaß polizeilicher Vorschriften (§. 4 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit) gegen die Nichtbefolgung derselben Gefängniß bis zu drei Monaten, Haft, Geldstrafe und Einziehung einzelner Gegenstände anzudrohen;
3. die Gerichtsbarkeit in den zur Zuständigkeit der Schwurgerichte gehörenden Sachen (§. 31 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit) den Gerichten der Schutzgebiete in der Weise übertragen werden, daß [76]
a) eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft stattfindet und der Staatsanwalt von dem zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten aus der Zahl der in den Schutzgebieten befindlichen Kaiserlichen Beamten oder der zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft zugelassenen Personen oder der sonstigen achtbaren Gerichtseingesessenen zu bestellen ist,
b) soweit es die Verhältnisse gestatten, eine Voruntersuchung geführt wird, deren Regelung besonderer Kaiserlicher Verordnung vorbehalten bleibt,
c) an der Hauptverhandlung außer dem zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten vier Beisitzer Theil zu nehmen haben,
d) im Uebrigen die Vorschriften Anwendung finden, welche für die im §. 28 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit bezeichneten Strafsachen gelten;
4. als Berufungs- und Beschwerdegericht in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in Konkurssachen und in den zur streitigen Gerichtsbarkeit nicht gehörenden Angelegenheiten das hanseatische Oberlandesgericht oder ein deutsches Konsulargericht, und in Rechtssachen, bei welchen Eingeborene als Beklagte oder Angeschuldigte betheiligt sind, ein Gerichtshof im Schutzgebiet bestimmt und in dem Verfahren vor dem Berufungs- oder Beschwerdegericht der Anwaltszwang ausgeschlossen werden;
5. für die Zustellungen, die Zwangsvollstreckung und das Kostenwesen einfachere Bestimmungen vorgeschrieben werden.

§. 4.

Das Gesetz, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Reichsangehörigen im Auslande, vom 4. Mai 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 599) findet für die Schutzgebiete mit der Maßgabe Anwendung, daß dasselbe durch Kaiserliche Verordnung auch auf andere Personen, als auf Reichsangehörige ausgedehnt werden kann und an Stelle des Bundeskonsuls der von dem Reichskanzler zur Eheschließung und zur Beurkundung des Personenstandes ermächtigte Beamte tritt.
Der Zeitpunkt des Inkrafttretens wird durch Kaiserliche Verordnung bestimmt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 17. April 1886.
(L. S.)  Wilhelm.

  Fürst von Bismarck.