Geschichte des Illuminaten-Ordens/Die Loge Theodor vom guten Rat. Die Aussagen zweier Priester.

Verfolgung des Baron Bassus Geschichte des Illuminaten-Ordens (1906) von Leopold Engel
Die Loge Theodor vom guten Rat. Die Aussagen zweier Priester.
Weitere Verordnungen der Kurfürsten und Verfolgungen


[282]
Die Loge Theodor vom guten Rat.
Die Aussagen zweier Priester.

Um dem chronologischen Gang der Ereignisse nicht zu sehr vorauszueilen, müssen wir zu der Zeit des zweiten Verbotes, also März 1785, zurückkehren. Es waren in diesem Verbote die Illuminaten und Freimaurer zum ersten Male genannt worden und damit wurde besonders die Loge Theodor zum guten Rat in München, deren Meister vom Stuhl, wie wir wissen, Baader war, hart getroffen. Den Mitgliedern war das drohende Unheil bereits vorher bekannt geworden, sie hatten daher versucht demselben vorzubeugen und beorderten den Theaterintendanten Grafen Seeau, eine Audienz beim Kurfürsten nachzusuchen, und ihm ein Memorial der Loge zu überreichen.

Diese Audienz ward am 4. März 1785 gewährt, jedoch mit negativem Erfolg, denn der Kurfürst liess den Grafen, sobald er merkte, dass derselbe über freimaurerische Angelegenheiten sprechen wollte, gar nicht zu Worte kommen und liess ihn stehen. Er nahm das Schriftstück nicht entgegen, nichtsdestoweniger [283] weniger findet es sich im Münchner Politischem Archiv aufbewahrt. Da dieses Schriftstück bisher nicht im ganzen Wortlaut veröffentlicht worden ist, dasselbe deutlich zeigt, worüber die Illuminaten sich zu beklagen hatten, so schalten wir es mit verschiedenen Fussnoten hier ein.


Memorial-abschrift

Welches die Münchner Maurer Loge Sr. Kurfürstl. Durchlaucht überreicht 1785.

Im Namen der sämmtlichen Mitglieder der ausseinander getrettenen Loge Theodor Vom guten Rath im Aufgang zu München.


Gnädigster Herr!

Verfolgungen mit gedult ertragen, seinen Feinden verzeihen, sind Pflicht, die ein jeder Christ gern erfüllt; wenn aber die Verfolgung biss zur Drückung anwächst, wenn sie Erlicher Männer Hässlicher Schandthaten beschuldiget, Ehre und guten Namen brandmarkt, selbst die Ruhe des Publikums stört, dann wird die Vertheidigung eine Pflicht gegen sich selbst, gegen den Staat.

Gnädiger Herr Herr! nicht Trieb zur Unruhe oder einer faction, sondern abgedrungene Nothwehr für eigene Ehre und Sicherheit ist es, die die ehemaligen Mitglieder der aufgehobenen Loge »Theodor vom guten Rath« an den Throhn E. K. D. bringt, um dort Gerechtigkeit und Schuz gegen die Wuth Pasquilantischer Schriften suchen.

Wie man gegen die Mitglieder dieser Loge vor Verkündigung des gnädigsten Verbots der geheimen Gesellschaften verfuhr, wie man dieselben selbst von den Kanzeln, wo immer Gottes Wort und Wahrheit herrschen sollten, den Verräther des Göttlichen Erlösers verglich, ist jedem bekand.[1]

[284] Von unserer Unschuld überzeugt, ertrugen wir alles mit gedult, und würden es noch thun, wäre es bey diesem Standpunkt geblieben, da man uns aber durch eine Schrift, unter dem Titel »Über Frey-Mauerer erste Warnung« der Übertrettung des Landesherrlichen Verbots und der Schändlichsten Verbrechen ohne Beweiss, ohne Anzeige besonderer Fälle beschuldigte: so wurde die Vertheidigung nothwendig.

Wir riefen durch eine Ankündigung die Beschuldiger[2] vor einem ime selbst beliebigen Richter zum Beweiss auf, aber statt desselben erschien eine zweyte Schrift unter dem Titel: »Auch eine Beylage zur Ersten-Warnung«. Welche Beschuldigungen auf Beschuldigung häuffte, den Landes Dicasterien zu nahe tratt, selbst E. K. D. der Sorglosigkeit beschuldigte.

Bey dieser Lage bleibt uns also nichts übrig, als zur Gerechtigkeits Liebe unseres gnädigen Landesherrn uns zu flüchten, Höchst dero Person die ganze Sache vorzulegen unsere Unschuld zu vertheidigen, und wann noch ein Zweifel übrig bleiben sollte, um gerichtliche Untersuchung gegen die uns gemachten Beschuldigungen anzuflehen.

Jede Beschuldigung ist in den Rechten ungegründet, bis sie bewiessen wird, wir konnten ruhig den Beweiss entgegen sehen. Doch nüzet in diesem Falle die Prüfung schwerer Beschuldigungen, damit ihr Unwerth den Werth der übrigen zeuge.

1. Die ausseinander getrettene Loge Theodor vom guten Rath soll dass gnädigste Verbot geheimer Gesellschaften übertretten haben. —

Die erste Pflicht der Freymaurer ist, den Gesezen ihres Staates und den Befehlen ihres Fürsten unterthänig zu seyn. So bald E. K. D. durch ein General Verbot alle geheimen Verbindungen aufgehoben haben, so wurde den mit-Gliedern die Einstellung aller Maurerischen Arbeiten durch ein Circular[3] [285] bekannt gemacht, nach dem Verbot dass bissherige Logenhauss verkauft, und wir können kecklich jedermann aufrufen, den Beweiss


der Kabale gelungen, ihn, Gott weiss durch welche Vorstellungen und falsche Beschuldigungen des Ordens auf das heftigste aufzubringen, und ein Mandat abzunöthigen, durch welches in ganz Bayern alle geheimen Verbindungen und namentlich die unsrige verbothen werden solle. Zwar ist das Mandat noch nicht publicieret, aber wir haben dennoch in gestriger ausserordentlicher Versammlung beschlossen, sogleich den genauesten Gehorsam zu bezeigen und eben dadurch dem Kurfürsten einen Beweiss zu geben, dass wir diejenigen nicht sind, vor welche man uns mag geschildert haben, vielleicht gelingt es uns, ihn nach und nach wieder einem günstigeren Entschluss zu bringen, und dann wollen wir mit gedoppeltem Eyfer an der Pyramide arbeiten und das versäumte gewiss ersetzen, machen Sie nur, dass in den andern Landen um so thätiger gearbeitet werde. Von der Anhänglichkeit unserer Leute sind wir überzeugt, dass sie auch ausser allen Ordens-Zusammenkünften und Graden dennoch bey der ersten Regierungs Erlaubniss oder Tolleranz mit ganzer Seele wieder zu dem Institut zurückkehren. Indessen ist an alle auswärtige Logen unterm heutigen das Circular erlassen worden, dass man auf höchst Landesherrlichen Befehl die maurerischen Arbeiten einstelle und man sich also die Logen-Correspondenzen und Verhältnisse biss auf weiteres verbitte, dagegen aber zu anderer freundschaftlicher Gefälligkeit jederzeit bereit seyn werde. Eben diesen Auftrag erhielten alle Illuminaten Kirchen in Griechenland (Bayern) und ersuche ich Sie, davon auch den Fremden Nachricht zu geben. Die Ordens-Papiere haben wir auf jeden Fall in Sicherheit gebracht und werden diese entweder vernichtet, oder die Brauchbaren an Behörden geschickt werden.

Vielleicht dass unsere Mächtigen am Hof den Churfürsten bereden, dass Er von unsern Satzungen und Graden Einsicht nehme, dann legt man ihm solche in Ordnung vor und es würde gewiss von guter Wirkung seyn, zumalen wenn man ihm den Ursprung, die Stifter und das lächerliche zeigte, welches manchmal dabey vorgekommen ist, daraus Könnte Er sich wohl am meisten überzeugen, wie man unsere Macht vergrössert, und wie wenig fürchterlich wir sind. Allein es versteht sich, dass man vorläufig versichert wäre, der Kurfürst eröfne das nicht weiter, oder höchstens nur einem Meister.

Der — — dürfte es am wenigsten seyn.

Unsern jungen Leuthen könnte man ja wohl die Idee von einer Lesse Gesellschaft beybringen, darin könnten sie sich immerhin nach der Anleitung unserer Statuten bilden und beschäftigen, Pythagoras wäre der Mann einen solchen Plan zu entwerfen. Diese Lesse-Gesellschaft wäre öffentlich und also nicht unter dem Verboth begriffen, und im Grunde blieb es doch die herrlichste Pflanzschule vor künftige Zeiten. Nächstens mehr darüber. Vor heute müssen Sie meiner Verwirrung verzeihen.

Eben erhalte ich eine Nachricht des Mandats. Sie sehen daraus, dass es in Generellen Ausdrücken abgefasst und unser Orden nicht namentlich vorkommt. Ich bin begierig wie sich die fratres aureae crucis dabey verhalten, Ich folgere daraus vor uns einigen Vortheil, doch muss man gehorchen und das fernere abwarten. Nicht einmal die Johannis Loge wird mehr gefeuert. Osculor te osculo sancto.

Athen: 23 Chardad 1154/d. i. München d. 23 Juni 1784. [286] zu machen, dass nach dem Verbote in den Logen oder einem andern Hauss in oder ausserhalb der Stadt eine Loge gegehalten worden sey.

2. Dass Maurerische Sistem, nach welchem Wir gearbeitet haben, soll kein ächtes Sistem,[4] mit Keiner ächten Freymauerey verbunden seyn, der Religion und dem Staate entgegen arbeiten. Kenner in diesem Fach, und die Directorial Logen der eklektischen Mauerey in Frankfurt und Wetzlar, welche uns im Namen der zur Aufrechthaltung der alten und ächten Freymauerey verbundenen Logen einen Constitutions Brief ertheilet haben, werden für uns sprechen und das gegen Theil des Letzteren erhellet aus dem, dass jedem bey der Aufnahme heilig versichert wurde, dass nichts wider die Religion, den Staat, und die guten Sitten vorkommen werde und lässt sich wohl von einer geheimen ganz der Gewalt beraubten gesellschaft, wass anderes versichern und anders Handeln, ohne selbst dem Vorwurfe des Betruges von Seiten der mitglieder entgegen zu eillen.

Wir sind Bürger des Staats, kennen keine Geheimnisse gegen den Landes Regenten und sind bereith E. K. D. jedoch alleine, alle unssere Schriften vorzulegen. Eben so sind wir bereit ein authentisches Verzeichnis der Mitglieder, welche die hiesige Loge niemahls frequentirt haben um so mehr zu zustellen als die verschiedentlich circulierenden Listen einen unvortheilhaften Schatten auf uns werfen könnten.

[287] 3. Wirft man uns vor, dass wir Deismus lehren. — Wie ungegründet diesser Vorwurf seye, wird jedem, dem die Mauerei nur von fern bekannt ist, darauf einleichten. Weil Christenthum und Mauerei unzertrennlich sind, und das Bekenntniss zum Christlichen Glauben ein gesetzmässiges Erforderniss zur aufnahme ist.[5]

4. Die Loge soll durch Cabalen sich in die innere Staatsgeschäfte gemacht haben. —

Wir bauen auf das Zeugniss des ganzen Ministeriums, dass wir niemals unaufgefordert und ohne Amts-Pflicht in Staatsgeschäfte drangen, diess zeugniss ist zu verehrungswürdig, als dass jemand an dessen Ächtheit zweifeln sollte. —

5. Auf gleiche Arth ist es Verleumdung, dass wir jemal einen Einfluss in die ausswertigen Geschäfte suchten, und uns des Staats Verrath schuldig machten.

Wass sollen wir verrathen, da wir keine Geheimnisse wissen, Keine zu wissen verlangen? und gegen wen sollen wir es, da Bayern mit den ausswärtigen Höfen in dem bessten Verhältniss stet, und die vormals streitigen Puncten berichtigt sind? Selbst dass von dem oben einigen Mitgliedern ertheilte und der Beylage zur Beylage eingerückte Absolutorium zeigt von unserer Unschuld; Wir können uns (heisst es) zwar nicht bereden, dass der Ruf, dass man den Orden missbraucht, gegründet seye, aber sollte er grund haben! so schonen sie niemand.« Die Seele, der es möglich ist, mit dem erlauchten Orden Politisches Spill zu treiben, ist sehr krank, und ihre Krankheit ist unheilbar, ist noch oben darein ansteckendt. Die Glider, in welcher, eine so beklagenswerthe niedrige Seele wohnt, müssen von unserm Körper getrennt werden, wären sie auch Obere, je eher wir eine dergleichen Entweihung der heiligsten Aschen zugeben und die Asche unserer Erlauchten Stifter zu entheiligen gleichgiltig [288] zusehen können, wollten wir lieber nicht bloss ein oder das andere Mitglid, sondern eine ganze Provinz preissgeben, und uns damit bescheiden, dass die Zeit der Reife daselbst noch nicht gekommen seye, die reine Absicht des erl. Ordens zu vertragen. Überdiess erklären wir, dass wir alle ohne Aussnahme bereit sind für E. K. D. wie das Hauss Wittelspach und das Vaterland Gut und Blut aufzuopfern.

6. Die Loge solte Schriften, die die innerliche Verfassung des Landes betreffen, zum Drucke geliefert haben. — Dergleichen Schriften liegen in den Archiven und Registraturen und alle Registraturen und Archivarien müssen uns Zeugniss geben, dass wir deren keine bekommen, keine verlangten, solte man erwiedern, dass, der von Eckartshausen Maurer unseres Sistems seie, so erhielt er den Zutritt in das geheime Archiv erst nach der Erscheinung dergleichen Schriften, er konnte also nicht mittheilen, wass er nicht hatte.

7. Man beschuldigt die Loge des antheils an den Briefen eines Reisenden Franzosen, Faustin Salvator, Fantasten, Almanach, Wiekopps Journal und anderer Schriften, welche Beleidigungen gegen E. K. D. und Höchst dero Ministerium enthalten. Wir können um so glaubwürdiger erklären, dass wir weder an dieser noch an einer strafbaren Schrift antheil haben, also die Verfassten[WS 1], als die Verfasser der Ersteren bereits nahmhaft gemacht worden sind, und wegen der letzten Schriften, der Verdacht auf solche, welche mit uns niemals verbunden waren, gefallen ist, und wenn man uns auf der einen Seite, des Einflusses in die Staatsgeschäfte beschuldigt, würden wir wohl auf der andern jenen schimpfen, durch welchen wir diesen Einfluss erhalten?

Der Ungrund der einen oder der andern Beschuldigung liegt am Tage, und unsere Gewissen Pflicht muss uns von Beyden frey, sowie überhaupt unser Stand, unser Betragen, unsere Handlungen für uns sprechen.

8. Die Logen solten sich in Justizgeschäfte mengen, ihre Glider sollen partheiisch handeln: — von dem Gegentheil können die Directorien und Ämter Zeigniss geben. Wir berufen uns auf dieselben, sind bereit zu beweisen, dass wir unsere Mitglider wie Fremde behandelten, und solte einer von uns strafbahr befunden werden, so bitten wir selbst, dass man desselben nicht schone, jede Partei, die im Streite unterliegt ruft über [289] Ungerechtigkeit und leider! musste die Mauerey den Mangel an deren Titel ersetzen.

9. Entlichen sollten die Mitglider der Loge Gift mischen, den Selbstmord befördern und Sodomiten seyn. Lauter Beschuldigungen, die nur Leidenschaft hervorbringen konnten und deren Ungrund von selbst erhellet. Wer starb in München vergiftet? Die Verteidigung des Selbstmordes war nie unsere Sache, so dass wenn auch einige Freymaurer sich selbst tödeten, der Schluss, dass solches aus dem Sistem erfolgte, ebenso unwahr ist, als dass alle jene, welche sich selbst entleibt, unsere Mitbrüder waren. Und sollte wohl der Vorwurf der Sodomie ohne Beweisse, ohne gegründeten Verdacht gelden? Ein Vorwurf, welchen geheime gesellschaften, Ordens-Priester und selbst die Christen in den ersten Jahrhunderten nicht erkannten. Sind nun solche Beschuldigungen von solcher Natur, dass sie theils unmöglich theils ungegründet sind: so haben wir keine Untersuchung zu scheuen und die Verfasser der anonymischen Schriften, sind im Nicht-Erscheinungs- oder Vertheidigungsfalle nach den Landesgesetzen, und dero letztere gegen Pasquillanten erschienenen Mandats zu behandeln.

a) Wir bitten also dass E. K. D. höchst dieselben geruhen möchte: Die Verfasser dieser zwo Schriften unter einen bestimmten Termin mit aussdrücklicher Beyrückung, dass solches auf unser Ansuchen geschehe, aufzurufen, damit sie mit Beysetzung ihres Namens die Thäter anzeigen, und die Beschuldigungen abweissen, solten aber
b) die Ankläger nicht erscheinen, so flehen wir gehorsamst um eine nähere Untersuchung und dass man sie als Verleumder, und ihre Schriften als Pasquillen erkläre. — Endlich da
c) die irre geführte Geistlichkeit durch das Lärmen auf den Kanzeln die Ruhe des in Rücksicht dieses Gegenstandes ganz begreifflosen Publikums stört, und der erweckte Hass unsere Sicherheit und Staats Ruhe in Gefahr sezet: so ergehet unsere gehorsamste Bitte, dass E. K. D. dem Übel vorbeugen und dergleichen anzügliche Predigten verbieten.

Recht, Billigkeit und allgemeine Ruhe unterstützt unser gehorsamstes Flehen, die angebohrene Gerechtigkeit E. K. D. welcher Keinen höchst dero Unterthanen ohne Untersuchung der Schuld oder Unschuld seiner Ehre und Staats- [290] Ruhe berauben lassen versichert uns gnädigsten erhör und wir empfehlen uns gehorsamst zu höchsten Gnaden.

Euer Kurfürstl. Durchlaucht
unterthänigst treu gehorsamste
Graf von Seeau.
Graf von Seinsheim.
Revisions Rath v. Krenner.
Revisions Rath v. Berger.
im Namen sämmtlicher Mitglider der ausseinander
getrettenen Loge Theodor vom Guten Rath im Aufgang
in München.


Aus verschiedenen Aussagen geht hervor, dass die Illuminaten das erste Verbot teils gar nicht auf sich gemünzt hielten, teils glaubten, dasselbe habe keine schwerwiegende Bedeutung. Erst das zweite Verbot und die Erfahrung des Grafen Seeau als Vertreter der Loge bewies den Ernst der Lage und nun wurden auch alle Korrespondenzen und Ordensarbeiten, namentlich jedoch die eingerichteten Privatcharakter tragenden Lesezirkel aufgehoben. In einem späteren Verhöre des Johann Nepomuk Schiessl, kurfürstl. Rat und Hofkammersekretär in München gibt dieser an, dass gemeiniglich des Monats einmal oder höchstens zweimal in seiner Wohnung diese Vorlesungen stattfanden, bei denen aus dem Abt seinem Verdienst, aus Seneca, Epictet und anderen vorgelesen wurde.

Solche Lesegesellschaften waren zur Heranziehung neuer Kandidaten sehr beliebt und erfolgreich, befanden sich in vielen Städten und entnahmen den Stoff zu ihren Vorlesungen meist jenem Bücherverzeichnis, das Weishaupt ausgearbeitet hatte und in den Statuten unter Punkt 25. bereits angegeben ist. Auch in Ingolstadt befand sich solcher Zirkel. Haupt desselben war Professor Krenner, der mit anderen Kollegen später in Untersuchung gezogen wurde, ohne jedoch eine besondere Strafe zu erleiden, aber erst im Jahre 1791 wurde ihm seine frühere Illuminaten-Eigenschaft ausdrücklich verziehen und er 1792 sogar in den Adelstand erhoben. Alle derartigen Zirkel, (denn die offiziellen Versammlungen hatten bereits nach dem ersten Verbot ihr Ende gefunden) hörten nunmehr gänzlich auf. Dieser Gehorsam konnte jedoch den rastlos arbeitenden Feinden kein Hindernis bieten, ihre Vernichtungswut einzudämmen, sie wollten mehr Opfer und fanden sie.

[291] Es ist bereits angedeutet, dass jenes Schriftstück, das ein Professor der Herzogin Maria Anna als Anklageschrift gegen die Illuminaten überreichte, von dieser nach Berlin an den Grafen Herzberg geschickt und in Abschrift durch Chalgrin nach Paris gesandt wurde, recht verdächtige Ähnlichkeit zeigt mit den Aussagen, die der Priester und Professor Cossandey dem Fürstbischof von Freising gegenüber schriftlich niederlegte. Letzterer hatte Cossandey am 30. Mai 1785 zu sich befohlen und verlangte von ihm, dass er alles aufdecke, was in der Gesellschaft der Illuminaten ihm bekannt geworden sei. Ebenfalls erhielt Vitus Renner dieselbe Aufforderung. Die Aussagen beider, die durch eine Namensliste der ihnen bekannt gewordenen Illuminaten besondere Bedeutung erhielten, wurden nunmehr der Anhaltepunkt der bis ins masslose gesteigerten Verfolgung. Zur gerechten Beurteilung der ganzen Zeitperiode ist es notwendig, beide Anklageakte hier im Wortlaut bekannt zu geben, namentlich da in andern Schriften über den Orden stets auf diese hingewiesen wird, jedoch nur Bruchstücke als Beweis für den einen oder andern Punkt bekannt gegeben wurden.

Der Inhalt der Schriften zeigt deutlich, dass Cossandey der gehässigere, Renner der gemässigtere, vorsichtigere Ankläger ist.

Die Schriftstücke lauten:

Bericht von
Joannes Sulpitius Cosandey.

Nachdem Seiner Hochfürstlichen Gnaden der Hochwürdigste Fürst Bischof zu Freysing mein gnädigster Ordinarius sowohl in Höchstdero, als auch in Seiner Churfürstl. Durchlaucht zu Pfalzbayern meines gnädigsten Landesherrn Höchsten Namen mich Endesunterschriebener den 30ten März 1788 zu Sich vorzurufen und mir zu befohlen gnädigst geruht haben, alles das getreulich und ohne Gefährde zu offenbaren, was in der Gesellschaft der Illuminaten wider die christliche Moral und unsere liebe katholische Religion vorkommt. So bezeuge ich hiermit, dass ich diese mir von meinen höchsten Obrigkeiten gnädigst auferlegte Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen mit folgender Aussage erfülle.

Wenn Menschen eine thätige und geheime Gesellschaft errichten, so wählen sie sich einen gewissen für sich interessanten Zweck. Das gemeinschaftliche Interesse ist allein im Stande [292] die Glieder jeder Gesellschaft aneinander zu schliessen. Dieses Interesse mag nun in Realitäten oder eingebildeten Chymären bestehen, seine Wirkungen machen doch immer die Bände der Gesellschaft aus. Der vorgesteckte Zweck setzt gewisse Mittel voraus, welche zum Zwecke führen, die mir gnädigst gemachte Frage reduciret sich also auf die folgende:

Ist die geheime Gesellschaft der Illuminaten thätig und vertragen sich Zweck und Mittel derselben mit den Pflichten gegen den Staat und die Religion?

Von der Thätigkeit dieser Gesellschaft welche bei den Oberen und Unterobern bis zur Schwärmerei geht, war ich einige Jahre hindurch ein Augenzeuge, und Bayern hat leider! nur allzu sichtbare Beweise davon. Folgende Bemerkungen über die inneren Einrichtungen dieses Institutes über die Wahl und die Behandlung der Mitglieder, über das listige Betragen und schändlichen Grundsätze der Oberen endlich über einige Absichten dieser Gesellschaft werden es entscheiden, ob der Zweck und die Mittel derselben, sich mit den Pflichten des Menschen, des Bürgers und des Christen vereinbaren lassen.

Die Freymauerei ist bloss die Hülle und der Deckmantel der Gesellschaft der Illuminaten. — Sie wird von dieser dirigirt, getäuscht und missbraucht.

Der Grad der Minervalen ist in der Illumination der unterste, folglich der unschuldigste. Er hat den Schein einer gelehrten Gesellschaft, ist aber in der That eine Vorbereitungsschule für die Illumination. Tauget der Minerval hiezu nicht, so wird er bloss in die Loge oder Freymauerei, worin er keine Aufschlüsse bekommt, befördert. Alle Illuminaten sind zugleich Freymauerer; nicht aber alle Freymauerer sind Illuminaten. Deswegen sagen sie: multi vocati et panei electi!

Sie nehmen junge hoffnungsvolle Männer, lenksame, gutherzige, wissbegierige, fähige Köpfe, auch ansehnliche, reiche, verschlagene Leute auf. Staatsbeamte und Geistliche sind ihnen willkommen, wie auch Mediziner, Professoren, Archivare, Sekretaire, Bibliothekäre, Hofmeister, Postoffiziers, Wirthe, Apotheker pp.

In der Bildung, Lenkung und Behandlung des Novizen und Minervalen brauchen sie zu Anfangs sehr gelinde, einnehmende, verführerische Mittel, z. B. die Larve der Tugend, der Menschenliebe, der Freundschaft; Versprechungen grosser moralischer und physischer Vortheile. Die geben sich in ihrer [293] Gesellschaft den Schein von Macht, von Ansehen, von Weisheit; und vom Besitze wichtiger Mysterien. Sie suchen, durch erkünstelte Aufrichtigkeit seine schwache Seite auszuspäh'n und ihm seine Geheimnisse abzulocken: Sie legen ihm häufig verfängliche Fragen vor, die er schriftlich beantworten und dadurch blosgeben muss. Sie verleiten ihn zu Fehltritten, forschen seine begangnen Fehler aus, und halten seine eingegebenen Schriften und eigenhändigen Bekenntnisse sorgfältig zurück. Sie fordern von ihm seine eigene Lebensgeschichte, wie auch umständliche mit Thatsachen bewiesene Schilderungen von der guten und bösen Seite seiner Bekannten. Dadurch muss er sich und andere nothwendig entziffern und schriftlich compromittiren. Kurz sie versichern sich seiner durch alle möglichen, durch die feinsten Kunstgriffe, das ist oft das Werk einiger Jahre. Indessen steht er schon und auf immer unter den blinden Gehorsam, der ihm vollkommen unbekannten erlauchten Obern, die er als vollkommen gute Menschen, ja als Halbgötter anzusehen und zu verehren gezwungen ist. Er steht mit ihnen in einem unmittelbaren Briefwechsel, doch mit dem wesentlichen Unterschiede, dass die Obern die kleine Vorsicht gebrauchen und seine Originalien sorgfältig zurückbehalten, da sie zugleich die Ihrigen ebenso vorsichtig von ihm zurückfordern. In diesem Briefwechsel ist er schuldig alles, was ihm immer für den Orden erheblich vorkömmt den Obern zu entdecken. Er kann diesen monatlichen Bericht dem Provinz-Collegium unter der Aufschrift »Quibus licet« dem Provinzialen unter der Aufschrift »Soli« und dem Generale des Ordens unter Aufschrift »Pamio« einsenden; Niemand als die Obern wissen die details, die darin vorkommen; denn alle Briefe laufen durch die Untern. Der solche Briefe nicht richtig und getreulich besorgte würde gewiss suspendiert oder gar ausgeschlossen werden. Auf die Weise erfahren die Obern alles, was immer sie zu erfahren verlangen mögen. Daher sagen sie mit Zuversicht von sich selbst: »Wir sind im Stande mehr zu wissen als andere, mehr zu wirken als andere.«

Gesetzt nun ein Einziger unter den Obern wäre ein böser Mensch, oder gar ein Landesverräther, was könnte er nicht unternehmen? Ein Maxime der Obern ist: »nihil agenti similis multa agens.« — Kann ein solches System wohl geduldet werden? In Rücksicht seiner gibt es sichtbare, verschwundene, [294] und garantirte Mitglieder. Man macht ihn nur mit jenen wenigen bekannt, die er ohnehin als rechtschaffene Leute hochschätzt und liebet, und welche ein Ascendant über ihn haben. Alle übrigen müssen das strengste Incognito gegen ihn beobachten: so, dass er niemals wissen kann, ob Personen die er sonst kennet, oder mit denen er umgehet, seine Mitglieder sind oder nicht. Er befindet sich in der Lage eines gemeinen Soldaten, welcher nur vier Unteroffiziers und zehn bis zwanzig Kameraden kennen würde, ihm aber das übrige Regiment besonders die Stabsoffiziere, und der Kriegsrath gänzlich unbekannt wären, und der doch unter der Kriegs-Disciplin, und strengsten Subordination stünde, ohne zu wissen, was er wäre, was er werden wollte, wenn er diente und wozu man ihn endlich brauchen würde. Auf diese Art, bekömmt mancher Minerval oder Mauerer sein ganzes Leben hindurch keine Gelegenheit, die Hälfte seiner Ordensbrüder kennen zu lernen. Er muss sich immer mit literarischen Arbeiten, mit Spionerey und scheinbarer Leitung der Tyranen, mit unschuldigen für ihn ganz räthselhaften Zeremonien beschäftigen.

Ist er hinlänglich gefesselt, geprüft, und vorbereitet, so wird er in die Illumination befördert. Hier lernt er das eigentliche System des Ordens etwas mehr kennen. Doch geschieht dieses wieder sehr langsam und mit möglichster Behutsamkeit. Hier lernt es mehrere Mitglieder und Unterobere kennen, doch sind die erlauchten Obern immer für ihn unsichtbar. —

Zu dieser Beförderung muss er, nach ihrer Sprache zu reden die Religions-Vorurtheile abgelegt haben, oder ihnen dieselben abgelegt haben scheinen, denn kein Religionär (es ist ihr Ausdruck) wird in die höhern Grade aufgenommen.

Die erlauchten Obern sind es, die durch alle Grade den Ton angeben. Ihre Befehle, ihre Maximen, ihre Meinungen, und ihre Lehren machen überall die Seele, die Vorschrift, den Geist, und alle Triebfeder dieses Institutes aus. Die Obern oder Unterobern sind entweder künstliche Betrüger und schwarz systemathische Bösewichter; oder sie sind von andern beseelte oft sehr gut meinende Enthusiasten und schändlich betrogene Schwärmer.

Beweise hievon sind folgende Kernsprüche und Grundsätze die sie zwar bloss mündlich (das versteht sich) ihren Untergebenen unaufhörlich einprägen.

[295] 1. Wenn die Natur uns eine allzu grosse Bürde aufleget, so muss der Selbstmord uns davon befreyen Patet exitus.

So geneigt ich bin die Selbstmörder als verzweifelte, kleinmüthige oder wahnsinnige Leute zu entschuldigen; so sehr halte ich die Lehre des Selbstmordes für gefährlich und verabscheuungswerth. Doch Selbstmörder müssen den Obern zur Ausführung wichtiger Dinge unentbehrlich sein. Denn was wird derjenige fürchten, der den Tod und die Folgen des Todes nicht fürchtet? Man sagte uns, ein Illuminat müsse eher sich den Tod anthun, als die Gesellschaft verrathen; und den Selbstmord pries man uns als eine himmlische Wolllust an.

2. Rien par raison, tout par passion der Zweck, das Wachsthum, und der Nutzen des Ordens wird ihnen Gott, Vaterland und Gewissen. Pflicht ist alles, was dem Orden vortheilhaft ist, und das Gegentheil ist Laster, ist schwarze Verrätherey.

3. Der Zweck heiligt die Mittel. — Also Verläumdungen, Giftmischungen, Todesschläge, Verrätherey, Rebellionäre alle Schandthaten sind erlaubt, sind löblich, wenn sie zum Zwecke führen.

4. Den, der uns verräth, kann kein Fürst schützen. Also gehen Dinge bey dieser Gesellschaft vor, welche dem Interesse der Fürsten entgegengesetzt sind; Dinge, die ihrer Wichtigkeit halber verdienen entdeckt zu werden — und diese Entdeckung wäre in den Augen der Illumination eine Verrätherey, welche sie im Voraus zu rächen droht. — Vor ihrer Rachgierde können also weder Fürstenschutz, weder Gerechtigkeit, weder Polliezey den Rechtschaffenen schützen und sichern. Sie müssen also Mittel besitzen, ihre Ankläger unbestraft aus dem Wege zu räumen, diese Mittel lassen sich errathen.

5. »Tous les rois et tous les Prêtres
     Sont des Fripons et des Traitres.«

Oder auch: alle Pfaffen sind Spitzbuben.

Religion, Vaterlands, und Fürstenliebe müssen sie ihrem Plan gemäss untergraben, weil doch Religion, Vaterland und Fürstenliebe die Menschen für einzelne Staaten allzusehr eingenommen und von dem »weit aussehenden Gesichtspunkt der Illuminaten« (alles ihre Sprache) abgeführt werden.

[296] Unter andern Absichten suchen sie ein Sittenregiment einzuführen, welches sie in jedem Lande in ihrer Gewalt hätten. Von diesem Collegium würden alle Gnadensachen, Dienstverleihungen, sine Adpellatione ad Principem abhängen. Dadurch würden sie sich das unbegränzte Recht anmessen über die Ehrlichkeit und Brauchbarkeit der Individuen das Endurtheil zu sprechen; dadurch würden sie den Fürsten (nach ihrer Sprache) durch eine geheiligte Legion ihrer getreuen Anhänger umringen, fesseln und nach Willkühr beherrschen. — Durch ein solches Sittenregiment) auch Sitten-Comission (oder Fiscat genannt) würde diese Gesellschaft die fürchterlichsten Despoten der vier Weltheile, und die Regenten verächtliche, unmächtige Phantome, und gekrönte Sklaven derselben werden.

Dass der in der ersten Warnung gedruckte Ordensschwur wahr ist, kann ich auch mit einem Originale beweisen. —

Diese getreue Aussage bin ich bereit mit einem körperlichen Eide zu bekräftigen.

(L. S.)
München den 3ten April 1785.
Joannes Sulpitius Cosandey
Priester und Professor bey der Herzoglichen
Marianischen Landesakademie.


Bericht von
Vitus Renner.

Da Seine Hochfürstlichen Gnaden der Hochwürdigste Bischof zu Freysing mein gnädigster Ordinarius den 30ten März 1785 mich vorrufen zu lassen und in Höchst Dero sowohl als im Namen Seiner Churfürstlichen Durchlaucht zu Pfalzbayern meines gnädigsten Landesherrn aufzutragen gnädigst geruht haben, von allen dem, was ich im Orden der Illuminaten wider Religion und gute Sitten angetrofen habe, ein christliches Ferzeichnis unterthanigst zu übermachen; so bekenne ich Endesgesetzter mit bessten Wissen und Gewissen alles, was ich immer in diesem Orden für die Religion und gute Sitten Nachtheiliges und Anstössiges gesehen, gehört und angetrofen habe.

Es ist der Orden der Illuminaten wohl von der Freymauerei zu unterscheiden. Ein Unterschied welcher nicht einmal von Minervalen (denn so heissen die Neueingeweihten, oder die vom ersten Grad des Ordens) am allerwenigsten aber, [297] von blossen Freymaurern bemerkt werden dürfte. Mir selbst blieb er immer eine versteckte Speise, bis man endlich nach einer langen Prüfung, für gut befunden hat, mich zu einen höheren Grad zu erheben, und aus mir einen Illuminaten minoram (in dem zweiten Grad fängt man erst an Illuminat zu heissen) und endlich gar zu einer kleinen Obrigkeit zu machen. Da wurde mir auf einmal der Aufschluss gegeben, und es stund mir eben nicht mehr frey, Freymauerer zu sein; denn es war aus weisen Absichten, des Ordens festgesetzt, dass jeder, der in den zweiten Grad des Ordens noch bey einem halben nachgesehen hat, bis ich mich gleichwohl auf das viele Murren meiner illuminaten Brüder, welche glaubten, dass mir der Orden zu viel traue, bequemen musste, auch in die Mauerer-Gesellschaft zu tretten. Ich fand dabei freilich wenig Vergnügen, doch erhielt ich dadurch den Vortheil einzusehen, zu welcher Absicht die Freymauerer dem Orden dienen müsste. Die Illuminaten scheuten nichts mehr, als unter diesen Namen bekannt zu werden. Sie suchten desshalb, nur für Freymauerer angesehen zu werden; wohl überzeugt, dass sie unter dem Schilde dieser anscheinenden Unrichtigkeit sicher genug wären. —

Die Freymauerei ist also der Deckmantel des feinen Systems, nämlich des erlauchten Ordens.

In der Gesellschaft der Freymauerer allein ist, nach den Ausdrücken der Illuminaten selbst, nur der Tross von Leuten; wovon es für einige wenige noch Glück sein muss, wenn man nach einer harten und kostbaren Prüfung würdig findet, sie ganz in der Stille ins innere Heiligthum des Ordens aufzunehmen. Die Übrigen, sie mögen denn Lehrlinge, Gesellen oder gar Meister seyn, müssen mit Ceremonien-Werke zufrieden, am Joche fortziehen; vielleicht, weil ihre Augen zu blöde wären, und das Licht des Ordens nicht ertragen könnten, vielleicht auch, weil man auf eine so grosse Anhänglichkeit und Verschwiegenheit, welche wesentliche Dinge des Ordens sind, nicht viel rechnen dürfte. Es war daher einmal von den Obern für sie festgesetzt: ex Inferno nulla redemptio. Demungeachtet wussten die Illuminaten, von welchen sie ohne ihr Wissen geleitet werden, sich den herrlichsten Nutzen, von ihren Ansehen und Vermögen zu schaffen. —

In meinen Zeiten gab es hier zwar solche Klassen, welche den Namen Kirchen hatten. Jede von dieser wird von vier Männern, nämlich von einem Superior, Censor, Quaestor [298] und Secretair, welch miteinander den Magistrat ausmachen, und in höhern Gnaden seyn müssen, ganz nach der Intention des Ordens dirigirt.

Es wurde daher monatlich wenigstens eine öffentliche Versammlung gehalten, wobey alle zur nämlichen Kirche gehörigen Mitglieder erscheinen und in einem verschlossenen Zettel unter der Aufschrift »Quibus licet« oder »Soli« oder »Primo« ein genaues Verzeichniss aller Handlungen, Worte pp. welche sie an andern wahrgenommen haben, den Obern überreichen müssen. Von Einsendung des Quibus licet ist kein Mitglied des Ordens, ausgenommen: sie gehen durch alle Grade durch und müssen von dem, welchem selbe eingehändigt werden, unerbrochen immer an hohe und höhere Obern übergeben werden.

Die übrigen Geschäfte der Versammlung bestehen neben wenigen Ceremonien in Verlesung der Ordensstatuten, wenigen Stellen aus einem alten Phylosophen und einer Rede, welche von den Mitgliedern wechselweise verfertigt werden muss, und von verschiedenen Stoffen sein kann. Und da man überhaupt die Religionairs nicht liebt, so erwirbt sich ein Mitglied viel Ehre, ja selbst den Ruhm eines aufgeklärten Kopfes, wenn seine Rede etwas frey abgefasst ist, obschon der Obere im Beyseyn anderer hinwieder, schwachen und unzuverlässigen Köpfen eine Miene einer kleinen Unzufriedenheit machen muss. Bei solcher Gelegenheit brauchten die Obern alle Vorsicht. Und es würde wider das System des Ordens grob gefehlt seyn, wenn sich der Obere einfallen liesse, in öffentlicher Versammlung frei zu reden und die Ordensgrundsätze zu verbreiten: jedes Mitglied würde dieses Verfahren des Obern für eine Folge des Systems angesehen haben.

Um also diesen Verdacht zu vermeiden, stellte man reichentliche Zusammenkünfte an, wobei die Mitglieder frey von Ceremonien und Zwange sich über jeden Gegenstand dissputieren dürften. Bei dieser Gelegenheit wussten die Obern, und andere, welche den Geist des Ordens einsogen, die Religions-Vorurtheile so lange lächerlich darzustellen, (denn alles heisst Vorurtheil, was ihrem Zwecke zuwider ist) und durch Scheingründe die Grundsätze des Ordens so anzüglich zu machen, bis gleichwohl der Schüchterne durch das Beispiel vieler anderer aufgefrischt, von Schlacken Religions-Vorurtheilen gereiniget, und mit ihren Grundsätzen beseelt, den andern Brüdern vollkommen gleich [299] geworden ist. — Gelingt es bei Einigen nicht, so sind sie für den Orden verloren.

Das Auffallenste was ich im Orden antraf, ist unstreitig die Art, womit sie die Leute zu fesseln und dann zu behandeln pflegen. Man bemüht sich den Orden gross zu schildern, von selben mit Ehrfurcht und Würde zu reden, mit Versprechungen zu betäuben und mit dem Anhange vieler ansehnlicher Leute, welche alle auf den Befehl der Obern an der Beförderung anderer arbeiten müssen gross zu thun, bis gleichwohl das Mitglied die Erfüllung jedes Auftrages für Pflicht, und das Wohl des Ordens für sein eigenes ansieht, oder anzusehen scheint. Und hat ein solcher das Unglück eine unbesonnene Handlung oder dem Orden in einem Quibus licet, Soli oder Primo ein Geständniss von dem vertrauten oder abgefischten Geheimnisse seines Freundes oder eines Andern gemacht zu haben, so ist er für sich verloren, und gehört ganz dem Orden. Hat er nun einmal die Fesseln an, so ist ihr Verfahren stolz: sie achten seiner nicht mehr, er kann austretten, heisst es, wir bedürfen seiner nicht. Ich glaube nicht, dass es ja einer wagt, oder wagen werde, nur eine unzufriedene Miene zu machen, am allermindesten aber, davon zurückzutretten, besonders wenn er sich der fürchterlichsten Drohungen erinnert.

Kein Fürst kann den schützen — der uns verräth. —

Ihr Geschmack in Auswahl der Mitglieder war gewiss der besste. Sie suchten nur solche Leute in ihr System zu ziehen, welche sie zur ihren Absichten benügen zu können glaubten. Leute von Stand, Ansehen, Vermögen, Räthe, Archivarien, Sekretairs, Landbeamte, Professoren, Geistliche, Hofmeister, Haussecretairs, Mediciner, Apotheker, waren ihnen also die angenehmsten und willkommensten Gäste.

Der zweite Grad, welcher aus einem grösseren Ordensbande, einem andern Handdruck, und wenigen Kleinigkeiten, weiter nichts von Ceremonien enthält, ist eigentlich die Schule, worin die Mitglieder, wenn ich mich[WS 2] recht ausdrücken darf, wie die wahren Spürhunde abgerichtet werden. Es empfängt da jeder eine auf genaue Beobachtung und Erfahrung sich gründende Instruction, wodurch er im Stande gesetzt wird, die Gesinnung und Meinung eines jeden zu erforschen, selbe zu benüzen, Geheimnisse abzulocken p. p. Kurz den Menschen durch und durch zu kennen, und den daraus zu machen, was [300] er will. Mit dieser Instruction ausgerüstet, muss er gleichwohl den ehrlichen Mann, welchen nach Befehl des Obern das Loos trifft, vom Scheitel bis zur Zehe nach folgenden Formular getreulich protocolliren.


Gemüthsart: Handelt er gerade aus; oder verstellt er sich? gegen wem? interessiert ihn das Schicksal anderer? oder sorgt er nur für sich? arbeitet er gern? Ist er in seinen Handlungen rechtschaffen? Lässt er sich davon abbringen? durch Drohung? Liebkosen? Geld? Frauenzimmer? Ungnade? Verfolgung? Unglück? Freundschaft? Hass? Rachgier? Versprechungen? Beförderungen? wenn er ungestraft das Gegentheil thun kann? Ist er im Schmerze wortreich? geschwätzig? oder still? oder stumm? Ist sein Schmerz lang anhaltend? Hat er starke Leidenschaft? welcher ist er am meisten ergeben? Kann er ziement gegenwärtigen, lebhaften peinlichen Eindruck widerstehen? Hat er einen Hang zur Schwermuth? die Leidenschaft zu Grunde hat? oder ist es blos Temperament? Ist er geizig oder zur Verschwendung geneigt? Und zu welcher Zeit liebt er die Jagd? Welcher Art Jagd? Hört er gern von Mordgeschichten?

Alter? Namen? Vaterland? Gestalt? Gesichtsbildung? Haar? Stimme? Gang? Anstand? Gesundheits-Zustand? Sprache? Vortrag?

Die Eidesformul des erlauchten Ordens (die Mauerer haben eine ganz verschiedene) und die übrigen Tabellen und Vorschriften sind in der ersten Warnung für Freimauerer Seite 29 und 52 von Wort zu Wort zu lesen.

Freilich, eine gute Einrichtung! ob sie aber ebenso gut für Religion, den Staat, und gute Sitten seyen, würde ich schwerlich Beweise finden. Doch darum fragt sich nicht!

Nihil interesset quo modo: Zweck heiligt die Mittel!

Diese Art Beleuchtung wechselt nun mit jedem höheren Grade, denn der erste Grad schon adelt. Ist es der Ausdruck der Obern, was wird sich erst von höhern hoffen lassen! Doch ist dabei mit vieler Vorsicht die Verfügung getroffen, dass jedes Mitglied zwar alle andern von nämlichen Grade, und umsomehr vom untern Grade, aber keinen von höhern kennen dürfen, ausser diejenigen, welche zur Direktion seines Grades, oder [301] auch als Visitatoren oder Spionen, von den höchsten Obern bestimmt worden sind. Die übrigen alle sind für ihn verschwundene Dinge.

Diese Einrichtung macht nun unstreitig die grösste Stärke des Ordens aus. Dadurch können die Obern unbemerkt ihre Untergebenen beobachten, ihre Verschwiegenheit, und Anhänglichkeit prüfen, und was noch das Vorzüglichste ist, selbst im falle der schon lange gefürchteten trüben Tage ihre unterdrückten Brüder bei allen Gelegenheiten unterstützen, ohne den mindesten Verdacht zu erregen, dass sie selbst an dem Systeme Antheil haben, da sie ihrer Einrichtung gemäss allen Brüdern, und umsomehr allen Profanen unbekannt seyn müssen. Wer diese Einrichtung überlegt, wird mit mir gestehen müssen, dass ein feineres System wohl nicht mehr möglich sey. Wenn ich mich daher, dieser unbekannten Bruder, ihrer Verfassung, und noch obendrein der Sittencomission, wovon unten eine kleine Bemerkung vorkommen wird, hinwieder erinnere, so wird es mir immer begreiflicher wie der Ordenssatz wahr sein könne:

Kein Fürst kann den schützen der uns verräth!

Noch gibt es Leute, und man kann sie wohl bemerken, welche den Orden, ohne doch dabei seyn zu wollen, mit vieler Hitze vertheidigen. Ein Verfahren! welches gewiss eine Anmerkung zu verdienen scheint. Entweder sind diese Lobredner in den Orden, oder nicht? sind sie nicht darinnen, so ist unmöglich das zu loben, und zu vertheidigen, was sie nicht wissen können: sie sind aber selbst beym System, so verdienen sie eben darum keinen Glauben, auch dann nicht, wenn sie ihre zum Schein entworfenen Papiere von der Ordenseinrichtung zu ihrer Vertheidigung vorzeigen, oder auch alles Gute bey ihrer Ehre betheuern würden. Man würde daher, wenn man die Unmöglichkeit etwas vom Orden ausserhalben zu wissen, und die Art des Verschwindens wohl zusammen holt gewiss so unrichtig nicht schlüssen, wenn man schlüssen wollte, dass die Vertheidiger selbst im Orden, und zwar von jener Art seyn müssen, welche man in der Ordenssprache »Verschwundene« nennt.

Dieses ist nun die Grundlage des ganzen Orden-Systems so weit es mir bekannt ist. – Setzet man noch einige Kernsprüche, als: »tous le rois et tous les Prêtres, sont des Fripons et des Traitres« und folgende Grundsätze hinzu: so wird es von [302] selbst auffallen, ob, und wie weit sich der Orden mit Religion, und der christlichen Moral vertrage.

Der Selbstmord, welchen die Obern den Brüdern predigten, wenn sie selbige zu trüben Tagen vorbereiten wollten, gehört unter jene Sätze, die am meisten Aufmerksamkeit verdienen. Sie wussten diese Handlung als ein so leichtes und in gewissen Fällen vortheilhaftes Mittel zu schildern, dass es mich nicht wunderte, wenn ein oder der andere zu dieser Handlung schritt, besonders, da man durch Beyspiele dem Selbstmorde noch eine gewisse Wohllust anzudichten sucht. Meinetwegen mag das Beyspiel welches ein gewisser Oberer von einem Engländer erzählte, der sich selbst erhängt, aber noch zur rechten Zeit vom Strick losgemacht worden, wahr oder erdichtet seyn: so würde ich doch nicht der Narr sein, mich durch die blosse Aussage dieses Mannes, dass er die schönste Harmonie von Tönen in den Ohren gefühlt habe, verleiten lassen, meinen Ohren auf Kosten meines Lebens diesen angenehmen Kitzel zu verschaffen.

Unter allen bösen Grundsätzen aber, scheint mir der gefährlichste zu seyn .. .

Zweck heiligt die Mittel! Wollte einer diesem Grundsatze zu Folge handeln, so dürfte er, welches sonst gerne und getreulich geschieht, jeden ehrlichen Mann verläumden, sogar auch jenen, von dem man nur zu vermuthen hätte, dass er einst den Absichten des Ordens im Wege seyn könne, er dürfte den andern aus seiner Stelle drängen und vergiften, morden pp. Kurz! thun, was er wollte, wenn es nur zum grossen Zwecke führte. Und gesetzt auch, es ereignete sich der Fall entdeckt zu werden: — Patet exitus: eine Kugel für den Kopf — und man ist der Gerechtigkeit entrissen.

Ich würde zu keinem Ende kommen, wenn ich alle Folgen, welche für die Religion, und den Staat aus diesen Grundsätzen entspringen könnten, hier en detail niederschreiben wollte. Ich eile also zur Bemerkung, wovon ich schon gesprochen habe.

Das Sittenregiment, Sittencomission oder auch Tyscalat, wie sie es nennen pflegen, wäre ein Collegium aus den geschicktest, fähigt und rechtschaffensten Männern, das ist nach ihrer Sprache meist aus verschwundenen Illuminaten, welche das vollkommenste Vertrauen des Fürsten besitzen und ihres Auftrags gemäss von Sitten, und Ehrlichkeit eines jeden einen souverainen Ausspruch machen, und, weil ohne Ehrlichkeit [303] Niemand Ämter und Stellen besitzen sollte, dadurch erst jeden, zur jeden Bedienung fähig machen würden. Eine herrliche Erfindung, wenn sie zu Stande gekommen wäre! wie würde es aber mit den Profanen ausgesehen haben, wenn man den Ordensmaassstab angelegt hätte? Ohne Zweifel würden bey dieser Abmessung von Ehrlichkeit Brüche herausgekommen seyn! zum Glück aber wurde das System noch bei Zeiten entdeckt, sonst wäre vielleicht wahr geworden, was ein Oberer welcher von einem andern noch Höheren ganz glühend zurückkam, prophezeiht hatte: wenn noch ein und andere Posten besetzt, und die Anzahl der Brüder 600 Köpfe stark seyn wird, so ist nichts mehr im Stande, uns zu widerstehen!

Dieses ist nun die Einrichtung: dieses sind die Grundsätze des Ordens. Den letzten Zweck, welcher von den höchsten Obern des Ordens, als ein Geheimniss aufbewahrt wird, weiss ich zwar nicht, weil sie nur immer vom Zweck reden, ohne zu sagen, worin er eigentlich besteht. Aus der Einrichtung aber und den Grundsätzen, kann er nicht anders als gross seyn, ob er sich aber nach dem bisher Gesagten mit der Religion und dem Staat vertrage, überlasse ich jedem zu urtheilen. Ich kann und will daher mit meinem Gewissen nicht mehr betheuern, als dass ich alles, was mein christlicher Aufsatz enthält, so gesehen, so gehöret und angetrofen habe.

München den 9ten April 1785.
(L. S.) Vitus Renner Priester und Professor in der Herzogl. Marianischen Hausakademie.

folgen: Illuminaten-Liste:

Zwackh
Costanza
Merz
Weishaupt
Bader pp.

und ferner von Cossandey und Renner zusammengestellt:

Baron von Verges — Leutenant
Baron Max von Verges — Reg.-Rath zu Straubing
Graf Clement von Seefeld — Hofrath
Baron von Füll — bei der Leibgarde
Waschinka — Medicus

[304]

Hampel — Hofmedicus
Graf von Seeau
von Beglioni — General
von Rapo — Major
Baron von Gumpenberg — Hofrath
Graf von Spaner — Major
Graf von Preising — Hauptmann
Graf von Taufkirchen — Major
Graf von Lerchenfeld
von Sissbach jun.
Baron von Hornstein
von Barth — Oberrichter in München (ausgetreten soviel wir hören)
de Handl — Hauptmann
von Vollmayer — Sekretair
letztg. de Jlande Hauptmann

NB. die übrigen Ausgetretenen kennen wir nicht. Die Verschwundenen kennen wir nicht, ebensowenig diejenigen, welche seit unserm Austritt, der am 6. Fbris 1783 geschehen ist, aufgenommen worden sind. Die 3 ersten scheinen uns die Tätigsten zu sein.

Das bescheinigen wir den 9. April 1785.
  Joann. Sulpit. Cosandey
Priester und Professor
Vitus Renner,
Priester und Professor.

  1. Schon im Jahre 1781 hatte P. Frank, nach dem handschriftlichen Bericht eines Ohrenzeugen in einer Passionspredigt die Freimaurer, ohne von dem Illuminatentum etwas näheres zu wissen, als Judasbrüder gegeisselt, »diese Leute machen Anstalt zu dem Reich des Antichristen und allem Anschein nach kann das Ende der Welt nicht mehr fern sein.« — — Der Jesuit Gruber, die Kapuziner, namentlich P. Bernardinus, zeterten gegen die Illuminaten. Letzterer rühmte sich später, der erste gewesen zu sein, der die Illuminatengesellschaft verraten habe. Vergl. Kluckhohn: Die Illuminaten und die Aufklärung in Bayern.
  2. Wie schon gesagt, war das der Schriftsteller Babo.
  3. Der Inhalt dieses Zirkulars geht aus nachfolgendem Briefe Constanzos hervor; Original im Besitze des Autors:
    Diomedes (Graf Constanzo) Consilio nationali S. p. D.

    Wir haben zuviel auf die Güte unserer Sache getrauet, zu sehr auf unsere Kräfte gerechnet und zu Sorgenlos unsern Feinden entgegen gearbeitet. Es ist in dem Kurfürstlichen Kabinet beschlossen unsere Gesellschaft zu verstören und so geneigt uns sonst der beste Fürst gewesen ist, so hat es doch [285] der Kabale gelungen, ihn, Gott weiss durch welche Vorstellungen und falsche Beschuldigungen des Ordens auf das heftigste aufzubringen, und ein Mandat abzunöthigen, durch welches in ganz Bayern alle geheimen Verbindungen und namentlich die unsrige verbothen werden solle. Zwar ist das Mandat noch nicht publicieret, aber wir haben dennoch in gestriger ausserordentlicher Versammlung beschlossen, sogleich den genauesten Gehorsam zu bezeigen und eben dadurch dem Kurfürsten einen Beweiss zu geben, dass wir diejenigen nicht sind, vor welche man uns mag geschildert haben, vielleicht gelingt es uns, ihn nach und nach wieder einem günstigeren Entschluss zu bringen, und dann wollen wir mit gedoppeltem Eyfer an der Pyramide arbeiten und das versäumte gewiss ersetzen, machen Sie nur, dass in den andern Landen um so thätiger gearbeitet werde. Von der Anhänglichkeit unserer Leute sind wir überzeugt, dass sie auch ausser allen Ordens-Zusammenkünften und Graden dennoch bey der ersten Regierungs Erlaubniss oder Tolleranz mit ganzer Seele wieder zu dem Institut zurückkehren. Indessen ist an alle auswärtige Logen unterm heutigen das Circular erlassen worden, dass man auf höchst Landesherrlichen Befehl die maurerischen Arbeiten einstelle und man sich also die Logen-Correspondenzen und Verhältnisse biss auf weiteres verbitte, dagegen aber zu anderer freundschaftlicher Gefälligkeit jederzeit bereit seyn werde. Eben diesen Auftrag erhielten alle Illuminaten Kirchen in Griechenland (Bayern) und ersuche ich Sie, davon auch den Fremden Nachricht zu geben. Die Ordens-Papiere haben wir auf jeden Fall in Sicherheit gebracht und werden diese entweder vernichtet, oder die Brauchbaren an Behörden geschickt werden.

    Vielleicht dass unsere Mächtigen am Hof den Churfürsten bereden, dass Er von unsern Satzungen und Graden Einsicht nehme, dann legt man ihm solche in Ordnung vor und es würde gewiss von guter Wirkung seyn, zumalen wenn man ihm den Ursprung, die Stifter und das lächerliche zeigte, welches manchmal dabey vorgekommen ist, daraus Könnte Er sich wohl am meisten überzeugen, wie man unsere Macht vergrössert, und wie wenig fürchterlich wir sind. Allein es versteht sich, dass man vorläufig versichert wäre, der Kurfürst eröfne das nicht weiter, oder höchstens nur einem Meister.

    Der — — dürfte es am wenigsten seyn.

    Unsern jungen Leuthen könnte man ja wohl die Idee von einer Lesse Gesellschaft beybringen, darin könnten sie sich immerhin nach der Anleitung unserer Statuten bilden und beschäftigen, Pythagoras wäre der Mann einen solchen Plan zu entwerfen. Diese Lesse-Gesellschaft wäre öffentlich und also nicht unter dem Verboth begriffen, und im Grunde blieb es doch die herrlichste Pflanzschule vor künftige Zeiten. Nächstens mehr darüber. Vor heute müssen Sie meiner Verwirrung verzeihen.

    Eben erhalte ich eine Nachricht des Mandats. Sie sehen daraus, dass es in Generellen Ausdrücken abgefasst und unser Orden nicht namentlich vorkommt. Ich bin begierig wie sich die fratres aureae crucis dabey verhalten, Ich folgere daraus vor uns einigen Vortheil, doch muss man gehorchen und das fernere abwarten. Nicht einmal die Johannis Loge wird mehr gefeuert. Osculor te osculo sancto.

    Athen: 23 Chardad 1154/d. i. München d. 23 Juni 1784.

  4. Weishaupt erklärt zur Richtigstellung dieses Punktes in der Schrift: Schilderung der Illuminaten 1786 folgendes: S. 33. Wenn es wahr ist, so soll sich der Kurfürst, ehe er das Verfahren gegen sie entschied, eine treue Liste aller in Teutschland existirenden Logen haben verschaffen lassen, und da er München nicht darin fand, auch auf Privat-Erkundigung versichert wurde, dass der wahre Orden die Münchener Loge misskenne, sich erst zur Inquisition entschlossen haben. S. 34. Dass der Regent die Münchner Loge nicht in dem Verzeichnis gefunden, kann sehr natürlich sein; es durfte nur, wie alle Vermuthung dafür ist, das Verzeichnis der vereinigten Logen von der stricten Observanz sein. Gibt es denn aber, ausser solchen keine wahren und ächten Logen? Die erste Loge der Welt, die zu London selbst, ist nicht von diesem System. Alle englischen Logen in Teutschland, alle Zinnendorflsche, alle eklektische Logen gehören nicht dazu. Die stricte Observanz selbst ist nur eine abgerissene Tochter von der gemeinschaftlichen Mutter. Die Loge Royal York zu Berlin, die zu Manheim, gehören eben so wenig dazu. Was kann also diess der Aechtheit der Loge Theodor schaden, dass sie der übergebenen Liste nicht einverleibt, oder vielleicht mit Fleiss ausgelassen worden?
  5. In diesem Hinweis liegt ein Hieb gegen den Kurfürsten, denn Carl Theodor — war selbst Freimaurer. Montezan gibt in seinem Bericht nach Paris vom 26. Nov. 1786 an, dass der Kurfürst von dem verstorbenen Herzog von Zweibrücken seiner Zeit aufgenommen worden ist und 25 Jahre dem Bunde angehörte, bis Pater Frank ihn zu überzeugen wusste, dass die Freimaurerei ein Greuel sei. Dieser Umstand gibt auch die Erklärung, warum der Kurfürst den Bericht des Grafen Seeau nicht hören wollte und die Audienz abbrach.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Verfasssten
  2. Vorlage: micht


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