Gesühnte Grabschändung

Textdaten
Autor: Friedrich Salomon Krauss, Tomo Dragičević
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Titel: Gesühnte Grabschändung
Untertitel:
aus: Zeitschrift für Volkskunde, 1. Jahrgang, 271–284
Herausgeber: Edmund Veckenstedt
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Alfred Dörffel
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google-USA*, Commons
Kurzbeschreibung:
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[271]
Gesühnte Grabschändung.
Ein mohammedanisch-slavisches Guslarenlied aus Herceg-Bosna.
Von
Dr. F. S. Krauss und T. Dragičević
Einleitung.

In der für mich so ehrenvollen Anzeige meiner südslavischen Pestsagen im VI. Hefte dieser Zeitschrift erinnert der Herr Referent daran, dass meine Sammlung südslavischer Guslarenlieder über 160 000 Verse betrage. Ich berichtige diese Mitteilung dahin, dass diese Sammlung, dank dem Eifer meines Mitarbeiters, derzeit schon einmalhundert und zweiundachtzigtausend Zeilen umfasst, und dass wir die Hoffnung hegen, bis zum Schluss des Jahres die runde Zahl zweimalhunderttausend zu erreichen.

Eines der kürzesten Lieder dieser Sammlung wollen wir hier zur Mitteilung bringen. Wir mussten diese Wahl treffen, damit der Aufsatz in einer Nummer untergebracht werden kann. Der Leser dieser Zeitschrift soll allmählich mit dieser Art von Erzeugnissen südslavischen Volkstums sich zu befreunden Gelegenheit haben. Grosse Lieder erheischen grosse Kommentare, Kommentare aber ermüden mitunter, schrecken ab und entfremden uns vielleicht den Leser.

Wir haben bis nun aus unserem Schatze kaum den zwanzigsten Teil veröffentlicht. Dass wir der wissenschaftlichen Welt die Kenntnis so ausserordentlich wichtiger Denkmäler so lange vorenthalten, könnte uns fast zum Vorwurf gemacht werden, wenn wir nicht zu unserer Rechtfertigung vorzubringen hätten, dass wir erst viele Einzeluntersuchungen über Glauben, Sitten und Gebräuche der vor uns so wenig wissenschaftlich erforschten Völker anzustellen haben, um das Verständnis für jene Volksseelen zu erschliessen und um darzuthun, wie der Boden beschaffen ist, auf welchem die Guslarenlieder entstanden sind und sich bis in die unmittelbarste Gegenwart frisch erhalten haben.

Mit einzelnen Fussnoten und Nötchen ist selten wirklich gedient. Wer eine einzige Erscheinung des Volkslebens richtig begreifen will, muss einen Überblick wenigstens über alle verwandten und einschlägigen Äusserungen [272] besitzen. Wir haben gegenwärtig zwei sehr tief ausholende Studien zur südslavischen Volkskunde in Arbeit: eine über das Lebensende oder die Totengebräuche und eine andere über Volksmedizin. Die von uns aufgespeicherten Materialien sind sehr umfangreich und besonders geeignet, bedeutsame Momente des Volks- und Völkerlebens zu erhellen.

Als eine kleine Probe von dem, was wir in dem Werke über das Lebensende zu bieten haben, möchten wir diesen Beitrag vor allem betrachtet wissen,

Wie es schon die von uns gewählte Aufschrift andeutet, handelt es sich im vorliegenden Liede um die Sühnung eines greulichen Frevels. Die Geschichte spielte sich vor etwa zweihundertundfünfzig Jahren in dem derzeit ganz verkarsteten Hochlande der Lika ab, wo die wild zerklüfteten Berge gegen das kroatische Küstenland steil abfallend, einst als natürliche, schier unüberwindliche Grenze das mohammedanische Element vom abendländischen Christentum ferne hielten. Ganz ferne wohl nicht; denn hüben und drüben der Grenze hauste ein hartes, der Abstammung und der Sprache nach zwar einiges, doch dem Glauben und der politischen Zugehörigkeit nach einander unerbittlich feindseliges Geschlecht. Mochte die Türkei immerhin mit den christlichen Nachbarstaaten Frieden halten wollen, dort in jenem, damals noch mit dichten Urwaldbeständen bedeckten Dinaralpen gab es keinen Frieden, weder im Leben noch im Tode. Es lässt sich kaum entscheiden, wem in entsetzlicher Grausamkeit und Roheit zu jener Zeit der Vortritt gebührte, dem Mohammedaner oder dem Christen. Beide waren einander wert und würdig. Doch würde man irre gehen, wollte man jenen Kämpen, die sich Helden und Ritter nannten, alle Regungen edlerer Menschlichkeit absprechen. Es finden sich im Gegenteil gerade bei jenen Kämpfern viele wunderherrliche Züge von hoher Auffassung menschlicher Würde und Ehre, und man stösst überall auf eine merkwürdige Hochhaltung und Schätzung alter Sitten und Gebräuche, auf eine festgefugte gesellschaftliche Ordnung inmitten scheinbar wüster Willkürlichkeiten. Auch das Faustrecht und die ungezügelte Leidenschaft müssen vor bestimmten Satzungen des Gefühlslebens gewisse Schranken einhalten. Wer sich darüber hinwegsetzt, setzt sich dem unentrinnbaren Verderben aus.

Hauptmann Gavran (Rabe), der rachgierige Christ, der das Grab seines toten Feindes, des im Kunarhochgebirge gefallenen und dort bestat- teten Mohammedaners Halil Bojičić schändet, Mustapha Hasenscharte (Hrnjica) und sein Bruder Halil, der Falke, sind unzählig oft genannte, gepriesene und verdammte Helden der Guslarenlieder. Es sind hervorstechende Typen, auf die man im Laufe der Zeiten alle mögliche Helden- und Schandthaten gehäuft, je nachdem ein Mohammedaner oder ein Christ von ihnen singt und sagt. Der Vorfall, den unser Lied erzählt, mag sich in jenen Zeiten nicht bloss einmal wirklich zugetragen haben; es ist leicht möglich, dass Halil in der That einem Grabschänder in der Weise, wie das Lied es berichtet, das Handwerk gelegt hat; es stimmt ja dieser Zug so trefflich zu dem Charakter des Helden, wie er sonst auftritt. Ein tapferer Ritter ohne Furcht und Tadel ist Halil; sowie sein älterer Bruder Mustapha, der ihn grossgezogen, kalt abwägend und berechnend, mutig und verständig ist, ist Halil ein verwegener Heissporn ohne Ruhe und Überlegung. [273] Mustaphas junge Frau ist die Wahrerin des Volksglaubens. Sie schrickt entsetzt auf bei den Unheil verkündenden Kuckucksrufen; Mustapha lässt die Sache gleichgültig. Er glaubt an kein jenseitiges Leben und an keine Geistergeschichten. Auf dem gleichen Standpunkte befindet sich zwar auch Halil, doch die Erinnerung an den geliebten Wahlbruder, dessen Grab frevelhaft geschändet wird, ist bei ihm mächtiger als jede Erwägung. Nicht bloss der Toten, noch viel mehr der Überlebenden wegen muss man ein Grab in Ruhe und Frieden lassen. Der lebende Freund empfindet die Schmach, als sei sie ihm zugedacht. Darum rächt er den Toten.

Der mohammedanische Slave kennt nicht recht den Manenkult. Er glaubt nur an die Rückkehr Toter in Gestalt von Vampiren und Wehrwölfen. An Tote als Gespenster glaubt er nicht. Sehr bezeichnend für diese Auffassung ist das Wort für Gespenst: utvora d. h. Einbildung, oder sablast Halluzination. Die Erscheinung besteht nicht als greifbares Wesen, sondern nur in der krankhaft erregten Einbildung eines Menschen. Mit Eintritt des Todes zieht die Seele ihres Weges und der Körper bleibt als wertloses und unnützes Gefäss zurück. So denkt der mohammedanische Slave des Guslarenliedes. Wir haben eben den rauhen, abgehärteten Krieger im Auge, der in und nach dem Kampfe vollauf mit sich beschäftigt ist. Es scheint, dass bei den slavischen Mohammedanern der im Kampf gefallene Tote jede Schätzung einbüsst, zumal wenn die Umstände darnach sind, dass man sich mit Bestattungen nicht abgeben kann. In einem noch ungedruckten mohammedanischen Guslarenliede unserer Sammlung, welches den Raub des Klisuraers Burgfräuleins Jelkuša durch unseren Bojičić Alija zum Vorwurf hat, heisst es gegen den Schluss nach der Schilderung eines entsetzlichen Gemetzels zwischen Mohammedanern und Christen: „Die Sieger“ (die Mohammedaner) „warfen ihre Toten ins Meer, ihre Verwundeten aber nahmen sie mit sich“:

svoje mrtve u denjiz baciše
a ranjene svoje poniješe.

In dem von mir im Jahre 1885 zu Ragusa veröffentlichten grossen Guslarenliede Smailagić Meho werden nach der Schlacht mit General Peter die Toten einfach auf einen Haufen zusammengetragen. Vers 1958: i na hrpe donose šehite. Die darauf folgende, mit grimmiger Ironie gewürzte Schilderung der Bestattung (V. 2015–2022) zeugt von der argen Gemütsroheit der Helden jener Zeit:

     Soviel Genossen als von uns gefallen,
Wir trugen sie auf einen Ort zusammen,
Begruben sie in einem einz’gen Grabe.

     Wie sorgsam wir die Leutchen da begruben!
Bis zu den Knieen sieht man ihre Beine!
Bis zu den Schultern ihre weissen Arme!
Bis zu den Augen sieht man jedes Antlitz!
Ja, so begräbt im Krieg man die Gefall’nen.

Um die Toten des Gegners bekümmert sich niemand. Man lässt sie liegen, wo sie liegen „den grauen Gebirgswölfen und den schwarzen Raben [274] zum Frasse.“ Bleichende Menschengebeine zeigten noch nach Jahren die Stätten an, wo Meinungsverschiedenheit durch Waffen geschlichtet wurde.

Wenn in friedlichen Zeiten einer in der Heimat aus dem Kreise seiner Angehörigen mit dem Tode abgeht, so bekommt er auch ein ehrliches Grab. Auf die Bestattung halten die Südslaven aller Konfessionen im Frieden ungemein viel. Auch pflegt man alljährlich die Gräber und ehrt die Heiligkeit des Grabes. Besonders tief dürfte die Achtung vor der Unverletzbarkeit der Gräber bei den Südslaven in alter Zeit nicht gewesen sein, ebensowenig als dies in der Gegenwart der Fall ist. So las ich z. B. nicht selten auf altbosnischen und herzogsländischen Grabsteinen aus dem 13.–15. Jahrhundert neben dem Namen des Bestatteten nur noch die Bemerkung: Molju ti se nemoj mi ticati kosti! (Ich bitte dich, lass meine Gebeine unangetastet!), oder den Fluch: proklet ko će taći moje kosti (verflucht sei, wer meine Gebeine berühren sollte), oder auch am gewöhnlichsten: proklet, ko će tugjin leći u moje pleme! (verflucht sei der Fremdling, der sich im Friedhof meines Stammes betten sollte!), O du menschliche Eitelkeit und Habsucht bis übers Grab hinüber!

Im kroatischen Gebirgslande, dem sogen. Zagorje, hält man es für einen ruchlosen Frevel, ein Grab zu beackern oder zu bebauen. Man sagt, die Erde bliebe im selben Jahre tot, d. h. sie werde keine Frucht gedeihen lassen, In meiner alten Heimatsstadt Požega in Slavonien macht man sich keine derartigen Skrupel. Dort wird der grosse Gottesacker „zum heiligen Elias“ alljährlich verpachtet, und gerade auf den Gräbern wächst das beste Kraut und gedeihen die fleischigsten Rüben. Das Pachtgeld fliesst in die Taschen des hochwürdigen Herrn Pfarrers. In Kroatien ist man darin ungleich strengerer Anschauung. Gegen überhandnehmende Grabesschändung schützt der Glaube, dass, wer etwas aus dem Friedhof stiehlt und es heimträgt, noch vor Ablauf des Jahres sterben müsse. Nach dem Volksglauben darf man auf dem Friedhofe überhaupt nichts ungestraft antasten. Riecht z. B. einer an eine Friedhofsblume, so wird er den Geruch für jede andere Blume verlieren. Unter den Serben gilt als einer der schrecklichsten Flüche: zemlja ti kosti izbacala! (Die Erde soll deine Gebeine ausspeien!) Es gönnt also der Flucher dem Feinde nicht einmal Ruhe im Grabe.

Ich führe diese Sachen nur darum an, um zu beweisen, dass Mustaphas Halil durch die Bestrafung eines Grabschänders ein nach der Volksanschauung höchst rühmliches Werk vollbracht hat, dessen man noch in späten Tagen mit Befriedigung gedenken darf, zumal mit Hinblick auf die schwierigen Umstände, unter denen die Rache ausgeführt wurde.

Entkleidet man die Fabel unseres Guslarenliedes der kleinen dichterischen Schildereien, so muss man wirklich dem Volksdichter Bewunderung zollen, wenn man sieht, mit wie geringen Mitteln er ein abgerundetes Kunstwerk schafft. Bei den westeuropäischen Völkern, die durchschnittlich im mittelalterlichen Gespensterglauben stecken, kann der Volksdichter in einem solchen Falle sehr wirksam den Geist des Verstorbenen auftreten lassen. Auch dem kroatischen Katholiken, der gleichfalls vom Höllenbreugel mönchischen Wahnglaubens durchsättigt ist, steht dieses Mittelchen zu Gebote. Der slavische Mohammedaner dagegen sieht sich ratlos gegenüber dem Gespenste im Hamlet. Dieses Schauerstück Shakespeares müsste man für den [275] slavischen Mohammedaner gänzlich umarbeiten, wie etwa, lehrt uns unser Guslarenlied. Da erscheint kein Geist, weder bei den Freunden, um Hilfe zu suchen, noch am Grabe selbst, auch führt Mustaphas Halil am Grabe des toten Freundes keinerlei pathetische Gespräche. Er nimmt nicht einmal vom Grabe Abschied. Wozu denn? „Was fragt der Tote um der Menschen Liebe?“ Der Dichter hilft sich jedoch klug, indem er den Unglücksvogel Kuckuck als Boten des Verstorbenen entsendet. Im Gebirge aber hilft dem heftig bedrängten Halil Mustaphas die treue Wahlschwester, die Vila, nicht aber der Geist des Toten, der sich selber nicht helfen kann.

Der Kuckuck (im slavischen Kukavica, ein Femininum) gilt bei den europäischen Völkern im allgemeinen und bei den Südslaven insbesondere als ein Orakeltier, als ein geheimnisvolles und darum gescheutes Flugtier, das mehr kann als nur Kuckuck rufen. In Bosnien hält man es für eine frevelhafte Versündigung, einem Kuckuck den Ruf nachzurufen oder den Vogel gar zu töten, weil man glaubt, dem betreffenden Spötter oder Töter werde bald der Vater oder die Mutter nachsterben müssen.

Zur Erläuterung dieses Glaubens erzählten uns bosnische Bauersleute folgende Sage: Die Kukavica oder pjevačica (die „Sängerin“ genannt, weil man sich scheut, den vorbedeutungsreichen Namen Kukavica auszusprechen) war Kaiser Lazarus’ Schwester. Nachdem der Kaiser zu Leiten Kosovo = Leiten oder schiefes Feld. Die Deutschen halten noch immer an der falschen Übersetzung Amselfeld fest, als ob die Gegend: Kospolje hiesse) in der Schlacht gegen die Türken das Leben verloren, weinte und kuckte (kukala) die Schwester ohne Unterlass. Am Fest der heiligen drei Könige (bogojavljenje = Tag der Gotteserscheinung) wurde sie von Gott verflucht mit den Worten: Du sollst in alle Ewigkeit vom Lazarussamstag (Lazarova subota = der Samstag vor dem Palmsonntag) bis zum St. Peterstag (29. Juni) „Kuckuck“ rufen! So geschah es und geschieht es noch alleweil. Verspotten Kinder den Kuckucksvogel, so flucht der Vogel dem Spötter: „In Kuckucksrufen ergehe sich deine Mutter bis zum St. Petrustag, und vom St. Petrustag mögen dir sowohl Vater als Mutter „Kuckuck“ nachrufen!“

Kukala ti majka
do Petrova danka;
ot Petrova danka
i otac i majka!

Das Guslarenlied.
Mehzar Bojičić Halije.

Mujagin Halil pogubijo Gavran Kapetana.

     Prokukala kukavica sinja
u sred zime, kad joj vakta nije,
na Kunaru visoku planinu,
na mehzaru Bojičić Halinu.

Halil Bojičić’s Grabhügel.

Mustaphaga’s Halil brachte den Hauptmann Gavran ums Leben.

     Es hub zu kucken an ein grauer Kuckuck
zur Unzeit in der Zeit der Wintersmitte,
auf Kunar auf dem schroffen Hochgebirge,
am Grabeshügel Bojičić Haline's.

[276]

5.
     Dozivaše mrtva Bojičića:

– Bojičiću, mlad gospodičiću!
je l ti teška zemlja na prsima?
je l t obična kuća viječnica?
je l studeno pod glavom kamenje?

10.
je 1 ti kuća vodu propustila?

     Iz mehzara junak progovara:
– Odbih mi se kukavice sinja!
Obična je kuća viječnica;
nije hladno pod glavom kamenje;

15.
nije kuća vodu propustila,

već je mene vlaše dotužilo
svako jutro meni dolazeći.
     Sve mi igra vranca po mehzaru
a zabada kopje u mehzara

20.
pa on tura puške dvije male

a zaziva mene na mejdana.
Mrtve pleći ne mogu se sjeći,
ruke mrtve mejdan ne dijele.
     Bogom sestro kukavice sinja!

25.
Poslušaj me, na eski Kladušu

tankoj kuli Muje i Halila.
Ponesi im molbu od Halije,
ne bi koji dikat učinijo,
pred Gavrana na mejdan izišo

30.
izrad hatra mrtva Bojičića.

I Haljo je njima trebovao!
     Kat to začu kukavica sinja,
krila savi, ode nis planinu.
Dolećela na eski Kladušu

35.
na bijelu Hrnjičinu kulu.

Kako pala birdem zakukala.
     A začu je Mustafaginica.
     Bješe mlada na bijeloj kuli;
preda se je džerdžef rasturila

40.
i bijelo platno razapela.

     U ruke joj igla od biljura
i u igli žica vedenika;
veze zlatno po bijelu platnu.
     Kako začu kukavicu sinju,

45.
ot sebe je džerdžef oturila,

od merdžana noge izlomila.
     Ona spade na mermer avliju
a pogleda kuli uz bojeve;
dok opazi kukavicu sinju,

50.
na nju rukom i rukavom mahnu.

      Ovako joj mlada govoraše:
– Bog tubijo kukavico sinja!

5.
     Es rief den toten Bojičić der Vogel:

– O Bojičić, o junger Edelknabe!
wiegt schwer die Scholle dir auf deinem Busen?
ist’s dir im Ewigheim geworden heimlich?
und frösteln unterm Haupte dich die Steine?

10.
und lässt dein Heim das Wasser schon durchsickern?

     Es hallt des Helden Antwort aus dem Hügel:
– Von hinnen sput dich, grauer Kuckucksvogel!
Im Ewigheim befänd’ ich mich schon heimisch
und leicht ertrüg ich’ des Gesteins Gefröstel,

15.
auch lässt das Heim kein Wasser noch durchsickern,

nur ist mir unerträglich der Walache,
der heim mich sucht an jedem lieben Morgen,
den Braunen stets auf meinem Hügel tummelt
und mit dem Speer mir in dem Hügel stochert,

20.
aus zwei Pistolen in das Grab mir feuert

und mich hervorruft „Auf zum Waffengange!“
     Ein toter Rücken kann sich nimmer bücken
und tote Hände führen keinen Degen!
     Sei mir durch Gott verbrüdert grauer Kuckuck!

25.
erfüll’ mein Flehen, zieh nach Alt-Kladuša

zu Mustapha’s und Halil’s schlanker Warte,
bring’ ihnen mit Haline’s letzte Bitte;
leicht ist von beiden einer gottgefällig
und tritt vor Gavran hin zum Waffengange

30.
dem toten Freunde Bojičić zuliebe:

auch ihnen diente oft Halinchens Degen.
     Als dies der graue Kuckuck that vernehmen,
bog er die Flügel, flog’s Gebirge abwärts
und flog und flog hinab nach Alt-Kladuša,

35.
hinab auf Hasenschartes weisse Warte.

Kaum fiel er nieder, hub er an zu kucken.
     Den Ruf vernahm die junge Mustaphagin;
es sass die junge Frau auf weisser Warte,
hielt vor sich aufgestellt ein Stickgestelle,

40.
auf das sie aufgespannt die weisse Leinwand;

in ihrer Hand die Nadel aus Kristallstein
und in der Nadel venezianer Faden;
sie stickt in Gold auf weisser Leinwand Blumen.
     Kaum schlägt des Kuckucks Ruf ihr an die Ohren,

45.
so stösst sie weg von sich das Stickgestelle,

zerbricht vor Schreck den Ständer des Gestelles,
den Ständer, der verziert ist mit Korallen.
     Schon ist sie in dem Marmorhofe unten.
sucht mit den Blicken ab der Warte Werke,

50.
bis sie den grauen Kuckuck dort gewahrte.

     Mit Hand und Ärmel will sie ihn verscheuchen.
So sprach der Mund der jungen Frau zum Kuckuck:

[277]

jera kukaš na bijelu kulu
u sred zime, kat ti vakta nije?

55.
Te mi kobiš agu Mustafagu

i djevera gojena Halila
i Omera sina jedinika?
     Je da Bog da i svi božji sveci,
te ti svoju iskobila glavu!

60.
      Vjera ti je tvrgja ot kamena,

ako odem na bijelu kulu,
uzmem pušku djevera Halila,
živo ću ti srce izgoreti,
tanke ću ti noge salomiti

65.
a lahka ti krila izgoreti!

      Progovara kukavica sinja:
– O kaduno Mustafina ljubo!
ne kobim ti serdaragu Muju
ni djevera gojena Halila

70.
ni Omera tvog jedinog sina,

već sam, hanko, jedna poslanica
ot Kunara visoke planine
od mehzara Bojičić Halina.

      Halija je mene opravijo

75.
i Muji je selam opravijo.

agi Muji i bratu Halilu,
ne bi li se koji opremijo,
da izigje na Kunar planinu,
kod Halina zelena mehzara

80.
pričekaju Gavran Kapetana

da sa šnjime podijele mejdan.

      Jera mu je silan dotužijo
svako jutro njemu dolazeći
po mehzaru vranca igrajući,

85.
zovući ga na mejdan junački.


      Mrtve pleći ne mogu se sjeći,
iz mehzara ne ustaju mrtvi.

      Već Halija mene opravijo,
molijo se Muji ja Halilu,

90.
ne bi li se koji opremijo,

pa izišo na Kunar planinu,
da pričeka Gavran kapetana,
da se šnjime podijeli živo
porad hatra Bojičić Halina.

95.
I njima je junak trebovao.


      To izreče sinja kukavica,
savi krila, ode us planinu
a Mujina uz bojeve ljuba
pa kazuje Muji i Halilu.

– Es töt’ dich Gott, du grauer Kuckucksvogel!
was kuckst du da auf dieser weissen Warte

55.
zur Unzeit in der Zeit der Wintersmitte

und kündest Unheil meinem Mustaphaga
und meinem schmucken Hochzeitsführer Halil
und meinem Omer, meinem einz’gen Kinde?

      O gäb’ es Gott und alle Heil’gen Gottes,

60.
du mögst dem eignen Haupt das Unheil künden!


      Bei meinem Wort, das fester als ein Stein ist,
eil’ ich zurück auf meine weisse Warte
und nehm’s Gewehr von meinem Führer Halil,
so brenn’ ich dir dein lebend Herz zusammen,

65.
zerbreche dir sogleich die dünnen Beine

und brenne dir die leichten Flügel nieder!

      Zur Antwort gibt der graue Kuckucksvogel:
– O Edelfrau, o Mustaphas Gemahlin!
Mit nichten künd’ ich Mustapha ein Unheil,

70.
auch nicht dem schmucken Hochzeitsführer Halil,

und Omer, deinem einz’gen Sohn, mit nichten.
Ich bin vielmehr, o Edelfrau, ein Bote
aus Kunar, aus dem schroffen Hochgebirge,
vom Grabeshügel Bojičić Haline’s.

75.
     Mich hat Haline selber abgesendet,

an Mustapha den Friedensgruss entboten,
an Aga Mujo und den Bruder Halil,
vielleicht, dass einer auf zum Kampf sich rüste
und auf das Kunarhochgebirge stiege

80.
zum grünen Grabeshügel Held Haline’s,

und harre ab das Nah’n des Hauptmanns Gavran,
um einen Waffengang mit ihm zu machen.

      Der Frevler ist ihm längst zu Last gefallen;
er sucht ihn heim an jedem lieben Morgen

85.
und tummelt auf dem Grabe seinen Braunen

und ruft ihn auf zum Heldenwaffengange!

      Ein toter Rücken kann sich nimmer bücken,
aus Gräbern stehen nimmer auf die Toten.

      So hat Haline mich denn abgesendet

90.
und bitten lässt er Mustapha und Halil,

es möge einer auf zum Kampf sich rüsten
und auf das Kunarhochgebirge steigen,
um Hauptmann Gavrans Nahen abzuwarten.
um einen heissen Strauss mit ihm zu fechten,

95.
dem Freunde Bojičić Halin zuliebe.

Auch ihnen diente einst der kühne Degen.

      So that der graue Kuckuck kund die Meldung
und bog die Flügel, flog ins Hochgebirge,
doch Mujo’s Liebste auf die Oberwarte

100.
und meldet’s wieder Mujo und Halilen.

[278]

100.
     Kat to začu Mujagin Halile,

od očiju suze opustijo
pa po tome na noge skočijo
pa se ode junak opremati.
      Govori mu buljubaša Mujo:

105.
– Stan kopile, nagojak Halile!

Kut ćeš ići ne ćeš lahko doći,
jer je vlaše skoro osiljelo.
Mrtvi, brate, za hator ne znaju.
      A Halil mu tiho govoraše:

110.
– Brate Mujo od jedne matere!

tvrda vjera i ne ubila me,
ja ću ići u Kunar planinu
kad bi znao, da bi poginuo!
      Vid kurvića Gavran kapetana!

115.
koliko je silan osilijo,

ni mrtvijem živa ne da mira!
      Pa se spremi na bijelu kulu;
is podruma izvede malina,
malinu se baci na srijedu.

120.
      I eto ga us polje zeleno;

dok zeleno polje pogazijo
a primi se gore i planine.
      Kad izigje u Kunar planinu
do Halina zelena mehzara,

125.
u planini rasjede malina,

zavede ga u jelovo granje
pa ga prekri bugar kabanicom.
     Kada noćca na zemlju panula –
vedro bješe pa se naoblači,

130.
iz oblaka tiha kiša pogje.

      Do pô noći kiša udaraše,
ot pô noći kiša sa snijegom
a studeni vjetar udaraše.
      Smrzoše se toke za jeleke

135.
a jeleci za tanku košulju

a košulja momku za tijelo.
      Ljuto pisnu Mujagin Halile:
– Avaj mene do Boga miloga!
gje pogibo’ junak u planinu

140.
i bez rane i bez mrtve glave!

      Pa skočijo od zemlje na noge
pa poleće bijesnu malinu,
ne bi li se konja dograbijo
pa da bježi sentu na Kladušu.

145.
      Dokle nešto iz oblakâ pisnu,

odgovara tanko glasovito:

     Als Mustaphagas Halil dies vernommen,
entstürzten heisse Thränen seinen Augen,
und hurtig war der Kämpe auf den Beinen
und ging, um gleich die Rüstung anzulegen.

105.
      Da fährt ihn an der Scharenführer Mujo:

– Am Platz geblieben, Bastard, Zögling Halil!
Was willst du steigen und dich leicht versteigen?
denn der Walache trotzt in wildem Grimme.
Mein Bruder, Tote fragen nicht um Liebe!

110.
      Drauf gab ihm Halil leise diese Antwort:

– O Bruder Mujo, Sohn von meiner Mutter!
Mein Wort ist Wort, es bringe nie den Tod mir!
Ich ziehe traun ins Kunarhochgebirge
und wüsst’ ich’s selbst, dass ich mein Leben lasse.

115.
      Da schau den Metzensohn, den Hauptmann Gavran,

wie hoch des Frevlers Frevlermut gestiegen,
gönnt nicht einmal den Toten letzte Ruhe!
      Die Rüstung legt er an auf weisser Warte
und führt den kleinen Zelter aus dem Keller

120.
und schwingt hinauf sich mitten auf den Zelter.

Schon reitet er entlang den grünen Fluren,
schon hat er auch durchquert die grünen Fluren
und klimmt hinan die Halden und die Berge;
gelangte so ins Kunarhochgebirge

125.
zum grünen Grabeshügel Held Haline’s.

      Im Hochgebirge stieg er ab vom Zelter,
bedeckte ihn mit dem Bulgarenmantel
und führte ihn ins tiefe Tannendickicht.
      Als sich die traute Nacht zur Erde senkte –

130.
erst war’s so hell, dann zogen auf die Wolken,

und aus den Wolken fiel ein Sprüheregen;
bis Mitternacht fiel nur herab ein Regen,
nach Mitternacht mit Schnee gemischter Regen.
Es blies dazu der Wind ein kalt Gestöber.

135.
      Da froren hart die Knöpfe an das Wams an,

die Westen aber an das dünne Hemde,
das Hemde fror dem Jüngling an den Leib an.
      Vor wehem Leid entfuhr ihm laute Klage:
– O weh, mir weh, du lieber Gott im Himmel!

140.
Da komm’ ich Held im Hochgebirg’ ums Leben,

so wundenlos und ohne Kampf und Totschlag!
      Rasch sprang er auf die Beine auf vom Boden
und rannte hin zu seinem wilden Zelter,
um auf den Renner sich hinaufzuschwingen,

145.
ins Grenzland nach Kladuša heimzuflüchten.

      Da plötzlich tönt ein Piepsen aus den Wolken
und hell vernehmlich hallt zurück die Antwort:

[279]

– Sabor srcu Mujagin Halile!
sat će svanut i ogranut sunce
vrlo sunce vruće ot svijeta.

150.
Ti ćeš svoje srce ugrijati!

Sat će doći Gavran kapetane,
junačku će sreću okušati.
     Kat to začu Hrnjičin Halile
on se natrag do jelike vrati.

155.
      Malo stalo, dugo nije bilo,

sabah zora lice pomolila
te bijeli svijet opasala.
     Po sabahu sunce ogrijalo.
Tamam sunce jele ogrijalo,

160.
Halilovo srce odmrznulo.

     Dokle stade čakot kros planinu;
dok eto ti Gavran kapetana,
na njegova bijesna vrančića.
     Kad doćera konja do mehzara,

165.
ode konja igrat po mehzaru,

ode bacat kopje u mehzara
a sve tura dvije puške male.
     Prodire se grlom i avazom:
– Ej turčine Bojičić Halija!

170.
ustaj ture, da se sijećemo!

     Kat to vidje Mujagin Halile,
pod jelikom na noge skočijo
pa dopade bijesnu malinu,
malinu se baci na srijedu

175.
a javlja se grlom i avazom:

     – O kopile Gavran kapetane!
zar i taka sila biti more,
da mrtvijem nema ležat mira?
Evo tebe Mujina Halila!

180.
     Kad ga vidje Gavran kapetane!

ni malo mu milo ne bijaše
al mu druga biti ne mogaše.
     Ondar veli Mujagin Halile:
– O gjidijo Gavran kapetane,

185.
il ćeš gonit il ćeš bijegati?

A Gavran mu tiho govoraše:
– Ti turčine, stari dušmanine!
moje zvanje, tvoje bijeganje!
     Opet Halil njemu govoraše:

190.
– Id otalen Gavran kapetane,

tvoje zvanje, moje bijeganje!
     Pa junačke zakopaše bakve.
Pleći dade, bijegati stade.

– Gebiet’ dem Herzen Mut, o Mujos Halil!
gleich wird es tagen, wird die Sonne wärmen,

150.
so heiss die Sonne je die Welt erwärmte,

und du, o Held, wirst auch dein Herz erwärmen.
Es kommt schon auf den Plan der Hauptmann Gavran
und wird sein Heldenglück auf Probe stellen.
     Als Hasenschartes Halil dies vernommen,

155.
so kehrte er zurück zur schlanken Tanne.

     Es währte mehr nur eine kleine Weile,
aufstieg das Angesicht der Morgenröte,
umwand die weisse Welt mit ihrem Gürtel
und nach dem Morgenrot erglomm die Sonne.

160.
     Kaum fing die Sonne gleissend an zu glänzen,

so taute auf Halilens Herz im Busen.
     Horch welch Getrappe tost durchs Hochgebirge!
so kündet an sein Nahen Hauptmann Gavran
im wilden Ritt auf seinem tollen Braunen.

165.
     Als er sein Ross zum Grabe hingetrieben,

begann er übers Grab sein Ross zu tummeln,
begann mit seinem Speer im Grab zu stochern
und aus zwei Kleingewehren dreinzufeuern.
     Er schreit voll Hohn aus voller Kehl’ und Lunge:

170.
He, heda, Türke Bojičić Haline!

erheb’ dich, Türkenfratz, zum Schwertertanze!
     Kaum sah Mujaga’s Halil dieses Treiben,
erhob er flugs sich unter jener Tanne
und sprang im Nu zu seinem tollen Rösslein

175.
und warf sich auf die Mitten seinem Rösslein.

     Und gellend rief er aus aus voller Kehle:
– Ho, holla ho! du Bastard Hauptmann Gavran!
Soll denn auch solcher Frevel noch geschehen,
dass selbst die Toten Ruh’ zuletzt nicht haben?

180.
Da stellt sich Mujo’s Halil dir entgegen!

     Als ihn daselbst ersah der Hauptmann Gavran,
nichts weniger als lieb war ihm die Lage.
doch gab es keine Ausflucht mehr zu holen.
     Drauf sprach zu ihm des Mustaphagas Halil:

180.
– Heda, Halunke, Hahnrei Hauptmann Gavran,

willst du verfolgen oder Flucht ergreifen?
     Drauf sprach entgegen leise Hauptmann Gavran:
– O Türkenfratze, alte Feindestatze,
Mein ist die Ford’rung, mein die Fluchtergreifung!

190.
     Und wieder gab ihm Halil Gegenrede:

– Spar deine Flausen jetzt, o Hauptmann Gavran!
dein ist die Ford’rung, mein die Fluchtergreifung!
     Drauf gruben sie die Heldenabgangsmarken.
Er wandt’ den Rücken, rasch sich zu entrücken

[280]

Prizajmi ga Gavran kapetane,

195.
pa za njime kopje oturijo,

svom vrančiću izmegju ušiju
a Halilu po svilenu pasu.
     Malin bješe dobar mejdandžija
a na njemu Halil binjedžija.

200.
     Kad opazi čelikli džilita,

malin pade na koljena prva,
Halil bježi pod grivu malinu;
preko njega kopje prelijeće.
     Onda Halil povrati malina

205.
pa prizajmi Gavran kapetana

i za njime kopje opravijo.
     Kat poleće kopje Halilovo,
vranac bješe dobar mejdandžija
a na njemu Gavran binjedžija.

210.
     Kat opazi kopje ot turèina,

dobar vranac na stranu oskače,
pored njega kopje prolijeće
te u studen kamen udaraše.
     Pa na dizgin konje povratiše,

215.
prifatiše sablje okovate.

     Kuda zgadja Gavran kapetane,
prosijeca dibu i kadifu,
po sto drama isijeca mesa;
boji zemlju i zelenu travu.

220.
     Kuda šiba Mujagin Halile,

prosijeca setru i pantolu;
po sto drama isijeca mesa.
     Po jednom se sabljam udariše;
dok grdnije rana zadobiše,

225.
odoše se varkom udarati

i pod ruku sablju po’turati.
     Dokle oštre sablje salomiše
pa sapišta u travu baciše,
još pobliže konje pričeraše.

230.
     Prifatiše pera ot topuza,

odoše se perom udarati.
     Kud udara Gavran kapetane,
do crne ga zemlje savijaše;
kud udara Mujagin Halile,

235.
do crne ga zemlje savijaše.

     Dok čelikli pera izlomiše,
okrnjčine u travu baciše
pa pobliže konje pričeraše
te se konji prsma udariše

240.
a junaci za grla bijela.
195.
und hinterdrein verfolgt ihn Hauptmann Gavran

und schleuderte ihm nach den spitzen Wurfspeer,
dem eignen Braunen zwischen beiden Ohren
und auf Halilens Seidengürtel zielend.
     Doch war das Rösslein wohl ein wack’rer Streiter

200.
und Halil hoch zu Ross ein guter Reiter.

Kaum saust’ ihm nach der stahlbeschlag’ne Wurfspeer,
sank flugs das Rösslein auf die Vorderkniee,
und Halil barg sich unter dessen Mähne;
da flog der Wurfspeer über Ross und Reiter.

205.
     Nun machte Halil Kehrt mit seinem Rösslein,

nahm auf die Nachverfolgung Hauptmann Gavrans
und schleuderte ihm nach den langen Wurfspeer.
     Kaum sauste durch die Luft der Speer Halilens –
das braune Ross, das war ein wack’rer Streiter

210.
und auf dem Rosse sass ein guter Reiter –

so sprang der wack’re Braune rasch beiseite
und an der Seite flog vorbei der Wurfspeer
und fuhr sich fest in einen kalten Felsen.
     Sie zügelten zurück die flinken Zelter

215.
und griffen nach den schwer beschlag’nen Schwerten.

Wo Hauptmann Gavran seinen Säbel ansetzt
ist Samt und Seide gleich entzweigeschnitten,
sind hundert Drachmen Fleisch herausgeschnitten,
er färbt die Erde und den grünen Rasen.

220.
     Wo Mujo’s Halil peitscht den Hauptmann Gavran,

durchhaut er ihm den Koller und die Hose
und haut vom Fleisch heraus zu hundert Drachmen.
     Je einmal hieben drein sie mit den Schwerten.
als beide grausig Wunden schon empfangen,

225.
begannen sie mit Hinterlist zu kämpfen,

ums Schwert dem Gegner untern Arm zu rennen.
     Zuletzt zerbrachen sie die scharfen Schwerter
und warfen in den Rasen weg die Griffe
und jagten an einander nah die Renner

230.
und griffen nach den wucht’gen Stachelkolben

und lausten da einander mit den Stacheln.
     Wo Hauptmann Gavrans Kolben niedersauste,
dort wand sich Halil bis zur schwarzen Erde,
und wo Halilens Kolben niedersauste,

235.
dort wand sich Gavran bis zur schwarzen Erde.

     Zuletzt zerbrachen sie die Stacheln stählern
und warfen in den Rasen weg die Stumpfen
und jagten näher an den Leib die Renner;
da schlugen Brust an Brust sich an die Renner;

240.
die Helden griffen nach den weissen Gurgeln

und rissen sich herab von ihren Rossen.

[281]

     Od dobrije’ konja otpadoše,
odoše se nosit po bogazu.
Nosiše se dva puna sahata,
već ih mutne pjene obuzele.

245.
     Istom viknu Mujagin Halile:

– Posestrimo prigorkinjo vilo!
je da Bog da, nigje te ne bilo!
Je si li mi vjeru založila,
kadgod mene do nevolje dogje,

250.
da ćeš mene sestro pomognuti!

     Istom pisnu vila iz oblakâ:
Pobratime Hrnjičin Halile!
eto tebe tvog brata serdara.
Sat će Mujo tebi pomognuti!

255.
     Kat to doču Gavran kapetane,

odvšiše se silan uplašijo,
pa on gleda s obadvije’ strana,
odakle će dolećeti Mujo.
     Dokle Halil prevari Gavrana,

260.
omahnu ga zdesna na lijevo

pa od zemlju šnjime udarijo.
Kako ga je lahko udarijo,
pod glavom se kamen pridesijo,
sva mu prsnu glava ot kamena.

265.
     Al je ljute rane zadobijo.

Sjede momak pot tanku jeliku
te on grdne rane previjaše.
Pa posjede bijesna malina.
Pravo ode sentu na Kladušu.

     Sie huben an zu ringen in der Klamme
und schwangen sich herum zwei volle Stunden,
und trüber Schaum umfing schon ihre Leiber.

245.
     Urplötzlich schrie Halile Mustaphaga’s;

– Wahlschwester, Vila von den Alpenlehnen,
o wollte Gott, du wärest ausgerottet!
hast du mir nicht in Treuen zugeschworen
als Schwester Helferin mir beizuspringen,

250.
so oft mich Not bedroht zu übermannen?

     Urplötzlich piepst die Vila aus den Wolken:
– Wahlbruder Halil, Mustaphagas Bruder!
da naht ja schon dein Bruder Scharenführer,
gleich springt dir helfend bei dein Mustaphaga!

255.
     Kaum dass der Hauptmann Gavran dies vernommen,

zu grosser Schreck ergriff den frechen Frevler,
er schaute bang nach allen beiden Seiten,
von wo aus Mustaphaga nahen sollte.

So trog durch List den Gavran Kämpe Halil;

260.
er gab ihm einen Schwung von rechts nach links hin

und schleuderte ihn hin zur Erde nieder.

     Wie hat er ihn so weich und sanft gebettet!
Es kam ein Stein ihm unters Haupt zu liegen,
und an dem Stein zerschellte ganz der Schädel.

265.
     Doch hat auch Halil manche wüt’ge

Wunde.
265.
Er liess sich unter einer Tanne nieder,
verband sich da die grauenhaften Wunden
und schwang sich auf den tollen kleinen Zelter.

     Er ritt gerad zur Grenze nach Kladuša.

Erläuterungen.

Wir haben das Lied von dem Guslaren Mehmed Dizdarević aus Rogatica. Wir zählen ihn zu unseren besseren Sängern, doch keineswegs zu den besten. Rogatica und noch mehr Višegrad hatten vor etwa hundert Jahren einige ausgezeichnet tüchtige Guslaren aus der Hercegowina, die dort Schule gemacht haben. Ich habe von einem Guslaren Namens Ibrâhim Džanko aus Rogatica eines der schönsten Epen meiner Sammlung und von Avdija Salijević, dem Jünger eines vor 55 Jahren verstorbenen namenlosen: pijevo Višegradlija (der Višegrader Sänger) sechs der allerherrlichsten Lieder aufgezeichnet. Unser Mehmed ist aber auch nicht zu unterschätzen. Wir haben von ihm schon zwanzigtausend Verse aufgenommen. Mehmed ist ein Gedächtnismensch ersten Ranges, doch durchaus kein Dichter und besitzt auch in unserem Sinne kein richtiges Urteil über die Schönheit und den Wert einzelner Lieder.

Sein Vater war bei einem Beg Gutsaufseher, sein Grossvater war Kadi und sein Urgrossvater Burgherr (Dizdar) in Rogatica. Nach letzterem, dem angesehensten Mitgliede der Familie, benannten sich die Nachkommen Dizdarevići. Unseren Mehmed hat Dragičević bei einem Beg unweit Rača als Knecht untergebracht. Mehmed zählt gegenwärtig 28–30 Jahre. Er ist hoch gewachsen und kräftig gebaut, brünett und schwarzhaarig. Wie fast jeder Mohammedaner in Herceg-Bosna, hat auch er eine Schule (medresa) besucht und kann zur Not ein wenig türkisch auch schreiben. Er ist frommen Gemütes, klug, anstellig, gesprächig, besonnen, treu und zuverlässig, doch auch sehr empfindlich. Man muss mit ihm sehr rücksichtsvoll umgehen. Einmal sagte Dragičević scherzend zu ihm: „du lügst!" Mehmed entfärbte sich

[282] im Gesichte und entfernte sich schweigend. Später, nach erfolgter Aussöhnung, sagte er zu Dragičević: „Es wäre mir lieber gewesen, du hättest mich auf der Stelle getötet, als dass du mich vor Leuten der Lüge geziehen.“ So erzählt Mehmed, habe er die Lieder gelernt: „Als ich ein Knabe bei meinem Vater in Rogatica weilte, ging ich allabendlich in die Gasthausschenke (han) und hörte in einem Winkel kauernd zu, wie die Guslaren zur Sprache der Guslen (uz govor gusle) Lieder singen. Ich sprach leise in grösster Aufmerksamkeit dem jeweiligen Sänger die Worte nach, und wenn man spät nachts die Versammlung aufhob, eilte ich heim, streckte mich auf meinem Lager aus und sann über das Gehörte nach. Am selben Abend wäre ich nie im stande gewesen, ein Lied nachzusingen. Sinnend und träumend schlief ich ein und wenn ich erwachte, konnte ich Wort für Wort treulich die Lieder „aufzählen“ (izbrojio) und vergass dann nie wieder, was ich so erlernte. Als Knabe besass ich keine Guslen, sondern half mir mit zwei Stäbchen. Das eine vertrat das Instrument, das andere die Fiedel. So geigte ich mir und sang die Lieder.“

Die Hölzchen brauchte Mehmed wie der Guslar sonst die Guslen, nur um den Takt einhalten zu können. Mehmed ist auch jetzt noch von seinem Instrumente abhängig, indem er ohne solche Begleitung nicht im stande ist, korrekt rhythmisch vorzutragen. Sein Gedächtnis ist auch gegenwärtig so bewunderungswürdig, dass er sich nach einmaligem Anhören jedes Lied, mag es selbst 1800 Verse lang sein, mit allen Eigentümlichkeiten genau merkt. Er bedient sich in seinen Liedern der reinsten herzogsländischen Mundart und vermeidet es, Eigenheiten der bosnischen Mundart des Savelandes, wo er seit Jahren lebt, mit einfliessen zu lassen. Sein Vortrag ist unbedingt klar. „Jedes Wort steht bei ihm auf der Zungenspitze“ (svaka mu riječ stoji na vrh jezika), sagen von ihm seine Zuhörer. Ein armer Mann hat unter den Bosnjaken keinen Anspruch auf ein Lebensbeschreibung, ist aber der Arme ein Guslar gleich unserem Mehmed, so findet sich leicht jemand, der ihn auch in der Fremde zu Ehren und Ansehen bringen mag. Wir beschenkten Mehmed mit einer silbernen Uhr und einem goldenen Siegelringe. In dem Stein ist Mehmeds Name und die laufende türkische Jahreszahl mit arabischen Schriftzeichen eingegraben. Ein Wiener Meister hat die Arbeit besorgt.

Der doppelte Titel, welcher dem Texte vorgedruckt ist, rührt von Mehmed her.

V. 3. visoku planinu. Korrekter wäre: visokoj planini, doch ist der Fehler auf die unbewusste Vorliebe des Sängers für den Stabreim zu setzen.

V. 6 ff. Das Gespräch mit dem Toten im Grabe ist ein in der lyrischen Poesie oft benutztes Motiv. Vrgl. Krauss: Sitte und Brauch der Südslaven, Wien 1885. S. 190.

V. 13. Odbih für odbi. Das ,h’ ist hier rein parasitisch.

V. 16. vlaše mit verächtlicher Nebenbedeutung, wie man etwa bei uns Franzmann für ,Franzose’ sagt. Vlah (Walache) bedeutet dem Mohammedaner bloss den Angehörigen einer andern Konfession, namentlich den Christen vom orientalischen Kitus, seltener den Katholiken, nie aber den Juden.

V. 22. Wäre in wörtlicher Übersetzung ein Unding. Dem Sänger war es nur um einen kräftigen Innenreim zu thun, und darum wagte er die kühne Metapher von Rücken, die sich nicht (mit Schwertern) hauen können.

V. 24. Über die Anrufung zur Wahlschwesterschaft und der Wahlbruderschaft vergl. Krauss: Sitte und Brauch der Südslaven, Kap. XXIX. S. 619–643, und Kr.: Wahlbrüder im XVI. Bd. der Mitt. der Wiener Anthrop. Gesellschaft, dann Kr.: in den Monatsbl. des wissensch. Klub, Wien, am 10. März 1887, und K.: Die vereinigten Königreiche Kroatien und Slavonien, Wien 1889. S. 127 f.

V. 25. eski (türk, alt). Kladuša, gegenwärtig an der Bosnisch-Likaer Grenze

V. 28. dikat: findet sich noch in keinem Wörterbuche verzeichnet.

V. 40.rukom i rukavom = mit der Hand und dem Ärmel. Ein sog. Hendiadyoin. Vergl. V. 168 u. 175 und Krauss: Smailagić Meho S. 123 f. Anm. zu V. 1064.

V. 38–46. Die gewöhnliche Beschäftigung adliger Frauen und Mädchen. Auch Janja, die Tochter des Burggrafen von Pressburg, schleudert ähnlich wie die Mustaphagin das Stickgestelle weg von sich. Vergl. Krauss: Das Burgfräulein von Pressburg in Herrmanns Ethnol. Mitt. aus Ungarn. Heft III. 1889. Die Szene ist stereotyp in der Guslarenepik.

V. 56. Des Vaters Mustaphas und Halils wird niemals in den Liedern gedacht, nur der greisen Mutter, eines heldenmütigen Weibes sondergleichen. Wir besitzen ein köstliches, grosses Lied über einen Kriegszug jener alten Frau ins Küstenland zur Befreiung ihrer zwei in Gefangenschaft der Christen geratenen Söhne. Omer, Mustaphagas Sohn, tritt in den Liedern oft als frühreifer Jüngling auf, der ausserordentliche Thaten vollbringt.

V. 58. Die Anrufung aller Heiligen im Munde einer Mohammedanerin kann darum nicht überraschen, weil die Zeile nur einen stereotypen Ausruf vorstellt, bei dem sich der Mohammedaner

[283] ebensowenig etwas denkt, als wenn bei uns ein Jude ,Hilf Himmel!‘ oder ,0 je‘ (O Jesus!) ausruft.

V. 62. Djever = Brautführer. Die Brautführerschaft ist das Vorrecht des jüngeren Bruders. Der Schwägerin gegenüber, die ihn zeitlebens mit dem Namen ,Brautführer‘ ansprechen muss, tritt er in das Verhältnis der Wahlverschwisterung. Vergl. Krauss: Sitte und Brauch der Südslaven. S. 382 f. und 608.

V. 81. sa šnjime = mit, mit ihm. Das sa ist nur ein Füllsel.

V. 101. Bei abendländischen Rittern galt weinen als weibisch und schimpflich, der Slave dagegen schämte sich nicht seiner Rührung.

V. 105. Kopile = Bastard, eines der ärgsten Schimpfwörter, mit welchen sich im Süden die Slaven zu regalieren pflegen. In einem Liede unserer Sammlung streiten zwei montenegrinische Helden über den Angriffsplan. Der eine, ein berüchtigter Bandenführer Namens Paun (Pfau) schimpft seinen Waffengefährten Vuk (Wolf):

Du bist ein Bastard, Vuk von Trebješije,
du bist kein Held, stammst auch nicht ab von Helden,
und nimmer taugtest du für unsre Berge.

Darauf erwidert Vuk;

Ei Paun, Führer des Piperi-Stammes!
du bist ein Bastard, stammst von einem Bastard
und Bastardssohn war auch dein Bastardvater.

Die Steigerung des Schimpfwortes lautet: pasije Kopile (Hundes-Bastard). Vergl. Krauss: Smailagić Meho. S. 99 ff.

V. 110. Echte Brüder sind nach des Südslaven Anschauung, nur die von einer Mutter geboren sind. Auf den Vater kommt es weniger an.

V. 114. Kurvić bedeutet sowohl den Sohn einer H… als eines ausschweifenden Menschen, der sich mit feilen Dirnen abgibt.

V. 127. Ein Bulgarenmantel ist ein bis zum Boden dem Manne herabreichender, ärmelloser Überwurf aus schwerem weissen Tuch.

V. 147. Sabor srcu, wörtlich: gib dem Herzen Ratschlag.

V. 152. junačku sreću τύγην ανδρείαν, die Fortuna des Helden. Vergl. Krauss: Sreća. Glück und Schicksal im Volksglauben der Südslaven. Wien 1886. S. 72–76.

V. 161. čakot, (strepitus ungularum, Getrappe, Getöse) ein gut slavisches Wort, findet sich noch in keinem, nicht einmal im grossen Wörterbuche der südslavischen Akademie verzeichnet.

V. 170. ture für Turčine (o Türke) verächtlich, wie vlaše V. 16.

V. 184. gjidijo (türk.) Hahnrei, einer, dem die Gattin, wie wir, ursprünglich nach griechischem und römischen Muster, zu sagen pflegen, Hörner aufsetzt. Der Südslave kennt diese Redensart nicht. Der mohammedanische Slave tötet die ertappte Ehebrecherin und ihren Buhlen, der katholische, kroatische Bauer in Slavonien, zwingt dagegen nicht selten sein Weib, anderen Leuten sich preiszugeben, damit sie ihm einen neuen Hut oder Opanken kaufe. Der Mohammedaner ernährt sein Weib, der kroatische Katholike lässt sich aber gewöhnlich von seinem Weibe erhalten.

V. 186–217. Die übliche Eröffnung eines Zweikampfes, Vergl. Krauss: Die Wahlbrüder, Vers: 470–584. Erst wenn das Wettrennen und Speerwerfen den Kampf nicht entscheiden konnte, griff man zu Schwert, Streitkolben, und endete, wenn es nicht anders anging im Ringkampf, bei dem man sich jede List gestattete.

V. 192. bakva erläutert das südsłav. akadem. Wörterbuch ungenau mit: statio jaculantium saxa. Slavonische Märktefahrer nennen den eisernen Rammstock, mit welchem sie die Gruben für die Hüttenstangen ausgraben, bakva. Unsere Duellanten rammten oder gruben in beträchtlichem Abstande von einander zwei Pfähle in die Erde ein. Danach postierten sie sich jeder bei einem Pfahl, und wie es in den Wahlbrüdern V. 565 heisst:

,pik‘ rekoše pa se potekoše
sie sagten pik und dann begann das Rennen.

V. 218. Eine Drachme wiegt einen Dukaten schwer. Gold und Silber wird bei den Orientalen nach Drachmen gewogen.

V. 225. setra und pantola finden sich noch in keinem Wörterbuche. Pantola ist Pantalon, die Hose.

V. 226. Man hat sich beide Ritter mit Panzerhemden bekleidet vorzustellen. Der orienta- lische Krummsäbel ist eine Hiebwaffe. Nachdem die Säbel an den Panzern ganz schartig [284] und zum Hieb unbrauchbar geworden waren, gebrauchten die Kämpfer die Säbel als Stichwaffe, um sie einander in die Beugefugen des Panzerhemdes unter die Achsel zu stechen.

V. 234. pera ot topuza = die Federn (Stacheln) vom Streitkolben statt pernoga topuza = den mit Stacheln (auf dem Apfel) versehenen Streitkolben. Wirksam erinnert perom in V. 235 an die Gefährlichkeit der Waffe.

V. 246. Auf der Verfolgung hatte Halil den Hauptmann Gavran in einer Schlucht (bogaz) eingeholt.

V. 255. Die Vila aus den Wolken. Über die Wolkenvilen vergl. Krauss: Kaiser Konstantin auf der Sonnenburg. Wien, Monatsb. des Wiss. Klub. 1886. Vom 15. April, S. 4 ff., und Kr.: ,die verein. Königr. Kroatien und Slavonien‘ S. 129.

V. 255 ff. Eine beliebte Kampflist, um den Gegner zu lähmen.

V. 268. Sowie hier Halil, so empfangen noch sonst in mohammedanischen Guslarenliedern die Mohammedaner schwere Verwundungen. Der Mohammedaner spricht äusserst selten seinem christlichen Gegner die ritterlichen Eigenschaften Mut, Tapferkeit, Kraft und Stärke ab, während die Lieder der christlichen Guslaren den Mohammedaner als einen Schwächling, als eine feige und niederträchtige Memme darstellen. Im einmaligen Auf- und Abgehen tötet der christliche Held mir nichts, dir nichts zu dreissig Mohammedaner und strengt sich dabei gar nicht viel an. Man vergleiche in dieser Hinsicht die Leistung Vid Žeravica’s im ,Burgfräulein von Pressburg‘. Freilich tötet auch Ibrâhim Nukić (Proceedings of the American Philosophical Society. vol. XXV. Philadelphia 1888, p. 189 ff.) dreissig christliche Banditen, aber letztere dürfen auf ausdrücklichen Befehl ihres Hauptmanns zu ihrer Verteidigung sich nicht einmal rühren. Der mohammedanische Guslar hat als Darsteller noch immer die Empfindung, dass er das Unwahrscheinliche zum mindesten dichterisch als wahrscheinlich begründen müsse. In solcher und ähnlicher weisen Masshaltung liegt unter so manchem anderen auch ein Vorzug der mohammedanischen gegenüber den christlichen Guslarenliedern.

Meine Übersetzung ist im zehnsilbigen trochäischen Verse mit regelmässig auftretendem Auftakt verfasst. Die Notwendigkeit dieser Änderung gegenüber der zehnsilbigen Zeile meiner Vorlagen, habe ich in der Einleitung zum ,Burgfräulein von Pressburg‘ (im III. Heft der Ethnolog. Mitt. aus Ungarn 1889) zu begründen versucht. An den dort ausgesprochenen Ansichten muss ich noch immer festhalten.