Gebadet in des Meeres blauer Flut (Büchner)
[393]
1. Jugendverse.[1]
Der besten Mutter.
Gebadet in des Meeres blauer Fluth
Erhebt aus purpurrothem Osten sich
Das prächtig-strahlende Gestirn des Tags,
Erweckt, gleich einem mächt’gen Zauberwort,
Von der der Nebel wie ein Opferrauch
Empor zum unermess’nen Aether steigt.
Der Berge Zinnen brennen in dem Strahl
Vor welchem, wie vom flammenden Altar,
Und fernhin in des Ocean’s Fluthen weicht
Die Nacht. So stieg auch uns ein schöner Tag
Vom Aether, der noch oft mit frohem Strahl
Im leichten Tanz der Horen grüßen mag
Mit lautem Danke preist, da gnädig er,
Uns wieder feiern läßt den schönen Tag,
Der uns die beste aller Mütter gab.
[394] Auch heute wieder in der üppigsten
Im frohen Kreis der Kinder, denen sie
Voll zarter Mutterlieb’ ihr Leben weiht.
O! stieg noch oft der Liebe Genius
An diesem schönen Tag zu uns herab
Der Kinderliebe und der Zärtlichkeit! –
- ↑ Diese Jugendgedichte Büchner’s, wohl sämmtlich 1828, also in seinem fünfzehnten Jahre, entstanden, erscheinen hier zum ersten Male aus dem Original-Manuscript abgedruckt. – Die Zusatzstrophe zu dem Gedichte „Die Nacht“ hat Büchner 1835 flüchtig an den Rand des Papiers hingeschrieben. F.
Anmerkungen (Wikisource)
Auch in: Werke und Briefe. Nach der historisch-kritischen Ausgabe von Werner R. Lehmann. München, 1980 S. 182. Das Gedicht ist erhalten in einer Abschrift von Luise Büchner, Georgs Schwester; es hat keine Datierung und wird den frühen Arbeiten Büchners aus seiner Schulzeit zugeordnet. (Vgl. Kommentar in o. g. Ausgabe S. 431.)