Friedrich Accum an Philipp Ernst Accum (26. April 1816)

Textdaten
Autor: Friedrich Accum
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Brief Friedrich Accums an seinen Bruder vom 26. April 1816
Untertitel:
aus: Vorlage:none
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1816
Erscheinungsdatum: Vorlage:none
Verlag: Vorlage:none
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort:
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Erstveröffentlichung in deutscher Sprache auf der Grundlage des von Volker Bär, Berlin, einem Nachfahren Accums, bereitgestellten handschriftlichen Originals.
Kurzbeschreibung: Brief des deutschen Chemikers Friedrich Accum in London an seinen Bruder Philipp in Bückeburg.
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


Das am 26. April 1816 an seinen in Bückeburg lebenden Bruder Philipp gerichtete Schreiben beginnt mit der Mitteilung vom Tode seiner Frau am 1. März und dem seines Schwagers kurze Zeit darauf. Accum bedauert, daß sein „häuslicher Zustand“ durch diese Ereignisse ein „trauriges Ansehen“ bekommen habe und ihm nur noch seine siebzehnjährige Tochter und sein Sohn blieben. Anschließend berichtet Accum seinem Bruder von den Auswirkungen, die das Ende der Koalitionskriege auf das Leben und die wirtschaftlichen Verhältnisse in London hat. Preise und Löhne sind drastisch gefallen, eine Reihe angesehener Unternehmen ist bankrott gegangen und etliche Kaufleute haben Selbstmord begangen. Ganz pragmatisch bietet Accum seinem Bruder an, diesem einige Flaschen des jetzt günstig angebotenen Madeiraweins zu schicken. Am Schluß des Briefes geht Accum auf die Reaktionen ein, die das Erscheinen seines im Jahr zuvor veröffentlichten Werkes Description of the process of manufacturing coal-gas bei seinen Fachkollegen auf dem Kontinent hervorgerufen hat. Er bittet den Bruder um die Zusendung der von dem Freiberger Hüttenchemiker Wilhelm August Lampadius besorgten Übersetzung ins Deutsche und einiger der in Frankreich erschienenen Zusammenfassungen seiner Ergebnisse.

Auszüge des Briefes in einer Übersetzung ins Englische veröffentlichte Charles Albert Browne, einer der Biographen Accums, erstmalig in der am 22. Mai 1931 erschienenen Ausgabe der Zeitschrift Chemistry and industry review unter dem Titel Correspondence. Prices as considered by Accum (S. 444–445).

Editionsrichtlinien:
  • Überstreichungen werden aufgelöst, der zu ergänzende Buchstabe steht kursiv (ein überstrichenes „m“ wird etwa aufgelöst zu „mm“).
  • Das Zeichen für die Gewichtseinheit Pfund wird mit „[lb]“ wiedergegeben; das Zeichen für die Währungseinheit Pfund mit „[L]“.
  • Zur Unterscheidung von editorischen Angaben werden eckige Klammern im Original „[]“ als runde Klammern „()“ wiedergegeben.



Alle redaktionellen Texte und Anmerkungen dieser Edition stehen unter der Lizenz CC-BY-SA 2.5 Deutschland

Blatt 1r

 
Seite korrekturlesen
London April 26th 1816

Lieber Bruder[1]:

     Ich habe den Samet und das Linnen in gutem Zustande lange in meinen Händen, mus aber jezt selbige Sachen mit traurigen Augen ansehen, weihl der Todt mir meine Frau[2] entrißen hat. Sie starb nach einer 3 Wochen langen Krankheit im 39t Jahre ihres Alters am 1ten Merz

     Ihr Bruder ein junger Mann welcher mit seiner Famielie, (beynahe kann ich so sagen), in meinem Hause[3] wohnte, folgte seiner Schwester im 35ten Jahre seines Alters nach. Er wahr war ein junger Talentvoller Mann und machte ansehnliche Geschäfte als Architect. Er hinterläßt eine Witwe und eine Tochter 15 Jahr alt. Mein Häuslicher Zustand hat durch diese Todesfälle, ein Traureges Ansehen bekommen. Mei[…] ganze Famielie besteht jetzund […] Tochter jezt 17 Jahr alt[4], und w[…] Mein Junge[5] ist in Paris, wo[…]

Blatt 1v

 
Seite korrekturlesen

er jetzund 8 Monath gewesen ist. Ich habe mich jetzund entschloßen ihn nicht in fü[r] meinen Geschäften zu erziehen, sondern ihm eine Civile Stelle unter dem Gouvernement zu verschaffen – welches ich hoffentlich, durch Hülfe meiner vielen Bekanten werde thun können – Es scheint mir nicht wahrscheinlich zu sein, daß er in meiner Laufbahn würde glücklich sein.

     Der hergestelte Friede[6] hat unsern ganzen Handel ein fatales Ansehen gegeben. Wier sehen jezt zu deutlich, daß wier nur im Kriege floriren können[.] Wier haben täglich Banquerotte über Banquerotte – die besten Häuser bekommen[7] insolvend[8] – der ganzen Handel, der Ackerbau und alle Geschäfte sind todt – alles ist wohlfeil – das [lb] Rindfleisch welches so lange wie ich in diesem Land gewesen bin, wah kostete immer 1 1/3 Schilling[9] – jezt ists 3/4 Schilling [lb] […], ohngeachtet der Accise von 75 pr Cent, ad valoru[10] […] wier demohngeachtet wohlfeiler von Holland den sie, der hiesige […]er liefern kann – Eine gänzliche […]ion in den Preisen aller Sachen […]dt gefunden – Schu[…], ehmahl 15 Schilling

Blatt 2r

 
Seite korrekturlesen

kosten jezt nur 12 Schillinge – Dienst Mädchen welche [unleserlich] 40 Guinee[11] des Jahres empfingen, jezt erhalten nur 30 Guinea – Was aus dem Zustande werden wird, weis Niemand. Viele glauben, wünschen und hoffen, es sey das beste das wier wieder den General von Helena[12] auf’s feste Land loßlaßen solten – andere wünschen Krieg mit America, und wiederum andere, hoffen das in Teutschland Zank erstehe – Mahogany Holz[13] ist halb im Preise gefallen. In meinen kleinen Geschäften, habe ich 1100 [L] Sterling[14] verlohren – leediglich durch Banquerotte, ansehnlicher Häuser – Seit 5 Monathen haben sich 7 große Kaufleute den Hals abgeschnitten – Ein deutscher Kaufman welcher vorige Woche 145,000 [L] Sterling, an Caninchen und Hasen Fellen verlohr, erschoß sich, wenn er von der Börse zurück[.] Ein guter Huth kostet jezt nur 18 Sch[illing] ein ehemahls 25 bis 30 Schilling – Wier […] jezt sehr guten Cap Madeira Wein[15] […] 2 3/4 Schilling die Bouteille[16] kauffen – diese[…] kostete ehemahls 5 1/2 Schillinge. Sollest d[…] zu haben wü[nsc]hen so kann ich d[ir] [für]

Blatt 2v

 
Seite korrekturlesen

diesen Preis 6 oder 12 Duzend Bouteillen zur Probe schicken. 1 Bouteillie hält etwas mehr des 1 2/3 Pinte[17] oder ohngefahr 50 zu 56 Cubic Zoll. Ich sehe in den deutschen Zeitungen, das Lampadius[18] in Freiberg[19] hat eine Übersetzung von meinem Buche über die Kohlen Luft-erleuchtung[20] publicirt – Ich wünsche selbige gelegentlich zu erhalten. Die Franzosen haben, auf ihre gewöhnliche Art, viele Abstracte von dieser Schrift publicirt. aber keiner der Ubersetzer verstand die Englische Sprache. Die folgenden Sachen habe ich noch nicht gesehen, solten sie dort wo zu bekommen sein, so wünschte ich, Du könntest sie mir verschaffen

  1. Sur la lumiere, produit par la combustion du gas hydrogen, de Monsr Accum. Traduit de l’anglois.
  2. Traite practique de l’Eclairage par le gas Hydrogen, extract de la houille … traduit de l’anglois.
  3. Apparail […] S[…]it, determine a peu de frais la valeur comparative des differentes […] huer[?] de huille, employer pour l’eclairage […]ve & des Edifices. &c &. Dieser Mann scheint [… nicht] einmahl den Titul des Buchs zu übersetzen [kö]nnen[.]

[…] besten Auszüge sind von diesem Buche, (von […] die 3te Auflage publicirt ist) sindt in den […] d’enseingement; und in dem Journal de Physique[21] […]en zu Coimbro[22] ist eine Portugißische Ubersetzung gem[…]


Text- und Sachkommentar

  1. Bruder – Philipp Ernst Accum (* 19. März 1759 in Bückeburg; † 12. Oktober 1849 ebd.).
  2. meine Frau – Mary Ann, geb. Simpson (* 6. März 1777; † 1. März 1816 in London) heiratete Friedrich Accum am 10. Mai 1798.
  3. in meinem Hause – Accum wohnte seit 1800 in der Old Compton Street 11. Dort führte er auch Versuche durch, hielt Vorlesungen und verkaufte Chemikalien und Apparaturen für chemische Experimente.
  4. Tochter jezt 17 Jahr alt – Flora Eliza Accum (* 17. Mai 1799).
  5. Mein Junge – Friedrich Ernst Accum (* 3. April 1801; † 28. Januar 1869).
  6. Der hergestelte Friede – Gemeint ist der Zweite Pariser Friede vom 20. November 1815, der die Koalitionskriege beendete.
  7. bekommen – gemeint ist „werden“; es handelt sich offenbar um einen falschen Freund (von engl. to become – werden), was vermutlich auf Accums Gewöhnung an das Englische zurückzuführen ist.
  8. insolvend – zahlungsunfähig.
  9. SchillingShilling, eine englische Münze.
  10. Accise … ad valoruAccise ad valorem, eine Wertsteuer, also eine Abgabe, die prozentual auf den Wert der Ware gerechnet wird.
  11. GuineeGuineen, pl. von Guinea; eine englische Goldmünze.
  12. den General von HelenaNapoleon Bonaparte.
  13. Mahogany HolzMahagoniholz.
  14. [L] SterlingPfund Sterling.
  15. Cap Madeira Wein
  16. die Bouteille – die Flasche (von frz. bouteille).
  17. PintePinte, ein englisches Flüssigkeitsmaß.
  18. LampadiusWilhelm August Lampadius (1772–1842), ein deutscher Hüttenchemiker, der seit 1799 an der Erzeugung von Leuchtgas arbeitete. Die Gaslaterne an seinem Freiberger Wohnhaus war die erste ihrer Art auf dem Kontinent.
  19. FreibergFreiberg in Sachsen.
  20. eine Übersetzung von meinem Buche über die Kohlen Luft-erleuchtung – Lampadius hatte 1816 in Weimar unter dem Titel Praktische Abhandlung über das Gaslicht eine Übersetzung der im Vorjahr in London erschienenen Description of the process of manufacturing coal-gas veröffentlicht.
  21. Journal de Physique – die zwischen 1794 und 1823 in Paris erscheinende Zeitschrift Journal de physique, de chimie et d’histoire naturelle.
  22. Coimbro – die portugiesische Universitätsstadt Coimbra.

Empfohlene Zitierweise:

Brief Friedrich Accums an seinen Bruder vom 26. April 1816, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Friedrich_Accum_an_Philipp_Ernst_Accum_(26._April_1816)&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 22:36 Uhr UTC)