Freihut
Von hohen Burgen tobet ein wilder Knappentroß,
Geführt von stolzen Rittern, sie sitzen hoch zu Roß.
Es wehn die Helmenbüsche, es blitzen Schild und Wehr,
So stürmen sie hernieder – wo ist der Feinde Heer?
Und seine besten Waren, die nehmen sie ohne Kauf,
Brandschatzen, höhnen die Händler und rauben all ihr Gut –
Und die nicht gleich es geben, die büßens noch mit Blut.
Ein sausend Waffenklirren, wie Hagel auf Saaten fährt
Und wie die Halme sinken, so ohne Widerstand
Die Händler wehrlos lassen ihr Gut in Räuberhand,
Ha! welche holde Jungfrau da bei den Waren kniet,
Wie birgt ihr weinend Antlitz sich in des Schleiers Falten.
„Daß Keiner sie berühre!“ ruft Ritter Adelbrand
Und richtet auf die Jungfrau, und giebt sein Wort zum Pfand,
Daß er sie schützen werde vor Unbill, Qual und Schmach
„O daß ich trocknen könnte so schöner Augen Zähren
Und diese bitt’re Stunde zum Troste Euch verklären;“
Sie sieht mit großen Augen ihn ernst und schweigend an –
Mit solchen Blickes Zauber hat sie’s ihm angethan.
Was seine Burg nur spendet, es ist für sie bereit;
Ihr Vater läßt ihm bieten ein hohes Lösegeld,
Doch ist sie feil ihm nimmer, selbst für die ganze Welt!
Er wirft sich vor ihr nieder und spricht das Wort der Minne:
„Was soll ich thun?“ so sagt er, „daß ich Dein Herz gewinne!“
Aus ihrer Stirne streicht sie des Haares gold’nen Strom –
Es spiegeln ihre Augen des Himmels blauen Dom.
Ist’s zorn’gen Blickes Zucken, wovon ihr Auge brennt?
„Ihr sprecht von Ritterdiensten – sagt, ist das Ritterart,
Daß Ihr gemeinen Räubern Euch also beigeschart?
Daß Ihr friedsame Männer so rücklings überfallt
„Ihr habt ein Heldenantlitz – stolz leuchtet Euer Aug’
Und könnet doch verleugnen jedweden Heldenbrauch?“ –
„Halt ein!“ ruft er erschüttert, „sei meine Führerin.
Dir weih ich meine Thaten und alles was ich bin.“
Frei magst Du zu ihm kehren, denn Du bist frei fortan!
Doch ich bin jetzt gefesselt – laß mich Dein Sklave sein,
Laß mich Dich Herrin nennen und sei auf ewig mein!“
„Laß eine Burg uns bauen, Freihut sei sie genannt,
Vor räuberischen Rittern der Handelsleute Waren;
Und freie Hut dort finde, wer jetzt nur Not erfahren.“
„Frei magst Du ziehn – ach bleibe und werde mein Gemahl!
Erhör der Minne Flehen! – doch frei ist Deine Wahl!“
An seinem Heldenherzen die holde Jungfrau lag.
„Mein hoher Herr!“ sie flüstert und neigt sich demutvoll
Kein Wort mehr beider Lippen, nur Kuß auf Kuß entquoll.
Doch plötzlich wie erschrocken empor die Jungfrau springt,
Wie manch ein Bürgermädchen die Ritter so umgarnen –
Sie zittert vor dem Manne in jungfräulicher Scheu
Und vor dem eignen Herzen – und prüfet seine Treu.’
Ist Freihut dann erbauet und bin ich Euch noch wert,
So werd’ ich gern Euch folgen ich harr’ auf Euch in Treuen;
Dann mag des Vaters Segen den süßen Bund erneuen,“
Wohl blickt er traurig nieder, wohl ist ihm weh ums Herz.
Und flüstert bittend leise in seligem Umschlingen:
„Willst Du mich selbst nicht heimwärts zu meinem Vater bringen?“
Und so geschah’s – wie staunend vor Ritter Adelbrand
In seiner Warenhalle der Kaufmann rechnend stand:
Bis die befreite Tochter ihr Schicksal ihm erklärte.
Schloß Freihut war erbauet, Schutzloser Schirm und Hort –
Wie manch ein selig Brautpaar die Sonne auch gesehen,
Und der einst wild geschaltet mit roher Räuber That,
Jetzt selbst der Bürger Sache vor Kaiser und Reich vertrat.
So ruft das Weib die Milde im Mannesbusen auf,
So fördert echte Minne der echten Heldenlauf! –