Führer durch Coswig, Kötitz, Neu-Coswig und Umgegend

Textdaten
Autor: unbekannt
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Titel: Führer durch Coswig, Kötitz, Neu-Coswig und Umgegend
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Herausgeber: Gemeinnütziger Verein zu Coswig (Sachsen)
Auflage:
Entstehungsdatum: 1906
Erscheinungsdatum: 1906
Verlag: Ziegner
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Erscheinungsort: Kötzschenbroda-Dresden
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Quelle: Scans auf Commons
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[1]
Führer
durch
Coswig, Kötitz, Neu-Coswig
und
Umgegend.


Herausgegeben vom Gemeinnützigen Verein
zu
Coswig-Sachsen.

[2]
Clichés, Satz und Druck
Gebr. Ziegner, Graph. Kunstanstalt
Kötzschenbroda-Dresden.


Alle Rechte vorbehalten.

[3]
Vorwort.

Bei Wanderungen durch die anmutige engere und weitere Umgebung von Coswig, Kötitz und Neu-Coswig soll vorliegendes Büchlein Einheimischen wie Fremden ein Führer sein. So mancher stille Weg, manches lauschige Plätzchen und wohl auch mancher überraschende Blick ins liebe Vaterland dürften selbst unseren Einwohnern wenig bekannt sein, und doch gibt es deren genug, um nicht nur tage-, sondern auch wochenlang den Aufenthalt bei uns angenehm und anregend zu gestalten. Auf den Wegen begegnet uns traumverloren die Sage. Längst entschwundene Jahrhunderte grüßen uns noch in alten Denkmälern, und wer der Natur nicht nur als Vergnügender seine Aufmerksamkeit zuwendet, wird, wie sogar der Kunsthistoriker, manches Beachtenswerte bei uns finden.

Die Gänge sind nach dem Grundsatze geordnet: „Vom Nahen zum Entfernten“. Die, welche im Bereiche der Gemarkungen unserer drei Ortschaften gedacht sind, haben eine ausführliche Beschreibung erfahren, die anderen sind nur kurz behandelt, weil die Wege von den Gebirgs- oder [4] Verschönerungs-Vereinen der benachbarten Orte zur Genüge durch Wegweiser gekennzeichnet wurden.

Als Ausgangspunkt aller Gänge gilt der Bahnhof Coswig.

So finde das Büchlein allerorten Freunde, die, dankbar für den kleinen Dienst, den es leisten möchte, die Aufmerksamkeit für unsere aufblühenden Ortschaften in weitere und weiteste Kreise lenken zum Wohle unseres Gemeinwesens, dem der Führer gewidmet sei.

Coswig i. S., Juli 1906.


Der Verfasser.

[5]
Inhalt.


I. Vorwort.

II. Allgemeines von Coswig, Kötitz und Neu-Coswig.

III. Wegbeschreibungen.


A. Spaziergänge
.

1. Durch Coswig nach der Spitzgrundmühle.

a) Kürzester Weg,
b) Andere Wege,
c) Einige kurze Gänge von der Mühle aus.

2. Durch Kötitz nach der Elbe.

3. Nach dem Hohensteine.

4. Nach dem Rietzschkegrunde.

5. Nach dem Auer. (Wolfsdenkmal.)

a) im Spitzgrunde hin,
b) auf dem die Lockwitz begleitenden rechten Höhenzuge hin,
c) an der Roten Bach vorbei nach der „Dicken Hanne“ (W.-Weg),
d) auf dem Stein-Wege.


B. Ausflüge bis zu Halbtagsfahrten.
I. Auf dem rechten Elbufer.

1. Nach Weinböhla (Schweizer-Höhe).

2. Nach Kötzschenbroda (Lößnitz etc.).

3. Moritzburg.

a) Spitzgrund–Auer–Moritzburg,
b) Hohenstein–Gabelweg–Auer,
c) Eisenberg–Moritzburg.

[6] 4. Nach der Mistschänke.

5. Nach der Buschmühle.

6. Rundgänge durch den Friedewald.

a) Coswig–Auer–Lindenau–Coswig,
b) Coswig–Hohenstein–Lindenau–Zitzschewig–Coswig,
c) Coswig–Hohenstein–Lindenau–Kötzschenbroda–Coswig,
d) Coswig–Auer–Weinböhla–Coswig,
e) Coswig–Auer–Mistschänke–Buschmühle–Niederau–Coswig.

7. Nach der Posel.

II. Auf dem linken Elbufer.

1. Nach den Mühlen.

a) Pinkowitzmühle.
b) Prinzenmühle.
c) Neudeckmühle.
d) Rundgang durch die drei Mühlen.

2. Nach Weistropp und dem Osterberge.

3. Nach Scharfenberg b. Meißen.

[7]
Allgemeines
von Coswig, Kötitz und Neucoswig.

Die drei Ortschaften haben schon längst ihren ursprünglichen Dorfcharakter verloren und dafür je länger je mehr denjenigen von Vororten einer Großstadt angenommen.

Den Aufschwung verdanken sie in erster Linie ihrer ausgezeichneten Lage im Elbtale, einer Gegend Deutschlands, die von der Natur mit seltenen Reizen ausgestattet, wie wenige andere geschichtlich und von alten, noch wichtigen Verkehrsstraßen durchzogen ist.

Sie gehören zu der wein- und villenreichen Lößnitz, die durch die Meteorologie als die wärmste Gegend Deutschlands nach der oberrheinischen Tiefebene nachgewiesen wurde.

Vom meteorologischen Institute für Sachsen ist auch in Coswig eine Station IV. Ordnung seit 1902 eingerichtet worden. Sie liegt 118 m über „Normalnull“. Bis mit 1905 sind an Niederschlägen beobachtet worden:

1902 = 735,3 mm
1903 = 624,4 mm
1904 = 486,9 mm
1905 = 822,3 mm
Durchschnitt: 667,2 mm.

Die normale Niederschlagsmenge im Flußgebiete des Elbtales, welches 1112 qkm enthält, sind 597 mm. Die [8] Gewitter treten sehr selten schwer auf. Hagelwetter sind seit langen Jahren nicht beobachtet worden. Die durchschnittliche Jahrestemperatur beträgt 7,1° R., die durchschnittliche Sommertemperatur (April — September) 11,3°


Plan v. Coswig, Kötitz u. Neucoswig.


und die durchschnittliche Wintertemperatur (Oktober-März) 2,9°. Durchschnittlich hielt sich die Temperatur an 117 Tagen im Sommerhalbjahr über dem sommerlichen und an 91 Tagen im Winterhalbjahre über dem winterlichen Mittel.

[9] Die Fluren unserer Orte ziehen sich von den reben- und tannengrünen Höhen hernieder bis zu der Elbe. Neue schöne Häuser und wohnliche Villen, von dem bunten Schleier der Gärten umwoben, erheben sich neben den traulichen und sauberen älteren Gebäuden. Den ungezählten Scharen wanderlustiger Großstädter öffnen sich schattige und stille Seitentäler nach rechts und links, wo man sich in blumenreichen Gehegen von Straßenstaub und Arbeitshast erholen soll. Von vorgeschobenen Punkten des Bergrückens aber überblickt man staunend fast das ganze sächsische Elbtal mit all’ seiner Schönheit, die weit über die Grenzen unseres Vaterlandes gerühmt wird.

Kaum zwei Stunden von Coswig entfernt gründete König Heinrich I. die Burg Meißen, die in der Folge die Wiege des sächsischen Staates wurde. Am Schicksale dieser Stadt nahmen unsere Orte beständigen Anteil. Durch Sorben, die von den Deutschen zurückgedrängt wurden, ist Coswig um 900 gegründet worden, in gleicher Zeit auch Kötitz. Neu-Coswig, früher die Weinbergsgemeinde, ist späteren, deutschen Ursprungs. Bald sind die drei Orte unter den Krummstab gekommen und gehörten bis 1556 als bischöfliches Lehen dem Geschlechte von Karras. Im Jahre 1556 nahm Kurfürst August die Dörfer in Besitz, verkaufte sie aber später wieder. Alle Kriege, die über die Stadt Meißen und deren Umgegend dahinbrausten, von den Zeiten der wilden Polen bis zum Kriege 1866, haben Coswig nicht verschont, und andere Nöte haben die Orte beständig niedergedrückt, bis sie in den großen Verkehr mit hinein und[WS 1] durch ihn emporgezogen wurden.

Mitten durch unsere Orte führen überaus wichtige Straßen Sachsens, die den Verkehr von Süden und Norden, Osten und Westen seit Jahrhunderten vermitteln. In Kötitz bespült die Elbe die Grenzen der Ortschaften, die darum alle Vorteile genießen, die ein so bedeutender Heerstrom bietet. Ins Hinterland führen nicht nur bequeme, sondern auch durch Naturschönheiten ausgezeichnete Straßen. Auf der Karte stellt sich darum Coswig als ein Knotenpunkt des Verkehrs dar. Einen Einblick in seine Größe gewährt folgende Statistik:

[10]
Peter Paul-Kirche in Coswig.

[11] 1. Bevölkerungszunahme von 1890 bis 1905:

Coswig von 996 auf 2779 = 179,0%,
Kötitz von 589 auf 1630 = 176,7%,
Neu-Coswig von 281 auf 901 = 220,6%.

2. Bahn. Es verkehren täglich Züge zwischen:

Coswig-Dresden: über Kötzschenbroda - Radebeul oder Naundorf-Cossebaude bis 91 Personenzüge; Fahrzeit 14–31 Minuten. R.-K. 3. Klasse 0.80 Mk.; Monatskarte 9.– Mk.; Nebenkarten für Angehörige 4.50 Mk. Die Rückfahrkarte Dresden-Coswig berechtigt auch zur Fahrt von Moritzburg nach Dresden, wie umgekehrt die Rückfahrkarte Dresden-Moritzburg zur Fahrt Coswig-Dresden.
Coswig-Meißen: bis 36 Personenzüge; Fahrzeit 13 Minuten. R.-K. 3. Kl. 0.55 Mk.; M.-K. 6.– Mk.; Nebenk. 3.— Mk.
Coswig-Riesa-Leipzig: bis 16 Pers.-Züge; Fahrzeit 1 St. 55 Min. bis 2 St. 34 Min. R.-K. 3. Kl. 5.80 Mk.
Coswig-Döbeln-Leipzig: bis 16 Personen-Züge. Fahrzeit 3 St. R.-K. 3. Kl. 6.60 Mk.
Coswig-Röderau-Berlin: bis 12 Züge. – Fahrzeit 2 St. 37 Min. bis 4 St. 27 Min. R.-K. 3. Kl. 10.90 Mk.
Im ganzen verkehren durch den Bahnhof Coswig täglich bis zu 189 Zügen. Im Jahre 1905 wurden 235 103 Personen abgefertigt. Coswig steht hier an 17. Stelle im Dresdner Handelskammerbericht, zwischen Riesa und Radeberg.
Die Bahnstation Coswig befördert sowohl zur Tages- als auch zur Nachtzeit Privattelegramme.

3. Dampfschiff. Den Verkehr elbauf und -ab vermitteln täglich bis 16 Schiffe.

4. Postverkehr: a) Briefverkehr: Eingegangen 1902: 422 700 Stück, aufgegeben: 324 200 Stück. Eingegangen 1905: 525 500 Stück, aufgegeben: 469 000 St.

b) Packetverkehr: Eingegangen 1902: 17 900 Stück, aufgegeben: 15 900 Stück. Eingegangen 1905: 22 100 Stück, aufgegeben: 19 300 Stück.

[12]

c) Postanweisungen: Eingezahlt 1902: 861 700 Mark, ausgezahlt: 877 300 Mk. Eingezahlt 1905: 1 188 000 Mark, ausgezahlt: 1 281 000 Mk.
Porto- und Telegraphen-Gebühren-Einnahme: 1902: 38 256 Mk. 1905: 47 500 Mk.
Der Gesamtbarverkehr ist von 1 833 700 Mk. im Jahre 1902 auf 2 600 000 im Jahre 1905 gestiegen. – Das Postamt tritt täglich mit 30 Eisenbahnzügen in Verbindung.


Kirchplatz mit neuer Kirche in Coswig.


5. Güterbeförderung 1905: 35 876 000 kg in Summa Kohleneingang 10 744 000 kg per Bahn, 2 110 000 kg per Schiff.

1900: 325 528 kg Obstversandt 1903: 318 950 kg Obstversandt
1901: 554 106 1904: 427 928
1902: 105 080 1905: 325 801

Aus den angeführten Zahlen ersieht man, wie Fleiß und Unternehmungslust der Ortsbewohner die günstigen Verhältnisse ausnützen und dadurch entschieden den anderen Anteil an der Hebung der Orte haben.

Der Schule haben die drei Gemeinden stets in anerkennenswerter Weise ganz besondere Sorgfalt gewidmet. Im Jahre 1892 wirkten an hiesiger Schule 3 Lehrer, 1906 20, zum Teil auch in der Ostern 1906 zu einer gewerblichen erhobenen Fortbildungsschule. Seit 1894 wurden zwei neue Schulgebäude, das eine in [13] Kötitz, errichtet. 1905 wurde das zu Coswig um ein Stockwerk erhöht. Mehr und mehr machte sich auch das Bedürfnis nach einer Abteilung mit höheren Zielen und fremdsprachlichem Unterrichte geltend. Seit 1901 hat sie vielen Kindern aus allen Kreisen der Bevölkerung die Grundlagen zu einer weiteren Ausbildung gelegt, vor allem aber Kinder beiderlei Geschlechts auf höhere Schulen vorbereitet. Seit Ostern 1905 sind auch die hiesigen Ärzte als Schulärzte tätig, um die Gesundheit der Kinder dauernd zu überwachen.

Wer später an einem Gymnasium oder einer anderen Schule seine Bildung fortsetzen soll, dem ist durch den ausgezeichneten Bahnverkehr Gelegenheit geboten, vom elterlichen Hause aus in Meißen (Realgymnasien mit Progymnasium, landwirtschaftlicher sowie Handels-, Gewerbe- und Industrieschulen), oder Dresden die Schulen zu besuchen.

1905 wurde hier ein Drogisten-Technikum gegründet. Über 70 Drogisten, im Alter von 18–30 Jahren, kommen jährlich aus allen Gegenden des In- und Auslandes hierher, um sich an dieser Anstalt für ihren Beruf zu vervollkommnen.

Der herrliche Neubau einer Kirche, an der 2 Geistliche angestellt sind, zeigt, wie man auch dem religiösen Bedürfnisse der Bewohner gerecht zu werden sucht.

Wie hoch die Lage der Orte, ihr Klima und ihre Waldnähe für die Gesundheit einzuschätzen sind, ist daraus zu ersehen, daß nicht nur Herr Sanitätsrat Dr. Pierson in Neu-Coswig eine Heilanstalt für Nervenkranke errichtet hat, die unter den vier größten Privatanstalten gleicher Art in Deutschland die höchste jährliche Frequenz aufweist und die weit über die Grenzen des deutschen Reiches sich eines ausgezeichneten Rufes erfreut, sondern auch Herr Dr. Nöhring an den bewaldeten Höhen ein Sanatorium eröffnete, das mit seinen glänzenden und zweckmäßigen Einrichtungen die Besucher in berechtigtes Erstaunen setzt und Gewähr für einen erfolgreichen Aufenthalt bietet. Außerdem sind die nahen Höhen bebaut mit Sanatorien, Erholungs- und anderen Heimen, die sich zum Teil in privater, zum Teil in der Verwaltung der Stadt Dresden oder anderer Gemeinden befinden.

[14] Um die Gesundheit der Ortseinwohner bemühen sich zwei tüchtige Ärzte und eine „Schwester“, die von der Kirchgemeinde zwar vorzugsweise für die unbemittelte Bevölkerung angestellt ist, soweit es die Umstände erlauben, aber auch den anderen Bewohnern Hilfe leisten darf.

Auch bietet eine Badeanstalt Gelegenheit, nach eignem Bedarfe oder auf ärztliche Verordnung verschiedene Bäder zur Erfrischung oder Genesung zu nehmen. Dazu ist ein Luft- und Sonnenbad projektiert.

Eine ausgebreitete Wasserleitung führt nach dem Urteil Sachverständiger und der Bewohner vorzügliches Wasser, während eine Gasanstalt in Hauswirtschaft, Geschäften und industriellen Unternehmen zahlreiche Annehmlichkeiten und Vorteile bietet, manches Unternehmen nicht nur wesentlich erleichtert, sondern überhaupt erst ermöglicht.

Die Gemeindeverwaltung endlich ist durch Wasser- und Gasleitung in die angenehme Lage versetzt, den Verkehr auf den Straßen bei Trockenheit angenehm und bei Nacht durch reichliche Beleuchtung sicher zu gestalten.

In den Waldvillen und ganz besonders in dem Spitzgrunde kehren jährlich viele erholungsbedürftige Städter ein, um bei mäßigen Preisen wochen- und monatelang oft ohne Unterbrechung des Berufs ihrer Gesundheit zu leben. Viele unter ihnen haben Wohnung dauernd hier genommen, öfter auch bei den noch günstigen Bodenpreisen in schöner waldreicher Lage Land und Haus erworben.

Auf die Entwicklung von Gewerbe, Industrie und Handel mußte der stark pulsierende Verkehr besonders günstig wirken.

Die immer mehr zurückgedrängte Landwirtschaft überläßt den Boden der Spargel- und Erdbeerkultur und besonders der Gärtnerei, deren viele große Betriebe am deutlichsten beweisen, daß unsere Orte im Großstadtverkehr liegen. Viele derselben unterhalten rege und höchst lohnende Verbindungen nicht nur mit Dresden und Berlin, sondern auch weit über Deutschlands Grenzen, nach Rußland, Schweden und England.

Vorwärts strebende Handwerker suchen auf allen Gebieten durch tüchtige Leistungen und reelle Bedienung das Vertrauen des Publikums sich zu erhalten.

[15]
Inneres der Peter Paul-Kirche in Coswig.

[16] Am stärksten ist durch mehrere größere Fabriken die Eisenindustrie vertreten. Maschinenbaufabriken, von denen eine besonders den Automobilbau pflegt, dazu eine große Gießerei und eine Reißzeugfabrik tragen den Namen Coswig durch alle Kulturländer, während eine Tapetenfabrik für guten Schmuck des gemütlichen deutschen Heimes sorgt. Ihr schließen sich würdig Fabriken für Herstellung von Papierstoff, Farben und wasserdichten Stoffen an, und größere und kleinere Betriebe auf anderen Gebieten vervollständigen das Bild regen Fleißes.

Durch einen neuen Bebauungsplan ist dafür gesorgt, daß den Fabrikanlagen sowie den Wohnhäusern die geeignetsten Plätze gesichert sind.

Nach den gärtnerischen Erzeugnissen ist der Wein ein Hauptgegenstand des Handels. Neben den kleinen Weinhändlern sind es besonders einige größere Firmen, die eine führende Stellung auf diesem Gebiete einnehmen und bei ihrem ausgedehnten Kundenkreise in der Lage sind, ihren Bedarf durch große Massenbezüge von Trauben aus Italien und Frankreich zu decken.

Aus der vor einigen Jahren erfolgten Gründung einer Gemeindesparkasse ersieht man, daß die Verwaltung bemüht ist, durch Erschließen immer neuer Einnahmequellen die Steuern fortan in mäßiger Höhe zu erhalten, ohne dabei durch knausrige Sparsamkeit die Entwickelung der Orte zu unterbinden. Bald werden sich auch Gas- und Wasserwerk zu beachtenswerten Einnahmequellen entwickelt haben, besonders, wenn Auswärtige von den Vorteilen, die Coswig bieten kann, überzeugt, sich noch mehr als bisher entschließen werden, ihre Tätigkeit und ihr Kapital hierher zu verlegen.

Die örtliche Presse erleichtert in geschickter Weise die verschiedenen Interessenbeziehungen. Sie kommen in zahlreichen Vereinen zum Ausdrucke und dienen wissenschaftlicher, ernster und vorwärtsstrebender Arbeit, Pflege des Gemeinsinnes unter Orts- und Berufsgenossen, des Turnens, des Gesanges und einem herzlichen, geselligen Verkehre, der sich bei uns frei und vorurteilslos gestaltet.

Möge den Orten und allen Einwohnern eine recht reiche Zukunft beschieden sein!

[17]
Wegbeschreibungen.
In den Waldungen ist das Rauchen verboten!


A. Spaziergänge.
1. Nach der Spitzgrundmühle.

a) Kürzester Weg (30 Minuten). Vom Bahnhofe geht man die Hauptstraße des Dorfes entlang und überschreitet bald die Dresden-Meißner Landstraße, an der weiter links der Gasthof von Coswig steht. Der Weg führt an der Schule vorüber, die aus grünen Gärten hervorschaut. Hinter dem linken älteren Gebäude gleich an der Straße steht eine schöne große Turnhalle, wie sie nur wenige Schulgemeinden Sachsens besitzen. Wir kommen auf den Kirchplatz, wo das im Jahre 1894 neu erbaute Pfarrhaus und unter dem Schatten einer mächtigen Linde und Akazie bescheiden die kleine 1495 erbaute und 1611 erweiterte alte Kirche steht, die jetzt nicht mehr benutzt wird, deren Inneres aber sehr sehenswert ist. Der Altar stammt aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, Decke und Emporen sind seit 1611 mit biblischen Bildern geschmückt. Leider ist die Zeit nicht unbemerkt an ihnen vorübergegangen. Von der ehemaligen Farbenpracht kann man sich aber einen annähernden Begriff machen, wenn man vom Eingange in die mit [18] doppelten, eisenbeschlagenen Türen versehene Sakristei nach dem Fenster links bei der Orgel schaut. Gegenwärtig ist die Ortsgruppe Coswig des Vereins für Sächsische Volkskunde bestrebt, in den Nebenräumen, die an das Schiff angebaut sind, ein Ortsmuseum einzurichten, das wie die Bestrebungen des Vereins dem Wohlwollen der Bewohner unserer Ortschaften angelegentlichst empfohlen sei.


Kirchplatz mit alter Kirche in Coswig.


Links hinter der Kirche erhebt sich auf dem alten Festungswerke, von den Resten eines Wallgrabens umgeben, eine stattliche Villa. Dort hat ehedem die Burg des Ritters Karras gestanden, welcher der Sage nach den Kurfürsten Moritz in der Schlacht bei Sievershausen ermordete.

Wir gehen wieder zurück nach der Hauptstraße und kommen an der Höhenmarke des Wasserstandes vom 31. März 1845 vorbei. Sie ist am linken Torpfeiler des Gutes an der oberen Ecke des Kirchplatzes angebracht.

Jenseits der Straße sehen wir die Überreste des alten, früher stattlichen, von Fischen und allerhand Wasservögeln belebten Dorfteiches. Vor ihm ragt mitten aus einfachen Anlagen eine junge Eiche empor, deren Stamm Efeu umschlingt, ein Sinnbild des innigen Verhältnisses, das zwischen Fürstenhaus und Volk schon Jahrhunderte bestanden hat. Die Eiche wurde zur 800jährigen Jubelfeier des Hauses Wettin 1889 gepflanzt.

[19] Von hier wenden wir uns zu der inmitten wohlgepflegter Anlagen stehenden neuen Peter-Paul-Kirche, durch die sich das heutige Geschlecht ein Denkmal seiner Tatkraft, Opferfreudigkeit und seines Gemeinsinns errichtet hat. Sie ist nach den Plänen des Architekten Kandler in Dresden, im Stil der deutschen Renaissance aus Sandstein erbaut. In dem 60 m hohen Turm befindet sich ein schönes von Bierling in Dresden gegossenes vierstimmiges Geläut (H. D. Fis. A.). An dem aus Rochlitzer Porphyr gefertigten Portale erblickt man ein von Weinhold in Dresden in Sandstein gehaunes Bild (Christus, die Mühseligen und Beladenen segnend), an den beiden vorderen Turmkanten die Standbilder der Apostel Petrus und Paulus, nach denen die Kirche ihren Namen führt. Das Innere der Kirche macht mit seinen Wandmalereien und den kunstvollen Schnitzereien an Altar, Kanzel und Orgel einen sehr freundlichen Eindruck. Das prächtige Altarbild (Christi Himmelfahrt) ist von dem Historienmaler L. Otto in Dresden gemalt. Von ihm stammen auch die in Holzschnittart gemalten Bilder an der Kanzel (Jesus im Gespräch mit Nikodemus und im Hause der Martha und Maria), und die Entwürfe zu den bunten Altarfenstern (Christi Fußwaschung und Kreuztragung). Bei der trefflichen Akustik der Kirche kommt sowohl der Gesang, als auch die von Gebr. Jehmlich in Dresden erbaute Orgel sehr zur Geltung. In der Taufkapelle links vom Altar befindet sich der 1718 aus Sandstein gefertigte eigenartige Taufstein, der früher in der alten Kirche stand.

Wir wenden uns nun wieder nach der Hauptstraße und kommen am Rathause vorüber, hinter dem sich die „Lachen“ in die Felder ziehen. Sie sind nebst dem Dorfteiche die letzten Überreste eines alten Elblaufes und bildeten bis 1554 die Grenzen von Coswig. Der Teil des Ortes, den wir jetzt bis zur Kreuzung der Hauptstraße mit der Weinböhlaer Straße begehen, dankt seine Entstehung dem Vater August, der 1554 die Einwohner des Dorfes Kreyern bei Moritzburg, dessen Gemarkungen er zu seinen Waldungen schlug, zum Teil hier, zum Teil in Weinböhla und Zaschendorf, ansiedelte. Hier steht das Kellerhaus, [20] das heute ein Weinschank, vor Zeiten die Schloßküferei gewesen sein soll. Seine herrliche Kellerei scheint der Sage recht zu geben.

Am Ende der Hauptstraße grüßen uns rechts die Berge der Lößnitz mit ihren Reben und links die von Weinböhla. Wie zwei Wächter stehen am Eingange des Spitzgrundes, dem wir von hier auf der Moritzburger Straße zustreben, links der Spitz- und rechts der Plattberg.


Alte Kirche in Coswig.


Bald gelangen wir an den Wald. Von rechts und links winken uns freundliche Villen und heitere Gärten und laden uns ein, hier Wohnung zu nehmen. Über den Häusern vor uns aber geben hochragende Schornsteine Zeugnis, daß Gewerbe und Industrie hier fleißig bei der Arbeit sind und daß jetzt Coswig und die anderen beiden Gemeinden inmitten des regen Elbtalverkehrs Angenehmes und Nützliches vortrefflich vereinen und mit ihren Nachbarorten in jeder Beziehung wetteifern.

Wir wandern weiter, bald über die Kreuzung mit der Salzstraße, einem jetzt freilich verfallenen, aber geschichtlichen Wege. Er ist einer der ältesten des Elbtales, auf dem sich der Verkehr besonders mit Salz von Halle nach dem mittleren und oberen Elbtale bewegte, bis zu Anfang des vorigen Jahrhunderts die Dresdner Straße durch Felder [21] und Wiesen erbaut wurde. Bis dahin war Coswig ein armes verschuldetes und einsames Weinbaudörfchen, das die Meilensteine an dem alten Wege nicht nannten. In der Nähe liegen auf der Salzstraße zwei größere Gärtnereien, in denen viele prächtige Orchideen gezogen werden.

Der Weg führt von hier durch die sich bis Moritzburg erstreckenden Waldungen weiter, bald an zwei Fabriken vorbei und über die Bahnlinie Dresden - Elsterwerda - Berlin, die uns einen herrlichen Blick talauf eröffnet. (Im Vordergrund die Heilanstalt für Nervenkranke, der Lindenhof in Neu-Coswig.) Nach ungefähr 10 Minuten sind wir in dem freundlichen Garten-Restaurant „Zur Spitzgrundmühle“.

Wer den Weg zur Spitzgrundmühle verlängern will, gehe hinter dem Bahnübergange an der Moritzburgerstraße links an der Bahn hin bis zur Lockwitz und an der entlang bis zur Mühle (15 Min.).

Auch kann man von der Bahn aus den Hohenstein gewinnen nach rechts gerade aus. Von da nach der Mühle.


Andere Wege nach der Spitzgrundmühle.

1. Über Neu-Coswig (60 Min.).

Man verfolgt die Hauptstraße bis zur „Börse“ und biegt dort in die Johannisstraße ein. In ihrer halben Länge steht rechts am Feldsaume ein altes Häuschen; die Sage nennt es das alte Forsthaus derer von Karras. Die Straße führt uns an der dem deutschen Reichskanzler Fürst Bismarck zu Ehren gepflanzten Eiche vorüber an den neuen Friedhof. Von hier aus folgen wir entweder der Hohensteinstraße, die sich links hinter dem Friedhofe abzweigt, oder wir nehmen einen kleinen Umweg über Neu-Coswig, an dem Wilhelmsbade und dem Gasthofe „Zur grünen Weide“ sowie an der jenseits der Unterführung unter der Dresden-Berliner Eisenbahn inmitten prächtiger Gartenanlagen gelegenen Heilanstalt für Nervenkranke, dem Lindenhofe, vorüber, dann die Stein-Straße entlang, bis wir wieder auf die Hohensteinstraße kommen. Die herrliche Fernsicht talauf und -ab entschädigt uns reichlich für die kleine Mühe. Auf der Bank an der Wegscheide genießen wir den Blick über die drei Ortschaften

[22]
Inneres der alten Kirche zu Coswig.

[23] und über das Elbtal bis hin zur Albrechtsburg von Meißen. Im Rücken haben wir die schloßähnliche Besitzung „Zimmerhof“ und das Sanatorium des Herrn Dr. Nöhring.

Niemand sollte von hier den Aufstieg zum Hohensteine scheuen. Man geht rechts von der Bank an der Mauer hin nach dem sich öffnenden Pfarrgrunde (Gabelweg) und folgt dem Gange No. 2. (Ein Umweg von 40 Min.)

Wer sich den Aufstieg schenkt, geht von der Bank geradeaus nach der Spitzgrundmühle am Weidenborn vorüber. Nach 10 Minuten ist das Ziel erreicht.

Nicht weit hinter der Bank schwenkt links ein Waldweg ab, der an dem Uebergange der Berliner Bahn in die Moritzburgerstraße mündet und so den Gang zurück nach Coswig abkürzt. (10 Min.)

2. Über die Weinböhlaer Straße an der Lockwitz hin. (60 Min.).

Man verfolgt die Haupt- und Weinböhlaer Straße. Sie führt uns an die Lockwitz. Links von der Straße breitet sich ein großer wendischer Begräbnisplatz aus, der seiner Schätze beim Rigolen durch die Gärtner zum großen Teile beraubt ist.

Wir gehen entweder bis an die Lockwitz oder noch über die Brücke und dann am linken oder rechten Ufer des Baches auf Waldwegen entlang. Der erste (linkes Ufer) führt bis an die Berliner Bahn.

Auf Steinen überschreitet man den Bach und wendet sich nach dem nahen Bahnwärterhaus, bei dem wir auf den zweiten Weg (rechtes Ufer) kommen, der auf Brockwitzer Flur liegt, und gehen an dem Bahnhäuschen vorüber bis an die Mündung des Weges in die nächste Waldstraße am Fuße des Spitzberges, dann rechts durch die Kalköfen nach der Mühle (links Weinböhla); wer aber den Spitzberg erst noch besuchen will (20 Min.), verfolgt nach Überschreiten der Straße den Waldweg weiter, sich rechts haltend, bis auf die Höhe und den Abhang zur Mühle hinunter, oder er geht auf der Straße nach der Mühle bis an die Mauer vor den Kalköfen, dort links auf einem Waldwege bergan, an der oberen Weinbergsmauer hin (schöner Ausblick) und den Parforce-Weg zum Teiche zurück zur Mühle. (Siehe c. 2. Abschn. 2.)

[24]
c) Einige Spaziergänge von der Mühle aus.

1. Ein Gang in den Spitzgrund. (30-40 Min.)

Dabei kommen wir an dem großen Mühlteiche vorbei, dessen mächtiger Damm vor Jahren durchbrach und die Mühle überschwemmte. Das Flutmal ist an dem Mühlhause angebracht. Gespeist wird der Teich von der krebsreichen Lockwitz.


2. Auf den Spitzberg. (10-15 Min.)

Wir gehen über den Teichdamm und nehmen den Berg auf einem leicht zu begehenden Wege, dem Parforce-Wege. Oben Aussicht über das Elbtal. Zurück gehen wir nach dem Spitzgrunde und dann die Grundstraße vor, oder auf dem Waldwege um die Bergkuppe auf der anderen Bergseite zu Tale. Dort wenden wir uns nach dem Kalkofen. Der ist seit dem 8. Oktober 1875 außer Tätigkeit, seit der Abbau von Kalk am Fuße des Spitzberges und in Weinböhla nicht mehr lohnte. Gegenwärtig ist er zu kleinen Wohnungen für Sommergäste ausgebaut.

Sehr lohnend ist ein kleiner Abstecher hinter die obere Mauer des Kalkofengrundstückes. Herrlicher Blick auf Coswig und das Elbtal. Am Wohnhause der nahen Mühle finden wir die Höhenmarke für die Wasserwoge beim Dammbruche.


3. Gang über den Plattberg nach dem Sammelbecken der Wasserleitung.

Wir gehen den 1. Weg hinter der Mühle beim großen Teiche, den „Grünen Weg“, im „Backofendickicht“ hinauf bis an die nächste Schneiße und wenden uns auf ihr nach rechts, gerade aus, auf dem Stern-Wege zum N.-Wege und am Wasserbehälter zu Tale, unten rechts zur Mühle.

Vom N.-Weg biegt rechts der Weidenbornweg ab und fällt beim Weidenborn auf den ersten Talweg, rechts nach der Mühle (eine Abkürzung von 10 Min.).


4. Auf den Hohenstein. (Rauchen verboten!)

Wir gehen wie bei No. 3 bis auf die Schneiße und diese entlang mit Überschreiten des Stern- und N.-Weges bis zum Hohenstein. Rückweg: Pfarrgrund vor, dann rechts [25] nach der Mühle oder die Schneiße zurück bis zum N.-Wege und dann Gang 3 weiter.

5. Wir gehen den Weidenbornweg hinauf, bis er in den N.-Weg fällt, diesen entlang bis an die Moselwiesen und hinter den Wiesen entweder, rechts schwenkend, zur Gabel, Pfarrgrund – Coswig oder, links schwenkend, zur „Dicken Hanne“, einer Kiefer von beträchtlichem Umfange des Stammes. – V.-Weg, rechts vor zu dem Spitzgrund – Mühle.


Hauptstraße in Coswig.


6. Anfangs wie bei No. 3, nur gehen wir auf der Höhe am Flügel J hin bis auf den Stern-Weg, diesen links hinaus und mit ihm immer links schwenkend wieder talab, bis er auf den V.-Weg fällt und diesen links vor bis auf die Grundstraße zurück zur Mühle.


2. Durch Kötitz nach der Elbe.

Wir gehen durch Coswig über die Dresdner Straße, die Bahnhofstraße entlang, an der Post vorüber und unter der Bahnüberführung hindurch an dem Garten der Strellerschen [26] Weinkeltereien hin bis zur Grenzstraße zwischen Coswig und Kötitz. Auf dieser gelangen wir, rechts abbiegend, an der Karolastraße vorüber, nach der Albertstraße, an der sich die Drogistenschule befindet. Überschreiten wir aber die Grenzstraße beim Hotel „Wettiner Hof“, so betreten wir die Kötitzer Bahnhofstraße, die uns an freundlichen Landhäusern und Gärten, sowie an dem Schulgebäude vorüberführt. An dem Gasthofe mündet sie in die Hauptstraße des Ortes, nach deren Überschreitung man an das aus dem 18. Jahrhundert stammende und mit einem in Stein gehauenen Bildnisse am Eingangstor geschmückte Fährhaus an der Elbe kommt. (Überfahrt nach Gauernitz.) Am jenseitigen Ufer, auf Wildberger Flur, steht das frühere Fährhaus (das jetzige „Elbschlößchen“.) Wendet man sich vom Gasthofe links, so gelangt man auf der Naundorfer Straße an die im „Tännicht“ gelegenen Maschinen- und die Strohstoff-Fabriken. Schwenkt man aber beim Gasthofe rechts ab in die Hauptstraße, so gewinnt man, sobald man das Dorf hinter sich hat, einen freien Blick auf das untere Eibtal, der besonders am Abend anziehend ist. Im raschen Wechsel gleiten die verschiedensten Bilder an uns vorüber. In den hohen Bäumen der nahen Insel singt eine Amsel ihr schwermütiges Lied, und wilde Enten hocken breit schnatternd am sandigen Heger. Zum letzten Fange schwingen sich leicht die Möven über das Wasser. Mit geschwellten Segeln ziehen volle Kähne den Strom hinab, und auf schwankem Flosse schürt neben der leichten Hütte ein Weib das flackernde Feuer; darüber dampft die wärmende Abendsuppe für die Flößer, die schweigsam mit eintönigem Ruderschlage die toten Waldriesen am Ufer hinlenken. Im fröhlichen Kinderliede, das vom vorbeieilenden Dampfschiffe erschallt, grüßt uns freundlich die heitre Jugend. „In der Heimat ist es schön!“ Auf ihrer Fahrt hat’s die lustige Schar empfunden. Jubelnd winken sie den frischen Gestalten zu, die mit kräftigen Armen ihren bunt bewimpelten schlanken Kahn durch die Wellen treiben. Das Tal herauf windet sich rasselnd ein Dampfer. Einem ungelenken Riesen gleich liegt er im breiten Strom, hinter sich in langem Zuge Kahn an Kahn, ungeheuere [27] Lasten herschleppend. In den Wiesen zirpt das Heimchen. Fern erheben sich die Meißner Berge, in blaue und und rötliche Farben getaucht, und der scheidenden Sonne letzter Strahl erstirbt mit buntem Glanze auf den Türmen von Scharfenberg. Leichte Nebel steigen zu ihnen vom Flusse empor. Es rafft die Sage den Schleier zurück, den sie ins glitzernde Wasser allabendlich taucht. Am Morgen, wenn die Sonne erwacht, hängen statt Tropfen lauter goldene und silberne Perlen daran.

Rückweg entweder wieder durch das Dorf oder über die an der Meißner Landstraße gelegene Brockwitzer Ziegelei und an größeren Gärtnereien vorüber nach Coswig.


3. Nach dem Hohensteine. (Rauchen verboten.)

Wir gehen

Hauptstraße, Johannisstraße, Hohensteinstraße,

oder

Neucoswig, Lindenhof, Steinstraße,

beides bis an die Bank an dem Wegkreuze Hohensteinstraße - Steinstraße. Das Nähere siehe Seite 21, 23.

Oder wir schlagen den Weg nach der Spitzgrundmühle ein bis an die Berliner Bahn, und gehen dort rechts nach dem Hohensteine ab bis zu der vorhin erwähnten Bank. (S. 20-21) Der Weg ist dem ersten vorzuziehen, wenn wenig Zeit zur Verfügung steht.

Von der Bank aus können wir den Hohenstein auf zwei Seiten erreichen. Wir gehen

1. entweder links nach dem Sammeibecken der Wasserleitung und den angehefteten Zeichen nach, oder

2. rechts auf dem Y-(Gabel-)Weg dem nahen Pfarrgrunde zu. Es begegnet uns der kleine Pfarrbach, der aus den zum Pfarrlehn gehörigen Waldungen kommt. Rechts und links grüßen uns zwei alte Weingüter, der Zimmerhof und der Ameisenhügel, dessen älteres grünumranktes Häuschen ein fürstliches Lust- und Jagdhaus gewesen sein soll. Auch erblicken wir vor uns die [28] schöngelegene Dr. Nöhring’sche Heilanstalt. Bald nimmt uns der schattige Grund auf, den wir entweder auf der Straße, dem Gabelwege, oder auf einem im Eingange sich auf den Abhang erhebenden bequemeren Fußpfade, dem „Poetenweg“, begehen. Dabei kommen wir am Hohensteine vorüber.


Schule zu Coswig.


Kräftige Wanderer mögen von hier aus den Felsen rechts oder links nehmen, während die Gemächlichen den kleinen Umweg, den unser Zeichen angibt, nicht scheuen dürfen. Jeder, der sich der einen oder anderen Mühe unterzieht, wird auf der Höhe reichlich belohnt. Im Osten und Süden wird zwar der Blick durch die vorliegenden Höhen beschränkt, doch wird das Auge dafür in dem grünen Wogen der Bäume nach jenen Richtungen und durch weite Fernsicht nach Norden und Westen voll befriedigt. Über die beiden Spitzberge und das Häusermeer von Weinböhla schweift es hinüber nach der alten wendischen Opferstätte und Festung Wantewitz und seiner [29] hohen Kirche und erspäht wohl fern über der ehrwürdigen Burg Meißen den Kolmberg bei Oschatz. Jenseits der Elbe, in deren Wasser die Sonne ihre Strahlen schießt, ragen Türme über die von reichen Obstgärten beschatteten Dörfer Röhrsdorf und Naustadt. Aus der weiteren Ebene vor Meißen, der Nassau, erhebt sich in sanften Wellen das Spaargebirge, das in der Poselspitze jäh zur Elbe stürzt. An dem Gebirge lehnen die Häuser von Zaschendorf und Sörnewitz; davor liegt Brockwitz mit Klieben, welche früher zu dem gegenüberliegenden Scharfenberg gehörten. Unter uns aber schmiegen sich friedlich die drei Gemeinden, Neucoswig, Coswig und Kötitz, aneinander. Mitten durch sie hindurch braust der hastende Verkehr. Überall hat der Fortschritt seine Zeichen errichtet. Und wie von einem Meere stranden zu unseren Füßen die Wellen des geschäftigen Lebens, verworrene Töne vom Dorfe herübertragend, die in Waldesruh und -frieden leise ersterben. Wanderer, du überschaust einen immerhin kleinen Teil des Sachsenlandes. Wieviel aber würden dir das Tal und all’ die Höhen erzählen, könnten sie sprechen! Dem Geschichtskundigen liegt es da wie ein großes Blatt der Geschichte. Hier oben tritt er gleichsam auf seine ersten Zeilen. Hier rauchten einst die Opfer der ersten Bewohner unserer Gegend. Nun durchfliege im Geiste die Jahrtausende bis auf unsere Zeit, in der unten im Tale die Menschen in mannigfachster Weise dem neuen Glauben und einer neuen Zeit ihre Opfer bringen.

Verlängerung des Weges siehe: Ueber die Moselwiesen. – Nach dem Rietzschkegrund. – An den Plattberg nach der Spitzmühle.

Die nahe, gegen Norden im Walde gelegene niedere Felsspitze, der sogen. „Kleine Hohenstein“, bietet eine größere Fernsicht nach Süden zu. Wir erblicken von hier aus viele anmutige Bilder bis hinüber nach Konstappel und dem Schlosse Gauernitz, das nahe an der Elbe am Eingange zweier Seitentäler liegt und nach Weistropp, das links davon auf der Höhe thront. Es waren früher Festungen, mit deren Hilfe die Deutschen ihre Herrschaft über die Wenden sicherten. Man erreicht den „Kleinen Hohenstein“ am bequemsten von dem Gabelwege aus, indem [30] man ihn auf einem in einer kleinen Bergspalte entlang führenden Fußpfade besteigt.

Der Rückweg:
a) direkt 1. den Hohenstein links hinab.
2. von der Bank am Kopfe der Hohensteinstraße rechts auf der Verlängerung der Steinstraße weiter bis zum ersten Waldwege links ab, zum Bahnübergang auf der Moritzburgerstraße. – Dorf.
b) über Neu-Coswig, siehe S. 21 f. rückwärts.
c) über die Spitzmühle, siehe S. 24 rückwärts.
d) wir gehen den Hohenstein zurück und durch die Schneiße bis auf den N-Weg, kann weiter am Ameisenhügel und Wasserbehälter hinunter.
Oder man kann auch noch einmal rechts in den Weidenborn-Weg abschwenken, und am Weidenborn zu Tale steigen.
e) Oder man geht mit Überschreiten des N-Weges bis zur Grenze des Flügels J, dann, sich links haltend den Grünen Weg hinunter, der kurz hinter der Spitzgrundmühle auf die Moritzburgerstraße fällt.


4. Nach dem Rietzschkegrund.
a) Wir gehen bis zum Hohensteine. (S. 24.)

Von hier folgen wir dem Zeichen auf dem Gabelwege und schwenken auf der Höhe über die Sandleite rechts in den Rietzschkegrund. Auf der jenseitigen Höhe sieht man die Genesungsheime der Dresdner Krankenkasse.

Am Ende des Poetenweges kann man auch nach rechts den Berg hinauf und den folgenden Weg nach Coswig zurückgehen.

[31]
Blick auf die Elbe.

[32]

b) Wir gehen bis hinter Villa Hohenstein und hier an der letzten Gartenmauer rechts einen Waldweg entlang, immer an der Mauer hin bis zur Höhe, dann dem Zeichen folgend hinab nach dem Poetenwege, und auf dem Gabelwege weiter wie bei Weg a.

Wer den Weg kürzen will, kann den Poetenweg zurückgehen, am oberen Ende des Poetenweges, den Gabelweg überschreitend, dem Zeichen nach auf den Hohenstein.

Rückweg vom Rietzschkegrund – Zitzschewig – Coswig.




5. Nach dem Auer (Wolfsdenkmal).

(1–1½ Std.)

Der Anfang bis zur Spitzmühle wie in Gang 1. – Von hier gibt es 4 Wege:

a) Im Grunde hin. A.-Weg.
b) Auf dem die Lockwitz begleitenden rechten Höhenzug. Parforce-Weg.
c) Über „Rote Bach“ nach der „Dicken Hanne“. (V.-Weg).
d) Auf dem die Lockwitz begleitenden linken Höhenzuge. (Steinweg und G.-Weg)

a) Von der Mühle aus führt der Weg an dem Teiche vorüber in den Spitzgrund. Hier begegnet uns die Lockwitz. In Tümpeln wächst der Wasserhahnenfuß, und an den Abhängen jenseits des Wässerleins stehen seltene Farne.

Im letzten Teile des Grundes kommen wir an Wiesen mit reicher Flora vorüber. Sie waren den vorliegenden Dämmen nach früher Teiche. Am Eingange des Grundes liegt das alte Forsthaus Kreyer, der einzige Überrest des 1554 abgebrochenen gleichnamigen Dorfes; jetzt Oberförsterei; von hier aus kann man links schwenkend nach dem Wolfsdenkmal (der Ort, wo der letzte Wolf in Sachsen 1618 geschossen [33] wurde) gehen. Auf dem letzten Wegstücke zum Auer kommen wir noch an einer alten Eiche vorüber, die 1724, wie eine Tafel sagt, gepflanzt wurde. Wo unsere Straße in die von Weinböhla kommend mündet, stehen mehrere stattliche Eichen. Tafeln nennen die Fürsten, deren Andenken sie gewidmet sind. Von weitem winkt der Auer, früher ein Viehhof, den Vater August ungefähr 200 m unterhalb der heutigen Gebäude an der Großenhainer Straße errichtete, um die Weinberge der Lößnitz von da aus mit Dünger zu versorgen. (Siehe Mistschänke).

b) Von der Mühle nach dem Grunde.

Am Teiche gehen wir über den Damm und rechts auf dem Pfade, dem „Parforce-Weg“, die Höhe hinauf. Nachdem wir bis an die Aussicht des Spitzberges gekommen sind (Näheres s. oben Hohenstein), kehren wir um. Der Weg führt uns durch stillen Wald (den Saugarten). Dem aufmerksamen Wanderer werden die Dünenbildungen auffallen, die an die Zeit erinnern, da hier ein Meer flutete. Unser Zeichen führt uns über liebliche Waldlichtungen, auf denen wir das zierliche Reh oder den stattlichen Hirsch überraschen, und über die Lobetanz-Wiesen an das Wolfsdenkmal. Von hier gehen wir durch Wald nach der Weinböhlaer Straße und kommen nach kurzer Wanderung zum Auer.

c) Von der Mühle bis zum Grunde, bis an eine Steinbank rechts, kurz vor der Biegung der Grundstraße nach links. Von rechts kommt die Rote Bach, und an ihr führt der V.-Weg nach der „Dicken Hanne“, der stärksten Kiefer des Reviers. Wenn wir unserem Zeichen folgen, kommen wir kurz vor dem Auer an den Ilgenteich oder auch Ilschenteich genannt.

d) Von der Mühle nach dem Grunde bis an die Biegung der Straße nach links hinter der Steinbank. Hier wenden wir uns die Höhe hinauf auf den Steinweg und wandern unserem Zeichen nach durch herrlichen gemischten Wald. Später überschreiten wir die

[34]

[35] Straße nach Kötzschenbroda, auf der wir auch bis zum Forsthaus Kreyer und zum Auer gelangen können.

Wer sich länger auf dem Auer, einer angenehmen Gastwirtschaft, aufhält, kann sich auf schattigen Promenaden ergehen. (Nähere Auskunft erteilt gern der Wirt).

Rückwege: nach Gang a–d.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: uud