Etwas mehr Rücksicht
[66] Etwas mehr Rücksicht! Ab und zu empfängt man neuerdings einen Brief, vorzugsweise von zarter Hand, der scheinbar unfrankiert ist, aber dennoch keinen Strafporto-Vermerk aufweist. Das Räthsel löst sich beim Umwenden: die Schreiberin hat, einer neuen Mode zufolge, die Marke als Siegel rückwärts aufgeklebt, und die Post muß auch solche Frankatur gelten lassen. Wie viel ärgerlichen Zeitverlust aber solche Briefe, wenn sie massenhaft auftreten, den ohnedies vielgeplagten Postbeamten verursachen, daran hat die sonst vielleicht ganz gutmüthige und menschenfreundliche Absenderin nicht gedacht. Wir wollen ihr deshalb hier erklären, daß die schnelle Stempelung und Abfertigung der Briefe einzig darauf beruht, daß dieselben ihre Marke alle an der gleichen Stelle, d. h. rechts oben, tragen. Nur so ist ein maschinenartig schnelles Stempeln und Abwerfen
möglich; jeder erst umzudrehende Brief kostet die dreifache Zeit, verzögert also die Stempelung von den andern. Welche ärgerliche Störung eine größere Anzahl der ersteren bei der ohnedies knapp gemessenen Frist der Postabfertigung bedeutet, liegt ja auf der Hand. Mögen dies unsere neuerungslustigen jungen Damen bedenken und danach handeln! Ihre Individualität kann sich in Form und Farbe der Umschläge schrankenlos entfalten: lang oder viereckig, himmelblau oder krebsroth – einerlei, wenn nur die Marke an der richtigen Stelle sitzt, rechts oben! Bn.