Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau/Beilage I. Lutherischer Verein für weibliche Diaconie in Bayern
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Beilage II. Bedenken über weibliche Diaconie innerhalb der protestantischen Kirche Bayerns » | |||
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Erweckung und Bildung des Sinns für den Dienst der leidenden Menschheit in der lutherischen Bevölkerung Bayerns, namentlich in dem weiblichen Theile desselben.
1) Gründung lutherischer mit Diaconissen-Anstalten derselben Confession verbundener Spitäler.
2) Ausbildung von Diaconissen der verschiedenen Arten, d. i. solcher, die in Heilanstalten, Missionen und Schulen, und solcher, die in Gemeinden und Familien dienen können.
3) Ausbildung der weiblichen Jugend überhaupt für den Dienst der leidenden Menschheit.
4) Übernahme der Krankenpflege in Heilanstalten.
1) Erweckung der Theilnahme für die Zwecke des Vereins.
2) Genauere Kenntnisnahme des Standes der Fürsorge für Kranke und Elende in den verschiedenen Gegenden des Vaterlandes, sowie Erforschung der besten Mittel zur Abhilfe etwaiger Gebrechen.
3) Auffindung und Gewinnung der für Ausführung von §. 2, 1–4 nöthigen Persönlichkeiten.
4) Herbeischaffung der nöthigen Geldkräfte.
2) Eintritt und Austritt steht frei.
3) Der Austritt kann auch ein gezwungener sein, wenn die Nr. 1. dieses §. angegebenen Bedingungen der Mitgliedschaft aufhören.
Der Verein besteht
1) aus einer zur Ausführung der Vereinszwecke und Leitung der Vereinsangelegenheit freiwillig zusammengetretenen, sich selbst ergänzenden Muttergesellschaft,
2) aus Hilfsvereinen, welche sich der Muttergesellschaft zur Förderung ihrer Zwecke organisch angeschloßen haben.
besteht
1) aus einem Collegium von männlichen Helfern,
2) aus einem leitenden Frauenvorstand.
1) Es ergänzt sich selber und besteht gegenwärtig aus den Endesunterzeichneten.
2) Zu seiner Befugnis gehört
- a. die Oberaufsicht über die gesammte Leitung der Vereinsangelegenheiten und in Folge derselben auch regelmäßige Visitation,
- b. dass Rechnungswesen des Vereins,
- c. die Vertretung des Vereins in allen Fällen, wo dieselbe beßer durch Männer als durch Frauen geschehen kann,
- d. Die Bestätigung und Zurückweisung der vom Frauenvorstand gefaßten Beschlüße und vorgelegten Anträge.
3) Das Collegium der männlichen Helfer bestellt nach Bedürfnis aus seiner Mitte und auf bestimmte Dauer einen Vorsitzenden, Rechnungsführer und Secretär.
Er besteht
a) aus dem Collegium der leitenden Schwestern oder Vorsteherinnen,
b) aus den ihnen freiwillig zur Seite stehenden Helferinnen,
c) aus den Vorsteherinnen der Localvereine.
1) Es besteht aus einer durch das Bedürfnis begrenzten Anzahl von Jungfrauen oder Wittwen, welche von dem Helfercollegium nach Vereinbarung mit den Helferinnen und den Vorsteherinnen der Localvereine bestellt werden.
2) Diesem Collegium steht zu
- a. die Ausführung der Vereinszwecke,
- b. die Leitung aller Vereinsangelegenheiten in organischer Verbindung mit dem Helfercollegium,
- c. die Leitung der Vereinsanstalten und ihres Haushalts.
- d. die Oberaufsicht und Inspection über die Anstalten der Hilfsvereine,
- e. die Correspondenz, insonderheit mit den Vorsteherinnen der Hilfsvereine.
1) Es ergänzt sich selber und besteht gegenwärtig aus dem Endesunterzeichneten.
2) Diesem Collegium steht zu
- a. die Berathung und Unterstützung des Collegiums der Vorsteherinnen,
- b. die Controle des Haushalts der Vereinsanstalten,
- c. gemeinschaftlich mit den Vorsteherinnen Beschluß und Antrag in Betreff des Haushalts und der Versorgung der Vereinsanstalten und des Vereins selber,
- d. gemeinschaftlich mit dem Helfercollegium Beschluß und Antrag in Betreff des Wandels und der Amtsführung der Vorsteherinnen, sowie der Berufung und Entlaßung derselben.
1) Sie sind die Mittelglieder zwischen der Muttergesellschaft und den Hilfsvereinen und haben als solche das Referat
- a. bei den Hilfsvereinen im Namen der Muttergesellschaft,
- b. bei der Muttergesellschaft im Namen der Hilfsvereine.
2) Sie haben das Recht des Antrags in Betreff der allgemeinen Vereinsangelegenheiten, so wie der Amts- und Geschäftsführung und des Wandels der Vorsteherinnen.
3) Im Falle ihrer Anwesenheit haben sie bei den gemeinschaftlichen Conferenzen der Helferinnen mit den Helfern oder Vorsteherinnen eine beschließende Stimme.
4) In Betreff der Berufung neuer Vorsteherinnen soll ihr Gutachten eingeholt werden, wenn sie bei den Versammlungen nicht erscheinen können.
1) Sie entstehen aus dem organischen Zusammenschluß der Vereinsglieder eines abgegrenzten Bezirks.
2) Ihnen steht zu
- a. die Erforschung des Bestandes der Fürsorge für die leidende Menschheit in ihrem Bezirk,
- b. die Berathung der Mittel zur Hebung und Erweiterung dieser Fürsorge,
- c. die Gründung von Localanstalten im Sinne des Vereins,
- d. die Unterstützung und Förderung der Vereinszwecke, und insonderheit der Vereinsanstalten.
3) Sie bestehen
- a. aus einem freiwillig, jedoch unter Bestätigung der Helfer der Muttergesellschaft zusammengetretenen Helfercollegium,
- b. aus einer mit Gutheißung der Muttergesellschaft aufgestellten Vorsteherin,
- c. aus einem Collegium von Helferinnen,
- d. aus den andern männlichen und weiblichen Mitgliedern.
5) Die Vorsteherin hat
- a. die §. 11. angegebenen Befugniße in Bezug auf die Muttergesellschaft,
- b. die Aufsicht über die Localanstalten,
- c. das Recht die Helferinnen zu Versammlungen zu berufen.
6) Die Helferinnen werden von den weiblichen Mitgliedern unter Gutheißung der Helfer des Hilfsvereins gewählt.
7) Die Helferinnen haben in Bezug auf die Hilfsvereine gleiche Rechte und Pflichten, wie die Helferinnen der Muttergesellschaft in Betreff dieser.
8) Die Helferinnen schlagen, nach Vereinbarung mit den Helfern, der Muttergesellschaft jede neue Vorsteherin vor und beschließen mit den Helfern über etwaige Entlaßung einer bisher im Amte gestandenen Vorsteherin.
9) Zu dem Nr. 8. benannten Behuf treten die Helferinnen mit den Helfern zu einer gemeinschaftlichen von dem Vorsitzer der Helfer geleiteten Versammlung zusammen.
10) Die Hilfsvereine bringen die Mittel zu Localanstalten aus ihrer Mitte auf, ohne der Muttergesellschaft etwas zu entziehen, können jedoch, je nach Befund der Vereinsmittel um Unterstützung der Muttergesellschaft anhalten.
1) Alle Glieder des Vereins fördern die Zwecke des Vereins unentgeldlich mit Ausnahme derjenigen, deren Hilfleistung Lebensberuf ist, d. i. der Vorsteherinnen.
2) Die Vorsteherinnen werden besoldet, wenn und soweit es ihnen ihre Vermögensumstände nicht möglich machen, dem HErrn Jesus unentgeldlich zu dienen.
1) Der Verein schließt monatlich seine Bücher.
| 3) Revisionsbehörde des Vereins sind einige von den Hilfsvereinen, resp. deren Helfercollegium, erwählte Helfer der Hilfsvereine.
1) Das Helfercollegium der Muttergesellschaft hat das Recht je nach Ermessen allgemeine Versammlungen des Vereins anzuberaumen.
2) Ebendasselbe versammelt nach Ermeßen die Glieder der Muttergesellschaft.
3) Die Vorsteherinnen der Muttergesellschaft können nach Ermeßen die Helferinnen versammeln, nämlich in Betreff der den Helferinnen zugewiesenen Aufgaben.
4) Die Helferinnen können Versammlungen der Helferinnen und Vorsteherinnen beantragen.
5) Die Helfercollegien der Hilfsvereine können die Hilfsvereine versammeln.
behält sich bezüglich der Muttergesellschaft diese selbst vor; bezüglich der Hilfsvereine kann ohne die Muttergesellschaft und deren Zustimmung nicht geändert werden.
In dem den Statuten beigelegten Bittgesuch sagten die Bittsteller unter anderem: „Nach dem Vereinsgesetz genügt zur Bildung eines Vereins wohl Anzeige und Statutenvorlage, allein da dieser Verein seine Zwecke ohne Krankenhäuser nicht erreichen kann, zur Errichtung dieser aber die staatliche Genehmigung nothwendig erscheint, so glauben diejenigen, welche zu einem Vereine der bezeichneten Art zusammentreten wollen, auch diesen Verein ohne ausdrückliche Genehmigung und Gutheißung der königl. Regierung nicht gründen zu können.“
Die königl. Regierung von Mittelfranken legte die Sache dem Staatsministerium des Innern vor, welches unter dem 27. v. M. folgende Entschließung in Betreff derselben erließ.
Nachdem der genannte Verein aber auch den besondern Zweck sich gesetzt hat, Bildungsanstalten für Krankenpflege und Krankenhäuser für Arme in der protestantischen Kirchengemeinde Bayerns zu gründen, so versteht es sich von selbst, daß für solche Institute, wenn selbe die Rechte einer öffentlichen Corporation und eigene Rechtsfähigkeit genießen sollen, die staatspolizeiliche Genehmigung und landesherrliche Bestätigung erforderlich ist. Diese ist jedoch erst dann veranlaßt, wenn es sich um die wirkliche Ausführung solcher Anstalten handelt.
In diesem Falle ist unter Vorlage der bezüglichen Verhandlungen, insbesondere des Programms und der Satzungen der Anstalt, dereinst berichtlicher Antrag zu stellen, und hienach der protestantische Decan und Stadtpfarrer Eduard Bachmann geeignet zu verständigen.
München, den 27. Februar 1854.
die k. Regierung,
Die kgl. Regierung von Mittelfranken theilte diese Entschließung unter dem 3. März dem kgl. Landgericht Heilsbronn mit, von welchem sie unter dem 4. März dem kgl. Decan Bachmann zu Windsbach zugestellt wurde.
Der erste Theil dieser Entschließung besagt ausdrücklich, daß der Verein nicht für einen politischen zu halten sei, ohne Zweifel, weil die letztere Ansicht statt haben konnte. Zu gleicher Zeit ist aus diesem| ersten Theile offenbar, daß von Seiten der obersten Staatsbehörde der Entstehung des Vereins keinerlei Hindernisse in den Weg gelegt wurden. Deshalb constituirte sich am 13. dieses Monats die Muttergesellschaft des Vereins. An der Spitze des Helfercollegiums desselben stehen: Decan Bachmann zu Windsbach als Vorsitzender, Pfarrer Müller zu Immeldorf als Rechnungsführer, Inspector Hensolt zu Windsbach als Secretär. Vorsteherinnen des Collegiums der Helferinnen sind Frau Decanin Bachmann von Windsbach und Frau Pfarrerin Müller zu Immeldorf.Die zusammengetretene Muttergesellschaft eröffnete ihre Thätigkeit mit der Berufung der Vorsteherinnen (s. §. 8. a. der Statuten). Das Geschäft konnte nicht auf der Stelle formal erledigt werden, sowie es aber erledigt ist, wird die Anzeige bei der Polizeibehörde erfolgen und weitere Nachricht gegeben werden.
Es wäre nun wünschenswerth, daß sich Hilfsvereine nach §. 11 und 12 der Statuten bildeten. Sollten sich hie und da unsere Freunde in dieser Art zusammenschließen wollen, so werden ihnen die Helfer der Muttergesellschaft persönlich und brieflich gerne zu Hilfe sein, und bedarf es deshalb nur eines ausgesprochenen Wunsches.
Geschenke, durch welche die Angelegenheiten des Vereins unterstützt werden sollen, werden am besten an den Rechnungsführer Herrn Pfarrer Müller in Immeldorf (Post-Expedition Lichtenau bei Ansbach) geschickt werden.
Die erste Diaconissen-Anstalt soll zu Neuendettelsau entstehen. Die Muttergesellschaft wird demnächst der königlichen Regierung von Mittelfranken das Programm und die Satzungen derselben zur Vorlage bei dem Staatsministerium des Innern und zur Genehmigung einsenden und seiner Zeit theilnehmenden Freunden in diesen Blättern weitere Nachricht geben.
Der Herr, welcher zu einem gesegneten Anfang der Sache die Herzen so gnädig gelenkt hat, wird sie auch ferner zu seiner Ehre und zum Heile der luth. Bevölkerung von Bayern, ja wohl auch zum zeitlichen Segen aller unserer Nächsten gedeihen und es ihr an Liebe, Rath und Hilfe der Glaubensgenossen nicht fehlen laßen. Ihm sei seine eigene Sache befohlen!
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