Erinnerungen aus meinem Leben/Bischof Willibrord und die Vereine

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aus: Erinnerungen aus meinem Leben
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von: Willibrord Benzler
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Bischof Willibrord und die Vereine

In der modernen Seelsorge spielt das Vereinswesen eine bedeutsame Rolle. Bischof Willibrord, der es mit seinen Hirtenpflichten so ernst nahm, schenkte auch den Vereinen, seien sie religiöser, sozialer oder caritativer Art, besondere Aufmerksamkeit. Schon auf der ersten Diözesansynode des Jahres 1902 gab er diesen Vereinen in seinem Sprengel eine bestimmte Organisation und stellte eine eigene Kommission über sie. Dafür spendete ihm Papst Leo XIII. in einem Breve hohes Lob.

Für die Metzer Diözese kommt in erster Linie in Betracht der St. Franziskus-Salesius Verein. Dieser Verein, der schon seit langem in Frankreich segensreich wirkt, will ein Gegenstück sein zu dem Verein der Glaubensverbreitung und soll mithelfen, das Gut des Glaubens gegenüber den zahlreichen Gefahren zu schützen. Die Mitglieder des Vereins verpflichten sich täglich ein kurzes Gebet zu verrichten und monatlich eine kleine Geldgabe zu spenden. Auf der Diözesansynode von 1909 äußerte der Bischof den Wunsch, diesen Verein, der in seiner Diözese schon Mitglieder zählte, allgemein einzuführen. Dies geschah durch ein Hirtenschreiben vom 19. Juli 1909. Bischof Willibrord drückte darin die Erwartung aus, seine Diözesanen, die für die Werke der Glaubensverbreitung immer warme Herzen und offene Hände hatten, werden sich auch für diesen Verein begeistern und so geschlossen für das Werk der Glaubenserhaltung in der eigenen Diözese eintreten. Die Almosen, die der Verein aufbringe, sollten verwendet werden zur Förderung der Volksmissionen in der Diözese und der geschlossenen Exerzitien für Männer und Frauen in Teterchen und Montigny, zur Errichtung von Pfarrbibliotheken, Abhaltung von Vorträgen für die Gebildeten und zur Bestreitung der Bedürfnisse der Caritas. Wie manches gemeinnützige Unternehmen verdankte diesem Vereine seine Entstehung! Der Bischof setzte große Hoffnungen auf ihn; deshalb empfahl er ihn immer wieder, z.B. am 2. Juli 1911 in einem [175] Schreiben an seinen Klerus, als durch diesen Verein die Mittel beschafft werden sollten zu einem neuen Waisenhaus für Knaben und zu einer Anstalt für Idioten.

Auf das Rosenkranzfest des Jahres 1904 ließ Bischof Willibrord ein Hirtenschreiben erscheinen, das vom Vereine der heiligen Familie handelte. Dieser Verein, eines der kostbarsten Vermächtnisse Leos XIII., sollte ebenfalls in allen Pfarreien der Metzer Diözese eingeführt werden und eine ständige, segensreiche Erinnerung bilden an das Jubeljahr der Unbefleckten Empfängnis Mariä.

Auch andere Vereine mit sozialen und caritativen Zwecken, die auf reichsdeutschem Boden soviel beitragen zur Erhaltung und Belebung des katholischen Geistes, suchte Bischof Willibrord auf lothringischem Boden heimisch zu machen. So fand er im Borromäusverein einen wertvollen Bundesgenossen im Kampfe gegen die schlechten Preßerzeugnisse; am Ende seiner bischöflichen Regierung war dieser Verein in fünfundneunzig Pfarreien eingeführt und zählte einundfünfzigtausendzweihundertfünfundneunzig Mitglieder.

Warme Empfehlung ließ er auch der »Union populaire« und dem katholischen Volksvereine angedeihen. Die Zentralstelle letzteren Vereins in München-Gladbach[WS 1] schrieb nach seinem Hinscheiden unter dem 19. April 1921 nach Beuron: »Er ist der wärmste Freund und Förderer des Volksvereins gewesen. Er zeigte stets aufrichtiges und herzliches Wohlwollen für die Sache und die Personen des Volksvereins... Wenn soziale Arbeit noch über die Trennung hinaus in Lothringen gepflegt wird, wenn man dort den Volksverein und seine Tätigkeit unter verschiedenen Formen nachahmt, so sind das Zeichen des dauernden sozialen Segens, den der hochwürdigste Verstorbene unter den schwierigsten Verhältnissen und vielen widrigen Umständen dort zu stiften berufen gewesen ist. An seiner Bahre trauert das ganze katholische Deutschland«.

Auch die Bestrebungen der Caritas-Verbände unterstützte der Bischof, wo er nur konnte. Der Zentralvorstand des deutschen [176] Caritas-Verbandes gab ihm nach seinem Tode das Zeugnis, daß er stets ein warmer Freund der Caritasarbeit gewesen und mit dem Präsidenten Dr. Werthmann in engen Beziehungen gestanden sei.

Welch frisches Leben die sozialen und caritativen Bestrebungen in der Diözese Metz entfalteten, bekundet die Tatsache, daß im Jahre 1912 in der alten Bischofsstadt zwei Tagungen stattfinden konnten, die beide vom Bischof angelegentlich empfohlen wurden: am 23., 24. und 25. September wollten die »sozialen Tage« über die vielseitigen Probleme der sozialen Frage orientieren und vom 11.–16. November gab die »Caritaswoche« Gelegenheit, sich nach erprobtem Vorbild in den verschiedenen Zweigen der Liebestätigkeit unterrichten zu lassen.

Für den Bischof von Metz war auch die Arbeiterfrage brennend und erheischte sorgsame Hirtenarbeit; wiesen doch verschiedene Teile seines Sprengels starke Arbeiterbevölkerung auf. Dem Bischofe schwebten als Ideal die katholischen Arbeitervereine vor, wie sie sich in Deutschland so bewährt hatten. Deshalb empfahl er am 25. März 1905 die Errichtung solcher katholischer Arbeitervereine. Durch sie sollte das moralische, religiöse und materielle Los der Arbeiter gefördert werden; die Vereine sollten auch für die berufliche Weiterbildung sorgen durch Abhaltung von Vorträgen und technischen Kursen und Anlegung von Bibliotheken, sollten Kranken- und Sparkassen unterhalten. Vom Bischof auf der Diözesansynode des Jahres 1907 wieder angelegentlich empfohlen, fanden diese Arbeitervereine vielen Anklang. So konnte sie der Bischof am 30. Januar 1909 zu einem Diözesanverband zusammenschließen. Im Jahre 1912 zählte man siebenunddreißig Vereine mit viertausend Mitgliedern, die der Vereinssache mit Eifer ergeben waren.

Nachdem Bischof Willibrord am 1. Dezember 1909 in der Diözese dem Mädchenschutzverein eine feste Ordnung gegeben hatte, regte er am 1. März 1910 die Gründung katholischer [177] Jugendvereinigungen an. Auch diese Anregung fiel auf guten Boden, so daß er diese Vereine schon am 4. November 1912 zu einem Diözesanverband der katholischen Jugendverbände einigen konnte. Die Revue ecclésiastique gibt im vierundzwanzigsten Jahrgang (1913), S. 631-639 ein anschauliches Bild davon, welch reges Leben in diesem Jahre in den sechsundachtzig Jugendvereinen der Diözese mit ihren viertausend Mitgliedern herrschte.

So hat Bischof Willibrord auf dem Gebiete der katholischen Vereine außerordentlich viel geleistet und auch erreicht. Ein glänzendes Zeugnis hiefür bot der Deutsche Katholikentag in Metz im Jahr 1913, über den der Verewigte selbst geschrieben hat (s. oben S. 125[1]). Leider hat der Weltkrieg die ruhige Entwicklung dieser Vereine jäh unterbrochen. Doch war die Aussaat nicht umsonst gewesen, sie ging nach dem Ende des Krieges wieder auf, wenn auch in anderer Form und unter anderen Namen; der Sämann bleibt doch für alle Zeit Bischof Willibrord.


  1. Am Festzug nahmen über dreißigtausend Mitglieder katholischer Vereine teil. Der Präsident des Katholikentages konnte am Schlusse auch den französisch sprechenden Metzern unter allgemeinem Beifall das Zeugnis ausstellen, daß ihre begeisterte Liebe zur katholischen Sache sich bei diesem Anlasse herrlich erprobt habe.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Bis 1950 der Name des heutigen Mönchengladbach