Erforsche mich, erfahr mein Herz
Erforsche mich, erfahr mein Herz,
Und sieh, Herr, wie ichs meyne.
Ich denk an deines Leidens Schmerz,
An deine Lieb, und weine.
Welch Wunder der Barmherzigkeit
Hast du der Welt erwiesen!
Wenn hab ich dieß genug bedacht,
Und dich aus aller meiner Macht
Rath, Kraft, und Friedefürst und Held!
In Fleisch und Blut gekleidet,
Wirst du das Opfer für die Welt,
Und deine Seele leidet.
Des Zornes Gottes Stund ist da,
Und Schrecken strömen über.
Du zagst, und fühlst der Höllen Weh:
„Ists möglich, Vater, o so geh
Dein Schweiß wird Blut; du ringst und zagst,
Und fällst zur Erde nieder;
Du, Sohn des Höchsten, kämpfst, und wagst
Die erste Bitte wieder.
Die Schrecken einer Ewigkeit,
Und Strafen sonder Ende.
Auf dich nimmst du der Menschen Schuld,
Und giebst mit göttlicher Geduld
Du trägst der Missethäter Lohn,
Und hattest nie gesündigt;
Du, der Gerechte, Gottes Sohn!
So wars vorher verkündigt.
Du duldest, göttlich groß, die Wut,
Um Seelen zu erretten.
Dein Mörder, Jesus, war auch ich;
Denn Gott warf aller Sünd auf dich,
Erniedrigt bis zur Knechtsgestalt,
Und doch der Größt im Herzen,
Erträgst du Spott, Schmach und Gewalt,
Voll Krankheit und voll Schmerzen.
Doch da war nichts, das uns gefiel,
Und nicht Gestalt noch Schöne.
Vor dir, Herr, unsre Zuversicht,
Verbarg man selbst das Angesicht;
Ein Opfer, nach dem ewgen Rath,
Belegt mit unsern Plagen,
Um deines Volkes Missethat
Gemartert und zerschlagen,
In Unschuld stumm, gleich als ein Lamm,
Das man zur Schlachtbank führet.
Freywillig, als der Helden Held,
Trägst du, aus Liebe für die Welt,
„Sie haben meine Hände mir,
„Die Füsse mir durchgraben,
„Und große Farren sinds, die hier
„Mich, Gott! umringet haben.
„Sie spotten mein: Er klags dem Herrn,
„Ob dieser ihn befreyte!
„Du legst mich in des Todes Staub.
„Ich bin kein Mensch, ein Wurm; ein Raub
„Ich ruf und du antwortest nie,
„Und mich verlassen alle.
„In meinem Durste reichen sie
„Mir Essig dar mit Galle.
„Sie sehn mit Freuden meinen Schmerz,
„Die Arbeit meiner Seelen.
„Warum verläßt du deinen Knecht?
„Mein Gott, mein Gott! ich leid und möcht
Du neigst dein Haupt. Es ist vollbracht.
Du stirbst! Die Erd erschüttert.
Die Arbeit hab ich dir gemacht.
Herr, meine Seele zittert.
O wär ich doch ganz Dankbarkeit!
Herr, laß mich Gnade finden.
Und deine Liebe dringe mich,
Daß ich dich wieder lieb, und dich
Welch Warten einer ewgen Pein
Für die, die dich verachten;
Die, solcher Gnade werth zu seyn,
Nach keinem Glauben trachten!
Und dich durch ihre Laster schmähn,
Als einen Sündendiener!
Wer dich nicht liebt, kömmt ins Gericht.
Wer nicht dein Wort hält, liebt dich nicht;
Du hasts gesagt. Du wirst die Kraft
Zur Heiligung mir schenken.
Dein Blut ists, das mir Trost verschafft,
Wenn mich die Sünden kränken.
Laß mich in Lieb und Demuth stets
Vor dir erfunden werden.
Dein Heil sey mir der Schirm in Noth,
Mein Stab im Glück, mein Schild im Tod,