Elektro-photometrische Studien (zweite Abhandlung)

Annalen der Physik und Chemie
Band LXIII, Heft 9, Seite 162–165
Antoine Masson
Elektro-photometrische Studien
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XVIII. Elektro-photometrische Studien; von Hrn. A. Masson.
(Zweite Abhandlung. Auszug. Compt. rend. T. XIX p. 325.[WS 1])

In dieser Arbeit habe ich mir vorgenommen, in der Formel, durch die ich das Gesetz der Entwicklung des elektrischen Lichtes ausdrücke, eine der Constanten zu bestimmen, nämlich das Verhältniß zwischen den Licht- und Wärmemengen, die von einem selben elektrischen Strom entwickelt werden. Indem ich, durch eine neue Methode, die Empfindlichkeit des Auges maß, glaube ich zu einigen, bei den photometrischen Untersuchungen nöthigen Pricipien gelangt zu seyn.

In meiner ersten Abhandlung habe ich für die Entwicklung des Lichtes bei elektrischen Entladungen die Formel aufgestellt:

.

Neue, ganz mit den früheren übereinstimmende Versuche haben ergeben, daß, wenn der Einheit gleich ist, die Intensität instantaner, wie die anderer Lichter, sich umgekehrt verhält wie die Entfernung vom erleuchteten Punkt, und daß man, um das Gesetz der Entwicklung des elektrischen Lichtes auszudrücken, die Formel nehmen muß:

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Nach Hrn. Rieß und Hrn. Harris ist proportional mit , worin die auf einem Condensator von der Oberfläche angehäufte Elektricität vorstellt; da nun aus meinen Versuchen folgt, daß auch proportional mit ist, so hat man:

[163]

und folglich:

.

Macht man constant in dieser letzten Formel, so repräsentirt sie das von Hrn. Rieß entwickelte Gesetz der Wärmeentwicklung in einem vom Batteriestrom durchlaufenen Draht.

Da nach dem deutschen Physiker die elektrische Spannung in jedem Punkt des Condensators proportional ist , so glaube ich aus seinen interessanten Arbeiten und den meinigen nachstehende Folgerungen herleiten zu können:

1) Die durch elektrische Entladungen erzeugten Lichtmengen stehen unter sich in demselben Verhältniß, wie die Wärmemengen, die in einem vom Strome dieser Entladung durchlaufenen Draht entwickelt werden. Der eine Effect der Elektricität kann als Maaß des anderen dienen, und so begreift man die Möglichkeit, die photometrischen und elektrischen Messungen auf bloße thermometrische zurückzuführen.

2) Die durch elektrische Entladungen entwickelten Licht- und Wärmemengen sind proportional der Spannung des Fluidums auf dem Condensator, stehen im geraden Verhältniß zur Oberfläche dieses selben Condensators und im umgekehrten zu deren Dicke.

Vom Maaße der Empfindlichkeit des Auges.

Bouguer hat in seinem Traité d’Optique[WS 2] das Resultat seiner Versuche über die Empfindlichkeit seines Auges bekannt gemacht.

Auf ein von einer Kerze beleuchtetes Papier warf er einen schwachen Schatten, erzeugt durch eine zweite Kerze, von gleicher Lichtintensität wie die erstere, aber weiter entfernt von dem Papier gestellt, als diese. Die [164] Beleuchtung schien ihm gleichförmig zu seyn, und demgemäß hörte die Sichtbarkeit des Schattens auf dem Papier auf, wenn die Kerze, welche diesen Schatten warf, etwa acht Mal so weit vom Papiere abstand, als die andere. Daraus schloß er, daß er zwischen zwei ungleich beleuchteten Flächen keinen kleineren Unterschied von Helligkeit erkennen könne als 1/64.

Das Verfahren, welches ich zur Messung der Empfindlichkeit des Auges angewandt habe, ist von dem Bouguer’schen ganz verschieden.

Ich nehme eine runde Scheibe weißen Papiers von 6 Centimet. Durchmesser; auf diese zeichne ich einen Sector, dessen Größe zu der der ganzen Scheibe in einem gewissen Verhältniß steht, von 1/60 bis 1/120, und schwärze einen Theil dieses Sectors, eingeschlossen von zwei concentrischen Kreisen, die so gezogen sind, daß der geschwärzte Theil zuweilen eben so groß, zuweilen kleiner oder größer ist, als die weißen Theile, zwischen welchen er sich befindet. Die so vorbereitete Scheibe bringe ich auf einen geeigneten Apparat, mit welchem ich sie 200 Mal in der Secunde umdrehen kann. Bei dieser Bewegung beschreibt der schwarze Theil des Sectors einen schwarzen Ring, welcher, überdeckt von dem durch den übrigen Theil erzeugten weißen Ring, den Anblick eines mehr oder weniger dunklen grauen Ringes darbietet.

Durch Verringerung der Dimensionen des Sectors erreicht man eine Gränze, bei der das Auge, ungeachtet des vom schwarzen Theil des Sectors erzeugten schwarzen Ringes, nur noch eine gleichförmige Helligkeit erblickt. Diese Gränze ist auch die der Empfindlichkeit des Auges.

Gesetzt nämlich, einem Individuum erscheine die Scheibe gleichförmig erhellt, wenn die Oberfläche des Sectors ein Sechszigstel von der der Scheibe ist, so wird Dasselbe zwei Beleuchtungen für identisch halten, die in [165] Wirklichkeit um 1/60 verschieden sind; denn da der schwarze Theil des Sectors dem Ringe, in welchem er sich bewegt, ein Sechszigstel des Lichtes raubt, welches er ohne ihn empfangen würde, so weicht die Helligkeit des Ringes von der des Grundes nur um 1/60 ab.

Durch zahlreiche Versuche habe ich ermittelt:

1) Daß bei einer und derselben Person die Empfindlichkeit des Auges von einem Tage zum andern sehr wenig schwankt.

2) Daß bei verschiedenen Personen die Empfindlichkeit des Auges von 1/60 bis 1/120 und selbst darüber variiren kann; ich habe sie nicht unter 1/60 gefunden.

3) Daß die Empfindlichkeit des Auges unabhängig ist von der Intensität des Lichtes und von der Farbe desselben, sobald die Helligkeit hinreicht, um deutlich zu lesen.

Ohne die Empfindlichkeit des Auges für instantane Lichter genau ermittelt haben zu können, fand ich doch, und das ist sehr wichtig für meine Untersuchungen über das elektrische Licht, daß zwei Individuen, die nach Messungen mittelst des eben beschriebenen Instruments eine gleich Empfindlichkeit besitzen, die nämlichen Werthe erhielten, und folglich beim Experimentiren mit dem elektrischen Photometer auf gleiche Weise sehen[1].

  1. Nicht überflüssig ist es wohl, hier daran zu erinnern, daß bereits Hr. Dr. Rieß in seinem Aufsatz über die Schlagweite der elektrischen Batterie (Ann. Bd. LIII S. 1[WS 3], und daraus in die Archives de l’électricité, T. I p. 425, übersetzt) den Zusammenhang zwischen Wärme und Licht bei elektrischen Entladungen wahrscheinlich gemacht hat, und unter andern, a. a. O. S. 19, zu dem Schluß gelangt ist: Bei der Entladung der Batterie durch Luft hindurch variirt die Stärke des Funkens und Knalles gleichmäßig mit der Erwärmung eines constanten Drahts im Schließungsbogen.
    P.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Études de photométrie électrique. Deuxième Mémoire. In: Compte rendu des séances de l’Académie des sciences. Bd. 19 (1844), S. 325–328 Gallica
  2. Traité d’Optique sur la gradation de la lumiere: Ouvrage posthume de M. Bouguer, de l’Académie Royale des Sciences, &c. Guerin / Delatour, Paris 1760 Google
  3. Peter Rieß: Ueber die Schlagweite der elektrischen Batterie. In: Annalen der Physik und Chemie. Band 129, Joh. Ambr. Barth, Leipzig 1841, S. 1–20 Quellen