Elektro-photometrische Studien (erste Abhandlung)

Annalen der Physik und Chemie
Band LXIII, Heft 9, Seite 158–161
Antoine Masson
Elektro-photometrische Studien
fertig
<<< >>>


[158]
XVII. Elektro-photometrische Studien; von Hrn. A. Masson.
(Erste Abhandlung. Auszug. Compt. rend. T. XVIII p. 289.[WS 1])

Um die Beziehungen zwischen dem elektrischen Fluidum und seinen Lichtwirkungen zu erhalten, suchte ich die Intensitäten der elektrischen Funken zu messen. In der Unmöglichkeit dazu die bekannten Photometer anzuwenden, die alle nur für anhaltende Lichter brauchbar sind, während die mittlere Dauer jener Funken bloß auf etwa ein Milliontel einer Secunde geschätzt werden kann, habe ich ein Verfahren angewandt, das auf folgenden Grundsätzen beruht. Wenn man in Gegenwart eines stäten Lichts eine in schwarze und weiße Sectoren getheilte Scheibe rasch umlaufen läßt, so gewahrt man, wie bekannt, eine weiße Scheibe. Wird dagegen die Beleuchtung durch ein instantanes Licht bewirkt, so erscheint die Scheibe ruhend, und man unterscheidet deutlich die Sectoren.

Wird die Scheibe zugleich durch ein permanentes und ein instantanes Licht (einen elektrischen Funken z. B.) beleuchtet, so sieht man die Sectoren, sobald das letztere die Scheibe hinlänglich erhellt. Die dazu erforderliche [159] Beleuchtung hängt von der Empfindlichkeit des Auges und der Intensität des permanenten Lichts ab. In allen Fällen aber wird das Verhältniß, welches zwischen der Intensität beider Lichter bestehen muß, damit man die Sectoren verschwinden sehe, constant seyn für ein selbes Individuum und eine selbe Disposition des Auges. Allgemein wird angenommen, daß ein Schatten, den man auf weißes Papier fallen läßt, vor allem wenn man ihn bewegt, noch auf dem Grunde wahrgenommen werde, wenn er in der Beleuchtung einen Unterschied von etwa 1/60 hervorbringt. Diese Gränze kann bei unseren Versuchen nahezu als das Verhältniß der Intensitäten des permanenten und instantanen Lichts angenommen werden, bei welchem die Wahrnehmung der Sectoren aufhört; wohlverstanden variirt diese Gränze mit der Empfindlichkeit des Auges.

Um die Analogie begreiflich zu machen, die zwischen den Wirkungen des instantanen Lichts auf unsern Apparat und den beim Werfen eines schwachen Schattens auf einen weißen Grund stattfindet, müssen wir hier etwas in’s Einzelne gehen. Wenn die Scheibe sich rasch bewegt und durch ein stätes Licht beleuchtet ist, so erscheint sie weiß und macht einen bleibenden Eindruck. Im Augenblick, da das instantane Licht die Sectoren erleuchtet, wirken die den schwarzen Sectoren entsprechenden Theile der scheinbaren Scheibe so auf das Auge, wie wenn das instantane Licht nicht existirte, und die übrigen erhalten dagegen einen Zuwachs an Beleuchtung. Man befindet sich also unter folgenden Umständen. Das Auge erblickt Sectoren von gleichem Helligkeitsgrade als die Scheibe, wenn das instantane Licht nicht existirt, und die übrigen Sectoren ein wenig heller. Dieser, alleinig vom instantanen Licht herrührende Unterschied läßt die Eintheilung der Scheibe in Sectoren wahrnehmen, und, nach dem oben Gesagten, ist dieser Unterschied ein Bruchtheil des permanenten Lichts. Das Verhältniß beider [160] Beleuchtungen hängt vom Organe des Beobachters ab. Es verdient hier bemerkt zu werden, daß, wenn die weißen und schwarzen Sectoren gleich große Oberfläche haben, die Helligkeit der Scheibe die Hälfte ist von der, welche ein permanentes auf einer ganz weißen Scheibe hervorbringen würde. Sie würde bloß ein Zehntel davon betragen, wenn die schwarzen Sectoren eine zehn Mal größere Oberfläche als die weißen hätten. Wenn man folglich beim Vergleich von permanenten Lichtern mit einem instantanen einen Fehler in der Messung der von den ersteren erzeugten Beleuchtungen begeht, so muß man denselben dividiren durch das Oberflächenverhältniß der schwarzen und weißen Sectoren, um den Fehler zu erhalten, der in den Messungen des gesammten permanenten Lichts begangen ist.

Der Apparat, den ich angewandt, und den ich elektrisches Photometer nenne, besteht einfach aus einer Scheibe von 8 Centimetern Durchmesser, mit 60 gleichen Sectoren. Sie wird durch ein Uhrwerk in Bewegung gesetzt, und macht zwei bis drei hundert Umläufe in der Secunde.

Die Elemente, deren Einfluß auf die Intensität des elektrischen Lichts ich studirt habe, sind:

1) Die Schlagweite (distance d’explosion), die ich nennen will; – 2) Den Abstand des Funkens von der Scheibe; – 3) den Abstand des permanenten Lichts von derselben; – 4) die Oberfläche der Condensatoren, die aus belegten Glasscheiben bestanden; – 5) die Dicke dieser Condensatoren; – 6) die Natur der Pole des Funkens.

In einer künftigen Abhandlung werde ich den Einfluß der Leitungsfähigkeit der vom Funken durchlaufenen Drahtleitung und die Einwirkung der Variationen des Condensationsvermögens der Condensatoren angeben.

Zahlreiche Versuche haben mich zu Gesetzen geführt, die sämmtlich eingeschlossen sind in die Formel:

[161]

,

worin und Constanten (deren erste abhängt von dem Leitvermögen der Kette und der Substanz des Condensators) und die Intensität der Beleuchtung, erzeugt vom Funken bei Einheit des Abstandes.

Die Natur der Kugeln, zwischen welchen die Entladung geschieht, ändert den absoluten Werth der Intensität des Lichts, ohne die in obiger Formel enthaltenen Gesetze zu ändern.

Wir sind durch unsere Versuche zu der Annahme geführt, daß das elektrische Licht eine einfache Explosion in dem Aether ist, den sie in Bewegung setzt, und es steht zu glauben, daß das von dem Funken fortgeführte Metall nicht die Ursache des Lichtes sey, daß es dieses nur vermehrt, indem es die Leitungsfähigkeit der Kette erhöht. Wir glauben überdieß, daß der elektrische Funken auf zweierlei Weisen bei den chemischen Vereinigungen und Zersetzungen wirkt, nämlich erstlich als elektrischer Strom, und in diesem Falle zersetzt er, zweitens als glühender Körper, wegen des Glühens der wägbaren Stoffe, die er fortführt, und alsdann erzeugt er Verbindungen.

Wenn die Bedingungen zur Erzeugung eines elektrischen Funkens unverändert bleiben, ist auch die Intensität seines Lichtes constant. Dieß läßt uns glauben, daß wir endlich eine constante photometrische Einheit gefunden haben. Es ist unnöthig hinzuzufügen, daß das elektrische Photometer nicht bloß zur Messung instantaner Lichter, sondern auch zu der von permanenten gebraucht werden kann, so wie auch, wenn man ihm verschiedene Formen giebt, zum Studium der Intensitäten in den verschiedenen Theilen des Lichtspectrums.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Études de photométrie électrique. In: Compte rendus des séances de l’Académie des sciences. Bd. 18 (1844), S. 289–292 Gallica