Heinrich Hertz: Untersuchungen über die Ausbreitung der elektrischen Kraft
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10. Ueber die Fortleitung elektrischer Wellen durch Drähte.
(Wiedemanns Ann. 37. p. 395. 1889.)




     Fliesst ein unveränderlicher elektrischer Strom in einem cylindrischen Drahte, so erfüllt er jeden Theil des Querschnittes mit gleicher Stärke. Ist aber der Strom veränderlich, so bewirkt die Selbstinduction eine Abweichung von dieser einfachsten Vertheilung. Denn da die mittleren Theile des Drahtes von allen übrigen im Mittel weniger entfernt sind, als die Theile des Randes, so stellt sich die Induction den Veränderungen des Stromes in der Mitte des Drahtes stärker entgegen als am Rande, und infolge hiervon wird die Strömung die Randgebiete bevorzugen. Wenn der Strom seine Richtung einige hundertmal in der Secunde wechselt, kann die Abweichung von der normalen Vertheilung schon nicht mehr unmerklich sein; diese Abweichung wächst schnell mit der Zahl der Stromwechsel, und wenn gar die Strömung ihre Richtung viele Millionen mal in der Secunde wechselt, so muss nach der Theorie fast das ganze Innere des Drahtes stromfrei erscheinen und die Strömung sich auf die nächste Umgebung der Grenze beschränken. In solchen äussersten Fällen ist nun offenbar die vorgetragene Auffassung des Vorgangs nicht ohne physikalische Schwierigkeiten und es treten die Vorzüge einer anderen Auffassung der Sache hervor, welche wohl zuerst von den Herren O. Heaviside[1] und J. H. Poynting[2] als die richtige Interpretation der auf diesen Fall angewendeten


  1. O. Heaviside, Electrician, Januar 1885; Phil. Mag. 25. p. 153. 1888.
  2. J. H. Poynting, Phil. Trans. 2. p. 277. 1885.