Heinrich Hertz: Untersuchungen über die Ausbreitung der elektrischen Kraft
Seite 23
<< Zurück Vorwärts >>
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


[23]

1. Einleitende Uebersicht.


Inhalt und nicht den besonderen Vorstellungen oder Methoden Maxwells möchte ich den Namen „Maxwell’sche Theorie“ vorbehalten wissen. Auf die Frage „Was ist die Maxwell’sche Theorie?“ wüsste ich also keine kürzere und bestimmtere Antwort als diese: Die Maxwell’sche Theorie ist das System der Maxwell’schen Gleichungen. Jede Theorie, welche auf diese Gleichungen führt, und damit dieselben möglichen Erscheinungen umfasst, würde ich als eine Form oder ein Specialfall der Maxwell’schen Theorie bezeichnen; jede Theorie, welche auf andere Gleichungen und damit auf andere mögliche Erscheinungen führt, ist eine andere Theorie. In diesem Sinne also und nur in diesem Sinne bilden die beiden theoretischen Abhandlungen dieser Sammlung eine Darstellung der Maxwell’schen Theorie. Keineswegs können sie den Anspruch erheben, genau Maxwells Gedanken wiederzu geben. Es ist im Gegentheil zweifelhaft, ob Maxwell, falls er lebte, die vorgetragene Darstellung als die seine anerkennen würde.

     Darin, dass derselbe Inhalt in verschiedenen Fassungen vorgetragen wird, liegt ein bedeutendes Erschwerniss für das Verständniss jeder einzelnen Fassung. Dieselbe Bezeichnung bedeutet in den verschiedenen Formen verwandte und doch verschiedene Begriffe oder Vorstellungen. Die erste Bedingung für das Verständniss ist also, dass man jede Darstellung für sich zu verstehen suche und nicht in sie die Vorstellungen einer andern Darstellung hineintrage. Vielleicht erweise ich manchen Fachgenossen einen Dienst, wenn ich hier kurz die Grundvorstellungen der drei Darstellungen der Maxwell’schen Theorie erläutere, welche ich oben erwähnte. Ich habe dabei Gelegenheit anzugeben, worin nach meinem Urtheil die besondere Schwierigkeit von Maxwell’s eigener Darstellung liege. Die oft gehörte Ansicht, dass diese Schwierigkeit mathematischer Natur sei, kann ich nicht theilen.

     Wenn wir die Körper aus der Ferne auf einander wirken sehen, so können wir uns von der Natur dieser Wirkung verschiedene Vorstellungen machen. Wir können die Einwirkung als eine unmittelbare, den Raum überspringende Fernkraft betrachten oder wir können sie als die Folge einer Wirkung ansehen, welche in einem hypothetischen Medium von Punkt zu