Heinrich Hertz: Untersuchungen über die Ausbreitung der elektrischen Kraft
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1. Einleitende Uebersicht.


rührt. Die von der Wissenschaft geheiligte, vom Verstande aber nur ungern getragene Herrschaft der unmittelbaren Fernkräfte schien im Gebiet der Elektricität durch einfache und schlagende Versuche für immer zerstört.

     Mit der Erreichung jenes Ziels war ein gewisser Abschluss erreicht. Eine Lücke war mir indessen noch empfindlich. Die Versuche behandelten nur die Ausbreitung der elektrischen Kraft. Es war wünschenswerth, dass gezeigt würde, dass auch die magnetische Kraft sich mit endlicher Geschwindigkeit ausbreitet. Nach der Theorie war hierzu die Erzeugung besonderer magnetischer Wellen nicht erforderlich, die elektrischen Wellen mussten an sich zugleich Wellen magnetischer Kraft sein; es kam nur darauf an, in diesen Wellen die magnetische Kraft neben der elektrischen wirklich nachzuweisen. Ich hoffte dass dies möglich sein würde durch Beobachtung der mechanischen Kräfte, welche die Wellen auf ringförmige Leiter ausübten. So wurden damals die Versuche geplant, welche aus äusseren Anlässen erst später und nur unvollkommen zur Ausführung kamen, und über welche die letzte experimentelle Arbeit „Über die mechanischen Wirkungen elektrischer Drahtwellen“ Bericht erstattet.

     Werfen wir einen Blick zurück. Durch die Gesammtheit der geschilderten Versuche ist zum ersten Male der Beweis geliefert worden für die zeitliche Ausbreitung einer vermeintlichen Fernkraft. Diese Thatsache bildet den philosophischen, in gewissem Sinne zugleich den wichtigsten Gewinn der Versuche. In jenem Beweise ist enthalten die Erkenntniss, dass die elektrischen Kräfte sich von den ponderabeln Körpern loslösen und selbstständig als Zustände oder Veränderungen des Raumes fortbestehen können. Neben dieser Erkenntniss liefern die Einzelheiten der Versuche den Beweis, dass die besondere Art der Ausbreitung der elektrischen Kraft die grösste Analogie,[1] wenn nicht vollständige Uebereinstimmung zeigt mit der Ausbreitung der Lichtbewegung. Dadurch wird die Hypothese, dass das Licht eine


  1. Die Analogie liegt keineswegs nur in der Uebereinstimmung der mehr oder weniger genau gemessenen Geschwindigkeiten. Die nahezu gleiche Geschwindigkeit ist nur ein Element der Analogie unter vielen Elementen.