Heinrich Hertz: Untersuchungen über die Ausbreitung der elektrischen Kraft
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1. Einleitende Uebersicht.


flossener Draht kann dann auf einen benachbarten parallelen Draht keine Inductionswirkung ausüben. Eine solche Wirkung aber fand ich, wenn sie auch nur schwach war. Also schloss ich, dass die Kraftlinien nicht senkrecht auf dem Drahte ständen und dass die Geschwindigkeit der Wellen nicht die Lichtgeschwindigkeit sei. Ferner ergiebt eine einfache Rechnung, dass wenn die Kraftlinien senkrecht auf der Richtung des Drahtes stehen, dann die in einem einzelnen Drahte in der Welle fortgepflanzte Energie logarithmisch unendlich wird. Also schloss ich, es sei eine derartige Welle von vornherein unmöglich. Endlich schien mir, dass es auf die Fortpflanzungsgeschwindigkeit in einer geraden Leitung ohne Einfluss sein müsse, ob die Leitung ein glatter Draht sei oder ein Draht mit seitlichen Ansätzen oder ein gezackter Draht oder auch ein in kleinen Windungen aufgerollter spiraliger Draht, solange nur alle diese Abweichungen von der geraden Linie klein wären gegen die Wellenlänge und ihr Widerstand nicht in Betracht käme. Nun fand ich aber, dass alle diese Abänderungen einen sehr merklichen Einfluss auf die Geschwindigkeit ausübten. Ich schloss also, dass hier eine noch unverstandene verzögernde Ursache thätig sei, welche auch schon im einfachen glatten Draht ihre Wirkung äussert. Diese und ähnliche Gründe erscheinen mir jetzt nicht mehr von entscheidendem Gewicht, aber damals beruhigten sie mich hinreichend, um die Verschiedenheit der Geschwindigkeit ohne Rückhalt zu behaupten und in dieser Erkenntniss ein Hauptinteresse des Versuchs zu sehen. Bald sollte ich eine vermeintliche, mir damals sehr willkommene Bestätigung meiner Ansicht finden.

     Während ich die Wirkung meiner primären Schwingung in grossen Entfernungen untersuchte, war mir deutlich eine Art von Schattenbildung hinter leitenden Massen entgegengetreten, und diese war mir nicht sehr auffällig erschienen. Etwas später glaubte ich auch eine eigenthümliche Verstärkung der Wirkung vor solchen schattengebenden Massen und vor den Wänden des Raumes zu bemerken. Als mir zuerst der Gedanke kam, dass diese Verstärkung von einer Art Reflexion der elektrischen Kraft von den leitenden Massen herrühre, schien mir derselbe fast unzulässig, so sehr wich er immerhin von der uns damals geläufigen Vorstellung einer elektrischen Kraft ab, unbeschadet