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Autor: Ludwig Mayr
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Titel: Einleitung
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aus: Geschichte der Herrschaft Eisenburg Seite 1–12
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Entstehungsdatum: 1914–1918
Erscheinungsdatum: Vorlage:none
Verlag: Selbstverlag
Drucker: Th. Otto’s Buchdruckerei
Erscheinungsort: Memmingen
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[1]
Einleitung.

Die Eisenburg, die noch ungebrochen von alten Zeiten her stolz und schön weit hinausblickt in schwäbische Gaue, nachdem zahlreiche Schwestern in ihrer näheren und weiteren Umgebung längst in den Staub gesunken sind; die sich auf einem vorbildlich geformten Burgkegel im Frühling aus Blütenschnee, im Herbst aus einer Wunderpracht von Farben, wie sie nur der Herbstsommer hervorzubringen vermag, emporhebt ins Blau; die im Sommer im vollen Sonnenglast sich breitet und doch infolge des schattenkühlen Waldhintergrundes einen angenehmen windumfächelten Aufenthalt gewährt und selbst im Winter, wenn nur einigermaßen die Sonne durchdringt, fast ständig auf sommerhafter Halde sich zeigt – diese Eisenburg fand noch keine liebevolle, fachkundige literarische Bearbeitung. Sie spielte freilich bis jetzt noch keine Rolle in weltbewegenden Begebenheiten; aus ihr ging kein Mann hervor, der sein Volk einen Ruck vorwärts gebracht hätte. Allein sie spielte auch nie das Aschenbrödel unter den deutschen Burgen. Abgesehen von der Rolle der Kleinpolitik in den heimatlichen Gauen hatten ihre Herren die Hand mit dabei in allen Angelegenheiten unseres engeren und weiteren Vaterlandes: Sie blühten mit den Staufen, und als diese dahinsanken, mit den Habsburgern; sie bildeten mit andern das Zünglein an der Wage, als es zwischen letzteren und den Bayern um die Kaiserkrone galt; sie hatten zu dulden und zu kämpfen, als die Bayern von Osten her, die österreichischen Landvögte von Westen gleich Polypenarmen nach des herrenlosen und darum vielherrigen Schwabenlandes Rechten und Gütern sich gierig reckten und streckten; des Doktors von Wittenberg Hammerschläge vom 31. Oktober 1517 weckten auch am Schloßtor der Eisenburg ein Echo, das 2 Jahrhunderte in Verträgen nachzitterte; der furchtbare Dreißigjährige warf auch sie in Schutt und Asche – – und erst das Jahr 1848 bereitete, wie so vielen, auch dieser Herrschaft das Ende. Doch Grund genug einen laienhaften Versuch zu wagen: [2] um der Heimatliebe willen! Uebrigens ist die eindringende Geschichte auch des kleinsten Gebietes immer ein Abdruck, ein Spiegelbild der „großen“ Geschichte des Stammes, des Volkes. Sie spielt sich ja doch auf seiner Bühne ab. Sie ist seine Geschichte im kleinen, an Ort, am Einzelnen und im einzelnen. Hinwiederum bietet sie stellenweise viel mehr als die „große Geschichte“: sie hat es mit den Persönlichkeiten zu tun, aus denen jene sich spinnt und webt; sie stellt sie uns persönlich vor, in ihrem Alltags-Fühlen und -Denken und -Handeln: Sie ist weniger Kriegs-, aber desto mehr Kulturgeschichte, die Psyche der Geschichte. Gerade wir „bayerischen Schwaben“ sind in dieser Beziehung übel daran. Durch die Einverleibung mit Bayern wurden wir von unserem Stamm losgerissen, kennen wohl schulgerecht die Entwicklung des neuen großen Vaterlandes, wurden aber den Wurzeln unseres Seins und Werdens völlig entfremdet, wenigstens was die große Menge betrifft. Und da ist nun die Erforschung des kleinen Heimatgebietes zugleich eine Erforschung eines Teiles der Stammesgeschichte, und dieser wird durch jene eher die Möglichkeit geboten in weitere Kreise einzudringen als es durch die großen Werke bewerkstelligt werden kann. – Alles Alte heischt Ehrfurcht, auf welcher ein Goethe die Erziehung aufbaute. Und Ehrfurcht vor der Heimat ist heute nötiger denn je. – Aus diesem Gedanken heraus möge vorliegende Arbeit beurteilt werden.

1. Ungeschichtliches.

Daß eine alte, weithin sich aufdrängende Ritterburg gar keine literarischen Spuren hinterlassen sollte, ist undenkbar. Tatsächlich sind dem Bearbeiter zwei dramatische Erzeugnisse bekannt geworden, die sich mit Eisenburgischen beschäftigen. „Silach oder die Stiftung des Klosters Ottobeuren“ lautet das eine „historische Ritterschauspiel“, die „Grafen von Erolzheim“ das andere. Ersteres schrieb der Benediktinerpater Kaspar Kuhn von Ottobeuren (erschienen bei Kösel-Kempten), das andere befindet sich handschriftlich im Besitze der Theatergesellschaft Boos und soll einen Pfarrer der württembergischen Nachbarorte zum Verfasser haben. Beide bringen Eisenburger Herren ganz dem Rufe gemäß, den die Eisenburg sonderbarerweise im Volke genießt: der Ritter Raudulph erscheint bei Kuhn als Geck und charakterloser, die Freunde wie das Hemd wechselnder Unterstützer der Strauchdiebe. Sonstige stilistische und geschichtliche Unmöglichkeiten sind dem sonst schätzenswerten Pater nicht zu verzeihen. Noch abstoßender tritt im [3] anderen Stück der Säufer Veit auf. Er stößt die Schwester in die Iller, den Vater ins Verließ usw., der Wahrsager und philosophierende Hausnarr, die gespenstische Ahnfrau, der unterirdische Gang, kurz alles, was zu einem „Ritterstück“ gehört, fehlt nicht. Daß sich schließlich das Ganze in Wohlgefallen auflöst, nachdem der ruchlose Eisenburger seine schwarze Seele im Zweikampf fluchend aushauchte, daß sich die Verstoßenen wiederfinden, darf wohl kaum berichtet werden. – Uebrigens hält sich die Sage von unterirdischen Gängen im Volke standhaft. Es bestehen hierüber zwei Sagenformen. Die eine weiß, daß ein unterirdischer Gang von der Eisenburg zur Kronburg führe, in welchem man schon Waffengeklirr gehört habe. Die andere weiß von drei Gängen zu erzählen: nach Trunkelsberg, Grünenfurth und Memmingen. Was letzteren anbelangt, so sah man, als man bei geschlossener Schranke beim heutigen schienengleichen Bahnübergang der Augsburgerstraße in Memmingen noch unter der Brücke durchkonnte, tatsächlich auf der Kanalseite gegen Eisenburg einen gemauerten Ausgang, der wegen Verfalls nicht genauer untersucht werden konnte. Jedenfalls führte er unter allen Umständen nicht bis zur Eisenburg, gab aber den Gerüchten neue Nahrung. – Aus Anlaß dieser Sagenbesprechung möchte auch an jene erinnert werden, die ausführt, daß der Name Eisenburg daher stamme, daß die Raubritter einstmals ohne Erfolg die Eisenburg belagert hätten und hiedurch in die Meinung versetzt worden seien, sie sei eisern (hier ist wieder merkenswert, daß die Isenburger auch in der Sage keine Raubritter waren!). – Wie der (übrigens geschichtlich durchaus ungerechtfertigte) schlimme Ruf der Burg ist auch der der Ortschaft. Im Volke kreist das Sprichwort: „Wer Vater und Mutter nicht folgt, kommt nach Trunkelsberg, und wer gar kein Gut tut, nach Eisenburg.“ Die Leute bringen die Ursache dieser mißlichen Charakterisierung mit dem Hochgericht in Zusammenhang, das einst, in der guten alten Zeit, den nunmehr so hübsch bewaldeten Hügel unmittelbar südlich der Ortschaft „zierte.“ Mir möchte scheinen, daß dies eher mit den unhaltbaren Zuständen zu erklären wäre, die sich ergaben, als die Neubronner 1671 die Herrschaft zerstückelten, als schließlich jedes dritte Haus einen anderen „Landesherrn“ und alle zusammen wieder einen gemeinsamen, alle Jahre aber wechselnden Administrator über sich erkennen mußten, sodaß im Laufe der Jahre infolge mannigfacher Käufe und Vertauschungen wirklich mancher nicht mehr wußte, wem er eigentlich untertan war. Die kurbayerische Regierung dekretierte 1805 nicht umsonst, solche Zustände seien [4] eines Kulturlandes unwürdig. Damals mag es manches Mal ungemütlich gewesen (s. III. Teil), damals mag das Sprichwort nicht ohne Grund entstanden sein. Uebrigens besteht es auch noch in anderen Gegenden (z. B. reden die Ravensburger in gleicher Weise vom Härtsfeld – und hier wie dort ist ganz gut wohnen). Daß ein Schwabe endlich nicht umhin konnte den schönen Gedanken auch in dichterischer Form zu denken braucht kaum erwähnt zu werden, und so entstand der Vers:

„Trunkelsberg und Eisenburg
Und Reichau weiter drunte –
B’hüt di Gott vor solche Ort,
I wollt, i hätts it gfunde!“

Harmloser für Eisenburg ist jener mit der Lage zusammenhängende Neckreim, der im „Bayerischen Schelmenbüchlein“ von Bronner (Dießen 1911) bereits verewigt ist (S. 203):

„Wer durch Trunkelsberg geht und sieht kein Kind
Und durch Eisenburg und spürt kein’ Wind
Und durch Rieden kommt ohne Schand und Spott,
Der hat viel Gnad von Gott.“

Was dortselbst zu guter letzt (S. 183 und 107) von den Eisenburgern gesagt ist, daß sie einst Nadeln gestupft hätten wie die Bohnen, damit Eisenstangen daraus wüchsen, und daß der Eisenberg davon den Namen habe, mag, obwohl ich es selbst von einem alteingesessenen Eisenburger vernommen habe, doch entlehnt sein, da man wohl noch hier und da den Spottnamen „die Wind“, aber nie „die Nadelnstupfer“ vernehmen kann. Der Ortsname mag zur „ungerechten Aneignung“ verführt haben. – Damit wollen wir dieses Gebiet verlassen und uns über die Brücke „Vorgeschichtliches“ auf das feste Ufer der Geschichte begeben.

2. Vorgeschichtliches,

d. h. hier alles vor dem Jahre 1208, womit die Eisenburg ins Helle der Geschichte eintritt, Liegende: Gründung und Name der Burg, Ursprung und Charakter des Geschlechts, über welche Dinge durchaus nichts feststeht, nicht das geringste überliefert ist.

a) Gründung der Burg und ihr Name. Darüber bestehen folgende Mutmaßungen. Groß hält allen Ernstes dafür, daß die Eisenburg auf einer uralten Kulturstätte erbaut sei. Jenen närrischen Gedanken-Saltomortale, daß die ehemalige Isenburg mit der Göttin Isis in Verbindung zu bringen sei, macht er allerdings und selbstverständlich nicht mit und verrät aber auch leider nicht die Quelle desselben. Hingegen [5] ist Groß von einer vorrömischen (keltischen) Gründung überzeugt. Erstlich hält er solche für beurkundet durch den Fund eines bronzenen Schwertgriffes durch Herrn v. Pflummern (s. Kr. 1838), eines Bronzekelts (Meißels) im Schloßgarten (s. städt. Museum) durch Hohenegger. Sodann glaubt er Spuren von ausgedehnten Erdwerken in der Nähe der Eisenburg erkannt zu haben und rechnet hiezu besonders den Eisenberg. Schließlich erblickt er im Namen Isenburg eine keltische Stammsilbe, hält sie mit isan = Eisen, isar = Glänzende u. ä. zusammen, auch mit der Tatsache, daß die Kelten geschickte Eisenarbeiter gewesen seien. Doch ist diese Silbendeutung ungereimt. Dem andern ist entgegenzuhalten, daß vereinzelte Funde, wenn sie dazu nicht zweifellos nach ihrem Ursprung bestimmbar sind, wenig, eigentlich nichts beweisen, insbesondere nichts von einer Siedelung. Was die Erdwerke anbelangt, so hat der allein in Betrachtung kommende Eisenberg allerdings, von Westen aus betrachtet, eine auffallende gleichmäßige Rundung, eine Schädelform. Aber gerade diese spricht durchaus nicht für die Kelten und ist jedenfalls durch den Ackerbau bedingt. Im übrigen fügt sich besagter Eisenberg, von höherer Warte betrachtet, unauffällig in den von zahlreichen Wasseradern zerfressenen Westrand der die Memminger Bucht überragenden Hochfläche, deren Ausläufer dieselbe Grundbildung zeigen. Von anderweitigen Wällen ist keine Spur zu entdecken. Die nachfolgende römische Besiedelung (Warte) ist nach Groß angedeutet durch zahlreiche Münzfunde, die obengenannter v. Pflummern dem Museum des Altertumsvereins Augsburg (s. Kr. 1838) zum Geschenk gemacht hat und durch eine von Hohenegger im Schloßgarten ausgegrabene Hadrian-Münze. Auch diese Funde sprechen noch nicht für die Annahme, daß auf dem heutigen Burgkegel eine römische Warte gewesen sei. Sodann wäre diese Stelle für den Ausblick ins Illertal nördlich von Memmingen sehr ungünstig gewählt. Schließlich darf auch daran erinnert werden, daß, wie Baumann in G. A. schreibt, die Römer nicht genügend Leute haben konnten um alle jene Posten nur zu besetzen, die ihnen zugeschrieben wurden und werden. – Die nachrömische Besiedelung: Während die beiden oben angeschnittenen Fragen noch offene sind und es jedenfalls auch bleiben werden, auch für unsere Zwecke im allgemeinen und im besondern eine mehr untergeordnete Bedeutung besitzen, handelt es sich bei der gegenwärtigen um eine Frage von einschneidender Bedeutung: nach der Gründung der gegenwärtigen Ansiedelung und damit dem Auftreten des [6] Geschlechtes der Isenburg. Erteilen wir wieder dem ersten um die Frage ernstlich bemühten Groß das Wort! Mangels jeglicher Nachricht hält er sich ähnlich wie oben an die Worterklärung. Er weist darauf hin, daß Isenburg die Burg des Iso bedeuten könnte, daß Namen wie Iso nach dem W. U. I. 769–853 nachgewiesen sind, daß also die Isenburg und ihr Geschlecht bis ins sagenhafte graue Altertum zurückreiche. Die Silbe ist uns übrigens noch in Isegrim, Isenhart, Isebrecht, Isanberchta u. a. geläufig. Bestärkt wird er in dieser Lehrmeinung durch das Schulprogramm des Kemptener Gymnasialprofessors Matth. Weishaupt von 1863, wonach Isenburg die Burg des Iso oder Isanbrecht bedeute. Diese Erklärung ist so verführerisch einfach und naheliegend, daß auch Dr. Miedel ihr in seinen „Oberschwäbischen Orts- und Flurnamen“ (Memmingen 1906) noch beipflichtete. Er kam dann auf Grund seiner späteren Forschungen zu einer unten zu erwähnenden Theorie, die mit unsern geschichtlichen Hin- und Nachweisen übereinstimmt, die also wohl das Richtige treffen dürfte. Was vorerst die „Burg des Iso“ unwahrscheinlich macht, ist der Umstand, daß, wenn die Isenburg so hoch in den Zeiten hinaufreichen, sie dann auch zum Uradel zählen würden und wir von ihnen dann jedenfalls auch Kunde hätten. Nun wissen allerdings die alten Chronisten von einer Schlacht am Feilenforst 727 des schwäbischen (allemannischen) Adels gegen den kleinen Pipin. Sie, unter ihnen Pater Maurus (J. I. 73), nennen uns auch die gefallenen Helden. A. a. O. tritt als 95. unter andern der Umgebung ein Gerlach von Isennperg auf. Baumann (G. A. I. u. Schw. 97) weist nach, daß diese Schlacht jedenfalls eine Erfindung des auch sonst als phantasiereich unvorteilhaft bekannten Kemptischen Geschichtsschreibers Birckius ist, daß sie erstmals in einer das Geschlecht des Bauernjörg (Georg von Waldburg) verherrlichenden zwischen 1527 und 1536 entstandenen Chronik, welche unrichtig den Marschall Leonhard von Pappenheim zugeschrieben wird, auftaucht, welche Chronik (wie alle damaligen) das Bestreben zeige, die Anfänge dieser Familie möglichst nahe der Arche Noe zu bringen. Die verzeichneten Geschlechter kündigen sich auch dadurch von selbst als Fälschungen an, daß Geschlechtsnamen überhaupt erst im 11. Jahrhundert auftreten und langsam gebräuchlich werden. – In den vielfachen Belehnungen während der schwäbischen Herzogszeit (912–1268) hören wir auch nie etwas von Edlen von Isenburg. Zum alten Adel gehören die Isenburg also nicht, und die Ableitung des Namens von Iso ähnlich jener der Ortsnamen [7] auf „ingen“, „heim“ u. s. w. ist schon deshalb am unrechten Platze, weil Ortsnamen mit dem Grundwort „burg“ erst im 12.–13. Jahrhundert aufkommen (G. A. I. 142). Dieser Umstand, zusammengehalten mit anderen gleich näher zu betrachtenden, führt uns zu der Annahme, daß die Eisenburg im 11. oder 12. Jahrhundert erbaut wurde, damals, als sich ganz Deutschland infolge der wilden Kämpfe der Heinriche, besonders des IV., mit bergenden, turmähnlichen Schutzbauten (Burgen) mit meterdicken Mauern, mit befestigten Klöstern, mit mauerumfriedeten Kirchhöfen zur letzten Zuflucht bedeckte. Der Name besagt also: die Burg auf dem Eisenberg, auf jenen Hügeln, deren eisenhaltiges Erdreich eisenschüssiges Wasser abgibt, wovon sich jeder überzeugen kann; also die Eisenbergburg, welches dreistämmige Wort nach Dr. Miedels Mitteilung vom Volke nach berühmten Mustern gekürzt wurde. Das helle î anstelle des jetzigen ei, welches die Allgäuer heute noch in wîn, wîb (Wein, Weib) u. s. w. kreischen, wandelte sich in unserm Teil Schwabens ungefähr anfangs des 15. Jahrhunderts in den Doppellaut. 1455 schrieb sich der letzte des Geschlechts noch „Ysenburg“. – Mit dieser Annahme bezüglich der Gründung der Burg deckt sich auch, was wir

b) von dem Entstehen des Rittergeschlechts der Isenburg vermuten können. Das Geschlecht blühte um 1200, sagt Bucelini, als miles (Ritter) tritt der erste 1208 urkundlich auf. Wenn wir nun 1288 (s. d.) hören, daß ein Isenburg Dienstmann des Stiftes Kempten ist, so weist uns das auf eine Spur, die wert ist verfolgt zu werden. Daß die Isenburg damals wirklich, tatsächlich noch Dienstmannen waren, ist kaum glaublich. Sie besaßen vom Stift Kempten nur 3 Lehenhöfe in Amendingen. Ihr ganzer übriger Besitz war völlig freies Eigentum. Sie waren (wie Gr. Ber sagt) eine dynastia imperii, eine freie Reichsherrschaft. Aber die Bezeichnung Dienstmann, Dienstleute, sagt uns, daß sie in der Erinnerung der Geschichtsschreiber noch als solche hafteten. Und wenn wir sodann damit zusammenhalten, was Baumann hierüber berichtet (G. A.) so wird unsere Mutmaßung nahezu zur Gewißheit. Die „Dienstmannen“ sind nämlich ein in der Herzogszeit sich bildender neuer Stand, der Unfreiheit mit ritterlichem Leben und Rang verband. Die Dienstmannen entsprossen teils dem Hofdienst (Schenke, Truchseße, Marschälle, Kämmerer), teils dem Rossedienst, teils fronrechtlicher Beamtung. Die meisten Ministerialen erzeugte natürlich der Roßdienst. Die daraus Hervorgegangenen nannten sich kurzweg [8] milites, Ritter, obzwar die eigentliche Ritterwürde erst mit hohen Kosten (Ritterschlag) erworben werden mußte. Der Beruf der Dienstmannen oder Ministerialen war ehrenvoll, dem Stand der wenig übriggebliebenen Vollfreien nahe, weshalb sich nicht bloß Zinsleute, sondern auch solche hiezu verpflichteten. Ansätze ihrer Befreiung zeigen sich schon vor 1268; im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts ist kein Dienstmann mehr vorhanden. Vchz. sagt S. I. 9, daß zur Zeit Konrad IV. (also um 1250) die Ministerialen schon als freie Herren galten, und daß, als die Staufen die Welfen beerbten (also um 1170), die Stellung der Dienstmannen sich in betr. Familien schon derart gefestigt hatte, daß man nicht leicht eine solche Familie eines solchen Amtes entsetzen konnte. Ob die Loslösung oder Befreiung friedlich oder mit Kämpfen sich vollzog, ist nach Baumann nicht bekannt. Ersteres dürfte während des Interregnums am wahrscheinlichsten sein. Sie erscheinen jetzt als Freie, welche höchstens noch ritterliche Kriegsdienste ihren alten Herren als deren Lehensinhaber leisten. Der alte Adel (Fürsten, Grafen, Freiherrn), ehedem Adel schlechthin, nunmehr hoher Adel genannt, wollte natürlich diese Neubildungen nicht anerkennen, mußte aber, da er selbst durch die immerwährenden Kriege und Züge (Kreuzzüge) sehr zusammengeschmolzen war, selbe schließlich doch als eben-, als ritterbürtig und bündniswürdig betrachten. – Daß die Isenburg endlich nicht aus dem Rossedienst (worauf das Hufeisen im Wappen weist) des Stifts, wie man annehmen möchte, sondern aus dem der deutschen Könige hervorgegangen ist, scheint daraus hervorzugehen, daß einmal das Stift Kempten erst unter seinem Abt Heinrich 1213 durch Vertrag mit Friedrich II. über seinen Immunitätsbezirk die Grafenrechte erworben hatte, daß dann zum andern unter den Besitzungen der Isenburg uns gerade die auffallen, die zum ehemaligen Gründungsbesitz des Klosters Ottobeuren gehörten (Steinheim, Amendingen mit Trunkelsberg u. a.), die aber 972 durch Ablösung des Kriegsdienstes dem König anheimfielen und von diesem jeweils an treue Anhänger vergabt wurden. – Groß nimmt an, daß der unter den Isenburg gebräuchliche Name „Heinrich“ auf das Haus Ellerbach hinweise. Aber wer hieß damals nicht Heinrich? Uebrigens scheint dieser Umstand weit eher auf die Kaiserreihe hinzudeuten, wozu auch der Umstand spricht, daß die Isenburg immerfort treu zu den deutschen Königen stehen – bis auf Ludwig den Bayern. Sie sind dem Hause Habsburg ergeben und ernten dessen Dank. Diese Anhänglichkeit an Habsburg, [9] dann einige kleinere Züge (eheliche Verbindung mit Schweizerischen u. a.) lassen schließlich die Meinung auftauchen, daß ihre Wiege nicht allzuweit vom Bodensee gestanden habe. –

Wir sind also der Ueberzeugung, daß das Geschlecht der Isenburg im 11. Jahrhundert oder spätestens zu Anfang des 12. zu ritterbürtigem Ansehen gelangte, die Burg, die uns beschäftigt, zur selben Zeit erbaute und nach ihr sich benannte.

3. Anderweitige Eisenburger.

Anderer Meinung ist Pater Maurus Feyerabend (J. I. 521), die wir der Vollständigkeit halber und dann noch aus einem andern Grunde anmit folgen lassen: „Der Abt von Ursperg sagt, daß unter dem Namen Ritter alles voll Räuber gewesen sei … Ein auffallendes Beispiel hievon liefern von jenen Zeiten selbst die nahest umherliegenden Gegenden. Unweit Ottobeuren lagen damals 3 Raubschlösser von dieser Gattung, welche die ganze Gegend beunruhigten und die öffentliche Sicherheit störten. Eine von diesen Burgen war ein Eigentum des alten Ritters Hildebrand Mammingers von Hundsmoor, von welcher Familie die benachbarte Stadt Mammingen, wie sie damals hieß(!), ihren Namen wahrscheinlich erhielt, und welche laut einer alten Urkunde zwischen Ottobeuren und Grünenfurth wohnte. Noch jetzt tragen einige Mähder des in dieser Linie gelegenen Pfarrdorfs Hawangen den Namen Hundsmoor oder Hundsmoos. Vielleicht war selbst das alte Eisenburg oder Isenburg der Wohnsitz des Ritters Hildebrand. – Das zweite war das Schloß Aichhalden, welches damals der edle Ritter Gotthard von Aichelberger bewohnte. Eine Waldung in dem Hawangenschen Gemeindebezirk, Aichhalden genannt, erhält noch einigermaßen das Andenken des alten Raubnestes. Das vorzüglichste von diesen Schlössern scheint die Burg Stephinsried gewesen zu sein, welches damals der edle Ritter Felix von Stephinsried inne hatte.“

„Anfangs des XVII. Jahrhunderts, als der fleißige Hauschronograph Gall Sandholzer die Ottobeurischen Jahrbücher bearbeitete, waren von diesen Raubschlössern mehrere Spuren und Ruinen noch übrig, welche man nach dessen Zeugnis auf verschiedenen Hügeln der dichtesten Wälder noch fand und bemerkte. Die Lage selbst dieser 3 Burgen, welche sich in einer beinahe geraden Linie von Stephinsried bis nach Eisenburg hinzogen, scheint die handfesten Ritter unter einander verbunden und eine Räubergesellschaft gebildet zu haben, die sich mit fremdem Eigentum wohl unterhielt und bereicherte. – Konrad [10] Neubronner von Osterach, damals Abt zu Kempten, … entschloß sich vielleicht auf nachbarliches Ansuchen des Abts Adalhalm oder vielmehr aus eigenem Antrieb für die Wiederherstellung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit, den Gewalttätigkeiten dieser Ritter durch Zerstörung ihrer Raubnester ein schnelles Ende zu machen und vollzog ohne Zögerung, was er beschlossen hatte. An der Spitze seiner Edeln, teils Vasallen, teils Ministerialen, zog er gegen die Raubschlösser an und ruhete nicht, als bis er alle Schlupfwinkel dieser Räuber und Mörder entdeckt, ihre Türme, feste Plätze und Burgen zerstört, mit Feuer und Schwert verheert und die öffentliche Ruhe und Sicherheit in diesen Gegenden allerorten hergestellt hatte …“ Soweit Pater Maurus. In Quelle B. S. 3 finden wir den Roman folgendermaßen ausgesponnen: „Für solch verdienstliches Unternehmen erntete übrigens Abt Konrad schlimmen Lohn; denn nachdem er die Burgen … zerstört, wandten sich die Beschädigten klagend an König Heinrich IV. (1056–1106) und dieser entsetzte den Abt. Letzterer behauptete sich jedoch im Besitze der Abtei und es gelang ihm, nachdem der „edle“ Hildebrand Mamminger von seinem Schloß Möskirch aus abermals Raubzüge gegen das Stift Kempten unternommen und das Gotteshaus empfindlich beschädigt hatte, den Mamminger mit 7 seiner Genossen in seine Gewalt zu bringen, worauf öffentlich Gericht über sie gehalten und sie auf dem Bühl der Schwaigwiese hingerichtet wurden.“ In G. K. I. 71 ist die Angelegenheit ähnlich dargestellt, und wir finden als die 5 Räuber: Hiltebrand Mamminger von Hundsmoor, Gotthard Eichelberger auf Eichhalden, Felix von Stephansried, Otto von Wieberg und Diepold von Scheer auf Georgenburg. Der Eisenburg ist hier nicht Erwähnung getan. Schade, daß die ganze hübsche Geschichte – eine Fabel des Birckius ist (15. Jahrhdt.), wie Baumann in Schw. unwiderleglich nachweist, so daß nicht einmal Abt Konrad als geschichtliche Persönlichkeit bestehen bleibt. Schon in G. A. I. 259 weist er darauf hin, daß die Namen der Ritter die Angelegenheit als spätes Machwerk kennzeichnen. – Warum sie dann hier steht? Aus dem andern Grund, um zu zeigen, daß die Eisenburg auch in ihrer vorgeschichtlichen Zeit nicht als Raubnest im Gedächtnis der alten Chronisten haftet. Mamminger ist, wenn er wirklich gelebt hat, weder der Gründer Memmingens noch der Bewohner der Eisenburg.

Hingegen treten hier und dort anderweitige geschichtliche Eisenburger auf, die wir von den unsern scheiden müssen. So erscheint 1191 ein Hilteboldus de Isenburk als Zeuge unter den Freien im Gefolge des Pfalzgrafen Rudolf von Tübingen im [11] Zisterzienserkloster Bebenhausen (W. U. I. 272). Dieses Isenburg ist aber im Oberamt Horb gelegen, von wo sich ein Geschlecht mit 3 Hufeisen im Wappen benennt (L. Schmid: Die freien Herren von Werstein und Isenburg). 1240 ist ein Hainricus de Isenburg Zeuge, da Abt Konrad von Reichenau dem Kloster Salem gegen einen jährlichen Wachszins 2 Wiesen bei Hohenkrähen und Friedingen überläßt (Codex dipl. Salemitanus I. 239). Auch dieser ist nach Groß als von der erstgenannten Linie abstammend bestimmt. Schon 1211 macht ein Hugo Camerarius de Isenburch Zeuge, der sich nicht näher bestimmen läßt. Hingegen sind Gerlacus et Henricus de Isenburg (W. U. III. 363, 387), die 1235 unter den Zeugen sind, da Konrad von Hohenlohe, Graf von Romagna, der Kirche und dem Erzbischofe Heinrich von Köln sein Schloß Bichtel zu einem erblichen Lehen aufträgt, von der Isenburg in der Rheinprovinz. – Groß beansprucht um 1300 einen Herrn Berolt von Isenhain als einen Eisenburger Herrn Berthold. Derselbe ist (Stif. 8. 245) „Gewere“ eines Verkaufes von Seiten des Abtes Konrad von Ottobeuren an Konrad Knetstuel den Jungen von Memmingen, betr. Heinrichs Gut Blumenried zu Benningen. Kptl. O. 159 wird wohl Recht haben, wenn es diesen als Frater für sich anspricht und denselben 1282 als Rector ecclesiae sancti Martini und 1285 als dominus de Isenhain conservator domus sancti Antonii bestimmt. Es ist jedenfalls auch derselbe, der sich 1311 beim Rat der Stadt um ein „liegend Gut“ bewirbt und um 20 ℔ haller am St. Kilianstag (8. VII.) durch Marquart den Amman usw. erhält (Sti 225. 1). – Am Freitag in der Osterwochen 1393 (11. IV.) urkundet Pfaff Heinrich, Kirchherr zu Lauben, daß er sich mit Klaus Tagbrecht, Bürger zu Memmingen (künftig abgekürzt B. z. M.), seinem Lehensherrn und dessen Leuten und Hintersaßen zu Lauben bezüglich des Zehenten und andrer Dinge verglichen und an dieselben keinen Anspruch mehr zu machen habe. Dieser Brief ist besiegelt mit Pfaff Heinrichs, Friedrichs von Freyberg seßhaft zu Isenberg u. a. Insiegeln (Sta. 134. 5). Es ist dies offenkundig Freiberg-Eisenberg bei Füssen, trotz der räumlichen Nähe der Begebenheit. Uebrigens stammt die Sage die Freyberg seien einmal im Besitze der Eisenburg gewesen aus von Hormayers „Goldener Chronik“. Auch die im ältesten Urbar der bischöflich-augsburgischen Besitzungen aufgezählte Ysenburch (1316) ist dort oben zu suchen. – Der in G. I. 163 genannte „Lothar von Isenburg (vielleicht Eisenburg)“, Landvogt von Schwaben, den als Lutherius um 1309 auch der Gr. B. I. 69 enthält, ist nicht von unserm Eisenburg stammend – da es nach U. B. keinen Landvogt [12] dieses Namens gab, wenigstens nicht in Oberschwaben, und Niederschwaben dürfte für unsere Isenburger kaum inbetracht kommen. – Im Jahre 1354 werden die Insenberg Patronatsherren von Christazhofen und Euttenhofen genannt (Kr. 1815). Groß meint, daß sie mütterlicherseits Erben der Freiherrn von Gottratshofen gewesen sein könnten. (Baumann schreibt übrigens II. 512 Enkenhofen.) Die Frage lassen wir offen, ebenso jene von der gleichen Quelle: a. d. 1380 verkauft Bartle der Portner an Katharina von Iselburg 2 Höfe zu Gutenberg an der Gennach bei Kaufbeuren. Doch ist im letzteren Falle daran zu erinnern, daß es nach Bc. Stammtafel sowohl, wie nach der unsern um diese Zeit eine Katharina gab und daß Iselburg vielleicht nur ein bei alten Urkunden häufig vorkommender Lesefehler ist. – Was es mit dem „Regiment Isenburg“ in Kempten (um 1850) wie mit dem Grafen Ysenburg in „Feldwebel Schrafels merkwürdigen Schicksalen“ (1813, neu erschienen 1913 Korn-Nürnberg) für Bewandtnis hat, konnte Bearbeiter nicht ausfindig machen.

Damit wäre nun der Weg frei. Wollen wir ihn betreten. Er gliedert sich in die folgenden aus dem Wechsel der „Herrschergeschlechter“ ganz natürlich sich ergebenden 4 Teile:

1. Die Herrschaft der Isenburg 1200–1455;
2. die der Sippe der Setteline bis 1601;
3. der Neubronner und Nachfolger bis 1804;
4. die Herrschaft Eisenburg im konstitutionellen Zeitalter bis 1848.