Eingetreten und schon fluthet’s

Textdaten
<<< >>>
Autor: Marie Eugenie Delle Grazie
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Eingetreten und schon fluthet’s
Untertitel:
aus: Italische Vignetten,
S. 14-16
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Breitkopf und Härtel
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Aus dem Zyklus „Rom“.
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[14]


 Im Collosseum.

 1.

Eingetreten und schon fluthet’s
Von Gestalten um mich her,
Aug’ und sinnberückend gluthet’s
Rings, ein flirrend Farbenmeer!

5
Hoch auf marmornen Emporen

In der Toga schwerer Pracht
Rom’s gewalt’ge Senatoren,
Fürsten gleich, an Ehr’ und Macht;
Hier im weißen Priesterkleide

10
Vesta’s hehrer Jungfrau’nkreis,

Dort im blanken Erzgeschmeide
Feldherrn mit dem Lorbeerreis,
Und, entzückend anzusehen,
Roma’s Frau’n, ganz Lust und Scherz,

15
Trügerische Lichtkameen:

Weich der Schnitt und Stein das Herz.
Aller Völker Sprachen wecken
Dieser Mauern Echo auf:
Von Ägyptens Wüstenstrecken

20
Bis zu des Rhenanus Lauf;

Von dem Schmeichellaut der Parsen,
Bis zum rauhen Gurgelton
Finst’rer Brukterer und Marsen
Schallt es wirr um Cäsars Thron. –

[15]

25
Und schon naht er selbst im Schimmer

Seiner unbegrenzten Macht,
Diese Krone, welch Geflimmer!
Dieser Purpur, loh’nde Pracht!
Diese Augen – ha, wo blitzen

30
Ähnliche voll Gier und Gluth?

Spähe nach des Zwingers Ritzen,
D’rin der Königstiger ruht!
Doch – noch prunken helle Farben
Mit der Schönheit im Verein,

35
Zauberische Sonnengarben

Streuen gold’ne Funken d’rein,
Festlich wogt es im Gedränge,
Festlich strahlt des Äthers Dom,
Und zu Füßen ruht der Menge

40
Heut’ die Weltbezwing’rin Rom!

Da – ein Klirren in der Tiefe
Der Arena – und heraus
Speit, als ob ein Dämon riefe,
Sie der Thierwelt ganzen Graus:

45
Königstiger und Hyäne

Wühlen knirschend in dem Sand,
Und der Löwe wirft die Mähne
Um die Stirn wie zornentbrannt;
Hunger reizt in grimmer Weise

50
Schon seit Stunden ihre Wuth

Und Rom’s Cäsar beut als Speise –
Schaud’re – ihnen Menschenblut!
Hilflos zitternde Gestalten
Stößt des Henkers Tritt herein,

55
Und im Kampf mit den Gewalten

Roher Urkraft flieht ihr Sein.
Werden auch die Römer fliehen?
Ruft kein Einziger: „zu viel!?“

[16]
Schande wär’s – mit sattem Glühen

60
Folgt ihr Blick dem frevlen Spiel.

Und ein grausam wildes Leuchten
Bricht mit ungezähmter Macht
Plötzlich aus den trüg’risch-feuchten
Frauenaugen – Rom, hab’ Acht!

65
O dies widerliche Spähen,

Um der Opfer letzte Qual
Wie ein Spiel mit anzusehen,
Pfui, welch Grinsen überall –
Keine Schranke trennt die bunten

70
Weltenprahler mehr vom Thier –

Bestien oben, Bestien unten:
Dort Natur – Gesittung hier!