Eine alte Feuerlösch-Ordnung der königl. Hauptstadt Olmüz

Textdaten
Autor: Franz Beysch
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Titel: Eine alte Feuerlösch-Ordnung der königl. Hauptstadt Olmüz
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aus: Die Neue Zeit : Olmüzer Zeitung (1868), 21. Jahrgang, Nr. 182 S. 1, Nr. 183 S. 1
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Erscheinungsdatum: 1868
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Erscheinungsort: Olmütz
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Quelle: Scans bei ANNO 8.8.1868 und 9.8.1868 sowie pdf auf Commons, Commons
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Feuilleton.




Eine alte Feuerlösch-Ordnung der königl. Hauptstadt Olmüz.
I.

Die erste bekannte Feuerlösch-Ordnung datirt vom Jahre 1638, eine zweite folgte im Jahre 1705, die dritte wurde vom Magistrate im Jahre 1711 nach der großen Feuersbrunst im Jahre 1709 kundgemacht. Diese leztgenannte Feuerlösch-Ordnung war bis zum Jahre 1785 in Wirksamkeit. Durch das Patent vom 25. Juli 1785 wurde die allgemeine Feuerlösch-Ordnung von Kaiser Josef erlassen und mit Benüzung der Feuerlösch-Norm vom Jahre 1711 den örtlichen Verhältnissen angepaßt und durch eine Kundmachung des Olmüzer Magistrats vom 31. Jänner 1836 zur genauesten Befolgung republizirt. Eine wiederholte Republikation des erwähnten Patentes erfolgte durch die lezte vom Gemeinderathe unterm 27. März 1857 umgearbeitete und vom Olmüzer Kreisamte unterm 4. Jänner 1860 bestätigte Feuerlösch-Ordnung.

Die Feuerlösch-Ordnung vom Jahre 1711 ist in Olmüz bei dem damaligen Buchdruker Ignaz Rosenberg gedrukt, und mit dem Chronographicum: Magno teInoqVe Deo ConseCratVr versehen.

Vor dem Titelblatt stellt ein Kupferstich ein Quodlibet von Feuerlösch-Requisiten vor mit dem Stadtwappen in der Mitte.

Die Zeichnung ist von Naboth, der Stich von A. Freundt in Olmüz, dessen Familie sich unter derselben Firma durch einige Generationen im Besize der Kupferstecherkunst in Olmüz erhielt.

Die Feuerlösch-Ordnung vom Jahre 1711 besteht aus 4 Theilen und 71 Absäzen oder Artikeln. Der erste Theil enthält die Bestimmungen über die Bewahrung des Feuers, der zweite über die Bewahrung der Löschrequisiten, der dritte behandelt die Löschung und der vierte die Vorkehrungen nach gelöschter Feuersbrunst.

Aus dieser Feuerlösch Ordnung läßt sich entnehmen, daß in jener Zeit in Olmüz noch Kamine von Holz und Lehm und auch noch Strohdacher und hölzerne Hauser bestanden haben; denn es heißt in Absaz IV, daß „die von Holtz und Laimb gemachte Rauchfänge“ nicht zu dulden, und in Absaz VII, daß „alle Stroh-Dächer, Holtzerne und mit Brettern verschlagene Giebel, und andere unnüze, gefährliche Höltzerne Gebäude“ gänzlich abzuschaffen sind.

Nur allmälig machte das aus Holz und Lehm, Stroh und Rohr bestehende Baumaterial dem solideren und feineren Plaz. Die vielen Feuersbrünste, welche ganze Theile der Stadt Olmüz in Asche legten und die bei dem Mangel der Häuser an ordentlichen Rauchfängen und Schornsteinen ebenso leicht entstanden, als sie durch das ältere Baumaterial rasch fortgeleitet wurden, drängten den Bürgern mehr als der Geschmak von Schönem und Soliderem die Adoption der Bruch- und Baksteine auf.

Wie schlecht der Bauzustand der Häuser in Olmüz im Jahre 1711 und wie groß die Gefahr bei Feuersbrünsten gewesen sein muß, geht aus den im Absaz VI und VII enthaltenen Bestimmungen der in Rede stehenden Feuerlösch-Ordnung hervor, wornach alle Bürger und Inwohner ermahnt worden sind, in ihren Häusern sich mit einem wohlversicherten Gewölbe zu versehen, um bei einer Feuersgefahr darin die besten Sachen bewahren und erhalten zu können, und die Dachbodenstiegen nicht mehr aus Holz aufzuführen. Ebenso schlecht war es mit den Feuermauern bestellt, und es wurden alle vermöglicheren Bürger aufgefordert, die Schild- und Hauptmauern so hoch aufzuführen, damit die Dächer von einander geschieden, das Feuer mittelst der Feuermauern abgeschnitten und leichter gelöscht werden kann.

Uibrigens bestehen viele der berührten feuerpolizeilichen Uibelstände noch heutzutage fort, und in dieser Beziehung fällt manchem Hausbesizer, der im eigenen, als auch im allgemeinen Interesse vielleicht mit geringen Kosten den Bauzustand seines Hauses verbessern könnte, eine strafbare Versäumnis zur Last.

II.

Das Löschwesen war, wie es aus der Feuerlösch Ordnung vom Jahre 1711 hervorgeht, noch damals in einem schlechten Zustande.

Der Gebrauch der Sprizen war noch nicht so ausgedehnt. Die Stadt Olmüz hatte nur 2 größere und 1 kleinere metallene Kunstsprizen. Die Löschgeräthe bestanden hauptsächlich in Feuerleitern, Feuerhaken und Feuereimern. Man richtete, wenn es möglich war, diese Leitern an brennenden Gebäuden empor, die Löschenden bestiegen dieselben, die mit Wasser gefüllten Eimer wanderten demnächst von Hand zu Hand und wurden oben in das Feuer entleert. Welche Resultate hiedurch erreicht werden konnten, bedarf wohl keiner Erläuterung.

Wenn das Feuerzeichen gegeben wurde, mußten mehrere mit Feuer-Haken und Feuerleitern beladene Wagen zum Brandplaze geschafft werden. Die Requisiten waren sowol im Rathhause, als in dem sogenannten „Trüber Haus“ (gegenwärtig Maurizkaserne) aufbewahrt, und dem Gassenmeister zur Verwahrung anvertraut.

Noch schlechter stand es mit der Beischaffung des nöthigen Wasservorrathes und mit der Beleuchtung.

Die Bürger und Inwohner waren angewiesen, Geschirre mit Wasser vor das Haus sowol bei Tag, als bei Nacht mit Ausnahme der Winterszeit in Bereitschaft zu stellen und auch die Bräuer mußten nach beendetem Gebräu die Bräupfannen mit Wasser füllen lassen um im Falle der Noth Wasser zum Löschen zu erhalten.

An den Ekhäusern waren Pechpfannen angeschraubt, um dieselben zur Nachtzeit auf jene Seite drehen und winden zu können, wohin es nothwendig war. [183/1]
Jeder Ortseinwohner erhielt vom Magistrat die erforderliche Anzahl Pechkränze als Beleuchtungsmaterial; auch mußten bei einem Brande Luster oder Laternen mit Lichtern in die Fenster gestellt oder aufgehängt werden.

Das Feuer in den Pechpfpanen zu unterhalten, war Aufgabe der Bewohner von den Ekhäusern. Die Seiler und ihre Gesellen hatten darüber zu wachen, daß durch diese Strassenbeleuchtung kein Schaden entstehe. Diese Gewerbtreibenden mußten auch die Pechpfannen auf die hiezu verfertigten Kreuze zu den Röhrkästen tragen, in den Pfannen Feuer machen und dieses während der Feuersbrunst unterhalten. Jedem Gewerbe und jeder Zunft war eine bestimmte Dienstleistung beim Feuer zugewiesen.

Zum Ruhme unserer Vorfahren sei erwähnt, daß, ehe noch die Löschgeräthschaften den Grund jeziger Vollkommenheit erreichten, bei einer Feuersgefahr Jeder Hand anlegte, um seines Nächsten Hab und Gut zu schüzen, in der Uiberzeugung, daß vielleicht in nächster Zeit, ihn ein gleiches Schiksal treffen wird, und er um so gewisser auf die Hilfe seiner Mitbewohner rechnen kann.

Sobald vom Wächter des Rathhausthurms das Feuer-Signal mit der Trompete und durch das Anschlagen an die Feuergloke gegeben worden ist, verließ Jeder Arbeit und Vergnügen, um mit eigener Gefahr den Hilfbedürftigen beizuspringen und das entfesselte Element in seine Grenzen zurükzuweisen.

Der Mangel an zwekentsprechenden Feuerlöschgeräthen und an Kenntnissen zur Bewältigung des Feuers wurde durch solchen regen und lebendigen Eifer theilweise ersezt.

Nach der Feuerlösch-Ordnung vom Jahre 1711 wurden die äußern Stadtthore bei einer Feuersbrunst gesperrt, dagegen die Pforten durch die innern Stadtmauern zu den Wassergräben, namentlich beim Katharinen-, Mitter- und Littauer-(Theresien)-Thore, dann nächst der Puzen- und Färbergasse und der obern Pilten geöffnet, um jedem Wassermangel zu begegnen.

Zu jener Zeit hatte Olmüz noch Vorstädte. Brach das Feuer zur Nachtzeit aus, so wurde bloß das Katharinenthor geöffnet und durch dasselbe alle zur Bewältigung des Brandes berufenen Handwerksleute eingelassen. Die Wachen wurden sowohl bei der Hauptwache als bei dem bezeichneten Thore verstärkt, und Niemand durfte sich bei einer solchen Kalamität aus der Stadt entfernen, es wäre denn, daß das Feuer bei Tag zur Wochenmarktszeit ausgebrochen und die Entfernung der Wagen mit den Vorräthen nothwendig war.

Ferner wurde angeordnet, daß bei jedem Tumult auf den ersten Trommelschlag von jeder der drei Stadtkompagnien sich 60 Mann, also im Ganzen 180 Mann mit Ober- und Untergewehr und mit Pulver und Blei zur Hauptwache stellen; bei einer Feuersbrunst genügten 60 Mann.

Je mehr die Löschgeräthe vervollkommt werden und die Bewohner sich bei Feuerversicherungen betheiligen, je mehr die Baulichkeiten hinsichtlich der Feuersicherheit den baupolizeilichen Prüfungen unterzogen werden, desto mehr schwindet die Furcht vor dem verheerenden Elemente.

Leider tritt aber an Stelle des früheren regen und lebendigen Eifers eine Gleichgiltigkeit. Viele Leute kommen zur Brandstelle, um als müssige Zuschauer ihre Neugierde zu befriedigen, ohne sich weiter um die durch den Brand Verunglükten zu kümmern. Thätige und umsichtige Männer werden in ihren Anstrengungen nicht unterstüzt, sondern durch die gaffende und am unrechten Orte raisonirende Menge sogar verhindert, dem Feuer kräftig entgegenzutreten.

Die neue, demnächst zur Berathung des Stadtverordneten-Kollegiums gelangende Feuerlösch-Ordnung soll der Unkenntniß in der Behandlung der Löschgeräthe, in allen bei Feuern eintretenden Uibelständen vorbeugen, in der richtigen Voraussezung, daß nur durch geeignete Verwendung der Kräfte günstige Resultate herbeigeführt werden können.

Die Grundzüge des neueren Feuerlösch-Systems sind in den Entwurf der Feuerlösch-Ordnung aufgenommen worden, namentlich die Uiberlassung der Lösch- und Rettungs-Funktionen an eingeübte Mannschaften und Beseitigung der regellosen und daher ungenügenden Hilfeleistung, die Uibertragung des Kommandos an eine befähigte vertrauenswürdige Persönlichkeit zur Vermeidung von Schwankungen und Verzögerungen, endlich Disziplin in den für das Löschwesen ausgebildeten Korps, aus welcher allein die unverweilte Ausführung gegebener Befehle hervorgehen kann.

Franz Beysch.