Textdaten
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Autor: L. B.
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Titel: Eine Wohlthat für Viele
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 3, S. 47–48
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1868
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[47] Eine Wohlthat für Viele. Es giebt ein Hausmittel gegen ein kleines, aber recht empfindliches Uebel, das andern Mitteln beharrlich trotzt. Das Uebel heißt Hühnerauge und tritt oft so unbescheiden auf, daß Proppen nicht mit Unrecht behauptet, er hätte eines, welches so groß wäre, daß er nicht mehr wüßte, wer das Hühnerauge und wer die Zehe ist.

Gegen Hühneraugen, die äußerlich unmittelbar mit dem Schuhwerke in Berührung stehen, sind Ringe aus Leder oder Filz, mit Heftpflaster um das Hühnerauge befestigt, mit gutem Erfolge angewendet worden. Anders verhält es sich aber, wenn Hühneraugen beseitigt werden sollen, welche zwischen zwei Zehen sich angesiedelt. Hier helfen die Ringe nicht mehr, da sie leicht hart werden oder sich verschieben, zumeist aber wohl darum nicht, weil sie auf die bereits empfindliche, oft entzündliche Stelle der mit dem Hühnerauge behafteten Zehe aufgesetzt werden.

Die Hühneraugen zwischen den Zehen entstehen fast immer in Folge des Druckes, den die hervorragenden Knochen der Zehengelenke auf die benachbarten Zehen ausüben. Mit liebenswürdiger Ausdauer pflegen diese Knochentheile die Kinder ihrer Laune großzuziehen und zu unterhalten, und das um so eifriger, je mehr sie darin durch die meist ungeschickte, aber seitens der Herren Schuhmacher mit Stolz vertheidigte, auf das Zusammenpressen der Zehen hinzielende Façon des Schuhwerkes unterstützt werden. Der Versuch, dem Verbrecher direct auf den Leib zu rücken, durch Aufkleben eines passenden Ringes auf die Stelle der Zehe, welche durch ihren Druck auf der Nachbarzehe ein Hühnerauge verursacht – (das Auseinanderhalten der beiden feindlichen Nachbarn vermittels des Ringes) – hat die beste Wirkung gehabt; die arme Hühneraugenzehe, froh, von dem Drucke der Knochen ihres Nebenmannes befreit zu sein, beeilte sich nicht blos, keine Schmerzen mehr wahrnehmen zu lassen, sondern in der kurzen Zeit von zwei bis drei Wochen auch ihr Hühnerauge, in Form eines harten, linsenförmigen Körperchens, abzustoßen.

Das gepriesene Mittel besteht also 1) in einem kleinen Ringe aus Gummi elasticum (weiches Gummi, wie solches zum Auswischen von Bleistiftstrichen benutzt wird), den sich Jedermann leicht mit der Scheere zurechtschneiden kann, 2) aus einem ungefähr einen halben Zentimeter breiten und achtzehn bis zwanzig Centimeter langen Striemen mit Heftpflaster bestrichener Leinwand, und 3) aus einem mit Heftpflaster bestrichenen Leinwandläppchen von der Größe des Ringes.[1] – Das Leinwandläppchen wird unter den Ring gelegt und dieser mit sammt dem Läppchen an die Stelle der Zehe angehalten, welche die Ursache des Hühnerauges war; dann wird, behufs Befestigung des Ringes, der Leinwandstriemen so um Ring und Zehe geschlungen, daß die dem Hühnerauge zugekehrte Ringöffnung nicht überdeckt werde. Die Ringe bleiben auch Nachts liegen; das Heftband pflegt eine Woche lang, ohne ein Verrutschen zuzulassen, zu halten.

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Deutlichkeit halber ist hier eine Zeichnung beigefügt. Fig. 1, stellt, wagerecht schraffirt, den Gummiring, und, punktirt, das Leinwandläppchen unter demselben vor. Fig. 2, ebenfalls in natürlicher Größe, zeigt, wagerecht schraffirt, den auf der Zehe befestigten Gummiring, punktirt den um Ring und Zehe geschlungenen Leinwandstriemen, während, etwa bei a auf der kleinen Zehe, das Hühnerauge sich befindet. In entsprechender Weise werden die Ringe angelegt, wenn die Hühneraugen an anderen Stellen und anderen Zehen sich gebildet haben sollten.

Sollten einige der verehrten Inhaber der erwähnten kleinen Plagen nach Anwendung des oben beschriebenen Mittels über den Verlust ihres Eigenthumes sich nicht trösten können, da die Erfahrung lehrt, daß der Mensch im Allgemeinen sich nur mit Widerstreben von dem trennt, was ihm, gleichviel in welcher Form, gehörte, so dürfte ihnen, behufs baldigen Ersatzes für das Verlorene, die Anschaffung von solchem Schuhwerk bestens empfohlen werden, welches einen sogenannten Fuß macht, d. h. die Zehen recht gehörig gegen und unter einander zwängt.

Gotha, Mai 1867.

L. B.


  1. Kann Einfachheit halber auch wegbleiben, da das Läppchen nur dazu dienen soll, dem Ringe auf der Zehe eine ebene Unterlage zu bereiten.