Textdaten
Autor: unbekannt
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Titel: Ein neues Lied
Untertitel: darinnen Der Zustand itziger bedrängten Zeit/ der fast die gantze Christenheit betrifft/ vor Augen gestellet wird
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Entstehungsdatum: um 1700
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Quelle: im VD17 unter der Nummer 39:147280R
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[1]

Ein neues Lied /

darinnen


Der Zustand itziger bedrängten Zeit / der fast die gantze Christenheit betrifft / vor Augen gestellet wird; Mit Beyfügung / was die Ursach dessen sey? Und Aufmunterung zu rechtschaffener Busse / damit der liebe GOtt seiner Christenheit Friede und Einigkeit verleyhen und alles Ubel gnädiglich abwenden wolle.

Im Thon: Es ist gewißlich an der Zeit.


ACh GOtt! was werden wir für Zeit noch in der Welt erleben? Es ist verschwunden all Freund? der Menschen Hertzen schweben / in lauter Kummer / Angst und Noth / erbarm es doch den lieben GOtt / ist allgemeines Klagen.

Wie lebte man nicht so vergnügt / vor viertzig / funfftzig Jahren / all Nahrung itzt darnieder liegt / ich hab es wohl erfahren / sagt mancher alt-verlebter Mann / itzt weiß man nichts zu fangen an / was wird hieraus noch werden?

[2] Sein Brodt verdienet jederman vormahls mit Lust und Freuden / es durffte nicht der Unterthan / so viel Beschwerung leiden / die Bürger hatten da noch Geld / nunmehr ist gantz verkehrt die Welt / wird öffters lamentiren.

Fast durch die gantze Christenheit / an allen Ort und Enden / ist nichts als lauter Krieg und Streit / wo man sich hin thut wenden: dort fallen so viel tausend Mann / da geht ein neues Treffen an / hört man aus den Avisen.

Man hört von Krieg und Kriegs-Geschrey / zu Wasser und zu Lande / ist hievon eine Landschafft frey / und noch in Friedens-Stande / muß so viel Contribution / als Steuer und Capitation / und wie mans heist hergeben.

Bald gehet ein Werbung an / bald heist es recroutiren / wann also so viel tausend Mann / im Lande durch marschiren / so heist es: gebt dem Volck Qvartir / schafft Fleisch / Brod / Butter / Wein und Bier / und was man sonst begehret.

Der Bürger läst sich Tag und Nacht / sein Handwerck sauer werden / hat er etwas vor sich gebracht / so gehts auf die Beschwerden / hat manchmahl kaum das [3] liebe Brodt / ja mancher muß noch große Noth / mit Weib und Kindern leiden.

Der Bauer braucht auch seinen Fleiß / muß sich sehr strapuziren / er ißt sein Brod gewiß im Schweiß / kan doch nichts prosperiren / beklagt sich offt: Du lieber GOtt! muß man doch alles beym Gebot / was man verdient / hergeben.

Ja was noch sonst das Hertze kränckt / und schmertzlich zu beklagen / ist das / wanns einer recht bedenckt / das Krieg und andere Plagen / ein Christ dem andern füget zu / da man in Fried und guter Ruh / beysammen solte leben.

Es leben feindlich auch so gar / Religions-Verwandten / es fallen öffters in die Haar / Bekannte den Bekannten; der Unterthan pariret nicht / vergisset seiner Treu und Pflicht / die er so hoch geschworen.

Ein Schwager ist des andern Feind / ein Freund den andern plaget / von dem / mit dem ers treu gemeynt / wird er wohl gar verjaget; ja Brüder selbst parheyisch seyn / die unter eines Hertzens Schrein / den Lebens Geist empfangen.

Fragt man nun was die Ursach sey / des Kriegs auf allen Seiten? so ist dieselbe gar nicht neu; GOtt hat vor langen Zeiten / im alt- und neuen Testament / Pest / [4] Hunger und den Krieg genennt / der Sünd und Laster-Straffen.

Wollen wir vom Krieg seyn befreyt / und aller schwere Straffen / so müssen wir zuvor beyseit / die Ursach deren schaffen; alsdann wird uns der liebe GOTT / von Kriegs-Gefahr und aller Noth / gantz väterlich erretten.

Wir wollen und wie Ninive / zu wahrer Busse wenden / so wird sich Krig und alles Weh / eh wirs vermeynen / enden. Es soll bey dieser Krieges-Zeit / von der bedrängten Christenheit / aus Hertzensgrund erschallen:

Verleyh uns Frieden gnädiglich / HErr GOTT zu unsern Zeiten / es ist doch ja kein ander nicht / der für uns könte streiten / denn Du unser GOTT allein; so wollen wir Dir danckbar seyn / hier / und dort ewig /

AMEN.