Ein freiwilliger vierzigtägiger Todesschlaf

Textdaten
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Autor:
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Titel: Ein freiwilliger vierzigtägiger Todesschlaf
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 52, S. 575–576
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1853
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[575] Ein freiwilliger vierzigtägiger Todeschlaf. Erich von Schönberg erzählt in seiner neuesten Reisebeschreibung (Leipzig, Brockhaus): Es war in Amritser, als ein Hindostaner, ein Fakir, etwa vierzig Jahre alt, bei Runjit-Singh im Derbar sich einfand und erklärte, daß er sich auf Wunsch begraben lassen wolle, und nach vierzig Tagen bei Oeffnung des Grabes in das Leben zurücktreten werde. Runjit-Singh nahm den Vorschlag an, und ließ zwischen seinem Gartenhause und dem Fort von Amritser auf einer freien Ebene ein Haus mit nur einem, aber sehr festem Thore erbauen. Zur anberaumten Zeit fand sich der Fakir ein, und bat nur, daß man ihn bei seinem Todesschlafe, und dem nachmaligen Erwachen, von seinem Diener, der des nöthigen Verfahrens kundig sei, behandeln lassen möge. Er hatte, als Vorhereitung zu dem Todesschlafe, zwanzig Tage hindurch (während welcher Zeit ihn Runjit-Singh stets hatte beobachten lassen, nur Milch genossen, und angeblich so viele Abführungsmittel genommen, daß Nichts in seinen Eingeweiden zurückgeblieben sei. Im Derbar angelangt, unter den Augen sämmtlicher ersten Sirdars des Hofes, schritt der Fakir zur Ausführung, indem alle Oeffnungen seines Körpers, Ohren, Nase u. s. w. mit Wachs geschlossen wurden – vom Munde wußte General Ventura, der mir diese Thatsache als Augenzeuge verbürgte, sich nichts zu erinnern – und begann darauf den Athem nach innen zu ziehen. Nachdem er dies einige Male wiederholt, fiel er um, und lag mit geschlossenen Augen, wie ein Todter da, mit allen Zeichen eines Verstorbenen, nur auf der Mitte des [576] Kopfes war er brennend heiß anzufühlen, und hier schien das Blut so heftig zu schlagen, daß es der aufgelegten Hand gleichsam widerstand; der übrige Kopf war kalt. Man legte den Fakir dann in den Sarg, befestigte den Deckel darauf und senkte den Sarg in das zu diesem Behufe in der Mitte des oben erwähnten Hauses bereitete Grab, belegte ihn mit Brettern, schüttete das Grab mit Erde zu, und säete Weizen und Reis darauf. Die Thüre des Hauses wurde verschlossen mit zwei Schlössern, von welchen der eine Schlüssel dem Großschatzmeister der andere dem General Ventura übergeben wurde. Auch ließ Runjit-Singh das Grab von Zeit zu Zeit in seinem Beisein untersuchen, bemerkte aber nie die geringste Veränderung daran. Am vierzigsten Tage ward es geöffnet, und man fand den Fakir ganz so im Sarge liegend wie er hineingelegt worden war, nur etwas gelber vielleicht. Der Diener begann nun seine Behandlung; er buk ein zwei Finger dickes Rutibrot nach der Landesitte, und legte es dem Fakir brennend heiß auf den Scheitel, der noch eben so warm war, wie am Begräbnißtage; nachdem er hierauf alle Glieder durchrieben, öffnete er die verstopften Oeffnungen des Körpers, und der Fakir schlug die Augen auf, jedoch, dem Anschein nach, seiner Besinnung nicht mächtig; diese erlangte er erst in einem heißen Bade wieder, so daß er sich von selbst aufrichtete. Runjit verließ nun den Schauplatz der wunderbaren Begebenheit, und am Abend erschien der Fakir im Derbar, vollkommen von demselben Ansehen, wie er zuerst sich dargestellt hatte. Die Mittheilung dieses Vorfalles,“ schließt Schönberg, „war mir, außer dem General Ventura, schon vorher im Pendschab von den verschiedensten und anscheinend glaubwürdigsten Personen gemacht worden. Alle sprachen von dieser Begebenheit als von einer Thatsache, und ihre Erzählungen stimmten bis auf wenige unbedeutende Abweichungen vollkommen überein!“