Ein afrikanisches Häuptlingsgrab

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Titel: Ein afrikanisches Häuptlingsgrab
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aus: Die Gartenlaube, Heft 38, S. 648
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Bestattungsritus der Bakongo
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[648] Ein afrikanisches Häuptlingsgrab. An den unteren Lauf des Kongo führt uns unser Bild, zu den Bakongo, stillen friedlichen Menschen, denen ihre Heimat nur ein karges Leben bietet. Auch ihre Häuptlinge sind arme Leute. Selten herrscht einer von ihnen über mehrere Dörfer; in der Regel hat jedes Dorf seinen eigenen Anführer, der mit dem Rate der Aeltesten die Geschicke der Gemeinde leitet. Und auch die Gemeinden sind nicht groß; Dörfer mit fünfhundert Einwohnern sind schon ganz vereinzelte Erscheinungen.

Wir mußten diese Thatsachen vorausschicken, bevor wir unsere Leser an das Grab eines solchen Herrschers führen. Auf der Kitanda, dem Marktplatz eines der Dörfer, erhebt sich ein kleiner Erdhügel; rings um ihn her stehen Stangen mit Ginflaschen und Töpfen, auf ihm liegen Flaschen, Töpfe und Teller – das ist der Grabschmuck, mit dem man die letzten Ruhestätten vornehmer Westafrikaner ausstattet. Uns erscheint er gering, ja lächerlich, den Bakongo aber groß.

Schon zu Lebzeiten sammelt ein Reicher frühzeitig Material zu diesem Grabdenkmal und stapelt Tücher zum Grabgewande auf. Hat nun seine letzte Stunde geschlagen, und kann in friedlichen Zeiten das Begräbnis mit vollem Pomp ausgeführt werden, so sitzen zunächst die Frauen des Toten an der Leiche und stimmen ihre Klagelieder an; dann erscheint der Zauberdoktor mit Zaubermitteln, mit Schlangenköpfen, Fischgräten, Katzenfellen und Rasseln, führt wilde Tänze auf und verkündet, ob der Mann natürlichen Todes auf Wunsch des höchsten Wesens oder infolge Behexung durch einen Mitmenschen gestorben sei. Es zittern die Ueberlebenden, denn auf den Lippen des Medizinmannes schwebt ihr Heil oder Verderben; gefällt es diesem, sie der Zauberei zu beschuldigen, so müssen sie sich der Giftprobe unterwerfen – und oft sind sie tot, bevor man ihren Häuptling begraben hat.

Ein afrikanisches Häuptlingsgrab.
Nach einem Aquarell von Pechuel-Loesche.

Ist auch diese düstere Beurkundung der Todesursache vorüber, dann wird der Leichnam des Herrschers in eine flache Gruft gelegt, über der nun tage- und wochenlang ein Feuer unterhalten wird, bis die Leiche zur Mumie ausgedörrt ist. Dann wird sie wieder herausgenommen und in die Tuchvorräte des Verstorbenen eingewickelt. Je größer der Ballen, desto vornehmer die Leiche! Nun ist alles zum letzten Gang bereit. Der Zug ordnet sich und setzt sich nach der zwei Meter tiefen Gruft in Bewegung, die man auf dem Marktplatze oder nahe am Wege ausgeworfen hat. Aber nicht langsam wird hier der hohe Tote zur Ruhe getragen. Andere Völker andere Sitten! Hier laufen die Träger mit der schweren Last und ein wilder Haufen umgiebt sie, Rasseln schwingend und Flinten abfeuernd, um die bösen Geister zu verscheuchen. Zuletzt wird ein Erdhügel aufgeworfen und mit dem Grabschmuck verziert, den wir auf unserem Bilde sehen.

Diese Grabstätten sind nicht von langer Dauer; der Afrikaner wechselt öfter seinen Wohnsitz, verläßt sein Dorf und baut sich in der Nähe wieder an. Die alten Wohnhäuser zerfallen bald unter den Zangen der Termiten. Dann wächst Unkraut auf den ehemaligen Straßen und Höfen, Bäumchen sprießen empor, Schlingpflanzen überwuchern die Stätte und ein grüner undurchdringlicher Hain verdeckt alles – die Trümmer der Häuser und die Gräber der Mächtigen. *