Ein Sonntag in Altbayern
Ein Sonntag in Altbayern.
Es blinkt der Morgen durch den Wald
In heit’rer Sonntagshelle,
und von der grünen Höhe schallt
Das Glöcklein zur Kapelle.
In bauschig-faltenreichem Putz
Die Frauen in des Mannes Schutz,
Die Kinderlein zur Seite,
Ein frommes Buch in jeder Hand,
Und ehrbarlich den Schritt gewandt, –
Zieh’n sie sie durch frische Weite.
Vor der Kapelle hingestreckt
Der Hörer dichte Reihen:
Des Priesters Wort erbaut, erweckt
Die Herzen auch im Freien.
Doch wenn nun Gottes Wort erbaut
Die Seelen hat: dann umgeschaut
Nach einem andern Orte.
Und sieh, er winkt mit blankem Schild, –
Und sieh, es treibt und drängt und quillt
Hin durch die nahe Pforte.
Und nun hinauf zum Wagensitz,
Und nun hinab zum Thale,
Und mit dem ersten kleinen Spitz
Zum sonntäglichen Mahle.
Wie Haus und Flur gemüthlich blinkt!
Wie der geliebte Knötel winkt
Zu innigstem Behagen!
Da sitzen sie nun Kopf an Kopf,
und communistisch nur Ein Topf
Für all’ die weiten Magen.
Doch nun hinaus in buntem Kranz:
Hier flottes Kegelschieben,
Und dort ein kecker Geigentanz
Mit Streiten und mit Lieben!
Und aus der Liebe kommt der Streit,
Und durch die Prügel erst gedeiht
Das sonntägliche Feiern.
So war es stets und wird es sein:
Zum Sonntag müssen Prügel sein,
Im guten, alten Bayern!
Wer sie bekommt, ob Frau ob Mann, –
Man braucht’s nicht zu erfahren.
Man knüpft die Herzen wieder an
Mit ausgerauften Haaren.
Und daß der Sonntag nichts verliert:
Nun rasch noch ein’ge Maß riskirt,
Dann mag der Himmel walten.
Doch wißt, der Teufel ist verschmitzt.
Wenn Einer einen Rausch besitzt:
D’rum fest zusammenhalten.
So feste wie es eben geht,
Nach so und so viel Maaßen,
und wenn der Mond am Himmel steht,
Dann find’t man schon die Straßen.
Man findet auch das off'ne Haus,
Schläft seinen Rausch gemüthlich aus,
Und denkt der nächsten Feier
Hin durch der Woche ernster Pflicht;
Des Durstes Reue kennt er nicht,
Der gute, alte Bayer. –
A. Schloenbach.