Textdaten
Autor: vermutl. Amalie von Imhoff
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die weiblichen Erscheinungen
Untertitel:
aus: Friedrich Schiller:
Musen-Almanach für das Jahr 1799, S. 200 – 201
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1799
Verlag: J. G. Cotta
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Tübingen
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: HAAB Weimar, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung: Die Chiffre D. wird Amalie von Imhoff zugeschrieben.
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[200]
Die weiblichen Erscheinungen.


     Hebt nicht das Herz sich höher der entgegen
Aus deren Blick die holde Jugend lacht,
Die Charis schmückt! Wie folget ihren Wegen
Des Jubels Ruf, wer fühlt nicht ihre Macht?

5
Stolz fühlet sie der hohen Göttinn Segen,

Und tritt einher mit königlicher Pracht.
Des Siegs gewohnet schaut sie ins Gedränge,
Das dort sich häuft; ihr weicht die frohe Menge.

     Doch wagend nicht die Augen zu erheben,

10
Folgt still die Jungfrau der zu früh entwich

Der frohen Jugend frisch bekränztes Leben,
Zu früh der Wangen Rosenroth verblich.
Den Busen hebt ein unerfülltes Streben,
Sie naht verschämt der lauten Menge sich.

15
Doch keiner hört den Wohllaut ihrer Worte

Und weichet nicht von dem gewählten Orte.

     Wer nahet sich mit Anmuth in den Zügen
Nicht achtend ob auf sie die Menge blickt?
In ihrem Arm sieht man den Knaben liegen.

20
In ihm nur scheint das frohe Herz beglückt.
[201]

Ihr kann des Beifalls Stimme nicht mehr gnügen
Dem leeren Tand der Welt ist schon entrückt
Der reine Sinn; sie fühlt ein höhres Streben,
Als in dem Lob der Menge nur zu leben.

25
      Mit Milde schließt sich an, an die Gestalten

Die Mutter mit dem schönen Töchterpaar,
Man sieht in ihnen sich den Reiz entfalten
Der einst die Zierde ihrer Jugend war,
Vereint mit Sanftmuth sieht man Sitte walten,

30
Und wird des strengen Ernstes nicht gewahr.

So bildet sie nach ihrer Jugend Weise
Die Töchter zu des Hauses stillem Kreise.

      Doch langsam schließt sich an den bunten Reyhen
Das Alter an, mit traurendem Gemüth,

35
Erblickt voll Ernst des Lebens Tändeleyen,

Der Jugend heitre Farben sind verglüht;
Kaum kann die Gegenwart das Aug erfreuen,
Das nicht in neues Leben hoffend sieht.
Da strebt das Herz sich höhere Gestalten

40
Im reifen Geist lebendig fest zu halten.
D.