Die verschwiegene Nachtigall
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Die verschwiegene Nachtigall.
Unter der Linden
Bei der Heide,
Wo unser zweier Bett gemacht,
Da mögt ihr finden,
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Wie wir beidePflückten im Grase der Blumen Pracht.
Vor dem Wald in tiefem Tal,
Tandaradei!
Lieblich sang die Nachtigall.
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Ich kam gegangenHin zur Aue –
Mein Trauter harrte schon am Ort.
Wie ward ich empfangen,
O Himmelsfraue!
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Des bin ich selig immerfort.[398]
Ob er mich küßte? Wohl manche Stund,Tandaradei!
Seht, wie ist so rot mein Mund.
Da tät er machen
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Uns ein BetteAus Blumen mannigfalt und bunt.
Darob wird lachen,
Wer an der Stätte
Vorüberkommt, aus Herzensgrund:
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Er wird sehn im Rosenhag,Tandaradei!
Sehen, wo das Haupt mir lag!
Wie ich da ruhte,
Wenn man es wüßte,
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Barmherziger Gott – ich schämte mich.Wie mich der Gute
Herzte und küßte,
Keiner erfahr es als er und ich,
Und ein kleines Vögelein –
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Tandaradei!Das wird wohl verschwiegen sein!