Die sechshundertjährige Jubelfeier der Stadt Celle

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Titel: Die sechshundertjährige Jubelfeier der Stadt Celle
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, S. 385,387
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[385]

Das Schloß.   Gruppe aus dem Festspiel.
Zur sechshundertjährigen Jubelfeier der Stadt Celle.
Nach einer Zeichnung von C. Grote.

[387] Die sechshundertjährige Jubelfeier der Stadt Celle. (Zu dem Bilde S. 385.) Es war an Pfingsten des Jahres 1292, am 25. Mai, als Herzog Otto der Strenge von Braunschweig und Lüneburg eine Urkunde ausstellte, in welcher er verschiedene Freiheiten bestimmte für die, so in seine „Neue Stadt Celle“ einziehen wollten, und in welcher er dieser das Recht von Lüneburg ertheilte. Mit dieser Urkunde beginnt die Stadtgeschichte von Celle, und seine Bürger schicken sich an, die sechshundertjährige Wiederkehr jenes Tages feierlich zu begehen mit Festspiel, Festzug und fröhlichem Kommers. Derselbe Herzog Otto hatte auch den Anstoß zur Entstehung der Stadt gegeben. Am Ende des 13. Jahrhunderts nämlich bestand bereits ein nicht unbedeutendes Gemeinwesen auf der Stelle des einen Kilometer entfernten Altencelle. Die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg hatten dort ein Schloß, auch befand sich daselbst eine große Kirche, die St. Petrikirche. Nun geschah es, daß im Jahre 1290 jenes herzogliche Schloß abbrannte, und Herzog Otto wollte es nicht wieder auf dem alten Platze aufbauen, sondern wählte dazu die Stelle, wo auch das heutige, in seinen Anfängen auf das Jahr 1485 zurückgehende Schloß steht. Zugleich gestattete er durch einen öffentlichen Erlaß, daß in der Nähe des gewählten Bauplatzes sich jedermann anbauen dürfe, gab den Ansiedlern gleiche Rechte mit den Bürgern von Altencelle und wies Bauholz und Bauplätze an. Die neu entstehende Stadt hieß erst Nyenzell, Neuencelle – heute hat sie, eine übermächtig gewordene Tochter, die Mutter ganz in den Hintergrund gedrängt und führt allein den ursprünglichen einfachen Namen Celle.

Bis zum Jahre 1705 blieb Celle die Residenz der Herzöge von Braunschweig- Lüneburg Cellescher Linie. Der letzte in ihrer Reihe war jener Herzog Georg Wilhelm, welcher um der schönen Eleonore d’Esmiers willen für seine Nachkommen auf alle Thronerbrechte verzichtete und diese sammt der ihm zugedachten hochfürstlichen Braut an seinen Bruder Ernst August abtrat. Seine Tochter ist die unglückliche Sophia Dorothea, deren trauriges Schicksal in dem Namen begriffen liegt, unter dem sie in der Geschichte berühmt geworden ist – die „Prinzessin von Ahlden“. Von ihrem Gemahl Georg Ludwig, dem späteren Georg I. von England, mit eisiger Kälte behandelt, vertraut sie sich dem Grafen Königsmark, damit er ihr zur Flucht nach dem verwandten Hofe Anton Ulrichs von Braunschweig-Wolfenbüttel behilflich sei. Das Komplott wird entdeckt, und die schwer verdächtigte, aber unschuldige Prinzessin muß in einsamer Haft auf Schloß Ahlden den Rest ihres Lebens – fast dreiunddreißig Jahre – vertrauern. Am 26. November 1726 starb sie, zweiundsechzig Jahre alt.

Das Schicksal dieser unglücklichen Prinzessin wird auch in dem Festspiel bei der Jubelfeier seine Rolle spielen. Unser Zeichner führt uns rechts unten auf seinem Bilde den Herzog Georg Wilhelm mit seiner schönen Gemahlin und seiner ebenso schönen Tochter in den historisch getreuen Kostümen, wie sie bei der Aufführung zur Verwendung kommen, vor.

Celle ist heute eine betriebsame Stadt von gegen 19000 Einwohnern, Sitz eines Oberlandesgerichts, in dessen Eigenthum sich eine namhafte Bibliothek mit werthvollen alten Handschriften des „Sachsenspiegels“ befindet. Sie weist zwei Gymnasien, ein Waisenhaus und eine Reihe weiterer gemeinnütziger Anstalten auf, endlich eine nicht unbeträchtliche Garnison. Möge das alte Gemeinwesen, das nunmehr auf eine Geschichte von sechs Jahrhunderten zurückblickt, auch fernerhin blühen und gedeihen!