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Titel: Die gute alte Zeit
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aus: Die Gartenlaube, Heft 28, S. 472
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[469]

Ein Spaziergang zu Großvaters Zeit.
Nach seinem Gemälde auf Holz gezeichnet von Fritz Siemering.

[472] Die gute alte Zeit. (Zur Abbildung S. 469.) Ja, es giebt eine gute alte Zeit, und es gab eine solche zu allen Zeiten. Was man gewöhnlich unter jener Bezeichnung versteht, ist für jede Generation eine bestimmte Periode nicht weit zurückliegender Vergangenheit, in welcher, nach dem volkstümlichen Ausdruck „Alles besser als jetzt“ gewesen sein soll. Schon Griechen und Römer hatten ihre verschiedenen „guten alten Zeiten“, ebenso die späteren Völker, und wir Deutschen erst recht. Wollen wir nun diesem standhaften Glauben – denn er hat sich durch alle Jahrhunderte bis heute erhalten – bis auf seinen Ursprung nachgehen, so finden wir ihn ganz nahe: Jeder Mensch hegt ihn im eigenen Kopf und Herzen.

Treten wir nur in’s Leben hinaus, gehen wir nur unter die Menschen, so begegnen wir überall derselben Wahrnehmung, die sich auch überall mit denselben Worten kennzeichnet: „Zu meiner Zeit war das doch anders.“ Der studirte Herr, welche Würde er auch repräsentire, betrachtet die jetzige Studentenwelt gewiß nicht ohne die Bemerkung: „Ja, zu meiner Zeit, da war’s doch anders.“ Unter „anders“ ist natürlich immer „besser“ zu verstehen. Der alte Handwerksmeister hat alle Scherereien der Polizei, die er als Wanderbursche zu erdulden gehabt, die Last seines Felleisens, die Hungertage und wunden Füße vergessen, wenn er den heutigen Handwerks-„Reisenden“ mit seinem schmalen Wanderbündelchen betrachtet, der sogar auf der Eisenbahn fahren kann. „In zu meiner Zeit – wie schön war’s da!“

So hat Jeder, der in den Jahren des beginnenden Alters stehst seine „gute alte Zeit“ gehabt, und sie war für Alle nichts anderes als – das verlorene Paradies der Jugend.

Aber es giebt für Manchen noch eine „gute alte Zeit“ in einem anderen Sinne; das ist vielleicht die einzig wahre „gute alte Zeit“, nämlich die eines sorgenlosen freundlichen Alters. Wenn ein Menschenpaar von den Tagen der Liebe an treu in Freud' und Leid zusammengehalten bis zu der Zeit, wo die Ehe in die innigste Freundschaft sich umgewandelt, wenn das Schicksal es den beiden Menschen verliehen, daß die Schmerzen über alles Verlorene verwunden und alles noch Lebende vom Kranze ihrer Lieben sie mit Zufriedenheit erfüllt, dann hat für solch ein Menschenpaar die wirkliche „gute alte Zeit“. begonnen; man lebt fortan seine guten alten Tage. Dann geschieht es auch wohl, daß die glücklichen Alten am liebsten wieder jene Wege und Plätzchen aufsuchen, die ein gemeinsames Erlebniß ihnen werth, eine ernste Erinnerung vielleicht heilig macht. Auf einem solchen Wege zeigt uns der Künstler die beiden Alten unseres Bildes. Er hat sie, nach der Tracht zu urtheilen, zwar in den Anfang, wenigstens in das zweite Decennium unseres Jahrhunderts gestellt, wohin ja Viele auch die gute alte Zeit verlegen können, wir aber fragen nichts nach jenen geträumten Glückstagen der Vergangenheit, sondern erkennen in dem lustwandelnden Paare unsere Eltern oder Großeltern in ihrer wirklich guten alten Zeit wieder. Wir können unsere Illustration nicht verlassen, ohne manchem Hause, mancher Familie ein Eltern- oder Großelternpaar zu wünschen das uns mit dem Anblicke eines solchen Bildes der „guten alten Zeit“ das Herz erquickt.