Schauplätze der Handelsthätigkeit Die grosse Ravensburger Gesellschaft (1890) von Wilhelm Heyd
Gegenstände des Vertriebs
Das Ende der Gesellschaft
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4. Gegenstände des Vertriebs.

Nicht weniger mannigfaltig als die Schauplätze ihres Wirkens waren die Gegenstände, mit welchen sich die Ravensburger Gesellschaft befasste. Es ist im allgemeinen anzunehmen, dass sie es sich hauptsächlich angelegen sein liess, die Erzeugnisse der oberschwäbischen Industrie dem Ausland zuzuführen. Nun fertigten aber die Oberschwaben sowohl in den Städten als auf dem Lande Zeuge aus Leinwand und aus Baumwolle in ganz besonderer Menge und Güte. Ein [42] französischer Reisender, Pierre Loupvant, welcher im Jahr 1531 durch Ulm kam, weiss zu berichten, in ganz Europa mache man nicht so viel Barchent (futaines) wie in dieser Stadt[1], und der Spanier Pero Tafur, der 100 Jahre früher Ulm berührte, freute sich damit die Heimat der Zeuge kennen zu lernen, welche in seinem Vaterland als fustanes d’Olmo verbreitet waren[2]. Auch kleine Städte, wie Biberach[3] und Ravensburg[4] selbst legten sich auf Barchent- und Leineweberei; sie wurden nur nicht so berühmt dadurch wie Ulm. Einen grossen Ruf hatten dann wieder die linnenen Gewebe der Konstanzer[5], bekannt in Italien als tele di Costanza, in Spanien als lenceria de Constanza. Jener Zollschreiber von Barcelona, welcher mit den deutschen und savoyischen Kaufleuten zu thun hatte, verzeichnet unter den Einfuhrartikeln derselben Leinwand von Konstanz, Barchent und gebleichtes Garn aus Deutschland[6]. Leider liegt uns sein Register nicht im vollen Wortlaut vor, so dass wir bei jedem Kaufmann die Ware, die er ein- oder ausführte, und den Zoll, den er entrichtete, einzeln vermerkt fänden. In dem von Capmany gegebenen Auszug sind die Namen der Kaufleute und der Kaufmannscompagnien einerseits, die Warenkategorien andererseits je in eine Gruppe zusammengeordnet. Bei dieser Lage der Dinge ist es uns nicht möglich, den strengen Nachweis zu führen, dass gerade die Huntpissgesellschaft es war, welche bei der Ausfuhr unserer oberschwäbischen Textilwaren nach Spanien die Hauptrolle spielte. Doch vermögen wir wenigstens einen Spezialfall anzuführen, welcher zeigt, wie [43] diese Gesellschaft linnene Zeuge[7] nach Saragossa zu bringen die Absicht hatte, was ja nur durch einen französischen Befehlshaber zufällig verhindert wurde. Als Rückfracht ging nachweislich spanische Wolle[8] durch die Hände der Gesellschaft, welche dadurch den heimischen Webern ein feines Material verschaffte. Wahrscheinlich nahm sie auch Korallen (nach dem Beispiel jenes Jakob von Ueberlingen), Südfrüchte, Wein mit nach Hause. Im Verkehr mit Italien haben wir wohl als Ausfuhrartikel der Gesellschaft wieder die Textilwaren Oberschwabens anzusehen, aber auch die Ausbeute deutscher Bergwerke (Zinn, Kupfer) vertrieb sie in diesem Lande[9]. Sie brachte dagegen zurück Alaun[10], vielleicht auch Safran[11] und, was wir ohne weiteres annehmen dürfen, sonstige Produkte des Südens.

Mit dem Warengeschäft ging bei der Huntpissgesellschaft das Geldgeschäft Hand in Hand. Ihrer Vermittlung bediente sich die Stadt Bern, mochte sie in Nürnberg oder in Rom Zahlungen zu machen haben; an ihre Filialbank in Antwerpen wandte sich in Geldnöten ein in den Niederlanden stehendes Fähnlein Lindauer; mit den Geldgrössen in Siena gab es Verwicklungen, die zu einem Prozess führten. Man darf nur diese Thatsachen sich vergegenwärtigen, um zu begreifen, welch grosses Ansehen die Ravensburger Gesellschaft auch als Geldmacht genoss, wie weit hin ihr Kredit und ihre Verbindungen reichten.


  1. Bibliothèque de l’école des chartes. T. 44 (1883), p. 263.
  2. Tafur, andanças y viajes (Madr. 1874) p. 268.
  3. Jäger, Ulm S. 635 ff.
  4. Hafner, Geschichte von Ravensburg S. 134 ff. „Ravenspurger Lindwat“ auf dem Konstanzer Markt s. Zeitschrift f. d. Geschichte des Oberrheins 9, 183.
  5. Reiches Material zur Geschichte der Weberei in Konstanz gibt Mone an der eben citierten Stelle seiner Zeitschrift 9, 129–189.
  6. Capmany T. 4. Apend. p. 18; vgl. auch p. 52 folgende Importartikel: Alemañas chiamadas Sangalas, Alamañas teñidas Ilamadas Costanza (zu den Jahren 1481 und 1564).
  7. Lyni aliorumque panni generum mercancias. Urk. im Anh. Nr. VII.
  8. Urk. im Anh. Nr. XIX.
  9. Urkunden im Anh. Nr. XV. XXI.
  10. Urk. im Anh. Nr. IV.
  11. Croci fardella. Urk. im Anh. Nr. VI.


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