Die deutsche Expedition nach Mittelafrika und ihre Gegner

Textdaten
<<< >>>
Autor: Alfred Brehm
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die deutsche Expedition nach Mittelafrika und ihre Gegner
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 5, S. 72–74
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1862
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[72]
Die deutsche Expedition nach Mittelafrika und ihre Gegner.

Als vor nunmehr zwei Jahren die „Gartenlaubezuerst und gleichzeitig die Zeitschrift „Aus der Heimath“ die erste Anregung und namentlich die Gartenlaube die bestimmte Aufforderung brachte, zur Erforschung der Schicksale des muthigen Reisenden Eduard Vogel eine Expedition auszurüsten, bewies die rege, lebendige Theilnahme, welche sich überall zu erkennen gab, wie hoch sich das deutsche Bewußtsein gegen früher hin erhoben hatte. Das deutsche Volk zeigte sich seiner würdig. Es nahm mit einem Schritt eine Stellung ein, um welche alle Gutgesinnten die Engländer und Nordamerikaner mit Schmerz hatten beneiden müssen. Eine begeisternde Bewegung ging durch das deutsche Land. Es galt, nach unserem Franklin zu fragen; es galt die hierzu nöthigen Mittel zusammen zu bringen. Der edelsten Fürsten einer trat an die Spitze der Bewegung, und die Gaben flossen reichlich von allen Seiten her.

Das deutsche Volk wollte der Welt beweisen, daß es wohl das Eine zu würdigen weiß, durch welches es herrscht unter den gesitteten und gebildeten Menschen der Erde: – die deutsche Wissenschaft! – jene Wissenschaft, welche selbst unsere eitelsten und ruhmsüchtigsten Nachbarn nicht anzutasten wagen; jene Wissenschaft, welche die Ehre des deutschen Namens aufrecht halten mußte in Zeiten, wo diese Ehre verpfändet, fast vergessen schien. Deshalb rüstete man nicht einfach Boten aus, welche nur hingehen sollten, um nach Vogel zu fragen, sondern wählte eine jenes muthigen Vorkämpfers deutscher Wissenschaft würdige Gesandtschaft. Die Wahl war schwer. Es galt nicht bloß, Leute zu finden, deren Wissen und Wissensdrang mit freudigem Opfermuth sich paart, sondern wissenschaftliche Männer, von denen wenigstens einige auch Erfahrungen mitbrachten, welche durch keine Schätze aufgewogen werden können, – Männer, welche Afrika erprobt, welche die Tücke seines Klima’s und die Tücken seiner Eingebornen kennen gelernt und dadurch Mittel gefunden hatten, diesen beiden gewaltigen und noch hundert anderen Hindernissen zu begegnen. Man konnte keinen Besseren wählen, als Theodor v. Heuglin.

Dieser Reisende und Forscher hatte vorher acht Jahre lang in Afrika gelebt und als österreichischer Consulats-Beamter gerade diejenigen Länder und Völker kennen gelernt, um welche es sich für die Expedition zunächst handelt; er hatte schon hinreichende Proben seiner Befähigung gegeben: kurz, die Wahl mußte als eine durchaus glückliche betrachtet werden. Dies zeigte zunächst die Kreuzzeitung. Sie schleuderte gegen den Erwählten ihre Verdächtigungen und Schmähungen; – Beweis genug, daß ihr der Mann unliebsam war, welcher sich außerdem beliebt gemacht hatte.

Heuglin wählte sich Begleiter, wie sie ihm tauglich schienen. Er traf seine schwierige Wahl aus einer großen Anzahl opferfreudiger Männer, und bis jetzt steht so viel fest, daß seine Auswahl im Ganzen ebenfalls eine glückliche genannt werden muß.

Die deutsche Expedition verließ Europa im Anfange des verflossenen Jahres und ging zunächst nach Aegypten, um sich hier in Alexandrien und Kairo mit den noch nöthigen Reisebedürfnissen zu versehen und vor Allem die Schutz- und Geleitsbriefe zu erhalten, welche zu derartigen Reisen unerläßlich sind. Nur wer aus Erfahrung weiß, wie außerordentlich schwerfällig und zeitraubend alle Unterhandlungen mit Türken und Arabern sind, kann es begreiflich finden, daß die Expedition zu diesem Zweck einige Wochen in Aegypten verweilen mußte. Als man endlich fertig war und die nöthigen Leute angeworben hatte, traten die Reisenden ihren Weg an. Derselbe war ihnen durch den Ausschuß der Expedition in Gotha so genau als möglich vorgezeichnet. Man war überein gekommen, zunächst das rothe Meer als Straße zu benutzen und von Massaua aus nach Westen hin vorzudringen. Die Regenzeit sollte in den Gebirgsländern der Bogos abgewartet werden und zwar aus dem einfachen Grunde, um die Leute nicht gleich im Anfang des Unternehmens dem höllischen Klima des Ostsudahn aufzuopfern. Bei dem länger währenden Aufenthalt in den genannten Gebirgsländern handelte es sich um das Bestehen und Gedeihen des Unternehmens. Nur Heuglin und Munzinger konnten gewissermaßen als Eingebürgerte betrachtet werden; sie hatten die für alle Neulinge in den Tropen unheilschwangere Frühlingszeit bereits mehrmals durchlebt und kannten die Gefahren des Klima’s und die Art und Weise, vor ihnen sich möglichst zu schützen. Die übrigen Mitglieder würden wahrscheinlich nicht einmal Chartum erreicht haben, wenn man ohne Vorbereitung geradenwegs auf das Ziel losgegangen wäre. Gleich bei der Ankunft in Ostafrika erkrankten Einige der Reisegesellschaft, und Dies mahnte in eindringlicher Weise zur Vorsicht. Sie genasen, sobald die Expedition die ungesunden Tiefländer verlassen hatte und nach den reinen Höhen aufbrechen konnte. Die Zeit des Aufenthaltes in den Ländern der Bogos war übrigens keine Zeit des Müßigganges, kaum eine der Erholung; zu wirken und zu schaffen gab es genug: die bereits eingesandten, noch zu erwähnenden Arbeiten geben Zeugniß davon.

Dies ist, in kurzen Worten ausgedrückt, die bisherige Geschichte der Expedition.

Wie es mit allen großartigen Unternehmungen zu gehen pflegt, so auch hier. Heuglin und seine Gefährten sind bereits vielfach angegriffen und verdächtigt worden. Persönliche Feinde des Ersteren haben von Aegypten her gewirkt und andere Feinde in Deutschland treulich geholfen. Man hat Heuglin der allerverschiedensten Dinge beschuldigt und ihm nicht nur Ehrlichkeit und Redlichkeit, sondern auch alle Befähigung zu seinem schwierigen Amte abgesprochen. Als nun vollends die Nachricht einlief, Heuglin beabsichtige, nicht auf geradem Weg nach Wara zu gehen, häuften sich die Angriffe, Schmähungen und Verdächtigungen; selbst unsere Gartenlaube, welche für Alles wacker ankämpft, was deutschen Ruhm befördern kann, lieh ihnen Raum und Stimme. Ich würde zur Entgegnung aller Beschuldigungen der deutschen Expedition niemals eine Feder angesetzt haben, hätte nicht ein Mann seinen Namen in die Wagschale geworfen, auf dessen Forschungen und Leistungen das ganze Deutschland stolz zu sein alle Ursache hat. Dieser Mann ist – vorausgesetzt, daß die erhaltenen, öffentlich umlaufenden Nachrichten der Wahrheit entsprechen, – kein geringerer als Dr. H. Barth, der berühmte Afrikareisende.

Wenn irgend Jemand Hochachtung hat vor Dr. Barth’s Reisen, Arbeiten, Forschungen, Erfolgen, so bin ich es. Um so schwerer wird es mir, ihm hier gegenüber zu treten. Aber hier gilt es der Sache, nicht Personen. Und Dr. Barth wird es mir gewiß verzeihen, wenn ich weder seine Ansicht, noch seine Handlungsweise hinsichtlich der deutschen Expedition gut heißen kann. Ich meine, daß alle Diejenigen, welche für das große Unternehmen Theilnahme zeigen, sich vereinigen und verbinden müßten, um den jetzt in Afrika weilenden Reisenden ihre so schwierige Aufgabe erleichtern, ihnen es möglich machen zu helfen, die Expedition zu Ruhm und Ehre des deutschen Namens zu Ende zu führen. Für Dr. Barth’s Leistungen bin ich mehr noch, als Andere, ein Bewunderer; in dieser Angelegenheit muß ich ihm Gegner sein. Gerade in diesem Falle beanspruche auch ich gehört zu werden; denn auch ich kenne die Länder, um welche es sich handelt; ich selbst habe in ihnen jahrelang gelebt und gearbeitet.

Dr. Barth hat meiner Ueberzeugung nach Unrecht gethan, jetzt schon die deutsche Expedition anzugreifen. Er mußte bedenken, daß seine Worte die von tausend Andern aufwiegen; er mußte die goldene Wahrheit im Auge behalten, daß bei allen derartigen Unternehmungen die Ergebnisse entscheidend sind; er mußte sich erinnern, daß er selbst rücksichtslos angegriffen wurde, als er, unfähig sich zu vertheidigen, in Afrika weilte und wirkte; er mußte endlich erwarten, daß Heuglin ebenso gut Vertheidiger finden würde, wie er sie fand in seinem treuen Freunde Petermann[1]. Wie glänzend hat dann Barth sich selbst gerechtfertigt! Wie verstummten seine Neider und Feinde, als er sein gewaltiges Werk veröffentlichte! [73] Die deutsche Expedition wird, wenn man sie wirken und arbeiten läßt, ein gleiches Endergebnis erlangen; sie wird, wenn man ihr die Mittel entzieht, gelähmt werden, noch ehe sie eigentlich zu arbeiten begonnen. Dies muß Jedem klar werden, welcher mit den afrikanischen Verhältnissen vertraut ist; und eben deshalb glaube ich schon jetzt und an diesem Orte das Unternehmen vertheidigen zu müssen, selbst einem Barth gegenüber.

Aus den letzten Nachrichten, welche von den Reisenden eingegangen sind, erfahren wir, daß die Expeditionsmitglieder beschlossen haben, sich zu trennen. Daraus geht aber durchaus nicht hervor, daß sie ihr eigentliches Ziel aus den Augen verloren hätten. Dieses Ziel, „die Aufklärung der Schicksale Eduard Vogel’s, die Rettung seiner Papiere und die Vollendung seines wissenschaftlichen Unternehmens“, wird nach wie vor die Aufgabe der Expedition bleiben. Herr von Heuglin ist mit dem Plane umgegangen, von den Bogosländern aus durch Abyssinien nach Kaffa vorzudringen und von dort auf dem Sobat und dem weißen Nil nach Chartum zurückzukommen, statt einen directen Weg nach Chartum, dem Ausgangspunkt für die Reise nach Wadai, einzuschlagen. Eine solche Erweiterung des ursprünglichen Planes hat den Ausschuß in Gotha so überrascht, daß er sich damit nicht hat einverstanden erklären können. Er hat demzufolge Heuglin aufgefordert, an vereinbarten Plane festzuhalten und mit möglichster Beschleunigung die Reise nach Wadai fortzusetzen. Zugleich sind die Herren Munzinger und Kinzelbach ermächtigt und mit den nöthigen Mitteln versehen worden, um allein nach Wadai vorzudringen. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß Heuglin der Aufforderung des Ausschusses eben wird nachkommen müssen, wodurch er dann freilich auch die gerechteste der Beschuldigungen ohne Weiteres widerlegen wird.

Aber gesetzt auch, er habe seinen Plan wirklich zur Ausführung gebracht, so ist meines Erachtens noch immer kein Grund vorhanden zu der Behauptung, daß das gesetzte Ziel aus dem Auge verloren worden sei. Nach §. 3 der Instruction, welche Heuglin vom Ausschuß erhalten hat, steht ihm die ausschließliche Leitung des ganzen Unternehmens zu. „Bei wichtigen Veranlassungen wird,“ so heißt es, „Heuglin nicht unterlassen, mit seinen wissenschaftlichen Begleitern in Berathung zu treten.“ Es versteht sich von selbst, daß der Leiter einer solchen Expedition im Sinne dieses Paragraphen auch das vollste Recht besitzt, nach seinem Dafürhalten die Reise einzurichten, also unter Umständen auch die Expedition selbst zu theilen. Das Letztere würde Heuglin’s Plane nach erfolgt sein, ja, es ist sogar möglich, daß es erfolgt ist. Aber dann ist es geschehen mit Zustimmung der übrigen Reisenden und in der vollsten Absicht und Ueberzeugung, gerade durch diese Theilung dem Unternehmen selbst auf das Beste zu nützen. Aus den erwähnten Nachrichten geht hervor, daß unter den mohammedanischen Völkerschaften im Westen Abyssiniens seit dem Tode Abd-el-Medschid’s eine so bedenkliche Gährung herrscht, daß es Thorheit für christliche Reisende wäre, ehe die Aufregung sich gelegt, jene Länder zu bereisen, in welchen anerkannter Maßen eine im höchsten Grade glaubenseifrige und mißtrauische mohammedanische Bevölkerung wohnt. Aus Dr. Barth’s Werke ersehen wir nur zu deutlich, welchen Gefahren der in Afrika reisende Europäer gerade seines Glaubens wegen ausgesetzt ist. Barth selbst ist aus diesem Grunde öfter in Lebensgefahr gekommen, als durch die Einwirkungen des Klima. Ich meinestheils kann nur bestätigen, daß viele Sudahnesen geneigt sind, zur Ehre Gottes einen Christen umzubringen. Ich selbst habe zwar von dem Glaubenseifer jener beschränkten Menschen nicht zu leiden gehabt; aber ich habe auch keinen Anstand genommen, mich an den Orten, wo es mir unnöthig erschien, mit meinem Christenthume zu prahlen, als gläubigen Muslim auszugeben. Dies kann jedoch nur ein mit den Verhältnissen innig vertrauter, der arabischen Sprache vollkommen mächtiger Europäer thun. Unsere Reisenden würden sehr bald als Christen erkannt und darnach behandelt werden. Dieser eine Punkt ist wichtig genug, um ein Zögern Heuglin’s nicht nur zu rechtfertigen, sondern sogar zu gebieten. Was nun ist natürlicher, als daß zwei begeisterte Forscher, wie Heuglin und Steudner es sind, bis zu der hoffentlich bald eintretenden Aenderung der Verhältnisse nicht müßig liegen, sondern in Ländern arbeiten wollen, welche ihnen und der Wissenschaft die reichste Ausbeute versprechen?

Durch freie Vereinbarung unter den verschiedenen Mitgliedern ist von Munzinger und Kinzelbach der Beschluß gefaßt worden, allein nach Wara vorzudringen. Unsere Naturforscher erhalten dadurch um so mehr die Berechtigung, auf ihrem Felde zu wirken. Die Anzahl der Reisenden hat für die Möglichkeit des Gelingens solcher Expedition keinen Einfluß. Meines Erachtens ist es sogar besser, wenn nur eine geringe Zahl oder ein Einzelner es versucht, nach Dar el Fuhr und Wadai vorzudringen. Heuglin und Steudner werden also, selbst wenn sie jenen vielversprechenden Umweg ausführen, immer noch zur rechten Zeit für die Reise nach Wadai in Chartum eintreffen.

Nun ist aber gegenwärtig noch ein anderer Sendbote des Ausschusses der Expedition nach Wara unterwegs, ein ebenfalls bereits erprobter Reisender, Herr von Beurmann. Derselbe hat vom Ausschuß in Gotha die nöthigen Mittel erhalten und ist bereits über Marseille nach Bengasi abgereist. Von Bengasi aus wird er entweder über Siwa oder über Mursuk durch die östliche Sahara auf Wadai vorzugehen suchen; und somit wird das Ziel gegenwärtig nicht nur von einer, sondern von zwei Seiten erstrebt.

Unter diesen Umständen halte ich es geradezu für ein nicht zu sühnendes Unrecht, wenn man unsern beiden wackern Naturforschern verwehren will, auf dem von ihnen erwählten Wege und in der von ihnen beschlossenen Weise vorzudringen, zu arbeiten und zu wirken. Man hat eben eine wissenschaftliche Expedition ausgesendet, und das deutsche Volk hat ein Recht, zu verlangen, daß seine Sendbotschaft sich der deutschen Wissenschaft würdig zeige. Um nach Vogel zu fragen, genügten einfache Boten. Man konnte von Chartum oder von Mursuk aus Araber nach Wadai schicken; man konnte die Binnenhändler beauftragen und würde durch solche Leute schließlich über Vogel’s Schicksale vollkommen in’s Klare gekommen sein. Dies wollte man aber nicht, sondern man wollte, daß die Expedition ihre eigenen wissenschaftlichen Ergebnisse haben solle. Man sandte eigentlich eine durchaus selbstständige wissenschaftliche Expedition nach Mittelafrika ab. Wenn man diese nun verdächtigen oder angreifen will, hat man, wie ich glaube, nur darnach zu fragen: ob die Mitglieder des Vertrauens, welches die wissenschaftliche Welt in sie setzt, würdig oder unwürdig sind; ob sie wirklich Etwas leisten oder nicht. Ueber diese Fragen können bloß die Herren entscheiden, denen die Arbeiten der verschiedenen Mitglieder unserer Expedition zugegangen sind und fernerhin zugehen werden. Ich kenne diese Herren nur theilweise und habe deshalb nicht an alle die gleiche Bitte richten können, mir ihre Ansicht über die deutsche Expedition mitzutheilen; aber ich denke, daß die Urtheile von denen, welche ich befragen konnte, wohl genügend sein dürften, das deutsche Volk über seine Sendbotschaft aufzuklären, und hoffe, daß da, wo Größen der Wissenschaft sprechen, wenigstens diejenigen verstummen werden, welche nicht, wie Dr. Barth, die Ehre genießen, jenen wissenschaftlichen Größen gleich zu stehen.

Um Thatsächliches zu bieten, will ich bemerken, daß die bisher eingesandten Arbeiten der deutschen Expedition von einem unermüdlichen Fleiße und einer ungewöhnlich hohen wissenschaftlichen Befähigung Zeugniß geben; daß diese Arbeiten jedenfalls ein leuchtender Stern mehr sein werden in dem Strahlenglanze deutscher Wissenschaft. Diese Meinung mögen die nachfolgenden Urtheile bestätigen. Ich hatte die Ehre, von dem Präsidenten der kaiserlich leopoldinisch-carolinischen deutschen Akademie, Dr. Kiefer, von dem als Ornitholog hochberühmten Dr. Hartlaub und von Dr. Petermann Antworten auf meine Anfrage zu erhalten. Sie mögen hier folgen:

„Nachdem ich schon früher und noch gestern nachträglich von unserm verehrten Reisenden, Herrn Hofrath von Heuglin, d. d. Kérén im Bogoslande Ostafrikas, September 1861, höchst interessante zoologische Beiträge zur Fauna Ostafrikas erhalten habe (welche bereits zum Druck, theils in die Leopoldina III. Nr. 2, theils in den 29. Band der Verhandlungen der kaiserlich leopoldinisch-carolinischen deutschen Akademie abgegeben worden sind), kann ich aus voller Ueberzeugung Ihrem Wunsche entsprechend erklären:

Daß die bisher eingegangenen Berichte des Herrn von Heuglin, so weit sie mir vorliegen, von einem unermüdlichen Fleiße, großer Kenntniß und stetem Eifer des Herrn von Heuglin die sichersten Documente abgeben und ihn als den würdigsten Träger einer Sendbotschaft des deutschen Volkes beurkunden, welche von dem allseitigen Interesse der Nation getragen und unterstützt wird, und zur Förderung der Wissenschaft und der Ehre des deutschen Namens gereichen wird und muß. [74] Ich füge hinzu, daß es eine traurige Erscheinung ist, daß Herr Dr. Barth in leidenschaftlicher, egoistischer Aufregung es sich zur Pflicht gemacht zu haben scheint, den in weiter Ferne weilenden und der Mittel zur Vertheidigung entbehrenden Herrn von Heuglin zu verdächtigen und der großartigen Expedition Hindernisse in den Weg zu legen. Absentem qui rodit amicum, … hic niger est, sagt der alte Horaz.

Ihnen das Vorstehende zu freier Verfügung stellend, beharre ich in vollkommenster collegialischer Hochachtung und Ergebenheit

     Jena, den 26. December 1861.

Der Präsident der kaiserlichen leopoldinisch-carolinischen deutschen Akademie.

          Dr. D. G. Kiefer.“ –

„Die mir bisher zugekommenen ornithologischen Reisearbeiten Heuglin’s sind trefflich und verdienen jedes Lob. Der neuentdeckten Arten werden mit Sicherheit etwa zehn, vielleicht noch mehr sein. Darauf kommt es ja aber gar nicht so sehr an. Die Hauptsache bleibt, daß Heuglin sich durchaus als aufmerksamer, geübter und fleißiger Beobachter der Lebensweise und der geographischen Verbreitung kund giebt; und als solcher hat er schon jetzt höchst Werthvolles geleistet. Unsere Wissenschaft darf sich ohne allen Zweifel das Beste von seinen Reiseunternehmungen versprechen. Weiteres sage Ihnen Petermann.

     Bremen, 27. December 1861.

          Dr. Hartlaub.“ –

„Am 15. December vorigen Jahres ist von der afrikanischen Expedition unter Th. von Heuglin’s Leitung eine größere sehr werthvolle Sendung von Briefen, Tagebüchern, wissenschaftlichen Abhandlungen, Karten und Zeichnungen in Gotha angelangt, welche den jetzigen Stand des Unternehmens überblicken lassen und ein glänzendes Zeugniß von dem wissenschaftlichen Eifer des Reisenden ablegen.

Der Aufenthalt in den Bogosländern wurde zu umfassenden, ungemein erfolgreichen Forschungen über die Geographie und Naturgeschichte jener kaum erst aus dem Dunkel hervorgezogenen Landschaften benutzt, zu Forschungen, welche auch für die späteren wissenschaftlichen Leistungen der Expedition die freudigsten Hoffnungen erwecken. Zwei ausführliche Karten des oberen Ain-Saba-Gebietes und der an die Bogos nordwestlich angrenzenden Maria-Länder, gezeichnet von Heuglin, begründet auf astronomische Positionen, zahlreiche Winkelmessungen, genaue Routenaufnahmen und Höhenbestimmungen, gehören zu dem Vorzüglichsten, was mir während meiner geographischen Praxis von 23 Jahren als Ergebniß derartiger Expeditionen vorgekommen ist. Gleich musterhaft sind die ausführlichen Routenbeschreibungen und vielseitigen Notizen in Munzinger’s Tagebuch, welches außerdem die reichhaltigsten Fortsetzungen und Nachträge zu seinen früheren geographischen, linguistischen und ethnographischen Mittheilungen über die Bogos, Mensa, Habab, Maria und Barka enthält. Dazu kommen noch vollständige Reihen meteorologischer Beobachtungen, die botanischen Arbeiten Dr. Steudner’s, die ich noch nicht einsehen konnte, da sie nach Berlin adressirt waren, sowie endlich eine ganze Reihe zoologischer Berichte von Heuglin, zum großen Theil mit der Beschreibung neuentdeckter Arten angefüllt. Wir können nach diesen Arbeiten die Länder am oberen und mittleren Ain Saba, welche noch vor wenigen Jahren nicht einmal dem Namen nach bekannt waren, den am genauesten erforschten Theilen Afrika’s beizählen; ein Ergebniß, welches neben dem rastlosen Eifer und den hervorragenden Talenten des Herrn von Heuglin hauptsächlich dem Zusammenwirken so vieler tüchtiger Kräfte zu danken ist und der Expedition zur größten Ehre gereicht.

     Gotha, 28. December 1861.

          Dr. A. Petermann.“

Nach diesen Zeugnissen habe ich keine Worte mehr zu verlieren. Das ganze deutsche Volk ist glücklicher Weise gebildet genug, um solche Arbeiten ihrer vollen Bedeutung nach zu würdigen. Aber ich kann nicht umhin, an diese Mittheilungen die Bitte anzuschließen:

          die wackeren Reisenden auch fernerhin mit den nöthigen Mitteln zu versehen.

Eine Expedition in Afrika kostet Geld, viel Geld; jedoch Deutschland ist reich genug, seine Sendbotschaft mit den nöthigen Mitteln zu unterstützen. Ich fordere deshalb zu wiederholten Beiträgen für die deutsche Expedition auf und bitte alle Gebildeten, welche für deutsche Wissenschaft und deutsche Forschung Theilnahme zeigen, sich den Sammlungen freundlichst unterziehen zu wollen. Und alle Diejenigen, welche mit mir einverstanden sind, ersuche ich, dahin wirken zu helfen, daß das großartige Unternehmen seinen ungestörten Fortgang habe zu Ruhm und Ehre des Vaterlandes.

Die deutsche Expedition ist eine deutsche Sache; sie wird ein Sieg mehr sein auf dem Felde, wo wir noch nie geschlagen wurden; sie wird dazu beitragen, dem deutschen Namen im Auslande zu neuer Ehre und zu neuem Ruhme zu verhelfen. Denen aber, welche ihre Spenden, sie seien so gering als sie wollen, in dieser Weise auf den Altar des Vaterlandes niederlegen werden, sage ich im Voraus meinen wärmsten Dank! Sie werden durch ihre Gaben beweisen, daß sie in dem Einen mit mir einstimmend sind: darin, daß die deutsche Expedition eine wissenschaftliche ist und als solche ihre eigenen Ergebnisse bringen muß!

Brehm.



  1. Vergleiche: „A letter addressed to the President and Council of the Royal Geographical Society of London, by A. Petermann.“ das „Athenäum“ von 1850–55, das „Ausland“ Nr. 17 vom Jahre 1854 etc. – Petermann’s Streben und Wirken ist wenig gewürdigt worden. Er hat die Barth’schen Erfolge zu dem gemacht, was sie sind; er hat die Vogel’sche Reise ermöglicht und Barth durch sie Gelegenheit gegeben, von astronomisch bestimmten Gegenden zu sprechen. Einst hat dies Barth (Reisewerk, Vorrede p. IX und XVIII) dankend anerkannt; – im Ganzen ist dem unermüdlich thätigen Beförderer der Wissenschaft wenig gedankt worden. Ich thue es hiermit – hoffentlich zugleich im Namen aller meiner Leser. – Jetzt ist Petermann widerum der für die deutsche Expedition Arbeitende. So lange er mit dem Unternehmen zu thun hat, darf man sich darauf verlassen, daß Alles geschieht, und in der rechten Weise, was möglich ist, um dasselbe zum ruhmreichen Ende zu führen.