Textdaten
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Autor: Ludwig Altenbernd
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Titel: Die beiden Veteranen
Untertitel:
aus: Das Hermanns-Denkmal und der Teutoburger Wald
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1867
Erscheinungsdatum: 1875
Verlag: Meyer
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Erscheinungsort: Detmold
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Quelle: LLB Detmold, Commons
Kurzbeschreibung:
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[38]

Die beiden Veteranen.

Zwei Buchen stehn auf hoher Bergeshalde,
Zwei wetterharte, trotzige Gestalten;
Die Stämm’ ergraut, bemoost der Rinde Falten,
Doch ungebeugt vom Alter, vollbelaubt,

5
Sehn sie hinab vom Teutoburger Walde

In’s stille Thal mit stolz getragnem Haupt.
Auf ihren starren, regungslosen Aesten,
Den blitzbedrohten, knorrig und zerzaust,
Mag nur der kühne Weih und Habicht nesten.

10
Auf ihnen wiegt sich nicht die Drossel, schallt

Kein Lied der Nachtigall; die hält das warme
Tiefgrüne Thal dort, wo der Bergbach wallt.
Sie strecken sich wie droh’nde Riesenarme
Mit festgeballter, kampfbereiter Faust

15
Dem Sturm entgegen, der heran von Westen

Durchs Sennethal und über’s Winnfeld braust.

Und wie sie einsam droben auf der kalten
Weitschau’nden Bergeskuppe stehn, gemahnen
Sie an zwei alte graue Veteranen,

20
Die an geweihter Stätte Wache halten;

Und zieht der Herbstwind leise durch die Blätter,
Dann ist’s als flüsterten die beiden Alten
Von grauer Zeit, von Kämpfen unsrer Ahnen
Für Heerd und Freiheit und die alten Götter;

25
Von ihren Festen, ihren Waldesthronen,

Gefallen mit den tausendjähr’gen Eichen;
Von Roma’s Siegeszügen und den Leichen
Der jählings hingemähten Legionen.
Um Hünenring und Gräber schwebt die Sage

30
Und wühlt im Moose der Vergessenheit,

Den Schleier lüftend längst vergangner Tage.

Hier unter dieser mächt’gen Buchen Kronen
Umfängt erquicklich dich nach dem Gewühle
Der Gegenwart die Waldeseinsamkeit

35
Mit ihrer Ruh und ihrer Bergeskühle.

Dort unten saust und braust das Rad der Zeit;
In hast’gem, ewig ruhelosem Spiele
Greift lenkend, ordnend, ihre Hand in’s wilde
Gewirr der Fäden; schafft, vernichtet kalt

40
Des eignen Wirkens wechselnde Gebilde.

Und zu des Spulrads ew’gem Summen schallt
Ihr Sang in alten, oft gehörten Weisen;
Wie Schlummerlieder nun, mit wiegend leisen,
Einförmgen Klängen und wie Sturmwind bald,

45
Wie Schlachtfanfaren und wie Siegeslieder.

Und wie sie spinnt und singt und summt, zerfällt
Der alte Bau mit Pfeiler, Thurm und Bogen,
Zerfällt in Trümmer eine morsche Welt
Und mit ihr stürzen Thron und Scepter nieder;

50
Und über die gesunkne Herrlichkeit

Und ihre Trümmer wälzen sich die Wogen,
Die dunkeln Fluten der Vergessenheit.

Und weiter spinnt und singt und summt die Zeit –
Und rastlos unter’m Rollen ihrer Spindeln

55
Beginnt’s zu formen sich und zu gestalten;

Es hebt die neue Zeit sich aus den Windeln
Und Größres keimt aus dem versunknen Alten.
Der Blick wird weit und weiter die Gedanken,
Es fallen alte Mauern, alte Schranken

60
Und alte Grenzen schwinden von der Karte.

Hell rauscht es durch der Buchen Frühlingsblätter,
Wie sie, erwacht nach Wintersturm und Wetter,
Ausschauend weit von ihrer lust’gen Warte
Am Himmelsrand die leuchtende Standarte,

65
Das Morgenroth von Deutschlands Größe sehn.


 L. Altenbernd.

[39]

Zwei Veteranen.