Die beiden Knaben
Ein jüngrer und ein ältrer Bube,
Die der noch frühe Lenz aus der betrübten Stube
Vom Buche zu dem Garten rief,
Vielleicht, weil gleich ihr Informator schlief,
In der der Schnee noch nicht zerlief.
Ach Bruder! sprach der kleine Bube,
Was meynst du, ist das Loch wohl tief?
Ich hätte Lust – – Was? Lust hinein zu springen?
Versuch es nicht und spring hinein,
Du könntest dich ums Leben bringen.
Wir können uns ja sonst noch wohl erfreun,
Als daß wir uns und unsern Kleidern schaden,
Und kömmst du drauf zum Vater naß hinein:
So hast dus da erst auszubaden.
Doch keine Redekunst nahm unsern Knaben ein.
„Wer wird im Schnee denn gleich ersaufen?“
Und ließ sichs wohl in seiner Grube seyn;
Doch kaum war er vor Kälte fortgelaufen:
So sprang der Philosoph so gut, wie er, hinein.
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Dieß ist die Kunst der strengen Moralisten.
Beweisen sie das, was man lassen soll,
So froh, als ob sie nichts von den Begierden wüßten.
Sie bändigen ihr Herz durch die Gewalt der Schlüsse.
Doch ihnen ekelt nur dafür.
Wir lassen sie, wenn wir sie unternehmen,
Aus gutem Herzen andern sehn,
Und denken nicht daran, daß wir uns so vergehn.
Begehn die That, die sie uns übel nehmen,
Aus Tugend eher nicht, als bis wir es nicht sehn.