Die araner mundart/Gebrauch und bedeutung der nominal- und pronominalformen

« Das nomen und pronomen Die araner mundart Die satzlehre »
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).

Zweites kapitel.
Gebrauch und bedeutung der nominal- und pronominalformen.
A) Genera und numeri.

§ 488. Hinsichtlich des gebrauchs der genera und numeri sind nur wenige bemerkungen erforderlich, da sich die jeweilige anwendung im allgemeinen aus der die bedeutung zur genüge kennzeichnenden benennung ergiebt.

Das pronomen ȧ, die einzige neutralform, die sich als solche deutlich von der entsprechenden maskulinischen und femininischen abhebt, wird nur nach einer der formen des verbs is „ist“ oder einer der partikeln gebraucht, nach denen dieses zu ergänzen ist (vgl. II 255, 33 ff.). Es bezieht sich stets auf einen ganzen satz bzw. eine bestimmte situation, wird aber selbst innerhalb dieses beschränkten wirkungskreises nicht selten durch das masc. ē vertreten. Bei einem pronominalen hinweis auf die masc. kȧlīn „mädchen“, bād „boot“ und kapl̥̄ „pferd“ wird stets die femininform angewandt, was sich bei dem erstgenannten worte durch das natürliche geschlecht des von ihm bezeichneten objekts, bei den letzten beiden aus der einwirkung des englischen erklärt. Der dualis wird nur nach dem zahlworte dā ʒā „zwei“ gebraucht.

B) Kasus.
1. Die kasus der nomina.
a) Der nominativ.

§ 489. Die als nominativ bezeichnete kasusform vertritt den jetzt nur noch durch die wortstellung gekennzeichneten air. nom. und acc.

§ 490. Als vertreter des air. nom. dient der nominativ:

a) zur bezeichnung des grammatischen subjekts (s. § 492. 493);
b) zur bezeichnung des nominalen prädikats (s. § 494).

§ 491. Als vertreter des air. acc. dient der nominativ:

a) zur bezeichnung des objekts, d. h. des von der handlung unmittelbar betroffenen gegenstandes (s. § 495);
b) zur bezeichnung des resultats der durch das verbum dargestellten handlung (s. § 496);
c) zur hervorhebung des verbalinhalts (s. § 497);
d) zur bezeichnung eines zeitpunktes oder zeitraumes (s. § 498);
e) zur bezeichnung einer raumstrecke (s. § 499).

§ 492. Beispiele für den § 490a angegebenen gebrauch des nom. sind (abgesehn von dem § 493 besonders zu behandelnden falle: tā n t-ēr glan „Der himmel ist klar“; hic n̥ pāšcə fȳ n maurd „Das kind fiel unter den tisch“; wuəl pāriǵ mē „Patrick hat mich geschlagen“; bākālū n t-rān „Das brot ist gebacken worden“.

§ 493. Besondere erwähnung verdient der nom. als subjektskasus eines durch agəs „und“ angeknüpften umstandssatzes, dessen prädikat zu ergänzen ist, z. b.: hāniǵ šī ə wælə, agəs ə l̄āv bŕišcə „Sie kam mit zerbrochener hand nach hause“; hāniǵ šē əšcȧx, agəs kūx əŕ „Er kam wütend herein“.

Man vergl. die hebräischen mit waw angeknüpften nominalen umstandssätze wie beisp. gen. 19, 1:

וַיָּבֹאוּ שְׁנֵי [sic! שִׁנֵי] הַמַּלְאָכִים סְדֹמָה בָּעֶ֔רֶב וְלוֹט ישֵׁב בְּשֵֽעַר [sic! בְּשַֽעַר]

„und die beiden engel kamen am abend nach Sodom, wo Lot unter dem thore sass“.

§ 494. Beispiele für den § 490 b angegebenen gebrauch des nom. sind: is bŕǡ ən æmšŕ̥ ī „Es ist schönes wetter“; is amədān ān-wōr ē „Er ist ein erznarr“; is fīr ē „Es ist wahr“; n̄ax æšcəx ē „Ist das nicht seltsam?“; is gēl ē „Er ist ein Irländer“.

§ 495. Beispiele für den § 491a angegebenen gebrauch des nom./acc. sind: d āg šē n cīŕ „Er hat das land verlassen“; kiŕ glas eŕ ən dorəs! „Verschliesse die thür!“; hug mē mə vȧn̄əxt ʒō „Ich habe ihm meinen segen gegeben“.

§ 496. Beispiele für den § 491b angegebenen gebrauch des nom./acc. sind: ȷīnn̥̄ šē brōgə s māl̄ī „Er fertigt schuhe und säcke an“: rińədr̥ tørn̄ mōr „Sie machten grossen lärm“; tōkə šiəd bal̄ə „Sie werden eine mauer bauen“.

§ 497. Bei dem § 491c angegebenen gebrauch des nom./acc. lassen sich zwei fälle unterscheiden:

a) verbum und substantivum sind stamm- und sinnverwandt wie buəlĭm bŭiĺə „ich schlage einen schlag“, „ich versetze einen schlag“; z. b. buəl bŭiĺə ŕ n̥ glø šin! „Führe einen schlag auf diesen stein!“
b) verbum und substantivum sind nur sinnverwandt wie ōlĭm ȷox „ich trinke einen trank“, „ich nehme einen trank zu mir“; z. b. n̄ax n̄-ōlə tū ȷox? „Willst du nicht einen schluck nehmen?“

§ 498. Beispiele für den § 491d angegebenen gebrauch des nom./acc. sind: caiən̄ šē ə n-ə warəgə x ilə l̄ā „Er geht jeden tag auf den markt“; kā rø tū šȧxtn̥ ō hin? „Wo warst du vor einer woche?“

§ 499. Beispiele für den § 491e angegebenen gebrauch des nom./acc. sind: tā mə çūmrə ȷe drehə fīd eŕ fad „Mein zimmer ist dreissig fuss lang“; çūl šē mīlə gə ĺe, ḱē gə rø šē ān-tørsəx „Trotz seiner grossen müdigkeit marschierte er anderthalb meilen“.

b) Der genitiv.

§ 500. Der genitiv dient

a) zur angabe des ganzen, von dem das vorausgehende substantivum einen teil bezeichnet (s. § 501);
b) zur bezeichnung des stoffes, aus dem der durch das vorausgehende substantivum benannte gegenstand besteht (s. § 502);
c) zur angabe des besitzers der person oder des gegenstandes, die bzw. der durch das vorausgehende substantivum benannt wird (s. § 503);
d) zur bezeichnung einer zugehörigkeit ohne ausgeprägtes besitzverhältnis (s. § 504);
e) zur angabe einer eigenschaft (s. § 505);
f) zur angabe des urhebers dessen, was durch das vorausgehende substantivum zum ausdruck gebracht wird (s. § 506);
g) zur angabe des objekts, das in erster linie von der im vorausgehenden substantiv angegebenen handlung betroffen wird (s. § 507).

§ 501. Beispiele für den § 500a angegebenen gebrauch des genitivs sind: kruəx mōnə, tī, arūŕ „Ein haufe torf, stroh, korn“; glyńə fīn „Ein glas wein“; mōrān fatī „Viele kartoffeln“; mōrān æmšŕə „Viel zeit“; ḱŕīx n̥ tȳəl „Das ende der welt“; ḱišān rān „Ein korb brot“ (vgl. ḱišān n̥ rān § 504).

§ 502. Beispiele für den § 500b angegebenen gebrauch des genitivs sind: miəs mŭȧȷə „Eine schüssel von holz, eine hölzerne schüssel“; hatə tī „Ein strohhut“; blāx imə „Buttermilch“; fāńə ōŕ „Ein ring von gold, ein goldener ring“.

§ 503. Beispiele für den § 500c angegebenen gebrauch des genitivs sind: māk [sic! mak] ȷē „Der sohn gottes“; airk bō, tæŕəv, gauəŕ, kȳrə „Das horn der kuh, des stiers, des ziegenbocks, schafbocks“; cȧx mə wāhr̥ „Das haus meiner mutter“; dūn knoxūŕ „Dun Conor“.

§ 504. Beispiele für den § 500d angegebenen gebrauch des genitivs sind: ȷȧtəx mə sigā́r „Der rauch meiner zigarre“; drūxt nə mŭȧńə „Der morgentau“; æspə ūsāȷə „Der mangel an übung“; ḱišān n̥ rān „Ein brotkorb“ (vgl. ḱišān rān § 501).

§ 505. Beispiele für den § 500e angegebenen gebrauch des genitivs sind: l̄oxt fōləmə, droŋ fōləmə, ȷŕȧm fōləmə (vgl. II, 272, 36) „Gelehrte leute“; fȧr nə ĺecŕəx „Der briefträger“; bæn n̥ āńə „Die frau mit dem ring“.

§ 506. Beispiele für den § 500f angegebenen gebrauch des genitivs sind: sȳrū mə lāvə „Der ertrag meiner hände“; grāsə ȷē „Die gnade gottes“.

§ 507. Beispiele für den § 500g angegebenen gebrauch des genitivs sind: ĺauər in fȧr ȷīltə (vgl. II 268, 22) nə ĺauər „Buchhändler“; tā šē ə tōŕc n̥ æŕəǵəȷ ʒō „Er giebt ihm das geld“; tā šē ə køńāl nə ĺȧpə „Er hütet das bett“.

c) Der vokativ.

§ 508. Der vokativ, dem stets entweder ein possessivpronomen oder die partikel ə (II 95, 23) vorausgeht, ist der kasus der anrede und des anrufs, z. b. ə xarə mə xrī! „Mein lieber freund! Mein herzensfreund!“; ə xišlə mə xrī! „Pulsschlag meines herzens! Mein herzchen, mein liebchen!“; morə ʒic, ə xȧlīn! „Guten morgen, mädchen!“; gə mȧn̄ə ȷiə ʒic, ə ʒoxtūŕ! „Guten tag, herr doktor!“

d) Der dativ.

§ 509. Der dativ, seiner grundbedeutung nach der kasus der beteiligung, kommt nur in verbindung mit präpositionen vor. Da diese seine verwendung im einzelnen bestimmen, so sind seine verschiedenen funktionen aus dem wörterbuche zu ersehn.

2. Die kasus der pronomina.

§ 510. Hinsichtlich der kasusformen der pronomina dürfte es genügen, auf das von den substantivformen abweichende kurz hinzuweisen.

In diesem sinne ist nur der gebrauch der besonderen akkusativform zu erwähnen. Diese findet anwendung:

a) als objektskasus im aktivischen satze, z. b. ńī akə mē hū „Ich habe dich nicht gesehn“;
b) als subjektskasus, und zwar
α) im passivischen satze, z. b. buəlcr̥ ē „Er wird geprügelt“;
β) in einem durch agəs „und“ angeknüpften umstandssatze, dessen prädikat zu ergänzen ist (vgl. § 493), z. b. tā ə xarəbəd atī, agəs ē ʒā haxtə lē šilə-šiān „Seine kinnlade ist geschwollen, wobei er vor schleim nicht schlucken kann“;
γ) im nominalsatze, z. b. is fȧr ē „Er ist ein mann“; is fīr ē „Es ist wahr“;
c) als prädikatskasus im nominalsatze, z. b. ń ē ən mak? š ē „Meinst du den sohn? Ja.“ In diesem falle wird jedoch vom pron. der 2. pers. sing. die nominativform gebraucht.

« Das nomen und pronomen Die araner mundart Die satzlehre »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).