Die Vulkane der Philippinen
In den jüngst erschienenen Skizzen des Prof. Semper „Die Philippinen und ihre Bewohner,“ Würzburg 1869, einem Buche, in welchem der Verf. aus dem reichen Schatze seiner auf dieser Inselgruppe gesammelten Erfahrungen eine für einen größeren Leserkreis berechnete Auswahl in höchst eleganter Darstellungsweise getroffen hat, und welches wir als einen Prodromus zu den größeren wissenschaftlichen, im Erscheinen begriffenen Arbeiten dieses Gelehrten über die Philippinen bezeichnen möchten, behandelt der erste Abschnitt die Vulkane auf dieser Inselgruppe. Bei unserer geringen Kenntniß über die Vulcane jener Gegenden dürften mithin die nachstehenden, jenem Buche entnommenen Notizen willkommen sein. Bekanntlich zieht sich ein Gürtel theils thätiger, theils erloschener Vulkane durch die ganze Länge von Sumatra, Java und durch die Inseln Bali, Lombok, Sumbawa, Floris, die Sermatta-Inseln, Banda, Amboina, Batian, Makian, Tidor, Ternate und Gilolo bis nach Morotai, in seiner Hauptrichtung von Westen nach Osten mit einem Bogen nach Süden streichend, von Buru aus aber nach Norden sich umbiegend. Eine zweite Vulcankette zieht sich vom Aequator aus von Süden nach Norden; sie beginnt in Nord-Celebes, und geht über Siao und den Sanguir-Archipel und die Philippinen, letztere[WS 1] in ihrer ganzen Längenausdehnung von der Südspitze Mindanao’s bis zur Nordspitze Luzons durchstreichend; der Endpunkt dieser Kette findet sich auf der nördlich von der Nordspitze Luzons liegenden Inselgruppe der Babuyanes. Nur hier und da treten in dieser Kette noch thätige Vulcane auf, aber die ausgesprochene kegelförmige Gestalt vieler dieser Kette angehörigen Berge, verschüttete Krater, zahlreiche heiße Quellen und andere auf eine frühere vulcanische Thätigkeit hinweisenden Erscheinungen sind die redenden Zeugen für den engen Zusammenhang dieses Vulcangürtels. Was nun speciell die Philippinen betrifft, so finden sich auf allen Inseln, mit Ausnahme von Cebú und Bohol, welche beide gänzlich aus gehobenen Korallenriffen und neptunischen Schichten gebildet zu sein scheinen, solche erloschene Vulcane. Dieselben erheben sich in der westlichen und östlichen Cordillere des Nordens und im Süden von Luzon, in der isolirten Bergkette von Zambales und auf Leyte und Samar, im westlichen Gebirgslande des Nordens von Mindanao, und in dem Höhenzuge von Palawan hoch über die mittlere Kammhöhe des Gebirgszuges, dem sie angehören. Dahin gehört der 7030 span. Fuß hohe Majaijai oder der M. Banajao an der Laguna de Bay, ferner der M. Datá, im nordwestlichen Luzon bei Mancayan, der Subig in der Bergkette von Zambales, endlich die vielen auf der Berghaus’schen Karte fälschlich als activ bezeichneten Vulcane zwischen dem von Bolusan und Majaijai in den Provinzen Nord- und Süd-Camarines. Gänzlich isolirt von allen Bergketten liegen vier kleine vulcanische Berge im Norden der centralen Ebene Luzons, unter denen der bedeutendste der M. Cajaput in der Provinz N. Ecija ist. Südöstlich von diesem erhebt sich der trachytische Doppelkegel des M. Arayat aus einer kaum 90 Fuß über den Meeresspiegel aufsteigenden Ebene bis zu einer Höhe von 3150 Fuß. Alle diese Berge und die sie [77] verbindenden Bergketten gehören nach der Ansicht Semper’s der Reihe moderner trachytischer Gesteine an, welche in der jüngsten geologischen Periode zum Vorschein kamen, eine Ansicht, welche Herr F. Jagor nicht zu theilen scheint, da nach dessen Versicherung sich in den von ihm besuchten Gegenden unter den trachytischen Laven und Gesteinen, Granit und Gneißfelsen finden. In sehr verschiedener Meereshöhe lehnen sich an diesen trachytischen Kern zahlreiche sedimentäre und an Versteinerungen reiche Sandstein- und Thonschichten an; die in ihnen sich findenden Muschel- und Schneckenformen entsprechen theilweise den noch heute in den umgebenden Meeren lebenden, gehören also wohl einer sehr jungen Periode an. Ebenso entsprechen die in den trachytischen Bergen des Nordens von Luzon und des Ostens von Mindanao und auf den Visaya’s zahlreich sich findenden Ueberreste früherer Korallenriffe den zwischen den Inseln, in den Canälen und weit in das Meer sich hinziehenden Korallenbänken. Bei diesen Resten alter Korallenriffe läßt sich nun eine altere und eine jüngere Altersstufe unterscheiden. Erstere zeigt sich am deutlichsten in dem Thal von Benguet, in der Nähe des Golfs von Linguyen; es ist dies ein fast genau kreisförmiger Kessel von ½ deutschen Meile im Durchmesser, dessen von einem ausgedehnten See bedeckte Sohle nahezu 4000 Fuß über dem Meere liegt und von einem etwa 450 Fuß hoch über dem See steil aufsteigenden Ringwall, aus gänzlich massivem Korallenkalk gebildet, umgeben ist. An zwei Stellen ist dieser Wall durch scharf eingeschnittene Spalten getrennt; an der südwestlichen Seite senkt sich die obere Kante des Walles etwas und löst sich hier in eine Reihe kleiner, unregelmäßig gestalteter und von trachytischem Thone bedeckter Hügel auf, und hier läßt sich an vielen Stellen eine durch allerlei Geröll und völlig gut erhaltene ausnahmslos gerollte Korallenfragmente eine alte Strandlinie nachweisen. Wir haben also hier die vollständigen Reste eines Atolls vor uns, und läßt sich eine ganze Kette solcher mehr oder weniger getrennter Korallenbildungen bis hoch in den Norden von Luzon hinauf in ungefähr gleicher Meereshöhe verfolgen. Die jüngere Periode der gehobenen Korallenbildungen schließt sich an die jetzt lebenden an. Solche bald größere bald kleinere gehobene Korallenriffe finden sich überall an den Küsten der Inseln, auf Camiguin im Norden von Luzon, auf Basilan bei Zamboanga, an der Ostküste Luzon’s und Mindanao’s, auf Bohol u. s. w.; überall kann man zur Ebbezeit ihren Zusammenhang mit den gegenwärtig in Hebung begriffenen lebenden Riffen verfolgen. Namentlich auf der kleinen Insel Lampinigan bei Basilan fand Semper alle Löcher und Spalten der vom Meere bespülten Trachytfelsen von Korallen durchdrungen; diese Korallenincrustationen treten bereits über die Linie der gewöhnlichen Fluthen hinaus, und sind alle ohne Ausnahme bis auf eine Tiefe von 8–10 Fuß ins Meer hinein todt.
Was die noch activen Vulcane betrifft, so zählt Semper folgende auf, welche er theils selbst besucht, theils aus der Entfernung beobachtet, oder über die er Erkundigungen eingezogen hat. Der südlichste Vulkan der Philippinen ist der auf der Halbinsel Sarangan, der südlichsten Spitze von Mindanao gelegene Sarangan, wahrscheinlich aus Mißverständniß auch Sanguil genannt; letzterer Name ist wenigstens jetzt gänzlich verloren gegangen. Sein letzter historisch beglaubigter Ausbruch fand am 4. Januar 1645 oder 1641? statt, an welchem Tage noch [78] ein anderer Vulcan auf einer kleinen Insel des Sulu-Archipel, sowie der Vulcan von Aringay oder M. St. Tomas am Golf von Lingayen auf der Insel Luzon zum Ausbruch gekommen sein soll. Gleichfalls auf Mindanao liegen noch zwei andere Vulcane, der von Sujut, nahe der Bahia de Illanos und etwa 8–10 Seemeilen von dem Orte gleichen Namens entfernt, und der Pollok oder Davao bei dem Dorfe gleichen Namens (auf neueren spanischen Karten Vergara genannt), an der Bahia von Davao oder Bahia de Tagloc der älteren spanischen Karten. Freilich sind die Nachrichten über die Lage dieser beiden Vulcane sehr divergirend; ja es scheint fast, daß, wenn man die Berichte der verschiedenen Reisenden mit einander vergleicht, die verschiedenen Benennungen nur auf einen und denselben Berg zu beziehen sind. Aus eigener Anschauung kann aber Semper nur die Lage des Vulcans von Davao feststellen, dessen nach spanischen Messungen auf 8000 Fuß geschätzten Doppelkegel er aus einer Entfernung von 30 bis 40 Seemeilen selbst gesehen hat. Als dritter oder vierter Vulcan in der Vulcankette der Philippinen tritt ein auf der zu den Visaya’s gehörenden Insel Negros liegender auf, über dessen Existenz weder ein Reisender noch eine Karte bis jetzt Auskunft gegeben haben; die Existenz eines Vulcans auf der Insel Siquijor oder Isla da Fuegos hingegen, wie solcher auf allen Karten verzeichnet ist, bestreitet Semper und glaubt, daß diesem Irrthume eine Verwechslung mit dem Vulcan auf der Insel Negros zu Grunde liegen mag. Sein stark rauchender, nach einer Schätzung mindestens 5000 Fuß hoher Kegel, ragt, wie der Verfasser aus eigener Anschauung bezeugt, weit über die niedrigen Kalkberge der benachbarten Insel Cebú empor, so daß er bei günstiger Witterung in dem weiten Canal zwischen Bohol und Cebú zu erblicken ist. Dem nächsten Vulcan, dem von Balusan, begegnen wir auf der äußersten Südspitze von Luzon; derselbe bildet den Anfang einer Kette von Feuerbergen, welche sich durch den langgestreckten südlichen Theil dieser Insel hinzieht. Der Balusan, circa 5000 Fuß hoch, sowie der darauf folgende Vulcan von Albay oder der Mayon, ca. 7000 Fuß hoch, gehören zu den noch thätigen Vulcanen; namentlich sind die Ausbrüche des letzteren am 24. October 1767 und am 1. Januar 1814 von den verheerendsten Wirkungen gewesen. Der dritte thätige Vulkan in der Reihe ist der auf Süd-Luzon gelegene Taal, dessen Kraterrand sich kaum mehr als 600 Fuß über den Meeresspiegel erhebt, während, wie schon gesagt, jene beiden erstgenannten in regelmäßigster Kegelform zu einer bedeutenden Höhe ansteigen. Der Vulcan von Taal nimmt die Nordostspitze einer dreieckig gestalteten Insel ein, welche inmitten des See’s von Taal, auch Laguna de Bombon genannt, liegt; diese Lagune ist durch eine kaum zwei Meilen breite, niedrige und ganz aus trachytischem Tuff bestehende Landenge vom Meere getrennt. Steil aufsteigende, mit hohem Gras und krüppelhaften Bäumen bewachsene Hügel verdecken den nördlichen Fuß des Vulcans derartig, daß man die Lage des Kraters nur an der Ausdehnung der zwischen den Kraterwänden aufsteigenden Rauchsäulen erkennt. Die andern beiden Spitzen dieser Insel werden gleichfalls von Vulcanen eingenommen, nämlich die nordwestliche von dem regelmäßig conisch gestalteten Binintiang grande und die südliche von dem Binintiang chiquito. Beide Binintiangs waren noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Thätigkeit, seit welcher Zeit sie jedoch erloschen sind; der Vulcan von Taal [79] trat seitdem bis in die neueste Zeit hinein in die Rolle jener beiden ein. Der erste Ausbruch des Taal, durch welchen die bevölkerten Dörfer Taal, Lipa, Tananan und Sala gänzlich vernichtet wurden, fand am 2. December 1754 statt, und die jährlichen Erdbeben, welche seitdem die Bewohner der Hauptstadt Manila aus ihrer Ruhe schreckten, und deren stärkstes am 9. Juni 1863 viele Privathäuser und die meisten öffentlichen Gebäude zerstörte, rühren unstreitig von der unterirdischen Thätigkeit des Vulcans von Taal her. Herr Semper hat im April 1859 den Krater genau untersucht, und ist unter mancherlei Gefahren bis auf den Grund desselben hinabgestiegen. – Gänzlich getrennt von dieser Reihe activer Vulcane Süd-Luzon’s treten im äußersten Norden der Philippinen, auf einen kleinen Raum zusammengedrängt, vier Vulcane auf, von denen die beiden am Bashee-Canal liegenden den von Süden kommenden Schiffern von jeher als Signal dienten, ebenso wie der Sarangani im Canal von Celebes, und der Balusan und Albay den von Osten kommenden Seefahrern als Leuchtthürme bei der Einfahrt in die Straße von S. Bernardino stets gedient haben. Es sind dies der, wie es scheint, fortwährend thätige Vulcan auf der Insel Babuyan Claro, und der jetzt schon im Solfataren Zustande ruhende Vulcan von Caminguin, der südöstlichsten Insel der Babuyanes-Gruppe, beide nach roher Schätzung etwa 3000 Fuß hoch. Letzterem gegenüber liegt der dritte Vulcan dicht unter dem Cabo Engaño in Cagayan, der nördlichsten Provinz Luzon’s, der auf den neuesten spanischen Karten als M. Cagua bezeichnet ist. D. Claudio Montero, der Entdecker dieses Vulcans, berechnet den Kraterrand auf 2489 par. Fuß Meereshöhe, und Herr Semper beobachtete von dem Dorfe Aparri aus die demselben entsteigenden Rauchsäulen; merkwürdigerweise schienen aber trotz der geringen Entfernung die Einwohner des Dorfes denselben gar nicht zu kennen. Der vierte Vulcan dieser Gruppe befindet sich auf einer zwischen den längst bekannten und sehr gefürchteten Didica-Klippen (escollos Didica) seit dem Jahre 1856 neu entstandenen Insel; diese Klippen selbst hält der Verfasser für die Ueberbleibsel des Kraterrandes eines früheren Vulcans, und würde sich mithin hier eine ähnliche Erscheinung darbieten, wie innerhalb des von den Inseln Santorin und Kameni gebildeten Kraterrandes; ganz ähnliche, auf den Karten als „escollos Guinapag“ bezeichnete Klippen, befinden sich etwas südlicher. Nach der Aussage der Eingeborenen zeigten sich im September oder October 1856 zwischen jenen Klippen die ersten Anzeichen eines submarinen Vulcans, jedoch ohne daß man Erdbeben verspürt habe. Im Jahre 1857 fand jedoch ein sehr heftiger von Erdbeben begleiteter Ausbruch statt, in Folge dessen die obere Hälfte der beiden Didica-Klippen einstürzte; seit dieser Zeit ist der Vulcan fortwährend in Thätigkeit und hat sich zu einer bedeutenden Höhe über den Meeresspiegel erhoben; nach einer Messung des Elevationswinkels des neuentstandenen Berges berechnete Semper die Höhe desselben auf 700 Fuß, eine Höhe, welche derselbe also innerhalb vier Jahre, vom September 1856 bis zum October 1860, bereits erreicht hatte. Diesen neuen Feuerberg hat der Verf. Vulcan Didica getauft, und seine Lage auf der dem Buche beigegebenen Karte nördlich vom Cap Engaño angegeben.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: letzere