Textdaten
Autor: Samuel Gottlieb Bürde
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Ueberraschung
Untertitel:
aus: Friedrich Schiller:
Musen-Almanach für das Jahr 1799, S. 28 – 31
Herausgeber: Friedrich Schiller
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1799
Verlag: J. G. Cotta
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Tübingen
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: HAAB Weimar, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung:
{{{SONSTIGES}}}
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[28]
Die Ueberraschung.


Auf dem Lande, bey der trauten Freundin,
War, ach! eine ewig lange Woche
Schon mein Liebchen. Alle, alle Tage
Ging ich vor das Stadtthor, nach der Gegend

5
Dort am Fuß des südlichen Gebirges,

Sehnsuchtsvoll zu schaun; – selbst hin zu eilen
Wehrten mir die leidigen Geschäfte.
Aerger als ein junger Dichter schalt ich
Auf die Stadt, und pries des Landes Vorzug.

10
Heute konnt’ ich mit der Abenddämmrung

Meine Lieblingsaussicht erst besuchen.
Bey der Windmühl auf dem Hügel stand ich
Eingewurzelt, wie ein Meilenzeiger,
Ausgestreckt den Arm, den Zeigefinger

15
Ganz genau nach meines Herzens Pole

Hingerichtet. – „Flügel! hätt’ ich Flügel!“
Und mich trugen Phantasie und Liebe
Schwebend fort; mein innres Aug erblickte
Schon das Landhaus, das Portal von Linden

[29]
20
Das den Eingang schatticht überwölbet;

Offen stand der Gartenmauer Pförtchen,
Offen auch die Hinterthür des Hauses.
Leise hatt’ ich mich hineingeschlichen,
Wollte nun die Treppe schnell ersteigen,

25
Als ein Baum, an den ich unsanft streife,

Mich aus meinem wachen Traum erweckte. –

     Still und einsam lag die Abendlandschaft;
Sternchen blinkten hin und her am Himmel,
Lichter da und dorten durch die Fenster. –

30
Jetzt – wie schlug das Herz mir! – kam ein Wagen

Auf dem Fahrdamm angerollt; im dunkeln
Ward mir nur die schaukelnde Bewegung
Sichtbar; schon verdoppelt’ ich die Schritte,
Ihn am nahen Stadtthor zu erreichen,

35
Als ein morsches Rad mit dumpfem Prasseln

Brach. Ich fliege hin. Zwey wohlbekannte
Stimmen unterscheid’ ich. – Hülfe! Hülfe!
Ruft die Zofe; – „Ruhig, spricht die Dame,
Ist uns doch kein Leides wiederfahren.“

40
Und sie stiegen aus. Auf meinen Lippen

Schwebte schon die zärtlichste Begrüßung;
Ausgebreitet hielt ich schon die Arme,

[30]

Die Willkommne an mein Herz zu drücken.
Doch im Nu gab mir, ich weiß nicht welcher

45
Dämon ein, des Wiedersehens Freude

Noch durch Ueberraschung zu erhöhen. –
Tief drück’ ich den Hut mir in die Augen,
Decke mit des Ueberrockes Klappen
Kinn und Mund; mit schnarrender, verstellter

50
Stimme redend, glückt mirs, sie zu täuschen.


Mein Geleit ward dankbar angenommen, –
Meinen Armen eilte sie an meinem
Arm entgegen; hell vor ihrer Seele
Stand das Bild der frohsten Ueberraschung;

55
Ich empfand in ihres Schrittes Eile

Ach! der Liebe süßen Drang. Wir schlüpften
Schweigend durch die dunklen Gassen. Dasmahl
Segnet’ ich die sonst so oft verwünschte
Kargheit der Erleuchtung. Vor der Wohnung, –

60
Meiner Wohnung — hielt das Karavanchen.

Abschied, zärtlich Abschied nahm der Führer,
Doch sein Händedruck blieb unerwiedert. –
Und die Thür ging auf, der Leuchte Schimmer
Fiel auf mein Gesicht, mit ihm der Neugier

65
Seitenblick; – Ein lauter Schrey der Freude! –
[31]

Brünstig erst umarmt, dann ausgescholten
Stand ich, lachend, vor ihr. Des Entzückens
Sprachverwirrung ließ auf ihre Fragen
Mich nicht Worte zur Erzählung ordnen.

70
Welch ein Abend! Am gedeckten Tischchen

Welch ein trautes Gegenüber! Endlich
Im getheilten Bett welch süßer Schlummer!

BUERDE.