Textdaten
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Autor: Johann Gottfried Herder
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Titel: Die Staatsklugen
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aus: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung) S. 138–140
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
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Erscheinungsdatum: 1793
Verlag: Carl Wilhelm Ettinger
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Erscheinungsort: Gotha
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Quelle: Google und Commons
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Die Staatsklugen.


A. Glückliches Zeitalter, das Unsere! in dem man aus so vielen der klügsten Schriftsteller, aus so viel zurückgelegten Jahrhunderten endlich die vollkommenste Staatsform bilden wird.

B. Das heißt, aus fremden Schaden klug werden kann.

A. Gewiß. Wie hoch wird noch der menschliche Geist steigen!

B. So hoch, daß er, vom Schwindel ergriffen, traurig herabstürzt.

A. Wie? Sie sind unsrer geistvollen Zeit, unserm gelehrten Jahrhundert nicht günstig?

B. Günstig bis zum empfindlichsten Mitleid – in Manchem.

A. Giebt es ein größer Glück, als den allgemeinen Weltlauf betrachten, und daraus das seltenste, klügste, vollkommenste abnehmen zu können?

B. Und ists nicht schön, auf dem Markt altes Geräth kaufen zu wollen, um damit ein neues Haus zu zieren?

A. Giebt es etwas anständigeres, als nach dem Rath des gesammten Alterthums Kriegs- und Friedensgeschäfte im Staat einzurichten?

B. Und etwas Passenderes, als unsre kleine Buben in unsere grosse Stiefeln zu kleiden;

A. Ich sehe nicht, was Sie wollen.

B. Das will ich, daß die Zeiten sich ändern, daß alte und neue nicht in einander paßen und Gott jeder Scene ihre Decoration und handelnde Personen giebt, die, nach seinem Zweck, sowohl in der Welt- als Kirchengeschichte spielen; indeß die Zuschauer entweder zerstreut sind, oder erwarten, und auf den Ausgang rathen. –

A. Staatsklugheit und Geschichte hätten also keinen Nutzen?

B. Keinen dem Herrn der Welt entgegen; beide sehr viel um Gottes Absichten und Wunderwege zu bemerken.

A. Inzwischen bleiben die Staatsgeheimnisse doch immer jene verborgnen Räder, die dem, der in sie blickt, die ganze Bewegung der Maschiene verrathen.

B. Vergessen Sie aber dabei nicht, daß das ganze Triebwerk einer höhern Hand untergeordnet sei, die Zeiten und Stunden darinn einrichtet. Ohne diesen Zweck sieht man die verborgenen Räder wie ein Knabe an, der sich über ihr Umdrehen freuet, und nichts davon zu nutzen weiß.

A. Ei, der Weise herrscht über die Gestirne, geschweige über kleine menschliche Triebwerke.

B. Der göttliche Weise. ja! der aus und mit Gott denket.

A. Auch scharfsinnige Politiker erreichen ihre Absichten.

B. Armseliges Erreichen, wenn Gott lächelnd drein sieht. Der eine Reihe Völker zu hintergehen versuchte, dem setzt sein Weib Hörner auf; der der Welt Gesetze geben wollte, hat vielleicht in seinem eignen Hause mit Knecht und Magd zu zanken, daß sie ihm gehorchen.