Die Schlieffen und Adebare in Colberg

Textdaten
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Autor: Jodocus Donatus Hubertus Temme
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Titel: Die Schlieffen und Adebare in Colberg
Untertitel:
aus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. S. 99–100
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1840
Verlag: Nicolaische Buchhandlung
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Google und Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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61. Die Schlieffen und Adebare in Colberg.

Vor Zeiten waren viele Jahre lang die beiden mächtigsten Geschlechter in der Stadt Colberg die Schlieffen und die Adebare. Deren lebten einmal um das Jahr 1500 zwei junge Bürger, Benedictus Adebar, der des Bischofs von Cammin Schwester zur Ehe hatte, und Niclas Schlieff, Peter Schlieffens, des Bürgermeisters, Sohn. Dieselbigen waren große Freunde, und hielten sich wie Brüder untereinander. Da begab es sich einmal, daß sie zusammen in Gesellschaft gezecht hatten, und Niclas Schlieff ging guter Zeit zu Hause und legte sich zu Bette. Etwa eine Stunde nachher folgte ihm Benedictus Adebar, und klopfte an seine Thür, und bat, ihm diese zu öffnen. Als Schlieff hörte, daß er es war, stand er selbst im Hemde auf, um ihn einzulassen. Adebar aber war etwas lustig geworden vom Weine, und wie er nun hörte, daß Schlieff kam, stach er mit seinem Schwerte durch die Thür, und wollte jenen erschrecken. Das war ein großes Unglück; denn Schlieff lief im Finstern rasch zu, um die Thür zu öffnen, und rannte sich in das durchgestochene Schwert, daß er laut aufschrie und für todt hinfiel. Darüber erschrak Adebar hart, und verstopfte ihm eilig die Wunde, führte ihn auch zu einem Arzte, und entschuldigte sich sehr gegen den Freund, daß er es nicht aus bösem Gemüthe, sondern nur aus Vorwitz gethan. Schlieff aber fühlte sich sehr übel, und er vermerkte, daß er werde sterben müssen; er vermahnte daher den Adebar, daß er entweichen möge, denn wenn ihn seine Verwandten erhaschten, so werde er wieder sterben müssen, was er ihm nicht gönnte. Adebar aber wollte den sterbenden Freund nicht verlassen, und wurde also, wie er sich nicht von ihm trennen konnte, von Schlieffens Freundschaft gefangen und ins Gefängniß gesetzt.

[100] Der Bischof von Cammin und die anderen Freunde Adebars gaben sich zwar viele Mühe und baten die Schlieffen sehr, daß er auf gebührenden Abtrag möchte loskommen. Aber die Schlieffensche Freundschaft wollte das nicht thun, sondern ließen Adebar vor Gericht bringen und ihn zum Tode verurtheilen. Und erst als das geschehen war, wollten sie ihn wieder losgeben, damit man sagen könne, daß sie ihm recht eigentlich das Leben geschenkt hätten. Das aber wollte Adebar nicht annehmen, denn er ließ sich bedünken, ein zum Tode einmal Verurtheilter sey des Lebens ferner nicht werth. Darum sagte er freien Muthes, er wolle lieber bei seinem erschlagenen Freunde und Bruder sein, denn länger leben.

So ging er freiwillig zu der Richtstätte. Nur damit er nicht wie ein Missethäter geführt würde, durften ihn der Nachrichter und dessen Knechte nicht anrühren, sondern er ging frei und gutwillig. Seine Schwester, welche Aebtissin im Jungfrauenkloster zu Colberg war, nahm ein Crucifix und trat vor ihm her, und der Rath und die ganze Stadt begleiteten ihn und betrübten sich um seinethalben. Also kam er aus der Stadt. Da wurde ihm vergönnt, daß er nicht auf die gewöhnliche Richtstätte ging, sondern auf den Kirchhof; allda ließ er sich das Haupt abhauen.

Von der Zeit an entstand ein ewiger Groll zwischen den beiden Geschlechtern Adebar und Schlieffen.

Kantzow, Pomerania, II. S. 448-450.