Die Sage von Baden’s Ursprung

Textdaten
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Autor: Eduard Brauer
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Titel: Die Sage von Baden’s Ursprung
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 176–179
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
Übersetzer:
Originaltitel:
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Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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[176]
Die Sage von Baden’s Ursprung.
1.

Es reiten drei Recken durch Waldung und Moor,
Am Borne da hüpfen drei Fräulein hervor:

„Zieht mit uns, ihr Brüder, wir kennen den Pfad!“ –
Die Wandrer mißtrauten dem weiblichen Rath.

5
„Zieht mit uns, ihr Brüder, zu duftigen Höhn!“

Sie blickten so freundlich, sie nickten so schön.

Bald zogen drei Pärlein im eiligen Lauf
Mit Singen und Springen den Hügel hinauf.

Hoch oben empfing sie ein lachender Grund,

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Durchflochten mit Blumen gar wunderlich bunt.


Es blinkte die Lilie so bräutlich und lind,
Liebflammend die Rose, der Sehnsucht Kind.

„Herbei, ihr Gesellen, wir stehen am Ziel,
Nun ruft uns des Tanzes ergötzliches Spiel!“

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In Lüften erhob sich ein Harfengekling,

Sie sangen und sprangen, und schlossen den Ring.

[177]

„Herbei, ihr Gesellen, nicht lange bedacht!“
„Juchheisa!“ es trieb sie zum Tanze mit Macht.

„Juchheisa!“ doch mitten im taumelnden Reih’n

20
Brach jählings der Boden ins Feuchte hinein.


Aufbrauste die Wiese, ein schauriger See –
„Ade, ihr Betrognen, auf ewig Ade!“


2.

Tief unter den Wogen da sitzt auf dem Thron
Der König des See’s mit kristallener Kron’.

25
Mit grünlichen Locken, im Silbergewand,

Die Lilie schwingt er als Stab in der Hand,

Und um ihn da tanzen wie Schwäne so weiß
Die perlenumgürteten Nymphen im Kreis.

Rings blinken die Wände wie schwärzlicher Stahl,

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Demantene Säulen erhellen den Saal.


Korall’ und Karfunkel bezaubert den Blick;
Die Ohren, der singenden Quellen Musik.

„Wer wagt es, zu nahen dem Wasserpalast,
Den nimmer betreten ein irdischer Gast?“

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„Rothwangige Knaben, erbleichet im Tod!

So will es des Wassers uraltes Gebot.“ –

„O König der Fluthen, entlaß uns der Schuld!
Uns täuschten drei Mägdlein mit tückischer Huld.“

Da schwenkte der König den Lilienstab,

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Nicht blieb ihm verborgen, was jüngst sich begab.


„Wohlan, ihr Verführten, so geb’ ich euch frei,
Doch treffe mein Zorn die verführenden Drei.“

Er schwenkte die Lilie. – „O König, halt ein!
Wir flehen, du möchtest auch ihnen verzeihn.“

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Der König besann sich – er blickte versöhnt:

„Nicht bin ich um Großmuth zu markten gewöhnt.

Den Groll der Unsterblichen mildert und stillt
Die Liebe, die Leides mit Liebem vergilt.

Ihr habt es erbeten, so sey es gewährt,

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Dazu noch ein Gnadengeschenk euch bescheert.


Empfangt hier drei Kiesel, unscheinbar und schlecht,
Doch werther, als Kronen, benützt ihr sie recht.

Schlägt klingend ein solcher den starrenden Fels,
So wird er die Wiege heilkräftigen Quells.“

55
Er schwenket die Lilie; auf thut sich das Thor,

Schnell wirbelt ein Strudel die Wandrer empor.


3.

Noch stehn die Gesellen am schilfigen Strand,
Sie wiegen das Königsgeschenk in der Hand.

„O ärmliche Gabe, du schlechtes Gestein,

60
Dich werf’ ich zum Spott in die Wogen hinein!“


So höhnte der Jüngste mit frevelndem Mund,
Und schleudert den Kiesel hinab in den Schlund.

Da scholl aus der Tiefe ein klägliches Weh’,
Da krachte die Erde, da kochte der See.

65
Und schwärzliche Wolken entstiegen der Fluth,

Draus Hagel und Donner und Blitz sich entlud.

Wie Koboldsgepolter durchtost’ es die Luft,
Und Schaaren von Schlangen entkrochen der Kluft.

Da rannten die Wandrer, wie Rehe verzagt,

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Umgeisselt von Blitzen, von Schlangen gejagt,


Bergüber, bergunter, waldein und waldaus,
Sie blickten nicht um sich, sie ruhten nicht aus.

[179]

Doch endlich, als mälig der Sturm sich gelegt,
Am Fuße des Berges ward Ruhe gepflegt.

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Dort lagen sie müde, des Odems beraubt,

Und neigten zum Schlummer ihr schwindelndes Haupt.

Und wie sie so liegen und schlafen im Moos,
Erweckt sie ein neuer, gewaltiger Stoß.

Der zweite der Steine, ein spitziger Kies,

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Entschlüpfte des Sackes gesprengtem Verlies,


Und kollerte lustig den Felsen hinab;
Kaum glaubt ihr der Sage, was nun sich begab:

Wo tönend am Felsen der Kiesel geprallt,
Entfesseln sich Quellen mit Sprudelgewalt.

85
Nun ringt sich zu Tag, was Jahrtausende schlief

Im Busen des Felsens gewaltig und tief.

Es murmelt und rieselt, es plätschert und sprüht
Das Wasser, von magischen Kräften durchglüht.

Ein reicheres Leben mit mächtigem Strahl

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Durchlodert des Oosbachs glückseliges Thal.


O Wunder! des Bächleins bescheidnes Gestad
Hat Baden geboren, das herrliche Bad.

Und als die Gesellen dies Wunder ersahn,
Erkannten sie erst, welch Geschenk sie empfahn.

95
Den dritten der Steine besassen sie noch,

Sie wahrten ihn sorglich und hielten ihn hoch.

Bald kehrten sie wieder zum heimischen Herd,
Dort hat sich der Zauber des Kiesels bewährt.

Durch heilende Quellen gesegnet hinfort

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Ward reich und gepriesen ihr Heimathort.
Eduard Brauer.
(Siehe dessen „Sagen und Geschichten der Stadt Baden etc.“ Karlsruhe, 1845. Braun’s Verlag. 8. 5–9.)